Veranlagung nach dem Gefahrtarif 2007 im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zuordnung zu einer anderen Gefahrtarifstelle.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der Dachverband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine
innerhalb B ist. Der Zweck des Vereins ist in § 2 seiner Satzung wie folgt beschrieben:
"1. Dem Bund obliegt unter Ausschluss von Erwerbszwecken die Förderung der Grundstückswirtschaft und die Wahrung der gemeinsamen
Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in B. Er hat die Aufgabe, seine Mitglieder über die Rechte und Pflichten
des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentums zu unterrichten und sie bei der Wahrung ihrer Interessen zu unterstützen.
2. Der Bund betreibt den Zusammenschluss aller Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer und unterhält Einrichtungen, die der Unterrichtung
und Unterstützung der Mitglieder dienen.
3. Dem Bund obliegt es auch, die Mitglieder der ihm angehörenden Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine zu beraten und
deren Interessen wahrzunehmen.
4. Der Bund darf Tarifverträge abschließen."
Der Kläger unterhält hierfür eine Geschäftsstelle, die mit einem Geschäftsführer und einer Angestellten besetzt ist und zwei
Büroräume und einen Sitzungssaal umfasst.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 veranlagte die Beklagte den Kläger für die Zeit ab 01. Januar 2007 zu der Gefahrtarifstelle
15 "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" mit der Gefahrklasse 1,36.
Dieser Gefahrtarif sieht u. a. - soweit im vorliegenden Fall von Interesse - folgende Gefahrtarifstellen vor:
Gefahrtarifstelle
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Unternehmensart
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Gefahr-Klasse
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06
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Beratungsunternehmen
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0,63
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08
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Rechts- und wirtschaftsberatendes Unternehmen, Organ der Rechtspflege
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0,44
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11
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Wirtschaftliche und politische Interessenvertretung
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0,59
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15
|
Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen
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1,36
|
Der Kläger erhob gegen den Veranlagungsbescheid Widerspruch, mit dem er u. a. ausführte, dass die Zuteilung der Unternehmensart
nicht plausibel sei. Er sei eine wirtschaftliche und politische Interessenvertretung wie seine Haus- und Grund-Mitgliedsvereine
und sein Dachverband H und G Deutschland. Man erfülle mit seinen satzungsgemäßen und auch praktizierten Aufgaben und Tätigkeiten
sämtliche Merkmale eines klassischen Verbandes, der wirtschaftliche und politische Interessen seiner Mitglieder vertrete.
Die Tätigkeit der Angestellten erfolge ausschließlich in den eigenen Büroräumen. Ein Außendienst finde nicht statt. Diese
Art der Tätigkeit sei nicht zu subsumieren unter die Merkmale der Gefahrtarifstelle 15, die beispielsweise Bürgerinitiativen,
Schutzgemeinschaften, Friedensdienste und auch Organisationen betreffe, die in größerem Maße Außenaktionen und Außenaktivitäten
außerhalb eines geregelten Bürobetriebes entfalten würden und daher den klassischen Verbänden nicht gleichzustellen seien.
Beigefügt war die bereits genannte Satzung des Bundes der B H- und Gvereine e. V.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2007 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, dass
die Entscheidung über die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Unternehmensart sich nach dem Unternehmensgegenstand bzw.
bei Vereinen nach dem in der Satzung festgeschriebenen Zweck richte, wobei die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten grundsätzlich
keine Rolle spielten. Der Gefahrtarifstelle 15 seien Unternehmen zugeordnet, die der Wahrnehmung und Förderung insbesondere
ideeller und persönlicher Interessen dienten, bei denen der wirtschaftliche Erfolg nicht im Vordergrund stehe. Die "Interessen"
bezögen sich auf Interessen der Mitglieder, Gesellschafter oder bestimmter Personengruppen, die nicht notwendigerweise auch
an dem Zusammenschluss beteiligt sein müssten. Der Unternehmensgegenstand werde durch die Vielzahl verschiedenartiger Aktivitäten
gekennzeichnet, u. a. in beratenden, bildenden, unterhaltenden und kreativen Bereichen. Hierunter fiele insgesamt auch der
Kläger.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin zunächst die Beklagte aufgefordert, dem Gericht entsprechendes Zahlenmaterial
zur Verfügung zu stellen, aus dem die Grundlagen der Veranlagung nachvollziehbar würden. Die Beklagte hat hierzu auszugsweise
ihre Genehmigungsvorlage zum Gefahrtarif 2007, der am 18. Dezember 2006 vom Bundesversicherungsamt genehmigt wurde, übersandt
und hierzu ausgeführt, dass sie, da sich in ihrem Mitgliederbestand viele Unternehmen befänden, die kein Gewerbe im klassischen
Sinne seien, anstelle des Begriffes des Gewerbezweiges den der Unternehmensart verwende.
Mit Urteil vom 28. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die Zuordnung des Klägers zur Unternehmensart
"Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" sei rechtlich nicht zu beanstanden. Ein entsprechender Zweck des Klägers
ergebe sich aus § 2 seiner Satzung, wonach ihm die Wahrung der gemeinsamen Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer
in B obliege. Eine rein wirtschaftliche Interessenvertretung, die eine Einordnung in die Gefahrtarifstellen 11 oder 08 gebieten
würde, sei dieser Zweckbestimmung nicht immanent. Hervorgehoben werde die beratende Funktion des Klägervereins, nicht jedoch
zuvörderst im rein wirtschaftlichen Bereich. Wenn die Beklagte den Schwerpunkt des Klägervereins auf der Grundlage der satzungsgemäßen
Beschreibung seines Zweckes nicht im wirtschaftlichen Bereich erkenne, sondern vielmehr - allgemein - in der Verfolgung allgemeiner
Interessen, so scheine diese Wertung für die Kammer zumindest nachvollziehbar. Eine mögliche Inhomogenität der Gruppe "Zusammenschluss
zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" sei unvermeidlich und darum nicht zu beanstanden.
Gegen dieses ihm am 06. Mai 2008 zugegangene Urteil richtet sich die am 05. Juni 2008 eingegangene Berufung des Klägers. Der
Kläger trägt vor, dass keine hinreichend sachlich nachvollziehbaren Gründe angeführt worden seien, die für eine Veranlagung
zur Tarifstelle 15 sprechen würden. Diese Einordnung sei als willkürlich zu beanstanden. Bei der Förderung der Grundstückswirtschaft
und Wahrung der gemeinsamen Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in B handele es sich um wirtschaftliche Interessen,
welche Interessen solle ein Haus- bzw. Wohnungs- und Grundeigentümer denn sonst haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn für die Zeit ab 01. Januar 2007
zur Gefahrtarifstelle 11, hilfsweise zur Gefahrtarifstelle 06 des Gefahrtarifs der Beklagten, hilfsweise ihn unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts zu einer anderen bestimmten Gefahrtarifstelle des Gefahrtarifs der Beklagten zu veranlagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und führt weiter aus, dass der Gefahrtarifstelle 11
Kammern, Verbände und Vereinigungen angehörten, die berufliche/unternehmerische Tätigkeiten und/oder wirtschaftliche Interessen
förderten und/oder unterstützen, während der Unternehmensart der Gefahrtarifstelle 15 Zusammenschlüsse zugeordnet würden,
die der Wahrnehmung und Förderung insbesondere ideeller Interessen dienten und bei denen der wirtschaftliche Erfolg nicht
im Vordergrund stehe, soweit das Unternehmen nicht bereits einer anderen namentlich genannten Unternehmensart zuzuordnen ist.
Beim Kläger stünden wirtschaftliche Interessen nicht im Vordergrund, er vertrete daher ideelle Interessen im Sinne der Gefahrtarifstelle
15.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst
Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf die Zuordnung zu einer anderen als der Gefahrtarifstelle 15 des seit 01. Januar 2007 geltenden Gefahrtarifs der Beklagten.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist §
159 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII), nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt.
Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf
der Berufsgenossenschaft (BG), den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad
der Unfallgefahr in den Unternehmen (§§
153 Abs.
1,
157 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede BG einen Gefahrtarif aufstellen
und diesen nach Tarifstellen gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten
errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs
Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen
(§
157 Abs.
1 - 3
SGB VII).
Der Gefahrtarif ist unabhängig von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. §
158 SGB VII) durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar. Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. §
157 SGB VII, §§
33 ff
SGB IV) ist der Gefahrtarif allerdings nur daraufhin überprüfbar, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet,
also dem
SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden
öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung,
ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen
Ermächtigung Recht setzen. Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§
152 f,
157,
162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts
zu beachten. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht
Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs
wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger. Aufgrund dieser eingeschränkten
gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem
Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind
eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG,
Urteil vom 24. Juni 2003, Az. B 2 U 21/02 R, m. w. N., zitiert nach juris.de). Zulässiger Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen sind dabei nach der
Rechtsprechung entweder der sog. Gewerbezweig, basierend auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche
oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen, aber ebenso, da die Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise
ihrer Herstellung oder Bearbeitung in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert, Art und Gegenstand
des Unternehmens, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren im Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 5. Juli
2005, Az. B 2 U 32/03 R, zitiert nach juris.de, und BSG, Urteil vom 28. November 2006, az. B 2 U 10/05 R, zitiert nach juris.de). Die Beklagte hat als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen zulässigerweise die
Unternehmensart gewählt. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs 2007 der Beklagten bestehen nicht, solche sind
im Berufungsverfahren vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.
Die Beklagte hat den Kläger auch zu Recht der Gefahrtarifstelle 15 zugeordnet. Ein Unternehmen kann nur dann mit Aussicht
auf Erfolg fordern, einem anderen Gewerbezweig bzw. einer anderen Unternehmensart zugeteilt zu werden, wenn der Gefahrtarif
der BG mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Gefahrtarifstellen ausweist und unklar ist, welcher
von ihnen er nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann
die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig bzw. der Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation
infrage gestellt werden. Zu prüfen sind hierfür der Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck, die Art der angebotenen
Dienstleistungen und die näheren Umstände ihrer Erbringung (BSG, Urteil vom 21. März 2006, Az.: B 2 U 2/05 R, zitiert nach juris.de).
In der Gefahrtarifstelle 15 "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" sind nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung
der Beklagten (zitiert nach VBG Report 1/2007, S. 25 ff.) Unternehmen zusammengefasst, deren Aufgaben die Wahrnehmung und
Förderung bestimmter Interessen sind. Beispielhaft genannt sind hier neben Haus- und Grundeigentümerverbänden Mietervereinigungen,
Vertretungen von Interessen politisch-gesellschaftlicher, allgemein-gesellschaftlicher oder -kultureller Art, Vereine und
Einrichtungen zur Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung und Geselligkeit. Die Aktivitäten derartiger Unternehmen
erstrecken sich u. a. auf die Vertretung der gemeinsamen Interessen in der Öffentlichkeit und gegenüber anderen Institutionen
und Organisationen (z. B. Behörden, andere Verbände), die Durchführung geeigneter Veranstaltungen zur Erreichung der Ziele
und die Beratung (der Mitglieder), wobei die Rechtsform des Unternehmens dabei unerheblich ist (LSG Schleswig-Holstein, Urteil
vom 16. September 2004, Az.: L 5 U 94/03, zitiert nach juris.de). Der maßgebliche Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck "Verfolgung gemeinsamer Interessen"
ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers, wonach seine Aufgaben die Unterrichtung seiner Mitglieder,
also der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine B und deren Unterstützung bei ihrer Interessenwahrung sind. Dies ist
ein Unternehmenszweck, der sich ohne weiteres unter die Definition der Gefahrtarifstelle 15 subsumieren lässt.
Nichts anderes folgt aus der Art der vom Kläger als Dachverband angebotenen Dienstleistungen, die in der Unterstützung und
Beratung seiner Mitliedsunternehmen bestehen.
Der Kläger war nicht der Gefahrtarifstelle 11 "wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" zuzuordnen. Hierzu zählen
nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung (aaO., S. 28) u. a. Kammern, Verbände, Organisationen der freien Berufe und der gewerblichen
Wirtschaft (einschließlich der Arbeitgeberverbände), deren Zweck die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen der freien Berufe
bzw. der gewerblichen Wirtschaft ist, z. B. Industrie- und Handelskammern, Rechtsanwaltskammern, Architektenkammern, Innungen,
Kreishandwerkerschaften. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass diese generell berufsständische Vertretungen freier Berufe
und Vertretungen der gewerblichen Wirtschaft seien. Kammern und Verbände, die weder solche der freien Berufe noch der gewerblichen
Wirtschaft seien, würden der Unternehmensart "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" zugeordnet. Diese sich
aus den Hinweisen zur Branchenzuordnung ergebenden Abgrenzungskriterien begegnen unter dem Gesichtspunkt des der Beklagten
eingeräumten Regelungsspielraumes keinen Bedenken. Die Verwaltung und Nutzung von Grundeigentum ist nach allgemeinem Sprachgebrauch
nicht der gewerblichen Wirtschaft zuzuordnen, sondern steht begrifflich neben dieser.
Der Kläger war auch nicht der Gefahrtarifstelle 06 "Beratungsunternehmen" zuzuordnen. Zu Beratungsunternehmen gehören nach
den Hinweisen zur Branchenzuordnung Unternehmens- Organisations-, Personal-, EDV- und Ernährungsberatungen; Gegenstand dieser
Unternehmen ist also die Beratung dritter Personen. Die Tätigkeit des Klägers besteht nach seinem satzungsmäßigen Zweck jedoch
nicht in der Beratung dritter Personen. Eine Veranlagung zu anderen Gefahrtarifstellen kam nicht in Betracht.
Soweit der Kläger wiederholt darauf verweist, lediglich Bürotätigkeiten zu erbringen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
Zum einen würde eine Ausrichtung der Tarifstellen allein nach dem Kriterium der büromäßigen oder nicht büromäßigen Arbeit
bei der Mitgliederstruktur der Beklagten einen Gefahrtarif nach Gefahrklassen weitgehend überflüssig machen, da ihre Klientel
vorwiegend büromäßige Tätigkeiten ausführt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2010, Az. L 3 U 549/08, zitiert nach Sozialgerichtsbarkeit.de). Zum anderen sind der Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos, auf
welches der Kläger damit verweist, aufgrund der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs Grenzen gesetzt. Eine Unternehmensart
kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen
eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnen
lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif der BG ausgewiesenen Gewerbezweige
bzw. Unternehmensarten zugeordnet werden. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge
allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet jedoch aus, weil damit das Abgrenzungsprinzip nach Gewerbezweigen bzw. Unternehmensarten
aufgegeben und die diesbezügliche Systementscheidung konterkariert würde. Die Bildung von Gefahrklassen nach Unternehmensarten
hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb von diesen nicht nur typische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr
oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen
trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen
belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen
Typisierung hinzunehmen. Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen BGen auf den verschiedenen
Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den BGen reicht (so insgesamt
BSG, Urteil vom 05. Juli 2005, Az. B 2 U 32/03 R, m. w. N., Zitiert nach juris.de). Da die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 15 aus den aufgeführten Gründen keinen Bedenken
unterliegt, kommt es auf den Grad der Unfallgefahr nicht an. Selbst wenn man allerdings unterstellte, dass es - wie der Kläger
meint - keine hinreichenden Gründe für diese Veranlagung gäbe, so würde dies vorliegend ebenfalls nicht zu einem anderem Ergebnis
führen. Denn die Zuordnung zu einem anderen Gewerbezweig bzw. einer anderen Unternehmensart könnte, wie bereits ausgeführt,
auch in diesem Fall mit Aussicht auf Erfolg nur bei einem erheblich abweichenden Grad der Unfallgefahr gefordert werden. Ein
derart erheblich abweichendes Unfallrisiko ist allerdings lediglich mit dem Hinweis auf die büromäßige Ausübung der Tätigkeit
der Beklagten nicht dargetan. Wie bereits erstinstanzlich zu Recht ausgeführt wurde, dürfte bei lebensnaher Betrachtung auch
für die meisten übrigen zur Gefahrtarifstelle 15 veranlagten Unternehmen davon auszugehen sein, dass in diesen ganz überwiegend
Bürotätigkeiten ausgeübt werden. Denn abzustellen ist hier nicht auf die Teilnehmer an den angebotenen Veranstaltungen bzw.
Initiativen, sondern auf die angestellten bzw. ehrenamtlich Tätigen der genannten Organisationen. Ergänzend wird gemäß §
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf die erstinstanzlichen Ausführungen Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt. Im Hinblick auf die ebenfalls zur
Gefahrtarifstelle 15 veranlagten Automobilclubs ist im von der Beklagten zur Akte gereichten und bereits zitierten Urteil
des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20. August 2010, aaO.) dargelegt, dass beispielsweise der ADAC mindestens 14 rechtlich
eigenständige Tochtergesellschaften hat und z. B. die Pannenhilfe sowie Luftrettung getrennt nach ihrem jeweiligen Unternehmensgegenstand
zu veranlagen sind, so dass auch hieraus keine erheblich abweichende Unfallgefahr folgt.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
1 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes auf die Höhe des dreifachen Auffangstreitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz, insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts im bereits erstinstanzlich genannten Beschluss
(Beschluss vom 30. November 2006, Az. B 2 U 410/05 B, zitiert nach juris.de) und gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich das Gericht anschließt.
Die Festsetzung des Streitwerts ist nicht anfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).