Zulässigkeit der geringen Vergütung eines Facharztes mit beschränkten Leistungsspektrum im Rahmen der Honorarverteilungsgerechtigkeit
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der vertragsärztlichen Vergütung in den Quartalen I/01 bis II/02.
Die Klägerin wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30. Oktober 1996 als Fachärztin für Innere Medizin zum 1. Januar
1997 mit der für fünf Jahre geltenden Einschränkung zugelassen, dass nur Leistungen abrechnungsfähig sind, die im Zusammenhang
mit dem Teilgebiet Angiologie stehen (Sonderbedarfszulassung). Seit dem 1. Januar 2002 besteht die Zulassung ohne Einschränkung.
Fallwerte, Fallzahlen und Honorargutschriften der Klägerin verhielten sich zu denjenigen der hausärztlichen und der fachärztlichen
Internisten sowie der Fachärzte insgesamt (jeweils berlin- und bundesweit, ohne Psychotherapeuten) und der als Angiologen
tätigen Internisten bundesweit in den streitigen Quartalen wie folgt (die Beklagte hat insoweit mitgeteilt, in ihrem Zuständigkeitsbereich
lägen für Internisten mit dem Teilgebiet Angiologie keine gesonderten Daten vor):
Fallzahlen
Quartal
|
Klägerin
|
Fachärztl. Internisten Berlin
|
Fachärztl. Internisten Bund
|
Hausärztl. Internisten Berlin
|
Hausärztl. Internisten Bund
|
Fachärzte insgesamt Berlin
|
Fachärzte insgesamt Bund
|
Internisten/ Angiologen bundesweit
|
I/2001
|
679
|
831
|
831
|
801
|
922
|
1.187
|
1.192
|
997
|
II/2001
|
743
|
910
|
792
|
774
|
888
|
1.167
|
1.146
|
971
|
III/2001
|
744
|
783
|
754
|
769
|
888
|
1.099
|
1.112
|
927
|
IV/2001
|
675
|
806
|
802
|
795
|
896
|
1.136
|
1.151
|
937
|
I/2002
|
726
|
824
|
821
|
796
|
910
|
1.237
|
1.142
|
991
|
II/2002
|
820
|
824
|
835
|
777
|
893
|
1.231
|
1.147
|
996
|
Fallwerte
Quartal
|
Klägerin
|
Fachärztl. Internisten Berlin
|
Fachärztl. Internisten Bund
|
Hausärztl. Internisten Berlin
|
Hausärztl. Internisten Bund
|
Fachärzte insgesamt Berlin
|
Fachärzte insgesamt Bund
|
Internisten/ Angiologen bundesweit
|
I/2001
|
65,87 DM
|
158,74 DM
|
207,81 DM
|
95,97 DM
|
104,51 DM
|
72,17 DM
|
91,52 DM
|
123,53 DM
|
II/2001
|
68,50 DM
|
159,77 DM
|
209,56 DM
|
99,00 DM
|
103,32 DM
|
71,79 DM
|
91,71 DM
|
130,73 DM
|
III/2001
|
68,71 DM
|
171,72 DM
|
214,66 DM
|
95,52 DM
|
100,46 DM
|
72,86 DM
|
92,12 DM
|
128,18 DM
|
IV/2001
|
91,18 DM
|
176,66 DM
|
211,04 DM
|
98,85 DM
|
105,34 DM
|
76,36 DM
|
94,52 DM
|
135,95 DM
|
I/2002
|
44,39 €
|
83,73 €
|
104,00 €
|
48,17 €
|
52,34 €
|
34,04 €
|
47,91 €
|
68,18 €
|
II/2002
|
44,31 €
|
83,26 €
|
101,48 €
|
46,98 €
|
52,42 €
|
32,95 €
|
46,53 €
|
64,27 €
|
Honorargutschriften
Quartal
|
Klägerin
|
Fachärztl. Internisten Berlin
|
Fachärztl. Internisten Bund
|
Hausärztl. Internisten Berlin
|
Hausärztl. Internisten Bund
|
Fachärzte insgesamt Berlin
|
Fachärzte insgesamt Bund
|
Internisten/ Angiologen bundesweit
|
I/2001
|
44.728 DM
|
131.991 DM
|
172.770 DM
|
76.827 DM
|
96.336 DM
|
85.643 DM
|
109.046 DM
|
123.195 DM
|
II/2001
|
50.896 DM
|
145.452 DM
|
165.987 DM
|
76.616 DM
|
91.791 DM
|
83.751 DM
|
105.075 DM
|
126.999 DM
|
III/2001
|
51.121 DM
|
134.519 DM
|
161.835 DM
|
73.430 DM
|
89.230 DM
|
80.086 DM
|
102.389 DM
|
118.840 DM
|
IV/2001
|
61.544 DM
|
142.302 DM
|
169.251 DM
|
78.609 DM
|
94.437 DM
|
86.716 DM
|
108.765 DM
|
127.433 DM
|
I/2002
|
32.223 €
|
68.991 €
|
85.405 €
|
38.332 €
|
47.632 €
|
42.108 €
|
54.730 €
|
67.539 €
|
II/2002
|
36.331 €
|
68.623 €
|
84.729 €
|
36.522 €
|
46.836 €
|
40.548 €
|
53.393 €
|
64.014 €
|
Mit Bescheid vom 29. November 2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Nachvergütung in Höhe von 3.091,78 DM für das
Quartal I/01 und mit Bescheiden vom 20. März 2003 und vom 31. Oktober 2003 eine solche in Höhe von 897,81 Euro für das Quartal
I/02 und in Höhe von 802,20 Euro für das Quartal II/02.
Dem lagen nach den Angaben der Beklagten (unter Berücksichtigung der Nachvergütungen) folgende Punktwerte der fachärztlichen
Internisten zugrunde:
|
Primärkassen
|
Ersatzkassen
|
I/2001
|
3,962 DPf
|
4,778 DPf
|
II/2001
|
3,611 DPf
|
4,891 DPf
|
III/2001
|
4,138 DPf
|
5,422 DPf
|
IV/2001
|
4,196 DPf
|
5,775 DPf
|
I/2002
|
1,99736 €-Cent
|
2,64069 €-Cent
|
II/2002
|
1,83584 Euro-Cent
|
2,67852 Euro-Cent
|
Gegen die Honorarbescheide für sämtliche streitigen Quartale legte die Klägerin u.a. mit der Begründung Widerspruch ein, dass
die Anwendung des Honorarverteilungsmaßstabes auf sie zu einer unverhältnismäßig niedrigen und nicht kostendeckenden Vergütung
führe. Der seit dem ersten Quartal 1997 bis ins Jahr 2001 eingetretene Punktwertverlust von etwa einem Drittel schmälere ihren
Umsatz mittlerweile um rund 5.675 Euro pro Quartal.
Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 18. August 2003 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen
aus: Als Vertragsärztin habe die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung in einer bestimmten Höhe. Mangelnde Rentabilität einer
Vertragsarztpraxis gehöre zum Berufsrisiko und lasse keinen Rückschluss auf unangemessene Vergütung zu. Soweit der Auszahlungspunktwert
für die fachärztlichen Internisten geringer sei als derjenige der hausärztlichen Internisten und der Allgemeinmediziner, sei
dies aufgrund der Unterschiedlichkeit der Fachgruppen und der mengenbegrenzenden Budgets im hausärztlichen Bereich rechtlich
nicht zu beanstanden. Bei den Facharztinternisten führten steigende Punktzahlen zu einem sinkenden Punktwert, weil es laut
EBM für diese Fachgruppe keine Praxisbudgets gebe; gleichzeitig erhöhe dies die Chance, dass die tatsächlich erbrachten Leistungen
in höherem Maße vergütet würden. Auch sei der Vergleich des (niedrigeren) Fallwertes der Klägerin mit dem (höheren) Fallwert
ihrer Fachgruppe nicht aussagefähig, denn sie habe geringere Fallzahlen abgerechnet, während zum Anderen die fachärztlichen
Internisten mit dem Schwerpunkt Nephrologie und Dialyse aufgrund ihrer immensen Sachkosten ein Ansteigen des Fallwertes bewirkten.
Zudem seien die Internisten in ihrem Abrechnungsverhalten sehr inhomogen. Dass das Honorar der Klägerin gegenüber anderen
angiologisch tätigen Internisten im unteren Bereich liege, sei darauf zurückzuführen, dass die Ärzte mit höherem Honorar wesentlich
mehr Behandlungsfälle und höhere Punktzahlanforderungen verzeichneten. Ein Absinken des Punktwerts der fachärztlichen Internisten
infolge erhöhten Abrechnungsvolumens habe nicht verhindert werden können, da im Quartal I/2001 36 Internisten in die fachärztliche
Versorgung gewechselt seien. Gleichzeitig sei der Punktwertabfall nicht dauerhaft und erheblich im Sinne der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts, was die konkrete Entwicklung des Punktwerts vom Quartal I/01 bis zum Quartal I/02 belege. Die Bildung
von fachgruppenbezogenen Teilbudgets mit § 9 HVM in Verbindung mit § 10 C Abs. 4 HVM unterliege auch keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken. Arztgruppenbezogene Kontingente seien zulässig, um das Risiko der Leistungsausweitung bei den Ärzten der jeweiligen
Fachgruppe zu belassen. Die Klägerin werde nicht gegenüber ihrer eigenen Fachgruppe ungerechtfertigt ungleich behandelt. Das
tatsächlich erzielte Honorar hänge nämlich auch vom Abrechnungsverhalten des einzelnen Vertragsarztes ab.
Die hiergegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Berlin mit Urteilen vom 28. September 2005 abgewiesen (S 79 KA 8/04, Quartale I/01 bis I/02, und S 79 KA 27/04, Quartal II/02) und sich zur Begründung im Wesentlichen die Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden zu eigen gemacht.
Gegen die ihr am 18. bzw. 23. Januar 2006 zugestellten Urteile richten sich die Berufungen der Klägerin vom 16. bzw. 17. Februar
2006. Der Senat hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Einen am 5. Mai 2010 geschlossenen
gerichtlichen Vergleich, der für den streitigen Zeitraum eine Stützungszahlung der Beklagten an die Klägerin in Höhe von 5.000
Euro vorsah, hat die Beklagte widerrufen.
Die Klägerin macht geltend, als im Wege der Sonderbedarfszulassung tätige Angiologin mit Abrechnungsbeschränkung nicht in
die Fachgruppe der fachärztlichen Internisten mit dem dort geltenden Teilbudget einbezogen werden zu dürfen. Die Bildung eines
speziellen Fachgruppenfonds für die fachärztlichen Internisten unter Einbeziehung auch untypischer Spezialpraxen wie etwa
der Angiologen und der Rheumatologen sei rechtswidrig, denn der entsprechenden Regelung im Honorarverteilungsmaßstab fehle
eine gesetzliche Ermächtigung. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung für ihre Einbeziehung in den Fachgruppenfonds der inhomogenen
fachärztlichen Internisten. Die Regelung der Honorarverteilung führe dazu, dass die Leistungen der fachärztlichen Internisten
um etwa 30 Prozent niedriger vergütet würden als die der Allgemeinmediziner und um etwa 35 Prozent niedriger als die der hausärztlichen
Internisten. Hierin liege ein Verstoß gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Die Klägerin stellt die Punkt-
und Fallwerte der fachärztlichen Internisten, der hausärztlichen Internisten und der Praktiker sowie ihre eigenen Fallwerte
gegenüber und führt an, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Regelfall schon Anlass zur Korrektur der
Honorarverteilung bestehe, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 % oder mehr unter dem Punktwert
für den größten Teil der sonstigen Leistungen liege. Zur Mengenausweitung der fachärztlichen Internisten und dem damit einhergehenden
Punktwertverfall habe sie nicht beigetragen; sie erbringe ihre Leistungen fast vollständig auf Überweisung und könne ihre
Fallzahl nicht beliebig ausweiten. Kostendeckende Leistungserbringung erfordere für sie einen Mindestpunktwert von 4 Cent.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2005 aufzuheben, die Honorarbescheide für die Quartale I/2001 bis
II/2002 in der Fassung der Nachvergütungsbescheide vom 29. November 2001, 20. März 2003 und 31. Oktober 2003 in der Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 18. August 2003 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, das Honorar für die Quartale I/2001
bis II/2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend und bezieht sich ergänzend auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom
20. Oktober 2004 (B 6 KA 30/03 und 31/03). Danach komme eine Stützung des Honorars der Klägerin nicht in Betracht. Anderes
könne nur gelten, wenn entweder im Teilbereich der Angiologie eine Versorgungsgefährdung vorliege, weil kein ausreichender
finanzieller Anreiz bestehe, als fachärztlicher Internist vertragsärztlich tätig zu werden, oder wenn es sich um einen Honorartopf
mit sehr wenigen Leistungserbringern handele, der in besonderem Maße von Leistungsausweitungen durch medizinisch-technischen
Fortschritt sowie einer signifikant wachsenden Arztzahl mit einer gleichzeitigen Verlagerung von bisher außerhalb dieses Honorartopfes
vergüteten Leistungen betroffen sei. Zudem sei bei der Honorarverteilung primär auf die allgemeine Situation der betroffenen
Arztgruppe und nicht auf die Ertragssituation einer einzelnen vertragsärztlichen Praxis abzustellen. Soweit die Klägerin ihre
Honorierung aufgrund Sonderbedarfszulassung und der damit einhergehende fünfjährigen Leistungseinschränkung zurückführe, hätte
es ihr frei gestanden, diese Leistungsbeschränkung gesondert anzufechten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten
sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Die
Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufestsetzung ihres Honorars in den streitigen Quartalen.
1. Dem vorliegenden Honorarstreit legt der Senat grundsätzlich folgende Ausgangspunkte zugrunde (vgl. schon Urteil vom 28.
November 2007, L 7 KA 268/03, sowie Urteil vom 18. November 2009, L 7 KA 148/06, jeweils bei juris):
a) Aus dem objektiv-rechtlichen Gebot der angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 72 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes
Buch [SGB V]) kann ein Vertragsarzt keinen Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen in einer bestimmten Höhe herleiten; dem
steht das vom Gesetz vorgegebene gesamtvertragliche Vergütungssystem entgegen (BSG, SozR 3-2500 § 72 Nr. 5; SozR 3-2500 §
85 Nr. 10; SozR 3-2500 § 85 Nr. 12; SozR 3-2500 § 85 Nr. 30). Danach honorieren die Krankenkassen nicht gesondert jede einzelne
ärztliche Leistung, sondern sie entrichten mit befreiender Wirkung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung eine vertraglich
vereinbarte Vergütung. Dieser für die Honorierung aller vertragsärztlichen Leistungen maximal zur Verfügung stehende Geldbetrag
steht unabhängig von der Zahl der ärztlichen Leistungserbringer und der erbrachten ärztlichen Leistungen fest. Daher besitzt
der einzelne Vertragsarzt lediglich einen Anspruch auf einen seiner Leistung entsprechenden Anteil an dieser Gesamtsumme.
b) Nach §
85 Abs.
4 SGB V in Verbindung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, der sich aus Art.
12 in Verbindung mit Art.
3 Abs.
1 GG ergibt, sind bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistung des Vertragsarztes zu Grunde zu legen. Dem
Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars entspricht die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen
mit einem einheitlichen Punktwert, somit die prinzipiell gleichmäßige Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen. Das Ziel
ist es, eine ordnungsgemäße, d. h. ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragsärztliche Versorgung zu gewährleisten.
Die Honorarverteilung muss deshalb sicherstellen, dass in allen ärztlichen Bereichen ausreichender finanzieller Anreiz besteht,
vertragsärztlich tätig zu werden (vgl. BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Der Kassenärztlichen Vereinigung verbleibt jedoch ein
Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von diesem Grundsatz, der es ihr ermöglicht, ihrem Sicherstellungsauftrag
und ihren sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen gerecht zu werden (BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 4; SozR 3-2500
§ 85 Nr. 26). Das Gesetz schließt deshalb nicht aus, dass durch Regelungen im HVM arztgruppenbezogene Honorartöpfe gebildet
werden dürfen, auch wenn dies aufgrund der Mengenentwicklung ein Absinken des Punktwertes für die vom Honorartopf erfassten
Leistungen nach sich zieht (BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 26). Die Beklagte hat von dieser Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht
und in § 9 i.V.m. § 10 C Abs. 4 HVM Teilbudgets gebildet. Dieses Vorgehen begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken.
c) Erweist sich bei einer durch gesamtvertragliche Vereinbarung begrenzten Gesamtvergütung die Aufteilung in fachgruppenbezogene
Teilbudgets als ein im Grundsatz zulässiger und geeigneter Weg zur Durchführung einer Honorarverteilung, so sind jedoch die
konkret zu beurteilenden Regelungen im HVM der Beklagten wegen ihrer berufsregelnden Tendenz an dem aus Art.
12 Abs.
1 i. V. m. Art.
3 Abs.
1 GG folgenden Gebot der Verteilungsgerechtigkeit zu messen. Berufsausübungsregelungen müssen, auch wenn sie in der gewählten
Form prinzipiell zulässig sind, die Unterschiede berücksichtigen, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppe
bestehen. Angesichts der mit der Rechtssetzung durch einen Berufsverband verbundenen Gefahr der Benachteiligung von Minderheiten
kommt der Forderung nach Verteilungsgerechtigkeit und ausreichender Differenzierung beim Erlass von Vergütungsregelungen besonderes
Gewicht zu. Zwar belässt der Gleichheitssatz dem Normgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine
in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme ist (vgl. hierzu u. a. Urteil des BSG vom 20. Oktober
2004, B 6 KA 30/03 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 12). Ob er jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist deshalb
vom Gericht nicht nachzuprüfen. Die den Kassenärztlichen Vereinigungen eingeräumte Verteilungsautonomie lässt sich im Hinblick
auf die Bedeutung des Grundrechtes der Berufsfreiheit jedoch nur rechtfertigen, wenn damit die Verpflichtung zur strikten
Beachtung des Gleichheitsgebotes bzw. des Willkürverbots (Art.
3 Abs.
1 GG) verbunden wird. Dadurch wird den zur Normsetzung befugten Körperschaften freilich nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit
und Praktikabilität einer Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Ein Verfassungsverstoß liegt erst
dann vor, wenn die Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam ist, dass ihre Beachtung nach
einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint (BVerfGE 60, 113, 119; 67, 70, 85) und deshalb eine Differenzierung vorgenommen werden muss. Denn das Gleichbehandlungsgebot des Art.
3 Abs.
1 GG enthält nicht nur das Verbot sachwidriger Differenzierung, sondern ebenso das Gebot, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln
(st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z. Bsp. BVerfGE 98, 365, 385). Gleichzeitig soll ein HVM möglichst gleichmäßige Regelungen für alle Arztgruppen enthalten und Sonderbestimmungen
für einzelne Arztgruppen nicht ohne begründeten Anlass treffen. Der Normgeber muss nicht individuell für jede Arztgruppe eine
besondere Bestimmung oder für einzelne Arztgruppen Sonderregelungen treffen; er hat vielmehr die Befugnis zur Schematisierung
und Typisierung (vgl. hierzu allgemein z. Bsp. BVerfGE, 99, 280, 290 m. w. N.).
Ein Anspruch der Klägerin auf eine andere, sie begünstigende Verteilung würde danach nur dann bestehen, wenn eine am Maßstab
der Verteilungsgerechtigkeit orientierte Überprüfung der Regelungen des HVM der Beklagten sowie der konkreten Vergütung der
Klägerin zu dem Ergebnis gelangte, sie erhalte in ihrem spezifischen Tätigkeitsbereich und unter Berücksichtigung der individuellen
Rahmenbedingungen ihrer Berufsausübung willkürlich und damit ungerecht einen zu niedrigen Anteil an der Gesamtvergütung.
2. Das ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Unter Berücksichtigung obiger Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch
auf Neufestsetzung bzw. Stützung ihres Honorars in den streitigen Quartalen.
a) Die Beklagte war nicht etwa verpflichtet, einen gesonderten Honorartopf für (ausschließlich) angiologisch tätige Internisten
zu schaffen. Eine derartige Reduzierung der Gestaltungsfreiheit der Beklagten auf Null wäre nur gegeben, wenn jede andere
Möglichkeit zur Umsetzung der Honorarverteilung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig wäre. Hierfür ist aber
weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich, denn strukturelle Unterschiede zwischen den verschiedenen Leistungsarten und
der Tätigkeit der internistische Leistungen erbringenden Ärzte sind nicht zu erkennen, zumal diese ihr Leistungsspektrum und
ihren Leistungsumfang im Wesentlichen selbst bestimmen können.
b) Bezogen auf die Klägerin und ihre individuelle Vergütung hält der Senat für fallentscheidend, dass sie in den Jahren 1997
bis 2001 lediglich im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung vertragsärztlich tätig war, die ihr ausschließlich gestattete, Leistungen
abzurechnen, die in Zusammenhang mit dem Teilgebiet Angiologie standen. Auf den stark am Willkürverbot des Art.
3 Abs.
1 GG orientierten Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit bleibt dies nicht ohne Auswirkungen: Der Sachverhalt der Klägerin
unterschied sich so stark von dem der ohne Abrechnungsbeschränkung zugelassenen Fachärzte, dass erhebliche Differenzierungen
bei ihrer Vergütung nicht zwingend willkürlich sind; Ungleiches darf ungleich behandelt werden.
So wirkte sich die Abrechnungsbeschränkung der Klägerin im letzten Jahr der Sonderbedarfszulassung, 2001, das hier gleichzeitig
streitgegenständlich ist, u. a. dahin aus, dass sie nur ca. 62 Prozent des Honorars der Berliner Fachärzteschaft insgesamt
erhielt (208.289 DM / 336.196 DM).
Eine geringere Vergütung im Vergleich zu anderen Facharztgruppen ist nämlich mit der Sonderbedarfszulassung gleichsam vorprogrammiert,
wenn der strukturelle Nachteil nicht durch eine besonders hohe Fallzahl wettgemacht wird. Letzteres war bei der Klägerin aber
nicht der Fall, denn ihre Fallzahlen bewegten sich bis zum Auslaufen der Sonderbedarfszulassung Ende 2001 durchweg und teilweise
sehr deutlich unter denjenigen sämtlicher in Betracht kommender Vergleichsgruppen, was die Beklagte zu Recht die Hypothek
der Sonderbedarfszulassung nennt.
Eine Analyse des vom Senat ermittelten Zahlenmaterials zeigt weiter, dass die Klägerin bis Ende 2001 die Folgen der Sonderbedarfszulassung
zu tragen hatte, das erste Quartal 2002 als Übergangszeitraum angesehen werden muss und das zweite Quartal 2002 als Zeit der
Angleichung und Konsolidierung gelten kann, denn die Zahlenentwicklung ist aus Sicht der Klägerin durchweg positiv, was wiederum
belegt, dass die Sonderbedarfszulassung der Hauptgrund für das bis Ende 2001 verhältnismäßig niedrige Honorar war:
Im Quartal II/2002 hatte die Klägerin die Fallzahlen eines fachärztlichen Internisten erreicht und die eines hausärztlichen
Internisten sogar leicht übertroffen. Gleichzeitig hatte sich der Fallwert mit 44,31 Euro dem der hausärztlichen Internisten
im Zulassungsbezirk der Beklagten (46,98 Euro) so gut wie angeglichen, während er etwa im Quartal I/2001 mit 65,87 DM noch
deutlich unter deren Wert (95,97 DM) gelegen hatte. Ein Vergleich zu den immer noch sehr viel höheren Fallwerten der fachärztlichen
Internisten erscheint demgegenüber aus den von der Beklagten angeführten strukturellen Gründen wenig aussagekräftig. Im Quartal
I/2001 betrug der Fallwert der Klägerin nur 41 Prozent des Fallwerts eines fachärztlichen Internisten; im Quartal II/2002
waren es 53 Prozent. In den hohen Fallwerten der fachärztlichen Internisten sind nämlich auch hohe Sachkosten etwa in den
Bereichen Nephrologie und Dialyse oder bei Herzkatheteruntersuchungen enthalten, die den Wert stark nach oben verzerren.
Dasselbe gilt für die Honorargutschrift insgesamt, die im zweiten Quartal 2002 bei der Klägerin 36.331 Euro betrug, damit
mit den hausärztlichen Internisten gleichzog (36.522 Euro) und sich dem Durchschnittswert der Fachärzteschaft Berlins (40.548,39
Euro) annäherte (90 Prozent gegenüber nur 62 Prozent im Jahr 2001).
Der Fall der Klägerin, die sich widerspruchslos auf die Sonderbedarfszulassung eingelassen hat, ist danach ebenso wie eine
bewusst enge fachliche Spezialisierung zu bewerten. Spezialisiert sich aber ein Arzt innerhalb seines Gebietes oder Teilgebietes
auf wenige ausgewählte Leistungen mit der Folge, dass ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen einer größeren Zahl von Leistungen
nicht mehr möglich ist, so muss er das Risiko der mangelnden Rentabilität der von ihm betriebenen Spezialpraxis tragen (vgl.
Bundessozialgericht, Urteil vom 7. Februar 1996, 6 RKa 6/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17). Die Hinnahme der Sonderbedarfszulassung beruht auf einer autonomen Entscheidung der
Klägerin, deren wirtschaftliche Konsequenzen sie zu tragen hat. Im Übrigen lassen sich aus der mangelnden Rentabilität einer
Arztpraxis oder eines einzelnen Behandlungsbereichs einer Arztpraxis keine Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Vergütung
ziehen. Ein Anspruch auf Bildung eines eigenen Subbudgets für internistische Angiologen lässt sich aus den Folgen der Sonderbedarfszulassung
jedenfalls nicht herleiten.
c) Nichts anderes gilt angesichts der Verpflichtung der Beklagten, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen vertraglichen
und gesetzlichen Verpflichtungen gerecht zu werden. Der erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährleistung der angemessenen
Vergütung und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung erst dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. einer
Honorarstützung unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich
kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit
der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 6 KA 31/03, zitiert nach Juris). Greifbare
Anhaltspunkte dafür, dass die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der Versorgung angiologischen
Erkrankungen in den Quartalen I/2001 bis II/2002 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gefährdet war, bestehen nicht. Es
hat sich insbesondere nicht feststellen lassen, dass eine ökonomisch geführte entsprechende Praxis im Bereich der beklagten
Kassenärztlichen Vereinigung insolvent geworden wäre. Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass angiologisch
tätige fachärztliche Internisten durch die Regelungen des angegriffenen HVM in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum generell
nicht in der Lage gewesen wären, bei einer mit vollem Einsatz und unter optimaler wirtschaftlicher Praxisausrichtung ausgeübten
vertragsärztlichen Tätigkeit existenzfähige Praxen zu führen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 VwGO und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach §
160 Abs.
2 SGG vorlag.