Anerkennung eines Unfalls bei der Gartenarbeit als Arbeitsunfall
Voraussetzungen einer Wie-Beschäftigung
Arbeiten auf mit einem Nießbrauch belasteten Grundstück
Keine fremdnützige Tätigkeit
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Unfalls bei der Gartenarbeit vom 24. Mai 2015 als Arbeitsunfall. Streitig ist, ob
er bei der unfallbringenden Tätigkeit als so genannter Wie-Beschäftigter versichert war.
Der 1972 geborene Kläger, beruflich als Zahntechniker tätig, hat bis zum Jahre 2012 bei seinen Eltern auf dem Hausgrundstück,
welches bis zum Jahre 2013 in deren Eigentum stand, gewohnt. Auf diesem kam es später zu dem streitbefangenen Unfall. Es handelt
sich um ein 1300 m 2 großes Grundstück in der Mstraße, B, bebaut mit einer Stadtvilla.
Im Jahre 2012 zog der Kläger in eine Wohnung in der K-Straße, B, in ein Haus, das ebenfalls im Eigentum seiner Eltern stand
bzw. steht. Er erhielt den steuerrechtlich noch zulässigen Mietnachlass von 33 Prozent des Mietpreises. Damit fiel für die
88 m 2 große Wohnung ein Mietzins von 449 Euro warm an. Er wohnt in dieser Wohnung mit seiner Ehefrau, die er 2011 kennengelernt
und 2014 geheiratet hat. Im selben Haus in der K--Straße betreibt die Schwester des Klägers die „B “. Auch sie erhält einen
„gewissen“ Mietnachlass.
Das Haus in der Mstraße wurde dem Kläger und seiner Schwester im Jahre 2013 aus steuerrechtlichen Gründen – so die Eltern
– übertragen. Für die Eltern und die ebenfalls dort wohnende Tante ist ein Nießbrauchrecht bestellt.
Bis zum Jahre 2010 erledigte der Vater des Klägers die in der Mstraße anfallenden Gartenarbeiten inklusive der Reinigung der
Regenrinnen. Der Kläger half bei diesen Arbeiten. Nachdem der Vater im Jahre 2010 einen Herzinfarkt erlitten hatte, sah er
sich nicht mehr in der Lage, die erforderlichen Arbeiten zu verrichten. Daraufhin übernahm der damals dort noch wohnhafte
Kläger die Arbeiten auf dem Grundstück in der Mstraße. Die Schwester half nicht. Der Vater des Klägers zahlte nach ihren übereinstimmenden
Angaben 120 Euro pauschal für die Arbeiten. Schriftliche Vereinbarungen, Quittungen oder dergleichen existieren dafür nicht.
Der Vater des Klägers versicherte dies in einer eidesstattlichen Versicherung vom 19. Mai 2016. Er erwähnte dabei auch den
Mietnachlass seit Dezember 2012 sowie erforderliche Gartenarbeiten auf einem Grundstück in Schilksee bei Kiel. Das Grundstück
in Kiel ist ca. 800 m 2 groß und steht im Eigentum der Mutter des Klägers und ihrer Schwester, letztere wohnt etwa 30 km von
diesem Grundstück entfernt.
Der Kläger hat nach eigenen Angaben die 120 Euro monatlich als Taschengeld angesehen und daher nicht steuerlich erklärt.
Am Unfalltag, dem Pfingstsonntag, 24. Mai 2015, arbeitete der Kläger auf einer bis zu 10 m auszuziehenden Leiter, reinigte
die Regenrinnen und schnitt Efeu. Beim Schneiden des Efeus stürzte er aus einer Höhe von 5 m und erlitt dabei eine inkomplette
Querschnittslähmung mit Berstungsfraktur LWK 3.
Mit Bescheid vom 1. September 2015 lehnte die Beklagte eine Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 24. Mai 2015 ab.
Der Kläger sei nicht nach §
2 Abs.
2 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (
SGB VII) wie ein Beschäftigter versichert gewesen. Unter Berücksichtigung des engen Grades der Verwandtschaft, des Eltern-Kind-Verhältnisses
hätten die erbrachten Gartenarbeiten noch nicht außerhalb des Umfangs von Tätigkeiten gelegen, die vom Kläger in dieser Sonderbeziehung
als Gefälligkeit hätten erwartet werden können. Für ein Beschäftigungsverhältnis spreche, dass der Kläger regelmäßig Arbeiten
an Haus und Garten übernommen habe, die inhaltlich offenbar von den Eltern als Hauseigentümer näher bestimmt worden seien.
Auch ohne weitere Ermittlungen zu den Umständen und der Bedingtheit der monatlichen Zahlungen spreche nach der Lebenserfahrung
aber mehr dafür, dass die Zahlung von Geld eher als Ausdruck gegenseitiger Zuwendung von Eltern und Kind zu werten sei und
nicht etwa als Entlohnung einer regelmäßig geschuldeten Arbeitsleistung. Zusammenfassend genüge nach dieser Wertung weder
die regelmäßige Zahlung der 120 Euro für Hilfsdienste in Haus und Garten noch die erhöhte Unfallgefahr bei der Tätigkeit,
um den familiären Charakter dieser Tätigkeit zu verdrängen und diese als im Wesentlichen beschäftigungsähnlich zu werten.
Mit Widerspruch vom 17. September 2015 machte der Kläger geltend, er sei aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
für seine Eltern tätig geworden. Die Zahlung von 120 Euro monatlich lasse sich nicht durch familiäre Beziehungen erklären.
Er legte einen Computerausdruck über geleistete Arbeiten vor. Mit zurückweisendem Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2016
hielt der Beklagte an seiner Rechtsauffassung fest und führte zu den im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen aus,
dass diese ein Beschäftigungsverhältnis mit angemessener Entlohnung gerade nicht belegten. Soweit vom Kläger ein Mietzins
für die überlassene Wohnung unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete vereinbart worden sei und im Mietvertrag gerade keine
zusätzliche Abgeltung der Miete durch die Übernahme von Tätigkeiten für die Eltern aufgenommen worden sei, sei dies als Ausdruck
gegenseitiger Zuwendungen von Eltern und Kind zu werten.
Mit der hiergegen am 11. Februar 2016 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat einen Termin vom 28. Januar 2019 durchgeführt und den Kläger angehört sowie den Vater, die Mutter und
die Ehefrau des Klägers als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen
Bescheide zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts spreche der Umstand, dass der Kläger
Miteigentümer des Grundstücks gewesen sei, nicht gegen eine Tätigkeit wie ein Beschäftigter. Die Kammer habe den Eindruck
gewonnen, dass der Kläger die Arbeiten auf dem eigenen Grundstück nicht aus eigenwirtschaftlichen Gründen durchführen wollte,
sondern dass er damit den Interessen der Eltern habe dienen wollen. Hierfür spräche, dass der Kläger die Arbeiten bereits
drei Jahre vor Eigentumsübertragung ausgeführt habe. Bei der Eigentumsübertragung habe es sich um einen rein steuerrechtlichen
Vorgang gehandelt. Letztlich habe auch das Nießbrauchrecht des Vaters und der Tante des Klägers für eine Fremdwirtschaftlichkeit
gesprochen.
Gegen das der Beklagten am 26. Februar 2019 zugestellte Urteil wendet sich diese mit der Berufung vom 25. März 2019.
Zur Begründung führt die Beklagte aus, der Kläger habe als Eigentümer ein wesentliches Interesse am Werterhalt des Grundstückes,
selbst wenn der Nießbraucher gehalten sei, für die Instandhaltung Sorge zu tragen. Fehle es an einer Fremdnützigkeit, könne
auch eine Wie-Beschäftigung im Sinne von §
2 Abs.
2 SGB VII nicht vorliegen. Würde man vorliegend davon ausgehen, dass der Kläger fremdnützig tätig geworden wäre, läge gleichwohl keine
versicherte Tätigkeit vor, da der Kläger dann im Rahmen einer Sonderbeziehung (Eltern-Kind) tätig geworden sei. Bei Gefälligkeitsleistungen
unter Verwandten sei darauf abzustellen, ob das Familienmitglied eine Gefälligkeit erweise, welche nach Art, Umfang und Zeitdauer
sowie der Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehung ihr Gepräge von der familiären Bindung erhalte oder ob es
sich um eine ernstliche Tätigkeit gehandelt habe, die über das hinausgehe, was allgemein in verwandtschaftlichen Verhältnissen
gefordert werde. Ausweislich der Zeugenvernehmungen seien die familiären Bindungen in der Ursprungsfamilie des Klägers sehr
stark. Er habe bereits vor 2010 auf den Grundstücken der Eltern anfallende Tätigkeiten ausgeführt. Als der Vater im Jahre
2010 einen Herzinfarkt erlitten habe, habe er diese Tätigkeiten in der Mstraße intensiviert und im Jahre 2014 nach einem Zeckenbiss
des Vaters noch einmal gesteigert. Wie im Rahmen der gerichtlichen Vernehmung ausgeführt, sei das für ihn selbstverständlich
gewesen, was auch glaubhaft sei. Als Beleg, dass auch weitreichende Unterstützungshandlungen innerhalb der Familie üblich
seien, diene auch die regelmäßige Hilfe der Mutter im Unternehmen der Tochter „B “. Da die Tochter sich keine Angestellten
leisten könne, werde sie regelmäßig durch die Mutter unterstützt. Die tatsächlich sehr engen verwandtschaftlichen Beziehungen
zwischen dem Kläger und seinen Eltern stellten eine Sonderbeziehung dar, die der Anwendung des §
2 Abs.
2 SGB VII entgegenstehe. Soweit das Sozialgericht es habe dahinstehen lassen, ob ein Mieterlass in Höhe von 33 Prozent für die vom
Kläger bewohnte Wohnung als Arbeitsentgelt zu bewerten wäre, sei dem entgegenzuhalten, dass es sich hierbei um den steuerrechtlich
zulässigen Minderungsbetrag für Familienmitglieder handele. Ein Mietnachlass werde auch auf die Miete der Gewerberäume der
Schwester gewährt, welche keine Leistungen auf dem Grundstück Mstraße erbringe. Soweit die Kammer die monatlichen Zahlungen
in Höhe von 120 Euro mit einem angemessenen Arbeitslohn vergleiche, sei dies nicht nachvollziehbar, da der Kläger die Zahlungen
selbst als Taschengeld angesehen habe, die er steuerlich nicht zu erklären habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf seinen bisherigen Vortrag im Verwaltungsverfahren und im Sozialgerichtsverfahren und die seiner Auffassung
nach zutreffende Würdigung des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil.
Mit Schreiben vom 3. September 2020 hat das Landessozialgericht mitgeteilt, dass es die Aussagen der Zeugen für glaubwürdig
halte, offen sei, ob das Sozialgericht die zutreffenden rechtlichen Schlüsse aus diesen Aussagen gezogen habe. Seitens des
LSG werde daher keine Veranlassung für eine erneute Zeugenvernehmung gesehen, den Beteiligten sei es freigestellt, entsprechend
konkrete Anträge zu stellen. Anträge wurden nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Rechtsausführungen und der Sachdarstellung wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten
verwiesen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand er mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nach §
8 SGB VII, weil eine Versicherteneigenschaft nach §
2 SGB VII nicht vorgelegen hat. Der Kläger war weder Beschäftigter noch so genannter Wie-Beschäftigter. Der angefochtene Bescheid der
Beklagten vom 1. September 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2016 erweist sich daher als rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten.
Der Kläger war nicht gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII als Beschäftigter versichert. Denn die Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses für die unfallbringende Tätigkeit am 24.
Mai 2015 lassen sich nicht feststellen. Schriftliche Unterlagen über ein Arbeitsverhältnis liegen nicht vor. Im Verfahren
haben sich weder die Leistung noch die Gegenleistung für ein Arbeitsverhältnis konkret feststellen lassen. Vorliegend ist
schon nicht klar, welchen Umfang an Arbeiten der Kläger nach einem Arbeitsvertrag zu leisten hätte. Bekannt ist nur, dass
regelmäßig erforderliche Arbeiten im Garten in der Mstraße und in Kiel verrichtet wurden. Ein genauer Umfang der zu erbringenden
Leistungen ist nicht konkretisiert, ein Stundenlohn ist nicht vereinbart worden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass aus einem
denkbaren Arbeitsvertrag ein Weisungsrecht der Eltern bzw. des Vaters des Klägers gefolgt wäre. Weder sind solche Weisungen
zu Ort, Umfang und Zeit der Arbeiten erfolgt noch sind sie schriftlich als Pflichten fixiert. Es ist etwas anderes als eine
Weisung, dass die erforderlichen Gartenarbeiten zwischen den beteiligten Familienmitgliedern abgesprochen wurden. Gegen eine
Weisung spricht auch hier schon der Tag der Ausübung. Es hat sich um einen Feiertag, nämlich den Pfingstsonntag gehandelt,
so dass nicht angenommen werden kann, dass der Kläger an einem Pfingstsonntag auf arbeitsvertragliche Anweisung seines Vaters
arbeiten musste, zumal ein Notfall nicht vorlag. Auch hat der Kläger die erhaltenen 120,- Euro als Taschengeld, nicht als
Arbeitslohn bezeichnet. Ein genauer Leistungsumfang wurde nicht geschildert. Auch die Anzahl der Arbeitseinsätze in der Mstraße
und i waren nicht geregelt. Ob auch der Mietnachlass von 33 Prozent für die vom Kläger bewohnte Wohnung in der K--Straße als
Entgelt für Gartenleistungen gedacht war, ist offen. Der Vater des Klägers hat diesen Nachlass zwar in der eidesstattlichen
Versicherung erwähnt. Im Mietvertrag findet sich dagegen keine Erwähnung. Und bei seiner Vernehmung als Zeuge in der öffentlichen
Sitzung des Sozialgerichts hat der Vater ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 28. Januar 2019 erklärt, dass kein Zusammenhang
des Mieterlasses mit den Arbeiten bestanden habe. Gegen eine Entlohnung der Gartenleistungen durch Mietnachlass spricht auch,
dass die Schwester nicht zu Gartenarbeiten herangezogen wurde oder sich dazu bereit erklärt hat, obwohl sie ebenfalls einen
Mietnachlass erhalten hat. Insgesamt lassen sich die typischen Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses mit Eingliederung
in den Betrieb des Arbeitgebers, genauer Definition der geschuldeten Arbeitsleistung und genauer Definition des Entgeltes
nicht feststellen.
Aber auch die Voraussetzungen des §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII liegen nicht vor. Danach sind Personen versichert, die wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherter tätig werden. Voraussetzung
einer Wie-Beschäftigung nach §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII ist, dass eine einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende
Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen verrichtet werden kann, die in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis stehen (z.B. BSG, Urteil vom 20. August 2019, B 2 U 1/18 R mit zahlreichen weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).
Für die Prüfung dieser Merkmale folgt der Senat dem vorgeschlagenen Prüfungsschema von Spellbrink und Bieresborn im Aufsatz
„Die Wie-Beschäftigung in der gesetzlichen Unfallversicherung“, NJW, 2019 S. 3745 ff.
Danach ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu entscheiden, ob bei der zu beurteilenden Handlung die Merkmale einer abhängigen
Beschäftigung oder die einer unternehmerischen/selbständigen Tätigkeit überwiegen. Sofern diese Prüfung ergibt, dass die Tätigkeit
insgesamt einer abhängigen Beschäftigung ähnelt, ist als nächstes zu fragen, ob eine Sonderbeziehung besteht, die der wesentliche
Grund für die Handlung gewesen ist. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
keine Handlungen stehen sollen, die im familiären oder gesellschaftlichen Nähebereich gleichsam selbstverständlich geleistet
werden. Abschließend ist eine Gesamtabwägung anhand der Ergebnisse der beiden Stufen vorzunehmen, die sich gegenseitig beeinflussen
können (Spellbrink/Bieresborn, NJW 2019, S. 3746).
Danach muss es sich zunächst um eine Arbeit mit wirtschaftlichem Wert gehandelt haben, was vorliegend angesichts der vorgenommenen
Gartenarbeiten zweifelsfrei ist. Selbstverständlich haben gärtnerische Arbeiten, die auch von einem Fachbetrieb hätten vorgenommen
werden können, wirtschaftlichen Wert.
Weiter muss die Tätigkeit fremdbestimmt gewesen sein. Sie muss hinsichtlich des Zeitpunkts und der Art ihrer Ausführung entsprechend
den für Beschäftigungsverhältnisse typischen Weisungsrechten gemäß § 106 Gewerbeordnung und damit eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des §
315 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) fremdbestimmt gewesen sein, ohne dass es aber einer die Beschäftigungen im engeren Sinne charakterisierenden Eingliederung
in den Betrieb bedarf. Die Tätigkeit muss für ein Unternehmen mit fremdnütziger Handlungstendenz erbracht werden. Dabei kann
auch ein Haushalt ein Unternehmen sein (vgl. BSG, Urteil vom 26. Januar 1988 B 2 RU 23/87 zitiert nach juris). Weiter muss die Handlungstendenz des Tätigen fremdwirtschaftlich auf die Belange des fremden Unternehmens
gerichtet sein. Hieran fehlt es regelmäßig, wenn mit einer Tätigkeit wesentlich eigene Angelegenheiten verfolgt werden (BSGE
57, 91). Vorliegend lässt sich nach Auffassung des Senats schon eine Fremdbestimmtheit der Tätigkeit nicht feststellen. Hierbei
kommt es nicht darauf an, ob der Kläger möglicherweise vor 2010, als er noch seinem die Arbeiten ausführenden Vater geholfen
hat, nur dem Haushalt seiner Eltern helfen wollte. Denn seit dem Jahre 2013 ist der Kläger mit seiner Schwester zusammen Miteigentümer
des Grundstücks. Arbeiten auf diesem eigenen Grundstück zum Erhalt des Wertes und seines Zustandes liegen damit natürlich
auch in seinem Interesse. Dem steht nicht entgegen, dass für die Eltern und die Tante ein Nießbrauch bestellt ist und die
Nießbraucher grundsätzlich für den Erhalt zu sorgen haben (§
1041 BGB). Denn dies schließt nicht aus, dass ein Eigentümer auf seinem eigenen Grundstück auch im eigenen Interesse tätig wird, wenn
der Nießbraucher gerade nicht dazu in der Lage ist, selbst für den Erhalt des Grundstücks zu sorgen. Dies ist auch wegen der
vom Eigentümer zu gewährleistenden Verkehrssicherungspflichten eigennützig und gerade nicht fremdnützig. Denn dem Kläger war
bei Eigentumsüberschreibung und Nießbrauchsbestellung durchaus klar, dass sein Vater die notwendigen Arbeiten im Garten zur
Erhaltung und Pflege des Grundstücks nicht mehr durchführen konnte. Nach der Zeugenvernehmung und dem Vortrag insgesamt war
man sich aber insoweit einig, dass gerade kein Gartenunternehmen bestellt werden sollte. Weiß der Eigentümer aber, dass der
Nießbraucher zu eigenen Arbeiten nicht mehr in der Lage ist und vertritt er mit diesem zusammen die Auffassung, dass ein professionelles
Unternehmen nicht betraut werden soll, folgt daraus ohne Weiteres, dass er die vorgenommenen Arbeiten auch im eigenen Interesse
und nicht nur im Interesse des Nießbrauchers vornimmt.
Selbst wenn man annehmen will, dass hier sowohl eigenwirtschaftliche als auch fremdnützige Tätigkeiten verfolgt wurden, so
ist der Senat der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die eigenwirtschaftlichen Interessen des Klägers überwiegen. Der Senat
vermag nicht die klägerische Annahme zu teilen, dass es dem Kläger im Rahmen seiner Handlungstendenz bei der Gartenarbeit
allein darum ging, die dem Nießbraucher (Vater) obliegenden Verpflichtungen ihm (dem Kläger) gegenüber zu erfüllen, also quasi
für sich selbst (als Eigentümer des Grundstücks und Gläubiger der Erhaltungsleistung) fremdnützig Leistungen (als Erfüllungsgehilfe
des die Erhaltung schuldenden Nießbrauchers) erbracht hat. Insgesamt spricht daher für die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit
eher wenig.
Die Voraussetzungen des §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII sind auch dann nicht erfüllt, wenn die Tätigkeit eher unternehmerähnlich und nicht beschäftigtenähnlich verrichtet wird.
Hierfür ist beim Handelnden kein Geschäftsbetrieb oder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit erforderlich. Unternehmerähnlichkeit
liegt bereits dann vor, wenn die Tätigkeit dem Vertragstyp des Werkvertrages entspricht. Dies gilt selbst dann, wenn eine
Vergütung nicht vereinbart wird (Spellbrink/Bieresborn, a.a.aO, 3748). Es handelt sich dann um einen Auftrag mit Werksvertragscharakter,
wenn Gegenstand des Vertrages nicht die Überlassung der eigenen Arbeitskraft, sondern die eigenverantwortliche Herstellung
eines Werkes oder die Erledigung eines konkreten Auftrages ist. Für eine unternehmerähnliche Tätigkeit in diesem Sinne spricht,
wenn der Verletzte das Werk im Wesentlichen freiplanerisch gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen konnte. Die Voraussetzungen
einer frei bestimmbaren Tätigkeit im Sinne eines „Auftrages“ liegen hier vor. Der Kläger hat hier nicht die Überlassung seiner
Arbeitskraft geschuldet, sondern die Ausführung eines ganz bestimmten „Auftrages“, wobei nach den Zeugenaussagen vor dem Sozialgericht
der Kläger aufgrund der jahrelangen Hilfestellung für seinen Vater von sich aus wusste, welche Tätigkeiten wann zu erledigen
sind. Damit ist von einer Absprache der Tätigkeit mit seinen Eltern abgesehen, die auch jeder Unternehmer mit dem Auftraggeber
vornehmen muss, ein beschäftigtenähnliches Verhältnis nicht zu erkennen. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Kläger frei
bestimmen konnte – die Erforderlichkeit der Gartenarbeit zum jeweiligen Zeitpunkt vorausgesetzt – wann er welche Gartenarbeiten
vornehmen wollte. Dafür spricht auch der hier gewählte Zeitpunkt an einem Pfingstsonntag. Hier ist die Art und Weise der Durchführung
der Arbeiten im Garten keineswegs vom Vater vorgegeben worden, vielmehr konnte der Kläger selbst bestimmen, wann er welche
Arbeit ausführt.
Die Abwägung aller soeben genannten Kriterien im Sinne einer Typisierung spricht im vorliegenden Fall daher eher gegen eine
fremdbestimmte, beschäftigtenähnliche Tätigkeit. Er spricht mehr dafür, dass der Kläger eigennützig frei bestimmt und unternehmerähnlich
tätig war.
Nach dem hier angewandten Prüfungsschema ist auf der Stufe 2 zu prüfen, ob eine Sonderbeziehung des Versicherten zu dem Unternehmer
letztlich Grund der Tätigkeit gewesen ist. Vorliegend kommt als Sonderbeziehung die familienhafte Verbindung der Eltern mit
ihrem Sohn in Betracht. Verwandtschaftliche Beziehungen können den Versicherungsschutz als Wie-Beschäftigter ausschließen,
wenn die Tätigkeit nach Art, Umfang und Dauer sowie dem Grad der familiären Beziehung üblich ist. Je enger eine Gemeinschaft
ist, umso eher erhalten Tätigkeiten ihr Gepräge gerade aus dieser Gemeinschaft (BSG, NJW, 1994, S. 676). Vorliegend bestehen ganz offensichtlich enge familiäre Beziehungen zwischen den Eltern und ihren Kindern, die ihren Niederschlag
jeweils auch in großzügigen Hilfeleistungen finden. So gewähren die Eltern sowohl dem Kläger als auch seiner Schwester großzügige
Mietnachlässe für die Wohnung bzw. das Gewerbe. Der Kläger wiederum war noch zu Zeiten, als er auf dem Grundstück der Eltern
wohnte, im Garten behilflich. Wie überzeugend und glaubwürdig ausgeführt wurde, hilft der Kläger seiner Mutter und deren Schwester
auch bei einer Instandhaltung des Grundstücks in Kiel. Der Senat hat keine Zweifel, dass derartige Gartenarbeiten noch im
Umfang des Erwartbaren liegen, wenn man ein Drittel der Miete erlassen bekommt und im Übrigen in der Familie großzügige Hilfeleistungen
üblich sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Vater des Klägers seinem Sohn für die Arbeiten noch ein monatliches „Taschengeld“
gewährt hat. Damit ist der eigentliche Beweggrund für die Arbeiten in der Sonderbeziehung „Familie“ und der in dieser engen
Sonderbeziehung erwarteten Hilfeleistung zu sehen.
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch eine besondere Gefährlichkeit letztlich dafür sprechen kann, dass eine versicherte
Wie-Beschäftigung angenommen wird (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 123). Von einer solchen besonderen Gefährlichkeit kann trotz der schweren Folgen des Unfalls hier nicht ausgegangen werden.
Der Kläger hat ausgesagt, dass es für ihn keine Besonderheit dargestellt hat, auf die 5 m hohe Leiter zu klettern und Efeu
zu schneiden. Dies überzeugt auch, weil der Vater früher diese Tätigkeiten selbst ausgeführt hat und sein Sohn ihm dabei regelmäßig
geholfen und er diese Arbeiten seit 2010 ganz übernommen hat. Dass die Grenzen des Erwartbaren durch die Gefährlichkeit der
Gartenarbeit überschritten worden seien, kann angesichts des Umstandes, dass der Kläger seit 2010 diese Arbeiten selbst übernommen
hat und davor seinem Vater geholfen hat, nicht angenommen werden. Damit spricht auf der Stufe 2 alles dafür, dass die Arbeiten
im Garten aufgrund der familiären Sonderbeziehung vorgenommen worden sind und ihren Grund nicht in einem beschäftigtenähnlichen
Verhältnis gefunden haben.
Auf einer dritten Stufe ist dann abschließend eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der die Ergebnisse auf beiden Stufen sich
vergleichbar einem System kommunizierender Röhren gegenseitig beeinflussen können (Spellbrink/Bieresborn, NJW, 2019, S. 3751). Je geringer etwa die Ähnlichkeit der unfallbringenden Tätigkeit mit dem Typus der Beschäftigung auf Stufe 1 ausgeprägt
ist, umso mehr kann dann auch das Bestehen einer Sonderbeziehung auf Stufe 2 das Vorliegen einer Wie-Beschäftigung in Frage
stellen. So liegt der Fall hier.
Wie oben ausgeführt, spricht schon recht wenig für eine beschäftigtenähnliche Tätigkeit auf der Stufe 1 der Prüfung. Vielmehr
ist der Kläger von seiner Handlungstendenz eigennützig tätig geworden und dies auch nicht beschäftigtenähnlich, sondern nach
der Art eines selbstbestimmten Unternehmers.
Auf Stufe 2 war festzustellen, dass der wesentliche Grund der Hilfeleistung in der Familienbeziehung und nicht in einem beschäftigtenähnlichen
Verhältnis lag. Dies folgt aus den in der Familie üblichen gegenseitigen großzügigen Hilfeleistungen.
Letztlich spricht auch bei einer Gesamtabwägung der Ergebnisse der Stufen 1 und 2 nichts dafür, dass die Arbeiten nicht zu
erwarten waren und dem Kläger deshalb der erhebliche Mietnachlass von 33 Prozent als Gegenleistung für die Gartenarbeiten
gewährt wurde, was in der Gesamtabwägung wieder zur Annahme einer Wie-Beschäftigung führen könnte. Denn hier ist zu berücksichtigen,
dass der Mietnachlass erst dann gewährt wurde, als der Kläger mit seiner zukünftigen Frau in die Wohnung einzog. Zuvor hatte
der Kläger die Arbeiten aber ebenfalls seit 2010 (Herzinfarkt des Vaters) verrichtet. Gegen einen Zusammenhang der Gartenarbeiten
mit dem Mietnachlass sprechen auch die Angaben des Vaters als Zeuge in der öffentlichen Sitzung am 28. Januar 2019 und dass
die Schwester ebenfalls einen Mietnachlass erhält, aber ihrerseits keine Gartenarbeiten leistet. Auch fehlt im Mietvertrag
jeder Hinweis, dass der Nachlass wegen im Übrigen geschuldeter Leistungen im Garten und nicht nur wegen der familiären Nähe
gewährt wird.
Die Gesamtabwägung ergibt daher angesichts nur geringfügiger Umstände, die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen auf der
einen Seite und einer höchst belastbaren Sonderbeziehung „Familie“ auf der anderen Seite, dass eben diese Sonderbeziehung
Grund der Verrichtung der Tätigkeit war.
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Sozialgerichts daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.