Gründe:
I. Die 1929 geborene Antragstellerin ist dement und schwer pflegebedürftig (Pflegestufe II) und wurde, nachdem ihr im Rahmen
eines stationären Krankenhausaufenthaltes die Unterbringung in einem vollstationären Pflegeheim empfohlen worden war, zum
01. September 2010 in das "Senioren Centrum Haus P" in B aufgenommen. Dieses Pflegeheim befindet sich in räumlicher Nähe zum
Wohnort ihrer Tochter.
Den Antrag auf Kostenübernahme für die vollstationäre Pflege im Senioren Centrum Haus P lehnte der Antragsgegner mit Bescheid
vom 15. November 2010 ab. Er stützte sich insoweit auf einen Mehrkostenvergleich.
Auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 08. Dezember 2010 verpflichtete das Sozialgericht Berlin mit Beschluss
vom 07. Januar 2011 den Antragsgegner, ab dem 01. Dezember 2010 bis zum Vorliegen zum einen des amtsärztlichen Gutachtens
und zum anderen seiner nachfolgenden Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. November 2010 vorläufig
die nicht von der Pflegeverscherung gedeckten Kosten des Aufenthalts der Antragstellerin im Senioren Centrum Haus P zu übernehmen,
und ordnete insoweit eine dingliche Sicherung an. Es stützte seine Entscheidung auf eine so genannte Folgenabwägung und meinte,
eine besondere Eilbedürftigkeit ergäbe sich aus dem Attest der behandelnden Ärztin Dr. R vom 30. November 2010, nach dem die
Antragstellerin einen Umzug nicht verkraften könne.
Gegen den am 07. Januar 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 17. Januar 2011 Beschwerde erhoben und, nachdem
die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin darauf hingewiesen hatten, dass kaum bestritten werden könne, dass der Antragstellerin
ein Umzug in eine Pflegeeinrichtung grundsätzlich möglich wäre, geltend gemacht, dass der Wunsch der Antragstellerin auf Verbleib
in der Einrichtung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat u. a. ein Attest der behandelnden Ärztin Dr. R vom 16. März 2011 zu den
Akten gereicht, die einen Diabetes mellitus II, insulinpflichtig, Hypertonie, Demenz, Adipositas, Inkontinenz, Gewichtserhöhung,
Verdacht auf Basedow-Krankheit und eine Hyperthyreose diagnostiziert. Um noch verbliebene Erinnerungen zu pflegen und zu erhalten,
sei der Kontakt zu den Kindern unabdingbar. Um diese Kontakte zu intensivieren, sei der Umzug in Wohnnähe der Tochter, die
sich um die Patientin kümmert, empfohlen worden. Die Antragstellerin habe bereits davon profitiert. Sie erhalte jetzt ein-
bis zweimal pro Woche Besuch, das sei vorher durch die Entfernung und die Betreuung des behinderten Sohnes der Tochter nicht
möglich gewesen. Es gehe hier nicht um die Entscheidung, ob ein erneuter Umzug der Patientin in eine "billigere" Einrichtung
möglich sei, sondern darum, einem Menschen mit zunehmend schlechterer gesundheitlicher Prognose den häufigeren Kontakt zur
Familie zu ermöglichen und die durch die Pflege des behinderten Sohnes belastete Tochter zu entlasten. Es gehe also auch um
eine moralische Entscheidung zugunsten der Nähe der Familie und nicht der Nähe des Bekanntenkreises.
Weiterhin hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin eine Stellungnahme der Tochter der Antragstellerin zu den Akten
gereicht.
II. Der zulässige Antrag hat Erfolg.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht vorläufig verpflichtet, die Kosten für die Unterbringung der Antragstellerin
im Senioren Centrum Haus P zu übernehmen. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Unterbringung im P keine
unangemessen hohen Kosten verursacht (zur Frage, wann im Rahmen des § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch SGB XII ein
Anspruch glaubhaft gemacht ist: Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 9 Rz. 21; Sozialgericht Oldenburg, Beschluss
vom 02. Januar 2006, S 2 SO 278/05 ER, SAR 2006, Seite 56 f.). Hinsichtlich der ursprünglich vorgetragenen grundsätzlichen
Umzugsfähigkeit lässt sich eine solche den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht entnehmen und wird von der Antragstellerin
auch nicht mehr geltend gemacht.
Gemäß §
86 b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund
(d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende
Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. §
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung ZPO). Dabei muss das Gericht in den Fällen, in denen die Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund) vorliegen, eine einstweilige Anordnung treffen, in Fällen, in denen es am Anordnungsanspruch oder am
Anordnungsgrund fehlt, muss es den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnen. Dem Gericht ist in diesen Fällen kein "Ermessen"
eröffnet, um im Wege einer "Interessenabwägung" oder "Folgenabwägung" dem Eilantrag stattzugeben (Schoch in Schoch/Schmidt
Aßmann/Pietzner,
VwGO, §
123 Rdnr. 132). Das Gericht darf sich auch nicht darauf zurückziehen, den Anordnungsanspruch quasi nur "anzuprüfen" und sich
im Hinblick auf die aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen dann zu einer "Folgenabwägung" legitimiert fühlen. Vorliegend ist
der Antrag abzulehnen, weil sich bereits kein Anordnungsanspruch feststellen lässt.
Der hier auf § 61 SGB XII gestützte Anspruch der Antragstellerin wird von dem Antragsgegner dem Grunde nach nicht bestritten.
Die Antragstellerin bedarf der stationären Unterbringung in einem für Demenzkranke geeigneten Pflegeheim. Dem Wunsch der Antragstellerin
nach § 9 Abs. 2 SGB XII auf Übernahme der Kosten gerade für das Senioren Centrum Haus P in B steht jedoch § 9 Abs. 2 Satz
3 SGB XII entgegen, nach dem der Träger der Sozialhilfe Wünschen in der Regel nicht entsprechen soll, deren Erfüllung mit
unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind. Dass dies nicht der Fall ist, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
Dem Hilfebedürftigen wird durch das Wunschrecht in § 9 Abs. 2 SGB XII ein Spielraum eröffnet, der durch die Angemessenheit
des Hilfewunsches begrenzt wird (vgl. Warendorf in Grube/Warendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 9 Rz. 31). Der Begriff "angemessen"
schließt die Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles und der Gesamtsituation ein; zu den "Besonderheiten des
Einzelfalles" gehören neben der Situation des Leistungsempfängers insbesondere die Beurteilung seines Umfeldes, die Möglichkeit
familiärer und nachbarschaftlicher Hilfe und Betreuung (vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage, § 9
Rz. 18). Die Bestimmung der Angemessenheit wird schließlich begrenzt durch den so genanten Mehrkostenvorbehalt in § 9 Abs.
2 Satz 3 SGB XII. Mit dem Tatbestandsmerkmal "unverhältnismäßig" wird betont, dass bei der Entscheidung des Hilfeträgers Kosten
eine Rolle spielen. Diese Einschränkung ergibt sich daraus, dass es um die Verteilung steuerfinanzierter Leistungen geht,
die in ihre Endlichkeit nicht beliebig verteilt werden können (so ausdrücklich: Warendorf in Grube/Warendorf, SGB XII, 3.
Auflage, § 9 Rz. 36).
Zwischen der vom Hilfeempfänger, hier der Antragstellerin, gewünschten Unterbringung und der anderweitigen Unterbringung ist
ein Kostenvergleich anzustellen. Bei diesem Kostenvergleich ist auf das Kostenniveau anderer, vergleichbarer Einrichtungen
abzustellen (vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, aaO., § 9 Rz. 24, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
BVerwG zur Pflegesatzgestaltung). Zudem müssen - wie der Senat bereits entschieden hat (L 23 B 1083/05 SO ER) - die zum Vergleich herangezogenen Einrichtung in gleicher Weise geeignet sein, wie die vom Leistungsberechtigten
gewählte Einrichtung. Dies ist hier nach den vom Antragsgegner vorgelegten Konzeptionen der Einrichtungen bzw. deren Internetauftritten
der Fall. Schließlich sind die "durchschnittlichen Kosten" anderer geeigneter Einrichtungen heranzuziehen, um den Verweis
auf einzelne Billigangebote auszuschließen (Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, aaO., § 9 Rz. 24; VG Münster, Urteil vom 24.
April 2006, 5 K 783/04, zitiert nach juris). Der Sozialhilfeträger hat die Kosten zu ermitteln, die durchschnittlich für die angemessene Leistung
in einem größeren Umfeld anfallen, und sodann diese mit den Heimpflegekosten für die Unterbringung der Antragstellerin im
Senioren Centrum Haus P zu vergleichen.
Abzustellen ist allein darauf, welche Kosten dem Träger der Sozialhilfe entstehen (vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm,
SGB XII, § 9 Rz. 25), weshalb der Antragsgegner zutreffend davon ausgeht, dass eine in seinem Zuständigkeitsbereich aus der
Förderung durch das Land Brandenburg resultierende preiswertere Gestaltung der Pflegsätze in den zum Vergleich herangezogenen
Einrichtungen nicht im Rahmen des Mehrkostenvergleiches herauszurechnen ist. Denn maßgeblich für die Frage der Verhältnismäßigkeit
entstehender Mehrkosten sind die Kosten, die der Träger der Sozialhilfe und damit die Allgemeinheit aufzuwenden hat. Die Belastung
des Sozialhilfeträgers ergibt sich aber allein aus den ihm in Rechnung gestellten Pflegesätzen. Bei dem Kostenvergleich zur
Feststellung, ob eine Hilfegewährung entsprechend dem Wunsch des Hilfeempfängers "unverhältnismäßige Mehrkosten" erfordert,
kann es deshalb grundsätzlich nur darauf ankommen, welche Kosten (in welcher Höhe) der Träger der Sozialhilfe jeweils tatsächlich
bei den gegenüberzustellenden Alternativen der Bedarfsdeckung übernehmen muss (so schon BVerwG in ständiger Rechtsprechung
zu § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG, etwa Urteil vom 22. Januar 1987 5 C 10.85 und Urteil vom 11. Februar 1982 5 C 85/80, BVerwGE 65, 52 ff.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich Folgendes: In den Kostenvergleich sind lediglich Einrichtungen einzustellen,
die wie das von der Antragstellerin gewählte Heim deren Pflege auch im Hinblick auf die vorliegende Demenzerkrankung gewährleisten
können. Aus diesem Grund geht der Antragsgegner zu Recht davon aus, dass das E Stift (vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin
wohl als St. E bezeichnet) für einen Kostenvergleich nicht heranzuziehen ist, da es für die Pflege der Antragstellerin nicht
geeignet erscheint.
Der Antragsgegner hat zudem bereits mit seinem ersten Kostenvergleich die Kosten ermittelt, die durchschnittlich für die fragliche
Leistung in einem größeren Umfang anfallen, und hat nicht etwa "Billigheime" in seinen Vergleich eingestellt. Ob der Antragsgegner
über die Einstellung von geförderten Einrichtungen im Lande Brandenburg zudem nicht geförderte Einrichtungen im Lande Brandenburg
in seinen Kostenvergleich einstellen muss, kann letztlich dahinstehen, da auch unter Berücksichtigung geeigneter nicht geförderter
Einrichtungen im Lande Brandenburg der so genannte Mehrkostenvergleich dazu führt, dass die Kosten im von der Antragstellerin
gewählten Heim unverhältnismäßig sind. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar ermittelt, dass selbst bei einem Kostenvergleich
unter Berücksichtigung geeigneter nicht geförderter Einrichtungen ein durchschnittlicher Pflegesatz von 73,71 EUR täglich
entstünde. Dies entspricht einem monatlichen Pflegesatz von 2 240,78 EUR. Wenn der Antragsgegner zur vergleichenden Ermittlung
eines Durchschnittswertes zudem noch darauf hinweist, dass bei Außerachtlassung des höchsten und niedrigsten Pflegesatzes
ein täglicher Pflegesatz von 74,88 EUR zu berechnen ist, ergibt dies monatliche Pflegekosten von 2 276,35 EUR. Zieht man von
diesen Werten die Altersrente der Antragstellerin sowie die Leistungen der Pflegekasse ab und addiert den Barbetrag, ergeben
sich daraus ungedeckte Heimkosten von 340,88 EUR bzw. 376,45 EUR. Die durch die Unterbringung im P entstehenden Kosten betragen
demgegenüber 746,72 EUR. Die Mehrkosten durch die Unterbringung im P betragen damit zumindest 370,27 EUR, mithin knapp 50
%.
Bei Mehrkosten von knapp 50 % ist die wertende Entscheidung des Antragsgegners, dass diese Kosten auch unter Berücksichtigung
der Besonderheiten des Einzelfalles unverhältnismäßig sind, nicht zu beanstanden. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass
die durch die Unterbringung im P entstehenden Mehrkosten auch im Hinblick auf die Vorteile der Unterbringung in dieser Einrichtung
für die Antragstellerin als unverhältnismäßig zu betrachten ist, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Sowohl die Ausführungen
der behandelnden Ärztin als auch die Ausführungen der Tochter der Antragstellerin führen zu keiner anderen Beurteilung. Zwar
ist der familiäre Kontakt gerade bei der bei der Antragstellerin vorliegenden Demenzerkrankung von erheblicher Bedeutung,
dies führt im vorliegenden Fall jedoch nicht dazu, Mehrkosten von knapp 50 % noch als angemessen anzusehen.
Der Antragsgegner hat zudem erkannt, dass ihm auch ein Ermessen zur Übernahme unverhältnismäßig hoher Kosten zusteht, und
er hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die besonderen Interessen der Antragstellerin an der Unterbringung im Haus
P mit der bereits angesprochenen sich aus der Endlichkeit der Verteilung steuerfinanzierter Leistungen ergebenden Einschränkung
einer Mehrkostenübernahme ins Verhältnis gesetzt. Dies ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).