Festsetzung eines höheren vertragsärztlichen Individualbudgets
Rechtskraft einer Entscheidung als Hindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung eines Anspruchs
Reichweite der Bindungswirkung
Tatbestand:
Die Klägerin, die seit 1991 als Fachärztin für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, begehrt die
Festsetzung eines höheren Individualbudgets.
Aufgrund teilweise längerer Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin in den Jahren 2001 bis 2003 und damit einhergehender niedriger
Quartalsumsätze bestand zwischen den Beteiligten Streit über die Höhe des für die Zeit ab 1. Juli 2003 festzusetzenden Individualbudgets.
Die Beklagte berechnete das Individualbudget der Klägerin zunächst nach dem Durchschnitt der Quartale I bis IV/2002 und kam
dabei zu durchschnittlichen Individualbudget-Umsätzen pro Quartal in Höhe von 4.234,56 Euro (Primärkassen, entsprechend 82.821
Punkten) bzw. 9.045,54 Euro (Ersatzkassen, entsprechend 176.915 Punkten).
Im Ergebnis eines hiergegen von der Klägerin angestrengten Klageverfahrens verpflichtete der Senat die Beklagte mit rechtskräftigem
Urteil vom 14. November 2010 (L 7 KA 37/07), über das Individualbudget der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Senat
legte seine Rechtsauffassung in den Entscheidungsgründen des Urteils u.a. wie folgt dar:
Für die Neuberechnung des Individualbudgets der Klägerin wird die Beklagte einen Abschnitt von vier Quartalen als Bemessungszeitraum
heranzuziehen haben; so sieht es auch § 9 Abs. 1 HVM vor. Von vornherein untauglich wäre es daher, sich auf die Quartale I
und II/2003 zu beschränken, zumal der Umsatz der Klägerin im Quartal I/2003 krankheitsbedingt noch stark unterdurchschnittlich
war. Für angezeigt hält der Senat es vielmehr, das Individualbudget der Klägerin anhand der Quartale II/2000 bis I/2001 zu
bemessen, denn dies sind die letzten hier zusammenhängenden repräsentativ abgerechneten Quartale vor Beginn der Erkrankung
der Klägerin.
Auf der Basis des dem Senat seinerzeit vorliegenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten und deren Angaben im Gerichtsverfahren
enthielt der Tatbestand des Senatsurteils vom 14. November 2010 zur Entwicklung der Quartalsumsätze und Punktzahlvolumina
in den Quartalen I/00 bis II/03 folgende Tabelle:
Quartal
|
Für die Berechnung des Individualbudgets zu berücksichtigender Umsatz
|
Punktzahlvolumen (*10/0,511292)
|
|
Primärkassen
|
Ersatzkassen
|
Primärkassen
|
Ersatzkassen
|
I/2000
|
6.998,71 EUR
|
18.075,68 EUR
|
136.882
|
353.529
|
II/2000
|
7.680,30 EUR
|
20.580,22 EUR
|
150.213
|
402.514
|
III/2000
|
7.571,25 EUR
|
17.505,47 EUR
|
144.962
|
342.377
|
IV/2000
|
8.561,49 EUR
|
21.273,50 EUR
|
167.448
|
416.073
|
I/2001
|
8.603,63 EUR
|
18.293,94 EUR
|
168.272
|
357.798
|
II/2001
|
4.599,68 EUR
|
10.762,75 EUR
|
89.961
|
210.501
|
III/2001
|
0,00 EUR
|
0,00 EUR
|
0
|
0
|
IV/2001
|
4.460,41 EUR
|
9.869,99 EUR
|
87.238
|
193.040
|
I/2002
|
7.218,49 EUR
|
14.975,47 EUR
|
141.181
|
292.894
|
II/2002
|
0,00 EUR
|
0,00 EUR
|
0
|
0
|
III/2002
|
4.500,45 EUR
|
9.984,53 EUR
|
88.021
|
195.280
|
IV/2002
|
984,75 EUR
|
2.176,62 EUR
|
19.260
|
42.570
|
I/2003
|
4.918,99 EUR
|
9.019,71 EUR
|
96.207
|
196.410
|
II/2003
|
5.743,76 EUR
|
14.288,83 EUR
|
112.338
|
279.465
|
Auf der Grundlage dieses Urteils setzte die Beklagte das Individualbudget der Klägerin für den Primär- und Ersatzkassenbereich
mit Wirkung vom Quartal III/03 durch Bescheid vom 23. Februar 2011 neu fest. Als Bemessungsgrundlage zog die Beklagte die
Umsätze der Klägerin in den Quartalen II/00 bis I/01 heran und übernahm insoweit die im Tatbestand des Senatsurteils vom 14.
November 2010 aufgeführten Umsatzzahlen:
Quartal
|
Für die Berechnung des Individualbudgets zu berücksichtigender Umsatz
|
Punktzahlvolumen (*10/0,511292)
|
|
Primärkassen
|
Ersatzkassen
|
Primärkassen
|
Ersatzkassen
|
II/2000
|
7.680,30 EUR
|
20.580,22 EUR
|
|
|
III/2000
|
7.571,25 EUR
|
17.505,47 EUR
|
|
|
IV/2000
|
8.561,49 EUR
|
21.273,50 EUR
|
|
|
I/2001
|
8.603,63 EUR
|
18.293,94 EUR
|
|
|
Summe
|
32.416,67 EUR
|
77.653,13 EUR
|
|
|
Durchschnittlicher IB-Umsatz Je Quartal
|
8.104,17 EUR
|
19.413,28 EUR
|
158.504 (= festgesetztes IB)
|
379.691 (= festgesetztes IB)
|
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass die der Festsetzung des Individualbudgets zugrunde gelegten
Quartalsumsätze nicht zutreffend berechnet worden seien. In zwei Schreiben vom 29. November 2001 habe die Beklagte ihr nämlich,
was unstreitig ist, mitgeteilt, dass sie aufgrund der Vertragsabschlüsse für das Jahr 2000 und des Fremdkassenzahlungsausgleichs
in den Genuss einer Erhöhung der Punktwerte und einer Nachvergütung komme. Festgesetzt worden seien Nachvergütungen in folgender
Höhe:
Quartal
|
Nachvergütung
|
|
Primärkassen
|
Ersatzkassen
|
II/2000
|
497,91 DM
|
2.427,03 DM
|
III/2000
|
1.031,67 DM
|
3.334,96 DM
|
IV/2000
|
662,11 DM
|
490,42 DM
|
I/2001
|
1.382,42 DM
|
1.860,02 DM
|
Diese Nachvergütungen seien bei Neuberechnung des Individualbudgets zu berücksichtigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Festsetzung des Individualbudgets
habe sich an den Vorgaben im Urteil des Senats vom 24. November 2010 orientiert. Hierbei seien auch die im Tatbestand des
Urteils aufgelisteten und der Entscheidung des Senats zugrunde gelegten budgetrelevanten Quartalsumsätze herangezogen worden.
Einwände gegen diese Umsatzzahlen habe die Klägerin im seinerzeitigen Verfahren nicht erhoben. Ohnehin handele es sich bei
den Nachvergütungsbescheiden vom 29. November 2001 um die Umsetzung von Vertragsabschlüssen, die grundsätzlich alle Vertragsärzte
beträfen. Solche flächendeckenden Nachvergütungen hätten nicht zu einer Neufestsetzung von Individualbudgets geführt. Bei
der Bildung von Individualbudgets gehe es um die Feststellung der typischen individuellen Umsätze einer Praxis. Die generelle
Anhebung aller Individualbudgets müsse aufgrund der begrenzten Honorarkontingente letztlich bei der Honorarfestsetzung wieder
über die Fachgruppenquoten kompensiert werden.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 8. Mai 2013 den Bescheid vom 23. Februar 2011
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über das Individualbudget
der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Einbeziehung
der Nachzahlungen vom 29. November 2001 bei der Berechnung ihres Individualbudgets. Dem stehe nicht die Rechtskraft des Senatsurteils
vom 24. November 2010 entgegen, denn zwar erwachse bei einem Bescheidungsurteil nicht nur der Urteilstenor in Rechtskraft,
sondern auch die in den Entscheidungsgründen als maßgeblich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts. Über die
Frage, welche konkreten Nachzahlungen bei der Neufestsetzung des Individualbudgets mit zu berücksichtigen seien, habe der
Senat aber in seinem Urteil vom 24. November 2010 noch nicht entschieden. Auch in seinen Entscheidungsgründen habe er nicht
auf die konkreten, im Tatbestand aufgeführten Quartalsumsätze verwiesen; Gegenstand der Entscheidung sei nur der Zeitraum
gewesen, anhand dessen das Individualbudget zu bemessen sei. Einer Prüfung der Frage, ob eine Einbeziehung der Nachzahlungen
zu erfolgen habe, stehe das Urteil daher nicht entgegen. Nach § 9 Abs. 1 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) vom 6. Juni
2003 habe die Berechnung des Individualbudgets sich an den "individuellen Umsätzen" des Durchschnitts des Bemessungszeitraums
zu orientieren. Die festgesetzten Nachvergütungen seien individuelle Umsätze in diesem Sinne, selbst wenn alle Vertragsärzte
bzw. Mitglieder der Fachgruppe in den Genuss solcher Nachvergütungen gekommen seien. § 9 Abs. 1 HVM unterscheide nicht nach
individuellen und allgemeinen Nachzahlungen. Die Beklagte selbst habe in einer Broschüre für das Jahr 2002 verlauten lassen,
dass im Zuge des späten Abschlusses von Vergütungsvereinbarungen noch Nachvergütungen und damit auch Neuberechnungen der Individualbudgets
zu erwarten seien. Gerade bei der erstmaligen Festsetzung des Individualbudgets seien daher allgemeine Nachvergütungen zu
berücksichtigen.
Gegen das ihr am 29. Mai 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Juni 2013 Berufung eingelegt. Die vom Senat im Tatbestand
seines Urteils vom 24. November 2010 aufgeführten Quartalsumsätze seien von der Bindungswirkung des Urteils erfasst. Denn
schon im seinerzeitigen erstinstanzlichen Verfahren sei über die Höhe der relevanten Umsätze der Klägerin und die Einbeziehung
von Nachvergütungen gestritten worden; der Senat sei in seinem Urteilstatbestand insoweit den Angaben der Beklagten gefolgt.
Damit sei diese Datenlage für die Beklagte bei Neuberechnung des Individualbudgets bindend gewesen. Im Übrigen sei nicht zu
beanstanden, dass die Beklagte allgemeine Nachvergütungen nicht zum Anlass für eine Neufestsetzung von Individualbudgets genommen
habe. Grundsätzlich habe man nur individuelle Nachvergütungen im Bemessungszeitraum zum Anlass für eine Neufestsetzung des
Individualbudgets genommen. Wolle man in Folge allgemeiner Nachvergütungen sämtliche Individualbudgets nachträglich neu festsetzen,
zöge dies einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand nach sich. Auch Nachvergütungen in Folge des Fremdkassenzahlungsausgleichs
habe man nicht zum Anlass für eine Korrektur der Individualbudgets genommen. Insoweit begehre die Klägerin eine Besserstellung
gegenüber anderen Vertragsärzten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Auf die individuellen Umsätze eines Vertragsarztes im Bemessungszeitraum
komme es an; hierzu habe der Senat aber in seinem Urteil vom 24. November 2010 keine Entscheidung getroffen. Zum Umsatz gehörten
auch Honorarnachzahlungen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten sowie der Gerichtsakte zum Verfahren L 7 KA 37/07 Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte
zur erneuten Neubescheidung der Klägerin verurteilt, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten.
1. Im Rahmen der neuerlichen Entscheidung über das Individualbudget der Klägerin war die Beklagte in Umsetzung des Senatsurteils
vom 24. November 2010 in der Streitsache L 7 KA 37/07 rechtlich an diejenigen Umsatzzahlen für die Quartale II/00 bis I/01 gebunden, die der Senat seinem Urteil zugrunde gelegt
hatte.
a) Die rechtliche Vorgabe liefert insoweit §
141 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), wonach ein rechtskräftiges Urteil, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre
Rechtsnachfolger bindet. Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens darf eine sachlich abweichende Entscheidung
zwischen denselben Beteiligten nicht mehr ergehen (vgl. hierzu und zum Folgenden Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Juni
2007, B 6 KA 27/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 21ff.).
Die Rechtskraft schafft ein in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Hindernis für eine erneute gerichtliche
Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits bindend entschieden worden ist. Diese Bindungswirkung gilt nicht nur für die Beteiligten,
sondern erfasst auch die Gerichte in einem späteren Prozess dieser Beteiligten über denselben Gegenstand. In dem Sonderfall
eines - hier in Gestalt der Senatsentscheidung vom 24. November 2010 vorliegenden - Bescheidungsurteils bestimmt die in den
Entscheidungsgründen des Urteils als maßgeblich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts die Reichweite von dessen
Rechtskraft. Die Bindungswirkung eines Bescheidungsurteils erfasst dabei nicht allein die Gründe, aus denen das Gericht den
angefochtenen Verwaltungsakt als rechtswidrig aufhebt. Die materielle Rechtskraft erstreckt sich vielmehr auch auf alle Rechtsauffassungen,
die das Bescheidungsurteil der Behörde bei Erlass des neuen Verwaltungsakts zur Beachtung vorschreibt. Aus diesem Grund kann
ein Bescheidungsurteil auch einen Kläger beschweren, nämlich dann, wenn die vom Gericht der Behörde zur Beachtung vorgegebene
Rechtsauffassung sich nicht mit seiner eigenen deckt und für ihn ungünstiger ist. Diese Wirkungen der Rechtskraft eines Bescheidungsurteils
bringen es mit sich, dass ein Vertragsarzt seine Einwände gegen die seine Vergütung betreffenden Bescheide - hiervon ist auch
die Festsetzung eines Individualbudgets umfasst - im Klageverfahren vollständig und substantiiert vorbringen muss. Denn wenn
das Gericht den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt und dabei der Rechtsauffassung des Klägers nicht in vollem Umfang
folgt, so kann der Kläger bei der erneuten Bescheidung mit denjenigen Einwendungen, die das Gericht in seiner für die Neubescheidung
für maßgeblich erklärten Rechtsauffassung nicht berücksichtigt hat, aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftig gewordenen
Urteils nicht mehr gehört werden. Dies gilt auch, wenn das Gericht zu einzelnen vom Kläger erhobenen Einwendungen in den Entscheidungsgründen
nicht ausdrücklich Stellung nimmt und sie damit nicht zum Inhalt seiner für die Neubescheidung maßgeblichen Rechtsauffassung
macht. Denn auch in diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen
und bei seiner Entscheidung gewürdigt, ihm aber keine Maßgeblichkeit für die Neubescheidung beigemessen hat(so ausdrücklich
Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 23; vgl. auch Beschluss vom 23. Mai 2007, B 6 KA 27/06 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 23; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Januar 1995, 8 C 8/93, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14).
Ein Kläger, der durch eine vom Gericht für die Neubescheidung als maßgeblich niedergelegte Rechtsauffassung beschwert ist,
weil diese von seinem Standpunkt abweicht oder sein Vorbringen nicht vollumfänglich ausschöpft, muss vielmehr Rechtsmittel
einlegen, wenn er erreichen will, dass seine weitergehenden Positionen erneut gerichtlich überprüft werden. Denn nur das Rechtsmittelgericht
kann ein ergangenes Bescheidungsurteil ändern und dabei der Behörde für die Neubescheidung eine andere Rechtsauffassung zur
Beachtung vorgeben.
b) Hieran gemessen entfaltet das Urteil des Senats vom 24. November 2010 Bindungswirkung auch in Bezug auf die relevanten
Quartalsumsätze der Klägerin. Seine Entscheidung hatte der Senat maßgeblich auf eine Analyse der Quartalsumsätze der Klägerin
in den Jahren 2000 bis 2003 gestützt. Diese Umsätze waren im Tatbestand des Urteils, getrennt nach Primär- und Ersatzkassen,
aufgelistet. Bei Betrachtung dieser Umsätze war der Senat zu der Auffassung gelangt, dass "das Individualbudget der Klägerin
anhand der Quartale II/2000 bis I/2001 zu bemessen (sei), denn dies (seien) die letzten hier zusammenhängenden repräsentativ
abgerechneten Quartale vor Beginn der Erkrankung der Klägerin". Damit war die Frage der Quartalsumsätze nicht nur eine solche
der "Geschichtserzählung" im Tatbestand; vielmehr waren die Quartalsumsätze von entscheidender Bedeutung für die Entscheidungsfindung
durch den Senat, selbst wenn der Senat primär darüber zu befinden hatte, welcher Bemessungszeitraum für die Festsetzung des
Individualbudgets heranzuziehen sei.
Hinzu tritt ein Weiteres: Zwischen den Beteiligten hatte im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens Streit bestanden nicht
nur über die Platzierung des Bemessungszeitraums, sondern auch über die Höhe der Quartalsumsätze in den Jahren 2000 und 2001.
So hatte etwa die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. August 2006 erklärt, von welchen Umsätzen der Klägerin sie im Jahre 2000
ausging. Die Klägerin allerdings trat dem Schriftsatz der Beklagten vom 14. August 2006 entgegen und mahnte mit Schreiben
vom 28. August 2006 an, dass bei den Umsatzzahlen für das Jahr 2000 zusätzlich die erhaltene Nachvergütung zu berücksichtigen
sei; am 15. Februar 2007 reichte sie insoweit den Nachvergütungsbescheid der Beklagten vom 29. November 2001 bei dem Sozialgericht
ein. Seinem Urteil vom 24. November 2010 hat der Senat die von der Beklagten angegebenen Umsatzzahlen zugrunde gelegt und
damit diesen zwischen den Beteiligten geführten Streit entschieden, selbst wenn sich hierzu in den Entscheidungsgründen des
Urteils keine Begründung findet. Gemessen an den oben formulierten Maßstäben nimmt die Höhe der im Senatsurteil festgestellten
Quartalsumsätze damit Teil an der Rechtskraft des Urteils. Die Klägerin hätte sich insoweit nicht mit dem Urteil des Senats
zufrieden geben müssen und hätte auch als im Bescheidungsstreit obsiegender Teil ein Rechtsmittel gegen das Senatsurteil einlegen
können. Weil sie diese Möglichkeit nicht ergriffen hat, hält die Beklagte ihr heute zu Recht die Rechtskraft des Urteil des
Senats vom 24. November 2010 entgegen.
2. Unabhängig davon hat die Beklagte bei der Neufestsetzung des Individualbudgets der Klägerin zugeflossene Nachvergütungen
(Bescheide vom 29. November 2001) zu Recht außer Betracht gelassen. Zwar hatte das Individualbudget sich an den "individuellen
Umsätzen" im Bemessungszeitraum (§ 9 Abs. 1 des HVM vom 6. Juni 2003) zu orientieren. Unter dem Aspekt der Honorarverteilungsgerechtigkeit
sprach aber viel dafür, bei der nachträglichen Neufestsetzung des Individualbudgets solche Nachvergütungen unberücksichtigt
zu lassen, in deren Genuss alle Angehörigen der Fachgruppe gleichermaßen kamen, etwa weil es sich um die Auswirkungen des
Fremdkassenzahlungsausgleichs handelte. Hätte die Beklagte solche Nachvergütungen bei der späteren Festsetzung von Individualbudgets
für jedes einzelne Mitglied der Fachgruppe berücksichtigt, hätte dies zu einem Abfall des Punktwerts geführt; umgekehrt kann
die Klägerin nicht beanspruchen, dass für sie als einziges Mitglied der Fachgruppe die allgemeine Nachvergütung bei der Neufestsetzung
des Individualbudgets berücksichtigt wird, denn damit würde sie sich einen gleichheitswidrigen Vorteil gegenüber Fachgruppenkollegen
verschaffen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).