Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung von 12.287,60 €, welche sie dem bei ihr rentenversicherten C V (Versicherter)
als Übergangsgeld gezahlt hat.
Der Versicherte, der bei der Beklagten krankenversichert ist, war seit 21. April 2006 durchgehend arbeitsunfähig.
Die Klägerin bewilligte ihm mit Bescheid vom 21. August 2006 ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Form
von ambulanten Gruppengesprächen. Der Versicherte nahm vom 29. Juni 2006 bis zum 20. Juni 2007 an einer Gruppengesprächstherapie
teil, die dienstags und donnerstags in der Zeit von 19 Uhr bis 21 Uhr stattfand.
Die Klägerin bewilligte ihm ferner mit Bescheid vom 16. Oktober 2006 für die Dauer der Leistung zur medizinischen Rehabilitation
Übergangsgeld von kalendertäglich 46,32 €.
Sie machte mit Schreiben vom 19. Juni 2007 der Beklagten gegenüber einen Erstattungsanspruch nach § 102 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geltend, zunächst für die Zeit vom 26. September 2006 bis 15. März 2007. Sie bezifferte mit Schreiben vom 14. August 2007
den gesamten - der Höhe nach unstreitigen - Erstattungsanspruch auf die streitgegenständliche Summe. Die Beklagte lehnte eine
Erstattung ab. Dem Versicherten habe ein Anspruch auf Übergangsgeld zugestanden. Der Krankengeldanspruch habe deshalb geruht.
Am 17. Februar 2009 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Sie hat vorgebracht, ihr stehe ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X zu. Die ambulante Nachsorge sei nur in kurzen, zweistündigen Therapie-Einheiten durchgeführt worden. Deshalb habe kein Anspruch
auf das Übergangsgeld nach §
45 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) bestanden, was von ihr versehentlich nicht beachtet worden sei. Da der Versicherte durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei
und ihm Krankengeld zugestanden habe, könne sie einen Erstattungsanspruch geltend machen. Das Übergangsgeld bezwecke nur,
die wirtschaftliche Versorgung während der Rehabilitationsmaßnahme sicherzustellen und den Verlust der Einkünfte und während
und in Folge der Teilnahme an der Rehabilitation auszugleichen. Der Versicherte habe deshalb keinen Anspruch auf Übergangsgeld,
wenn er nicht gehindert sei, einer vollschichtigen Beschäftigung nachzugehen.
Die Beklagte hat dem widersprochen. Ein Erstattungsanspruch hätte sich zwar ihrer Ansicht nach aus der speziellen Vorschrift
nach §
49 Abs.
4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) bzw. nach §
45 Abs.
7 SGB IX in der bis zum 10. August 2010 geltenden Fassung (
SGB IX a. F.) ergeben können, welche den allgemeinen Regelungen im SGB X vorgingen. Es gebe jedoch keine gemeinsame Empfehlung nach §
13 Abs.
2 Nr.
7 SGB IX, wie dies diese Vorschriften für eine Erstattung vorsehen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. November 2009 abgewiesen. Sie sei zwar als allgemeine Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Der Klägerin stehe der geltend gemacht Erstattungsanspruch nicht zu. Ein Anspruch auf Erstattung
ergebe sich nicht aus §
49 Abs.
4 SGB V bzw. §
45 Abs.
7 SGB IX alt. Bei ambulanter Ausführung von Leistungen unter anderem zur medizinischen Rehabilitation könne zwar der Rehabilitationsträger
im Rahmen der nach §
13 Abs.
2 Nr.
7 SGB IX vereinbarten Empfehlung einer Erstattung seiner Aufwendungen für diese Leistungen verlangen. Eine solche Empfehlung sei jedoch
bislang nicht vereinbart.
Auch lägen die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 105 SGB X nicht vor. Diese Vorschrift sei zwar nicht bereits aufgrund der vorrangigen Regeln in §§
49 Abs.
4 SGB V, 45 Abs.
7 SGB IX alt ausgeschlossen. Letztgenannte Regelungen beträfen aber nur den Fall, dass tatsächlich ein Anspruch auf eine der dort
genannten Leistungen bestanden habe, d. h. der leistende Träger auch selbst zuständig gewesen sei. Die Klägerin mache hingegen
geltend, dass dem Versicherten kein Anspruch auf Übergangsgeld zugestanden habe, sie also unzuständiger Leistungsträger gewesen
sei. Die Klägerin sei allerdings gemäß §§
45 Abs.
1 Nr.
3 SGB IX, 20 und 21
SGB VI zur Zahlung von Übergangsgeld an den Versicherten verpflichtet gewesen. Einen Anspruch auf Übergangsgeld nach §
20 SGB VI hätten unter anderem Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
erhielten und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit u. a. Krankengeld bezogen hätten. Hier habe der Versicherte unmittelbar
zuvor Krankengeld bezogen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehe ferner ein Anspruch auf Übergangsgeld unabhängig davon, ob die Leistung zur medizinischen
Rehabilitation ambulant oder stationär erbracht werde. Dies ergebe sich aus §
45 Abs.
7 SGB IX. Es komme auch nicht darauf an, ob die Leistung ganztägig erbracht worden sei oder ob daneben eine vollschichtige Beschäftigung
hätte ausgeübt werden können. Die Auffassung der Klägerin finde sich weder im Wortlaut des Gesetzes und stehe zudem im Widerspruch
zum gesetzgeberischen Wille (Bezugnahme auf BR-Drucksache 49/01 Seite 325). Auch aus §
52 SGB IX (Einkommensanrechnung) und §
49 Abs.
1 Satz 3
SGB V, wonach der Krankengeldanspruch ruhe, soweit und solange Versicherte Übergangsgeld bezögen, ergebe sich, dass der Versicherte
in jedem Fall einen Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach unabhängig davon habe, ob er neben der Leistung einer ganztägigen
Beschäftigung nachgehen könne oder nicht. Erhalte er Arbeitsentgelt, werde dies nach §
52 SGB IX auf das Übergangsgeld angerechnet. Ein Anspruch auf Krankengeldanspruch bestehe zwar auch bei bestehender Arbeitsunfähigkeit,
weil er aufgrund des vorrangigen Übergangsgeldbezuges nach §
49 Abs.
1 Satz 3
SGB V ruhe. Ein Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers bedürfe jedoch nach §§
45 Abs.
7 SGB IX a. F., 49 Abs.
4 SGB V einer gemeinsamen Empfehlung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Es müsse zwischen den ambulanten Leistungen im Sinne einer teilstationären
Rehabilitation und der ambulanten Rehabilitation der Abhängigkeitskranken unterschieden werden. Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation nach §
15 SGB VI und sonstige Leistungen zur Teilhabe nach §§
31 Abs.
1 Nr.
2 und
3 SGB VI lösten grundsätzlich unabhängig von deren zeitlichem Umfang einen Übergangsgeldanspruch aus, wenn sie in stationärer oder
ambulanter Form erbracht würden. Die auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation bestehenden Rahmenempfehlungen
zur ambulanten medizinischen Rehabilitation enthielten die Kriterien für die Voraussetzungen für eine ambulante Rehabilitation.
Die ambulante Rehabilitation im Suchtbereich umfasse hingegen Leistungen von geringzeitlicher Intensität, die geeignet seien,
berufsbegleitend durchgeführt zu werden. Bei arbeitsunfähigen Teilnehmern an solchen ambulanten Entwöhnungsbehandlungen stehe
weiterhin die Arbeitsunfähigkeit im Vordergrund, daher sei ihnen in diesen Fällen vorrangig das Krankengeld fortzuzahlen.
In der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Rentenversicherungsträger in Rehabilitationsangelegenheiten
sei am 25. Juni 2004 diese Thematik angesprochen worden. Im Ergebnis sei kein Bedarf für Regelungen in einer gemeinsamen Empfehlung
gesehen worden. Die Besprechungsteilnehmer seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, dass die ambulante Rehabilitation
über die Rahmenempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eindeutig definiert sei.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.287,60 €
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Das Berufungsvorbringen gibt zu einer anderen Einschätzung der Rechtslage keinen Anlass.
Soweit sich die Klägerin auf Besprechungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger in Rehabilitationsangelegenheiten
beruft, vermag dies an der Rechtslage nichts zu ändern. Maßgeblich ist das Gesetz und nicht eine davon abweichende Rechtsauffassung
der Verbände.
Der Beschluss über den Streitwert - der unanfechtbar ist - folgt aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.