Anerkennung eines Wegeunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung bei alkoholbedingtem Fehlverhalten; Ermittlung der Blutalkoholkonzentration
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines am Morgen des 01. Januar 2005 erlittenen Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall.
Der 1960 geborene Kläger war seit 1992 Geschäftsführer der Firma A GmbH, einem Fischereibetrieb mit einer Betriebsstätte in
L. Da aufgrund des traditionellen Verkaufes von Weihnachts- und Silvesterkarpfen auch ab Hof und an Verkaufsständen in dieser
Zeit ein hoher Arbeitsanfall herrschte, übernahm der Kläger zwischen den Jahren bis zum 31. Dezember 2004 die Karpfenlieferungen
für die Fischstände der T, wie der Betriebsleiter des Arbeitgebers des Klägers, Herr V, später mit Schreiben vom 08. August
2006 bestätigte. Hierzu wurde ein geliehenes Fahrzeug der Firma E benutzt. Für den 01. Januar 2005 war der Kläger mit Herrn
V zu 07.00 Uhr in L verabredet, um diesen Transporter zu reinigen, die Sitzbänke wieder einzubauen und um das Fahrzeug am
selben Tag der Firma E zurückzugeben. Traditionell sei es auch üblich gewesen, am Neujahrstag die Karpfenabrechnung und die
Bargeldbestände aus den Silvesterkäufen in L zu übergeben und Präsente für die Mitarbeiter zu überbringen.
Am Vortag, dem 31. Dezember 2004, hielt sich der Kläger nach eigenem Vortrag bis zirka 23.00 Uhr in der H Straße in B auf,
wo sich nach seinen eigenen Angaben sowohl das Büro der Firma als auch - nach Aufgabe seines Wohnsitzes in der K-Straße -
der Wohnsitz des Klägers befand. Gegen 23.00 Uhr bat der Kläger telefonisch Herrn A N, Mahnbescheidsanträge noch vor Mitternacht
zum Amtsgericht zu bringen, was sich jedoch als unmöglich herausstellte, da Herr N sein Auto bereits im P abgestellt und sich
zur Silvesterparty am Brandenburger Tor begeben hatte. Der Kläger brachte daraufhin seine Mahnbescheidsanträge noch persönlich
zum Amtsgericht und traf sich sodann, nachdem er sein Fahrzeug abgeparkt hatte, nach Mitternacht mit Herrn N und Frau M (nunmehr
Frau M) am Brandenburger Tor, um dort gemeinsam Silvester zu feiern.
Gegen 4.00 Uhr verließ man die Silvesterfeier am Brandenburger Tor. Der Kläger fuhr mit dem von der Firma E geliehenen Transportbus
(amtliches Kennzeichen B) zunächst Frau M in ihre Wohnung und sodann Herrn N zu seinem an der E-Straße/Ecke Hstraße geparkten
Pkw. Von dort aus fuhr der Kläger alleine weiter.
Wie sich aus den Akten der Amtsanwaltschaft Berlin (Az.: 155 PLs 1707/05) ergibt, verunfallte der Kläger um 05.25 Uhr, als
er die Sstraße aus Richtung O Straße kommend in Richtung Mstraße befuhr, etwa vor der Anschrift Sstraße in B. Hierbei kam
er zunächst nach links von der Fahrlinie ab und stieß gegen die Leitplanke des Mittelstreifens, beschädigte diese auf 16 m
Länge und fuhr in der weiteren Folge nach rechts in den ersten Fahrstreifen, wo er gegen einen dort ordnungsgemäß geparkten
Lkw stieß, der durch den Aufprall aus seiner Parkposition geschoben wurde. Die Verkehrslage ist in der Verkehrsunfallanzeige
des aufnehmenden Polizeibeamten PHM W vom selben Tage wie folgt beschrieben: "In Höhe der Unfallstelle beschreibt die Sstraße
eine leichte Kurve nach links. Der Lkw war ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand des Kurvenausganges geparkt. Die Fahrbahn
ist mit Bewag-Peitschenmasten ausreichend ausgeleuchtet." Im Ermittlungsbericht des PHM W und des POK D vom selben Tag ist
u. a. ausgeführt, dass auf der Fahrbahn keine Schäden festgestellt worden seien, welche den Fahrzeugverkehr hätten beeinträchtigen
können; Brems-, Blockier-, Rutsch- oder Kratzspuren hätten auf der nassen Fahrbahn ebenfalls nicht festgestellt werden können.
Der Kläger habe sich nach Angaben der Ärzte in einem die freie Willensäußerung ausschließenden Zustand und unter dem Einfluss
alkoholischer Getränke befunden, es sei eine Blutentnahme veranlasst worden. Umfangreiche Ermittlungen hätten ergeben, dass
der Kläger in B nur über seine Firmenanschrift H Straße zu erreichen sei.
Die um 09.00 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Mittelwert von 0,55 ‰ Ethanol im Vollblut. Der Polizeipräsident in Berlin
holte eine schriftliche Aussage des einzigen Zeugen des Unfalles, Herrn J, ein, der am 11. Januar 2005 Folgendes ausführte:
"Der später verunfallte Lkw fuhr zirka 50 bis 60 m vor mir auf der rechten Fahrspur, zog plötzlich nach links hinüber und
fuhr blitzschnell quer über die Fahrbahn direkt in den dort geparkten Lkw hinein." Weitere Angaben zu diesem Unfall könne
er nicht machen, da er sich als Augenzeuge aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Schockzustand befunden habe. Das Amtsgericht
Tiergarten entzog dem Kläger später mit Beschluss vom 28. April 2005 vorläufig die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen,
da er mit seinem Kfz am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl er bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,55
‰ zur Zeit der Blutentnahme um 09.00 Uhr fahruntauglich gewesen sei. Das Verfahren gegen den Kläger wegen Gefährdung des Straßenverkehrs
infolge Trunkenheit wurde in der Folgezeit gemäß §
153 Abs.
1 Strafprozessordnung eingestellt, da der Kläger nicht einschlägig bestraft sei und durch sein Fehlverhalten erhebliche Verletzungen erlitten habe,
so dass eine strafrechtliche Ahndung nicht notwendig erscheine.
Der Kläger wurde mit schweren Verletzungen, u. a. einem schweren Schädelhirntrauma mit Kontusionsblutungen und Hirn-, Herz-
und Lungenkontusionen, zunächst in der C-Klinikum und sodann durch eine neurologische Frührehabilitation in der Klinik B behandelt;
im Entlassungsbericht vom 09. November 2005 ist u. a. ausgeführt, dass infolge der Rehabilitation eine Sitzmobilität im Pflegerollstuhl
zweimal täglich bis drei Stunden und u. a. eine verbale Kommunikation auf Wortebene für einfache Inhalte habe aufgebaut werden
können. Die Weiterversorgung erfolge in einer Langzeitpflege des E. Eine Rückkehr in das Berufsleben sei wahrscheinlich auch
längerfristig nicht möglich.
Das Institut für A GmbH, H Straße, B, erstattete am 20. April 2005 eine Unfallanzeige. Die Beklagte nahm am 13. Januar 2006
eine Ortsbesichtigung und Befragung der die Buchhaltung des Instituts führenden Frau F vor. Diese ergab, dass in der Firma
den ganzen Dezember 2005 über mit Nachtschichten gearbeitet worden sei. Fisch sei in L vorbereitet und dann ausgeliefert worden.
Die Auslieferungen nach B seien bis zum 31. Dezember 2004 ausschließlich durch den Kläger getätigt worden. Aus diesem Grund
habe man von Herrn H das beim Unfall gefahrene Fahrzeug ausgeliehen, ein ggf. späterer Kauf des Wagens sei verabredet gewesen.
Weiter gab Frau F an, dass der Kläger am 31. Dezember 2004 abends noch bis nachts gearbeitet haben und Klagen vorbereitet
haben müsse, die bis 00.00 Uhr bei Gericht hätten abgegeben werden müssen. Sie habe am nächsten Arbeitstag Kopien der Klagen
und vorbereitete Rechnungen gefunden. Für den 01. Januar 2005 sei geplant gewesen, das Auto zu säubern, die Sitze wieder einzubauen
und das Geld abzuholen, welches aufgrund des großen Verkaufes am 31. Dezember 2004 noch in L gelagert habe, außerdem habe
noch vorbereiteter Fisch für den Verkauf am 02. Januar 2005 transportiert werden sollen.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 01. Januar 2005 als Arbeitsunfall
sowie die Gewährung von Leistungen, u. a. die Gewährung einer Verletztenrente, ab. Es sei nicht mit Gewissheit bewiesen, dass
der Kläger mit der Fahrt am Neujahrsmorgen 2005 betriebliche Zwecke verfolgt habe. Woher der Kläger im Unfallzeitpunkt gekommen
sei, wo er sich vorher aufgehalten und was er dort gemacht habe, habe nicht geklärt werden können. Nicht erklärbar sei, warum
der Kläger das Fahrzeug an der B abgestellt gehabt habe, da sich dieser Standort weder in unmittelbarer Nähe zur Wohnung in
der K-Straße noch in der Nähe zum Büro in der H Straße befunden habe. Auch sei nicht bewiesen, dass der Kläger tatsächlich
habe nach L fahren wollen. Allein die Tatsache, dass die Wegstrecke auch zum Betriebssitz nach L führe, reiche nicht aus.
Zudem sei der Unfall allein infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit geschehen, was den Versicherungsschutz ausschließe.
Der Kläger habe sich im Unfallzeitpunkt zumindest im Zustand der relativen Fahruntüchtigkeit befunden; dies folge unter Zugrundelegung
eines stündlichen Abbaus von 0,1 ‰ aus dem Umstand, dass drei Stunden und 35 Minuten nach dem Unfall eine Blutalkoholkonzentration
(BAK) von 0,55 ‰ gemessen worden sei, hieraus errechne sich eine Blutalkoholkonzentration von 0,9 ‰ im Unfallzeitpunkt. Andere
Unfallursachen als die auf dem Alkoholeinfluss beruhende Fahruntüchtigkeit seien nicht erkennbar.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er u. a. ausführte, dass typische alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zur
vollen Überzeugung feststehen müssten, Annahmen und Vermutungen reichten ebenso wie eine bloße Wahrscheinlichkeit nicht aus.
Die Beklagte ermittelte daraufhin weiter. So wurde der Kläger um Überreichung von Unterlagen gebeten, aus denen sich ergebe,
dass er am 31. Dezember 2004 bis spät in die Nacht gearbeitet hätte, weiter wurde um Nachweise zu dem für den Morgen des 01.
Januar 2005 in L geplanten Termin gebeten. Der Kläger übersandte daraufhin schriftliche Zeugenaussagen, und zwar der Frau
F vom 10. August 2006, die angab, dass der Kläger in der Nacht vom 31. Dezember 2004 zum 01. Januar 2005 mehrmalig Kontakt
über Funktelefon zu ihr aufgenommen gehabt habe, um u. a. Daten abzufragen, die er für Mahnbescheide benötigt habe, dies sei
letztmalig "gegen 05.00 Uhr" geschehen. Kopien der Bescheide und diverse Vorbereitungen für Abrechnungen zum Fischverkauf
an die Firma T habe sie auf ihrem Schreibtisch vorgefunden. Ferner bestätigte sie, dass der Kläger am frühen Morgen des 01.
Januar 2005 in die Betriebsstätte nach L habe fahren sollen, um dort die Kasse wegen des Karpfenverkaufs zum Jahreswechsel
mit Herrn V, der seinerseits am Morgen die Störe hätte füttern müssen, abzurechnen und das geliehene Fahrzeug wieder herzurichten
und an die Firma E zurückzugeben. Weiter bestätigte Herr W am 13. August 2006, dass sich der Kläger für den Neujahrstag, wie
üblich, angekündigt gehabt hätte. Ferner wurde das bereits genannte Schreiben des Herrn V vom 08. August 2006 überreicht.
Herr H bestätigte mit Schreiben vom 10. August 2006, den Transporter für die Zeit vom 01. Oktober bis 31. Dezember 2004 an
das Institut für A verliehen gehabt zu haben. Für den 01. Januar 2005 sei gegen 10.00 Uhr die Rückgabe des Fahrzeuges verabredet
gewesen.
Nachdem die Beklagte weitere Belege für die Tätigkeit des Klägers in der Silvsternacht angefordert hatte, wurde seitens des
Klägers klargestellt, nicht etwa bis morgens um 05.00 Uhr gearbeitet zu haben, sondern sich nach dem Einwurf von Mahnbescheidsanträgen
beim Amtsgericht Wedding zum Brandenburger Tor begeben zu haben, wo er sich mit Herrn N und Frau M getroffen habe. Den Transporter
hätte er in der Nähe des Bundestages am Kanal geparkt. Ungefähr gegen 05.00 Uhr seien alle drei dann im besagten Transporter
Richtung P gefahren, wo er diese, wie bereits beschrieben, abgesetzt habe. Dann sei er weiter Richtung L gefahren. Wenige
Minuten nachdem er Frau M abgesetzt gehabt habe, habe er diese per Handy angerufen und im Scherz gefragt, ob sie gut nach
Hause gekommen sei. Beigefügt waren Belege für Fischlieferungen an die T und ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides, in
welchem als Antragsteller eine "B GmbH & Co. KG i. G." sowie der Kläger persönlich eingetragen sind, unterschrieben vom Kläger
als Generalbevollmächtigtem der genannten Firma. Übersandt wurden ferner weitere vom Kläger ausgestellte Schriftstücke aus
Dezember 2004, nicht jedoch vom 31. Dezember 2004.
Die Beklagte befragte weiter Herrn N, der mit Schreiben vom 05. Juli 2007 mitteilte, den Kläger gegen 01.30 Uhr direkt an
der Festbühne am Brandenburger Tor getroffen und mit ihm mit Sekt auf das neue Jahr angestoßen und sich sodann noch mehrere
Stunden im Bereich der Festbühne aufgehalten zu haben. Um zirka 04.00 Uhr sei man dann mit dem Transportbus losgefahren und
habe zunächst Frau M abgesetzt, dann habe ihn der Kläger zu seinem Pkw an der Ecke E-Straße/Hstraße gefahren. Von dort aus
sei der Kläger vor 05.00 Uhr alleine mit dem Transportbus Richtung W gefahren, er habe zur Teichwirtschaft in L fahren wollen.
Frau V F, die frühere Lebensgefährtin des Klägers, bestätigte mit Schreiben vom 17. Juli 2007, dass der Kläger sie kurz vor
Mitternacht am 31. Dezember 2004 angerufen habe, um sich mit ihr zu verabreden, und hierbei erwähnt habe, noch wegen der letzten
Leerung Post vor Mitternacht in den Briefkasten werfen zu müssen. Sie habe das Treffen seinerzeit abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. August 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Fraglich sei bereits, ob eine versicherte
Tätigkeit vorgelegen habe, da nicht vollumfänglich nachgewiesen sei, dass der Kläger tatsächlich nach L habe fahren wollen.
So bestünden widersprüchliche Angaben z. B. beim Standort des Unfallwagens sowie im Hinblick auf die Terminvereinbarung betreffend
die Rückgabe des Unfallwagens an Herrn H. Ferner sei der Alkoholeinfluss die rechtlich wesentliche Ursache für den Unfall
gewesen. Berücksichtige man die weiteren Tätigkeiten des Klägers vor dem Unfall, werde schnell klar, dass dieser am 01. Januar
2005 gegen 05.00 Uhr stark erschöpft bzw. übermüdet gewesen sein müsse, so dass auch dieser Zustand seine Fahrtüchtigkeit
negativ beeinflusst haben müsse. Denn der Kläger habe die gesamte Silvesternacht über nicht geschlafen, sondern zunächst bis
zirka 23.00 Uhr gearbeitet, dann am Brandenburger Tor bis 04.00 Uhr Silvester gefeiert, um im Anschluss gegen 05.00 Uhr nach
L zu fahren. Bestätigt werde die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit durch die Schilderung des Zeugen J, der ausgesagt habe,
dass der Kläger ohne ersichtlichen Grund plötzlich nach links ausgeschert und dann ungebremst gegen die Leitplanke gefahren
sei.
Die hiergegen lediglich noch mit dem Ziel der Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall gerichtete Klage hat das Sozialgericht
Berlin mit Urteil vom 26. November 2010 abgewiesen. Zur Begründung ist u. a. Folgendes ausgeführt: Zwar teile das Gericht
nicht die Zweifel der Beklagten hinsichtlich der Frage, ob sich der Kläger zur Zeit des Unfalles am 01. Januar 2005 zwischen
05.00 Uhr und 05.30 Uhr auf dem Weg nach L zur dortigen Teichwirtschaft befunden habe, um dort in seiner Funktion als Geschäftsführer
der "Institut für A GmbH" für seinen Arbeitgeber tätig zu sein. Dieser Sachverhalt mit den - oben genannten - in L geplanten
Tätigkeiten sei durch die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren durchgeführten Ermittlungen bestätigt und aufgeklärt.
Dies könne jedoch dahingestellt bleiben, weil der Kläger den Unfall deshalb erlitten habe, weil er alkoholbedingt fahruntüchtig
gewesen sei und diese ebenso der privaten Lebenssphäre zuzurechnende Fahruntüchtigkeit wie eine evtl. mitursächlich gewordene
Übermüdung des Klägers den betrieblichen Zweck der Fahrt und das deshalb versicherte Wegerisiko in seiner Bedeutung für den
Unfall so stark in den Hintergrund gedrängt habe, dass allein die Fahruntüchtigkeit des Klägers als rechtlich wesentliche
Ursache für den streitgegenständlichen Unfall angesehen werden müsse, was wiederum den Versicherungsschutz der gesetzlichen
Unfallversicherung für diesen Unfall nach zutreffender höchstrichterlicher Rechsprechung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007, Az.: B 2 U 23/05 R, zitiert nach juris) ausschließe.
Zwar könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt absolut fahruntüchtig gewesen sei, was eine
Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 ‰ voraussetzen würde. Er sei aber auch nicht nur relativ leicht alkoholisiert gewesen,
wie in dem vom Bundessozialgericht (BSG) bei einer festgestellten BAK von 0,44 ‰ am 30. Januar 2007 entschiedenen Fall (aaO.). Auszugehen sei vielmehr von einer
BAK zum Unfallzeitpunkt von mindestens 0,85 ‰, also einer sich schon relativ weit oberhalb der unteren Grenze relativer Fahruntüchtigkeit
(0,3 ‰) und relativ nahe an der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit bewegenden Alkoholisierung. Die Annahme einer BAK von
0,85 ‰ zum Unfallzeitpunkt ergebe sich unter Zugrundelegung der diesbezüglichen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Strafsachen
(BGHSt 37, 231 = NJW 1991, 852), wenn man zu der gemessenen BAK von 0,55 ‰ in dem dem Kläger um 09.00 Uhr entnommenen Blut wegen des Alkoholabbaus von mindestens
0,1 ‰ pro Stunde bei einer zu unterstellenden Abbaudauer von mindestens drei Stunden seit 06.00 Uhr 0,3 ‰ hinzurechne. Dabei
gehe die Kammer zugunsten des Klägers davon aus, dass die dem Abbau vorausgehende Resorption zum Unfallzeitpunkt zwischen
05.00 Uhr und 05.30 Uhr noch nicht vollständig abgeschlossen gewesen sei, sondern erst zwei Stunden nach Trinkende um 06.00
Uhr (vgl. BGHSt 25, 246, 250 = NJW 1974, 246). Von einem Trinkende um 04.00 Uhr könne aufgrund der schriftlichen Zeugenerklärung des Herrn N ausgegangen werden, der ausgeführt
habe, dass der Kläger ihn und Frau M um zirka 04.00 Uhr vom Deutschen Bundestag aus mit seinem Fahrzeug in den P gefahren
habe. Dass der Kläger nach dem Verlassen der Silvesterfeier am Brandenburger Tor und während seiner Autofahrt noch Alkohol
getrunken hätte, sei nicht anzunehmen. Zur erheblichen Alkoholisierung des Klägers hinzutretend müsse aufgrund der Beobachtung
des hinter dem Kläger mit seinem Pkw fahrenden Herrn J von einem deutlich alkoholtypischen Fahrverhalten des Klägers zwar
nicht vor dem Unfall, aber gerade beim Unfall bzw. zum Unfall führend ausgegangen werden. Nach den Angaben des Pkw-Fahrers
gegenüber der Polizei sei der Kläger nämlich nicht aufgrund einer evtl. überhöhten Geschwindigkeit mit seinem Transporter
in einer Linkskurve auf nasser Fahrbahn ins Rutschen bzw. Schleudern geraten, wie dies auch einem nicht alkoholisierten Fahrer
passieren könnte. Beobachtet worden sei von Herrn J vielmehr, dass der Kläger mit seinem Transporter von der rechten Fahrspur
plötzlich nach links hinübergezogen sei und von der dortigen Leitplanke dann nach rechts und in einen dort am Rand nach den
Feststellungen der Polizei ordnungsgemäß geparkten Lkw geprallt sei. Ein Schleudern, Wegrutschen oder Ausbrechen des Fahrzeuges
des Klägers auf regennasser Fahrbahn habe die Kammer hier nicht erkennen können. Eine überhöhte Geschwindigkeit in einer Linkskurve
hätte aufgrund der mit der Kurvenfahrt verbundenen nach außen wirkenden physikalischen Fliehkräfte allenfalls zu einem Ausbrechen
des auf der rechten Fahrbahn fahrenden Fahrzeuges nach außen führen können, nicht aber zu einem plötzlichen Ziehen nach innen
auf die linke Fahrbahn und einen Aufprall auf die links von dieser befindlichen Leitplanke. Erklärbar sei der Kammer das vom
Unfallzeugen beobachtete Fahrverhalten des Fahrzeugs des Klägers nur durch ein zwar bewusst vorgenommenes, aber aufgrund der
Alkoholisierung dann doch unkontrolliertes und völlig übersteigertes Hinüberziehen des Fahrzeuges von der rechten Fahrspur
auf die linke Fahrspur, dies am wahrscheinlichsten dadurch, dass der Kläger infolge der Alkoholisierung und der Müdigkeit
nach einer Nacht ohne Schlaf hinter dem Lenkrad eingeschlafen sei und dabei eine unbewusste und unkontrollierte starke Lenkbewegung
nach links gemacht habe. Auch die anzunehmende Übermüdung des Klägers nach einer Nacht ohne Schlaf, aber mit dem Genuss nicht
unerheblicher Mengen an Alkohol, sei im vorliegenden Fall nicht dem versicherten Wegerisiko zuzurechnen, sondern alleine dem
nicht versicherten privaten Lebensbereich des Klägers. Denn der Kläger sei anders als der in dem vom BSG am 30. Januar 2007 entschiedenen Fall (aaO.) nicht gerade wegen seiner versicherten beruflichen Tätigkeit übermüdet gewesen,
sondern alleine deshalb, weil er sich nach dem Ende seiner versicherten Tätigkeit am 31. Dezember 2004 spätestens um Mitternacht
in Kenntnis dessen, dass er am Neujahrstag frühmorgens zur Teichwirtschaft nach L fahren musste, nicht schlafen gelegt, sondern
sich entschlossen habe, den Rest der Silvesternacht mit Bekannten am Brandenburger Tor zu verbringen, dort zu feiern und Alkohol
zu trinken. Dass Letzteres der Übermüdung nach einer Nacht ohne Schlaf nicht entgegenwirke, sondern diese begünstige und ihre
Auswirkungen verstärke, so wie umgekehrt die Übermüdung das Ausmaß alkoholbedingter Ausfallerscheinungen der Konzentration,
Kontrolle und Koordination verstärke, sei allgemein bekannt und habe auch dem Kläger bekannt sein müssen. Es bestünden kein
nachvollziehbarer Grund und keine Veranlassung, die Übermüdung aufgrund der durchgefeierten Silvesternacht nicht ausschließlich
dem privaten unversicherten Lebensbereich des Klägers zuzuordnen. Eine überstarke Lenkbewegung ließe sich nur als Folge einer
typisch alkoholbedingten Minderung der Fähigkeit, konzentriert, kontrolliert und koordiniert zu handeln erklären. Völlig unangepasste
Lenkbewegungen des Klägers könnten auch nicht auf eine Unerfahrenheit im Umgang mit dem gefahrenen Transporter zurückgeführt
werden. Denn nach den Angaben der in der Buchhaltung des Arbeitgebers tätigen Frau F sowie des Betriebsleiters der Teichwirtschaft
L habe der Kläger im Rahmen eines Großauftrags der Firma T mit demselben Transporter im Dezember 2004 bereits häufiger Fischtransporte
von L nach B durchgeführt, sei mit dessen Fahrverhalten also sowohl in beladenem als auch in leerem Zustand bereits gut vertraut
gewesen. Berücksichtige man also insgesamt, dass die Alkoholisierung des Klägers relativ nah an der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit
gewesen sei, dass die seine Fahrtüchtigkeit sicherlich weiter beeinträchtigende Übermüdung ebenso wie die Alkoholisierung
dem nicht versicherten privaten Lebensbereich des Klägers zuzurechnen gewesen sei und dass das zum Unfall führende Fahrverhalten
des Klägers erhebliche Ausfallerscheinungen aufgewiesen habe, die nicht als normaler Fahrfehler klassifiziert werden könnten,
sondern nur durch die Alkoholisierung des Klägers ggf. im Zusammenhang mit seiner Übermüdung zu erklären seien, trete bei
einer Gesamtgewichtung und -bewertung aller Umstände der ursächliche Einfluss des versicherten Wegerisikos vollständig gegenüber
der eindeutig dominanten ursächlichen Bedeutung der Fahruntüchtigkeit in den Hintergrund und werde durch diese verdrängt.
Rechtlich wesentliche Ursache für den streitgegenständlichen Unfall sei damit alleine die dem privaten Lebensbereich zuzurechnende
Fahruntüchtigkeit des Klägers gewesen, so dass der Unfall nicht als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung
anerkannt werden könnte.
Gegen dieses ihm am 08. Dezember 2010 zugegangene Urteil richtet sich die am 21. Dezember 2010 eingegangene Berufung des Klägers.
Der Kläger trägt vor, dass neben seiner Alkoholisierung keine weiteren Ausfallerscheinungen vorgelegen hätten. Seine relative
Fahruntüchtigkeit sei nicht rechtlich wesentliche Ursache des Unfalls gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. November 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom
16. Februar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2007 zu verurteilen, den Unfall vom 01. Januar 2005
als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass ein versicherter Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe.
Das Gericht hat im Termin vom 23. August 2012 Frau M, Herrn J und den Bruder des Klägers, Herrn U W, als Zeugen vernommen;
hinsichtlich des Ergebnisses der Vernehmungen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst
Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlag und Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26.
November 2010 und der Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. August
2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung,
dass der von ihm am 01. Januar 2005 erlittene Unfall ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung war. Streitgegenständlich
ist vorliegend entsprechend der Antragstellung allein die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall, nicht jedoch die Gewährung
von Leistungen.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung des Unfalls des Klägers als Arbeitsunfall ist §
8 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII). Nach §
8 Abs.
1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall
ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen
ist (sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis
- dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten
verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität - BSG, Urteil vom 15. Juni 2010, Az. B 2 U 12/09 R, zitiert nach juris.de). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Arbeitsunfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne
des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - nachgewiesen werden. Beweisrechtlich ist zu beachten,
dass der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss und dass es keine Beweisregel gibt, wonach bei fehlender Alternativursache
die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist. Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs
genügt dann die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht
und ernsthafte Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (so insgesamt BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R).
Diese Voraussetzungen zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles sind für den Unfall des Klägers am 01. Januar 2005 nicht erfüllt,
weil es an der erforderlichen so genannten Unfallkausalität fehlt. Für diesen Ursachenzusammenhang gilt die Theorie der wesentlichen
Bedingung, nach der auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie aufbauend in einem zweiten wertenden Schritt
als rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt
wesentlich mitgewirkt haben. Eine typische Fallgestaltung, in der die Unfallkausalität näherer Erörterung bedarf, besteht
in Fällen, in denen neben die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Verrichtung zur Zeit des
Unfalls eine weitere, nicht versicherten Zwecken zuzurechnende Ursache hinzutritt. Hierbei wird die Unfallkausalität zwischen
der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis vermutet, weil oft kein Grund zu erkennen ist, warum sich der
Unfall gerade jetzt und so zugetragen hat. Daher ist die für die Annahme eines Arbeitsunfalles erforderliche Kausalität zwischen
der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis stets gegeben, wenn außer dem kausalen Anknüpfungspunkt der versicherten
Tätigkeit keine anderen Tatsachen festgestellt sind, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein können. (Erst) wenn
eine solche konkurrierende Ursache neben der versicherten Ursache als naturwissenschaftliche Bedingung für das Unfallereignis
festgestellt wurde, ist in einem zweiten Prüfungsschritt wertend zu entscheiden, ob die versicherte Ursache wesentlich nach
der Theorie der wesentlichen Bedingung war (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007, aaO., m. w. N.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze steht fest, dass aufgrund der alkohol- und ggf. übermüdungsbedingten Fahruntüchtigkeit des
Klägers eine derartige Konkurrenzursache wirksam geworden ist.
Bei Alkoholgenuss ist nach der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. Januar 2007, aaO.) zunächst zu prüfen, ob dieser zu einem Vollrausch geführt hat, der die Ausübung einer
dem Unternehmen dienenden Verrichtung ausschließt, so dass eine Lösung vom Betrieb vorliegt; dies ist vorliegend nicht gegeben
gewesen. Auch wenn der Alkoholgenuss nicht zu einer Lösung vom Betrieb führt, können seine Folgen zu einem Leistungsabfall
führen und als konkurrierende Ursache neben die versicherte Ursache treten. Der alkoholbedingte Leistungsabfall kann dann
derart stark sein, dass ihm im Vergleich zur versicherten Ursache überragende Bedeutung für das Eintreten des Unfallereignisses
beizumessen ist. Ein typischer Anwendungsfall für die alkoholbedingte Herabsetzung der Leistungsfähigkeit ist die eingeschränkte
Fahrtüchtigkeit von Kraftfahrern, weil der Alkoholgenuss ihre Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt. Eine absolute
Fahruntüchtigkeit liegt bei einem BAK-Wert von 1,1 ‰ vor, eine solche hat beim Kläger ausweislich der am Unfallmorgen um 09.00
Uhr durchgeführten Messung von 0,55 ‰ nicht vorgelegen.
Bei einer relativen Fahruntüchtigkeit mit einer BAK von unter 1,1 ‰ kann der Alkoholgenuss auch von überragender Bedeutung
für den Eintritt des Unfallereignisses sein, so dass der Unfall nicht als durch die versicherte Zusammenhangskette wesentlich
verursacht anzusehen ist. Dies setzt jedoch voraus, dass neben der BAK aus weiteren Beweisanzeichen in Form von alkoholtypischen
Ausfallerscheinungen darauf geschlossen werden kann, dass der Versicherte wegen der Folgen des Alkoholgenusses fahruntüchtig
und damit der Alkoholgenuss die überragende Ursache für das Unfallereignis war. Als Beweisanzeichen für eine alkoholbedingte
Fahruntüchtigkeit hat das BSG angesehen u. a. die Fahrweise des Versicherten, z. B. eine überhöhte Geschwindigkeit, Fahren in Schlangenlinien, plötzliches
Bremsen, aber auch sein Verhalten vor, bei und nach dem Unfall, wobei ein Fehlverhalten aber nur dann eine alkoholbedingte
Fahruntüchtigkeit beweist, wenn es nicht ebenso gut andere Ursachen haben kann, wie z. B. Unaufmerksamkeit, Leichtsinn, Übermüdung;
dabei ist nicht jedes Beweisanzeichen einzeln, sondern es sind alle zusammen zu betrachten. Je geringer die festgestellte
BAK ist, desto höhere Anforderungen sind an den Beweiswert dieser sonstigen Beweisanzeichen zu stellen, um eine allein wesentliche
Verursachung des Unfalls durch eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zu bejahen (so insgesamt BSG, Urteil vom 30. Januar 2007, aaO., m. w. N.). Die für eine Fahruntüchtigkeit sprechenden Beweisanzeichen müssen dabei mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen und es muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von ihrer naturwissenschaftlichen
Mitverursachung des Unfallereignisses auszugehen sein.
Unter Beachtung dieser Vorgaben steht fest, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt relativ fahruntüchtig war und dass bei ihm
alkoholtypische Ausfallerscheinungen im genannten Sinne vorgelegen haben. Zur Begründung wird zunächst gemäß §
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf die umfassenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich das Gericht nach eigener Prüfung
anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Die Blutalkoholkonzentration des Klägers im Unfallzeitpunkt
betrug 0,85 ‰; die erstinstanzlich dargelegte Berechnung entspricht den Vorgaben der strafgerichtlichen Rechtsprechung zur
Rückrechnung einer BAK im Rahmen des Straftatbestandes einer Trunkenheit im Verkehr (vgl. Fischer,
StGB, 55. Aufl. 2008, §
16 Rdnr. 19 m. w. N.). Im angefochtenen Urteil ist auch die von der Rechtsprechung geforderte Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände
in Relation zur Höhe der festgestellten Blutalkoholkonzentration überzeugend vorgenommen worden. Zu Recht hat das Sozialgericht
darauf abgestellt, dass sich die festgestellte Blutalkoholkonzentration relativ nahe an der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit
befand. Als weiteres Beweisanzeichen für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit ist der Fahrfehler zu sehen, der zum Unfallereignis
geführt hatte. Dieser Fahrfehler steht fest aufgrund der gegenüber der Polizei getätigten Aussage des Zeugen J vom 11. Januar
2005. Danach ist der Kläger plötzlich nach links hinübergezogen und sodann blitzschnell quer über die Fahrbahn direkt in den
rechts geparkten Lkw hinein gefahren. Irgendwelche anderen Gründe als die alkohol- und übermüdungsbedingte Fahruntüchtigkeit
konnten nicht festgestellt werden. In der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2012 vermochte der Zeuge zwar nicht mehr zu
bestätigen, den Unfall beobachtet zu haben. Da er sich jedoch kurze Zeit vor dem Unfall auf dem rechten Fahrstreifen befand
und der Kläger ihn auf dem linken Fahrstreifen überholte, kommt ein anderer Hergang als der vom Zeugen zeitnah geschilderte
ohnehin nicht in Betracht.
Dieses Ziehen des Wagens nach links ist ausschließlich als alkoholtypischer Fahrfehler einzustufen. Ein derartiges Verreißen
des Lenkrades ist durch übliche leichte Fahrfehler nicht zu erklären. Wenn der Kläger hier einfach aus Gründen einer möglicherweise
überhöhten Geschwindigkeit in der Kurve nicht die Spur hätte halten können, wäre er nach rechts von der Fahrbahn abgekommen,
nicht jedoch nach links, wie erstinstanzlich bereits umfassend dargelegt wurde. Hinzu kommt, dass nach dem Ermittlungsbericht
der Polizei irgendwelche Brems- oder Reaktionsspuren auf der Fahrbahn nicht gefunden werden konnten, obgleich angesichts der
Länge der an der Leitplanke links gefundenen Spuren sich das Unfallgeschehen über eine beträchtliche Zeit hingezogen hat.
Auch dieses Fehlen einer zeitgerechten Reaktion ist typisch für einen alkoholbedingten Ausfall.
Bereits erstinstanzlich ist ausgeführt worden, dass der Kläger hier zwar mit einem geliehenen Fahrzeug unterwegs war. Nach
dem Ergebnis der Befragungen der Kollegen und des Verleihers Herrn H steht jedoch fest, dass dieses Fahrzeug bereits seit
01. Oktober 2004 entliehen war und vom Kläger zuvor regelmäßig für Transporte benutzt worden war, so dass nicht von einem
Fahrfehler aufgrund fehlerhafter Übung im Gebrauch mit dem Fahrzeug auszugehen ist. Irgendwelche Irritationen durch Gegenverkehr
können an der Unfallstelle ausgeschlossen werden, weil der Gegenverkehr an dieser Stelle der Sstraße in B von den vom Kläger
benutzten Fahrstreifen durch einen sehr breiten Mittelstreifen getrennt ist, auf welchem die S-Bahn entlangfährt, die S-Bahn-Trasse
ist zudem beidseitig auf dem Mittelstreifen begrünt. Eine etwaige Glätte aufgrund von Frost kann ausgeschlossen werden, weil
die Temperatur im Unfallzeitpunkt bereits ab 02.00 Uhr morgens sieben Grad plus betragen hat (vgl. etwa Wetterspiegel.de für
den ebenfalls in B und nahe gelegenen Ort B). Glatteis hat damit jedenfalls nicht bestanden. Auch sonstige wetterbedingte
Einflüsse kommen hier nicht in Betracht. Die Berichte über die Neujahrsfeier am nahe gelegenen Brandenburger Tor sprechen
von einer regnerischen, nicht aber von einer stürmischen Nacht oder sonst wie auffälligen Wetterverhältnissen. Regennasse
Fahrbahnen liegen jedoch regelmäßig und mit großer Häufigkeit vor und vermögen den Fahrfehler in keiner Weise zu erklären.
Die beim Kläger im Unfallzeitpunkt vermutlich auch noch vorgelegene Übermüdung führt bei der erforderlichen Gesamtabwägung
vorliegend nicht dazu, dass nunmehr die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit in der erforderlichen Gesamtabwägung zurückzutreten
hätte. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich bis etwa Mitternacht für seinen Arbeitgeber tätig war,
wobei zu keinem Zeitpunkt auch nur dargelegt wurde, welchen Zeitraum diese Tätigkeit denn umfasst haben sollte. Der auf Nachfrage
der Beklagten übersandte Mahnbescheid, der vor Mitternacht noch beim Amtsgericht Wedding eingeworfen worden sein soll, ist
jedenfalls nicht für den Arbeitgeber des Klägers erstellt worden. Auch die sonstigen auf entsprechende Nachfrage der Beklagten
übersandten Unterlagen belegen keine berufsbedingte Tätigkeit des Klägers am 31. Dezember 2004. Dahingestellt bleiben konnte
auch, ob der Kläger - wie sein Bruder als Zeuge bekundete - regelmäßig bis spät in die Nacht gearbeitet hat. Darauf kommt
es deshalb nicht an, weil aufgrund der eigenen Angaben des Klägers und der Aussagen des Herrn N in dessen Stellungnahme vom
05. Juli 2007 feststeht, dass der Kläger jedenfalls etwa ab Mitternacht bis zum Unfallzeitpunkt am Morgen, also in der Zeit,
in der üblicherweise geschlafen wird, aus rein privaten Gründen keine Erholung fand, woraus eine etwaige Übermüdung dann in
jedem Fall resultiert hätte. Eine betriebsbedingte Übermüdung, wie sie etwa vom Bayerischen LSG (Urteil vom 14. Dezember 2011,
Az. L 2 U 566/10, zitiert nach juris.de) im Falle einer dem Unfall relativ unmittelbar vorangegangenen 13,5 stündigen Tätigkeit für den Arbeitgeber
bejaht worden war, hat vorliegend im Falle des Klägers damit nicht vorgelegen. Auch soweit die Fahruntüchtigkeit damit durch
Übermüdung bedingt war, war sie allein dem privaten Lebensbereich des Klägers und nicht dem versicherten Risiko zuzurechnen.
Ergänzend wird auch insoweit auf die erstinstanzlichen Ausführungen verwiesen.
Die Vernehmung der auf Antrag des Klägers gehörten Zeugen hat im Ergebnis nichts für ihn Günstiges ergeben. Soweit die Zeugen
M angab, dass der Kläger nach ihrer Kenntnis nur ½ Glas Sekt getrunken und keinerlei Ausfallerscheinungen gezeigt habe, überzeugte
dies bereits deshalb nicht, weil die angegebene Trinkmenge nicht zu einer Blutalkoholkonzentration von 0,85 ‰ führen kann,
so dass auch die Vollständigkeit ihrer sonstigen Beobachtungen durchaus zweifelhaft ist. Ein späteres Trinkende mit der Folge
der Notwendigkeit einer leicht abweichenden Berechnung der BAK hat die Zeugin damit jedenfalls nicht bekundet. Weiter spricht
der Umstand, dass sie selbst keine Ausfallerscheinungen wahrgenommen haben mag, nicht dagegen, den zum Unfall führenden Fahrfehler
als einen alkoholtypischen Fahrfehler einzustufen.
Insgesamt steht damit eine wirksam gewordene Konkurrenzursache zur versicherten Tätigkeit fest. Diese Ursache ist auch allein
wesentlich geworden. Auch diesbezüglich wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die umfassenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Zu Recht ist hier ausgeführt, dass bei einer
Gesamtgewichtung und -bewertung aller Umstände der ursächliche Einfluss des versicherten Wegerisikos vollständig gegenüber
der eindeutig dominanten ursächlichen Bedeutung der Fahruntüchtigkeit in den Hintergrund tritt und durch diese verdrängt wird,
so dass rechtlich wesentliche Ursache für den streitgegenständlichen Unfall allein die dem privaten Lebensbereich zuzurechnende
Fahruntüchtigkeit des Klägers gewesen ist.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG).