Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsausschluss für Auszubildende bei einem Vorbereitungslehrgang zur
Meisterprüfung; Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung der Maßnahmebeiträge als Einnahmen
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung dem Grunde nach zur Zahlung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 12.
April 2005 bis 31. Dezember 2005. Streitig ist insbesondere, ob der Anteil des sogenannten Meister-
BAföG, der als Darlehen gewährt wird, beim Kläger als Einkommen angerechnet werden darf.
Der 1972 geborene, erwerbsfähige Kläger war seit Februar 2003 in einem Malerbetrieb als Technischer Mitarbeiter beschäftigt.
Zum 1. März 2005 wurde der Arbeitsvertrag wegen der Weiterbildung "Meisterqualifikation" dahingehend geändert, dass der Kläger
ab 1. März 2005 nur noch eine Beschäftigung im Umfang von 15 Stunden monatlich ausübte.
Der Kläger nahm vom 28. Februar bis 16. Dezember 2005 an einem Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung bei der Handwerkskammer
H (S ) teil. Hierfür bewilligte ihm die Handwerkskammer zu L mit Bescheid vom 31. März 2005 Leistungen nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz – AFBG). Der danach für März bis Dezember 2005 bewilligte Unterhaltsbeitrag setzte sich aus einem Zuschuss in Höhe von 211,00 EUR
und einem Darlehen in Höhe von 403,00 EUR monatlich zusammen. Über das Darlehen schloss der Kläger mit der Kreditanstalt für
Wiederaufbau am 7. April 2005 einen Rahmendarlehensvertrag. Nach Nummer 1.2.1 des Vertrages war das Darlehen bis zum 31. Dezember
2007 zins- und tilgungsfrei. Ferner wurden dem Kläger mit dem Bescheid vom 31. März 2005 Maßnahmebeiträge in monatlich unterschiedlicher
Höhe bewilligt.
Am 12. April 2005 stellte der Kläger bei der ARGE Leipzig einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Zu den Unterkunftskosten gab er an,
die Wohnung mit R Z zu bewohnen. Eine Mitarbeiterin trug hierzu handschriftlich "Wohngemeinschaft" ein. Nach dem am 10. Februar
2004 geschlossenen Mietvertrag betrug für die 3-Zimmer-Wohnung mit 85,77 m² die Netto-Miete 480,31 EUR und die Vorauszahlung
für Heiz- und sonstige Betriebskosten 150,00 EUR. Nach § 1 Abs. 2 des Mietvertrages waren sich die Parteien darüber einig,
dass zwei Personen in die Mietsache einziehen. Der Kläger bezog neben den Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz Einkommen in Höhe eines "Gesamtbrutto" von 269,26 EUR, was einer Barauszahlung von 150,00 EUR entsprach. R Z bezog nach den
im Berufungsverfahren vorgelegten Bezügemitteilungen und den Angaben des Beklagten ein monatliches Bruttoeinkommen für März
bis Juni 2005 in Höhe von 840,14 EUR, für Juli 2005 in Höhe von 795,00 EUR, für August in Höhe von 840,14 EUR sowie für September
bis Dezember 2005 in Höhe von 1.429,82 EUR. Die Abzüge waren für diese Monate unterschiedlich hoch. Die niedrigsten Nettobezüge
erhielt sie im Juli 2005; sie betrugen 718,90 EUR.
Die ARGE Leipzig lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. Juni 2005 wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Im Berechnungsbogen war
R Z nicht berücksichtigt. Den gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 18. Juli 2005 eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid
vom 19. Dezember 2005 zurück.
Der Kläger hat am 20. Januar 2006 Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2008 hat der Kläger auf Befragung
durch das Sozialgericht R Z als seine Lebensgefährtin bezeichnet.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. November 2008 dem vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung formulierten
Antrag entsprochen und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19. Dezember 2005 dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 12. April 2005 bis 31. Dezember 2005 unter Berücksichtigung
des Einkommens und Vermögens von R Z Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu leisten. Zur Begründung hat es ausgeführt,
dass der Kläger als Bezieher von Meister-
BAföG nicht gemäß §
7 Abs.
5 SGB II von Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Der Kläger sei
im streitigen Zeitraum hilfebedürftig gewesen. Das Einkommen und Vermögen der Lebensgefährtin des Klägers sei bei der Leistungsberechnung
zu berücksichtigen, weil sie Mitglied der Bedarfsgemeinschaft des Klägers sei. Der dem Kläger als Darlehen gewährte Anteil
des Unterhaltsbeitrages sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Die ARGE Leipzig habe dem Grunde nach verurteilt werden
dürfen, weil die Leistungsansprüche des Klägers mit hinreichender Sicherheit angenommen werden könnten.
Die ARGE Leipzig hat gegen das ihr am 23. Januar 2009 zugestellte Urteil am 23. Februar 2009 Berufung eingelegt. Bei dem als
Maßnahmebeitrag (Lehrgangs- und Prüfungsgebühren) gewährten Zuschuss handle es sich um eine zweckbestimmte Einnahme. Hingegen
solle der als Darlehen gewährte Unterhaltsteil der Grundsicherung des "Meister-
BAföG"-Empfängers dienen. Wenn das Darlehen nicht als Einkommen berücksichtigt werde, erhalte der Kläger letztlich doppelte Grundsicherungsleistungen
des Staates. Auf die Bitte des Gerichtes hat die ARGE Leipzig eine Probeberechnung des Leistungsanspruches des Klägers auf
der Grundlage des Urteils des Sozialgerichtes durchgeführt. Danach besteht nach Auffassung der ARGE Leipzig kein Anspruch,
weil das anzurechnende Einkommen den vom Sozialgericht ermittelten Bedarf überschreite.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass das Meister-
BAföG nicht mit der Grundsicherungsleistung nach dem SGB II vergleichbar sei, weil das Meister-
BAföG im Gegensatz zur zweiten Leistung nur darlehensweise gewährt und zurückgezahlt werden müsse. Zur Probeberechnung wendet der
Kläger ein, dass das Einkommen seiner Lebensgefährtin erst ab Oktober 2005 berücksichtigt werden könne, weil sie bis dahin
nur eine Wohngemeinschaft und keine Lebensgemeinschaft gebildet hätten.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Zum 1. Januar 2011 ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August
2010 (BGBl. I S. 1112) in Kraft getreten. Gemäß § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II sind die (beteiligtenfähigen) gemeinsamen Einrichtungen mit der Bezeichnung
Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaften getreten (vgl. BSG, Urteil vom
18. Januar 2011 – B 4 AS 90/10 R – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Aus diesem Grund war das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen.
II. Beteiligter auf der Klägerseite ist nur der Kläger, nicht aber seine Lebensgefährtin.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II Einzelansprüche und nicht
solche der gesamten Bedarfsgemeinschaft (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 ff. Rdnr 12 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr 12 = JURIS-Dokument Rdnr 12, m. w. N.). Für eine Übergangszeit bis zum 30. Juni
2007 konnte allerdings vor dem Hintergrund des so genannten "Meistbegünstigungsprinzips" ein Klageantrag dahingehend ausgelegt
werden, dass die Klage als für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhoben angesehen werden konnte (vgl. BSG, a. a. O.,
Rdnr. 11). Dies sollte jedoch unter anderem dann nicht gelten, wenn eine Bedarfsgemeinschaft bestritten wurde (vgl. BSG, a.
a. O.). Da der Kläger im Antrag vom 12. April 2005 nicht R Z als Lebensgefährtin angegeben hatte und auch bis zur mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht das Gerichtsverfahren nur im eigenem Namen betrieb, kann die Klage nicht als zugleich für
R Z erhoben ausgelegt werden.
III. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Sozialgericht ausgesprochenen Verpflichtung, dem Kläger Arbeitslosengeld
II nach den tenorierten Maßgaben zu erbringen. Eine Maßgabe ist, dass bei der Leistungsberechung das Einkommen und Vermögen
von R Z zu berücksichtigen ist. Diese Maßgabe entspricht der Fassung des Klageantrags, die in das Protokoll der mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht Leipzig am 17. November 2008 aufgenommen (vgl. §
122 SGG i. V. m. §
160 Abs.
3 Nr.
2 der
Zivilprozessordnung [ZPO]), vorgelesen (vgl. §
122 SGG i. V. m. §
162 Abs.
1 Satz 1
ZPO) und genehmigt worden ist (vgl. §
122 SGG i. V. m. §
162 Abs.
1 Satz 3
ZPO). Da der Kläger im Rahmen der Dispositionsmaxime (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], Vor §
60 Rdnr. 3) unter anderem auch über den Streitgegenstand verfügen kann, war er nicht gehindert, den Antrag dahingehend zu fassen,
dass R Z bei der Leistungsberechnung für den gesamten streitigen Zeitraum als Partnerin seiner Bedarfsgemeinschaft zu behandeln
sein soll. Auf Grund dieser Vorgaben im Klageantrag war es dem Sozialgericht und ist es dem Berufungsgericht verwehrt zu prüfen,
ob der Kläger und R Z tatsächlich im gesamten Streitzeitraum in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebten und damit eine
Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b SGB II in der hier maßgebenden Fassung von Artikel 1 des Gesetzes
vom 30. Juli 2004 (BGBl. 2004 I S. 2014) bildeten.
IV. Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger
Arbeitslosengeld II zu zahlen. Denn der Kläger war nicht hilfebedürftig.
1. Der Kläger war allerdings nicht bereits wegen des Bezugs von Leistungen im Zusammenhang mit dem Besuch des Vorbereitungslehrganges
von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgeschlossen.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld II setzt seit dem Inkrafttreten des SGB II durchgehend voraus, dass der Antragsteller ein
erwerbsfähiger Hilfebedürftiger ist (vgl. § 19 Satz 1 SGB II in den vom 1. Januar 2005 bis 31. Juli 2006 und vom 1. August
2008 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen sowie § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II in des seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung).
Wer erwerbsfähiger Hilfebedürftiger ist, wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II definiert. Ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger hat
allerdings dann keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, wenn er ein Auszubildender ist und die
Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfüllt.
Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder
der §§
60 bis
62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (
SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Insoweit kommt
es nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes lediglich darauf an, ob die begonnene Ausbildung beziehungsweise
das Studium abstrakt, also unabhängig von etwaigen individuellen Ausschlussgründen, förderungsfähig ist (vgl. BSG, Urteil
vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 12 ff = BSGE 99, 67 Rdnr. 12 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 12 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 19. August 2010 – B 14 AS 24/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 17).
In diesem Sinne war der Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung, an der der Kläger teilnahm, nicht dem Grunde nach förderfähig.
Denn die Förderung des Klägers erfolgte nicht auf der Grundlage einer der in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II genannten Vorschriften,
sondern auf der Grundlage des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes. Da dieses Gesetz nicht in der Ausschlussregelung des
§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II aufgeführt ist, findet diese nach ihrem Wortlaut keine Anwendung. Die Ausschlussregelung des § 7
Abs. 5 Satz 1 SGB II kann aber auch nicht in erweiternder Auslegung oder analog angewandt werden, wie das Bundessozialgericht
im Urteil vom 30. August 2010 in Bezug auf die Ausbildungsförderung nach den Regeln der §§
77 ff.
SGB III eingehend ausgeführt hat (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 18 ff., m. w. N.).
2. Der Kläger, der im Übrigen alle Voraussetzungen eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erfüllt, hat keinen Anspruch auf
das begehrte Arbeitslosengeld II, weil er nicht bedürftig ist.
a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist eine Person ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet
und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (seit 1. Januar 2008: die Altergrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht
hat), 2. erwerbsfähig ist (vgl. § 8 SGB II), 3. hilfebedürftig ist (vgl. § 9 SGB II) und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland hat. Der Kläger erfüllte unstreitig die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2
und 4 SGB II. Insbesondere lagen keine Zweifel in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers, die zu Ermittlungen hätten Anlass
geben müssen, vor.
b) Hilfebedürftig war gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier maßgebenden, vom
1. Januar 2005 bis 31. März 2006 geltenden Fassung, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt
der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor
allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nummer 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nummer
2) sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen
erhielt. Im Sinne dieser Vorschrift war der Kläger nicht hilfebedürftig. Die nachfolgende Berechnung beschränkt sich auf den
Monat Juli 2005, weil in diesem Monat bei im Übrigen gleichbleibenden Daten R Z die niedrigsten Bezüge erhielt.
aa) Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft des Klägers, bei der R Z mit zu berücksichtigen ist, beträgt für den streitigen
Zeitraum 1.215,57 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus der Summe der Regelleistungen für beide Personen in Höhe von jeweils
298,00 EUR (vgl. § 20 Abs. 2 und 3 Satz 1 SGB II [in der vom 1. Januar bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung] i. V. m. § 41
Abs. 2 SGB II) und den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 630,31 EUR sowie nach Abzug einer Warmwasserpauschale
in Höhe von jeweils 5,37 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R – BSGE 100, 94 Rdnr. 25 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 Rdnr. 25 = JURIS-Dokument Rdnr. 25). Voraussetzungen für Ansprüche auf Mehr- oder Sonderbedarfe,
die bedarfserhöhend wirken könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
bb) Diesem Bedarf ist zum einen das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen des Klägers gegenüber zu stellen (vgl. § 9
Abs. 1 Nr. 2 SGB II).
(1) Als Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach
diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen,
die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe
der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz zu berücksichtigen.
(2) Der Kläger bezog zum einen aus einer Erwerbstätigkeit ein monatliches Einkommen in Höhe von 269,26 EUR brutto und nach
Abzug von Steuern und Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (vgl. § 11
Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II) ein Einkommen in Höhe von 150,00 EUR netto. Von diesem Nettoeinkommen waren der Pauschbetrag für
Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung
von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld [Arbeitslosengeld
II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V] vom 20. Oktober 2004 [BGBl. I S. 2622]) sowie gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i. V. m.
§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ALG II-V eine Werbungskostenpauschale, die vorliegend 15,33 EUR betrug, abzuziehen. Ferner war gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II
i. V. m. § 30 SGB II ein Erwerbstätigenfreibetrag abzusetzen, der beim Kläger 15,70 EUR betrug. Damit verblieb ein zu berücksichtigendes
Erwerbseinkommen in Höhe von 88,97 EUR. Die neuen Regelungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II über einen abzusetzenden Pauschalbetrag
in Höhe von 100,00 EUR und des § 30 SGB II, die durch das Gesetz vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2407) zum 1. Oktober 2005 eingeführt wurde, greifen gemäß § 67 SGB II vorliegend nicht, weil der dem Kläger vom Sozialgericht
zugesprochene Bewilligungszeitraum vor dem 1. Oktober 2005 beginnt.
(3) Von den dem Kläger nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gewährten Leistungen waren die in Form von Zuschuss und Darlehen gewährten Unteraltsbeiträge, nicht aber die Maßnahmebeiträge,
als Einkommen zu berücksichtigen.
Bei den Maßnahmebeiträgen, die teils als Zuschuss und teils als Darlehen gewährt wurden, handelt es sich um zweckbestimmte
Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II, weil sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II
dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt
wären. Die Zweckbestimmung des Maßnahmebeitrages ergibt sich aus dem Gesetz. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 AFBG wird während der Teilnahme an einer Maßnahme ein Maßnahmebeitrag, das heißt ein Beitrag zu den Kosten der Lehrveranstaltung,
geleistet. Mit Maßnahme im Sinne dieser Regelung sind die Maßnahmen beruflicher Aufstiegsfortbildung gemäß § 2 AFBG gemeint, zu denen auch der vom Kläger besuchte Lehrgang zählt. Demgegenüber wird das Arbeitslosengeld II zur Sicherung des
Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung gewährt (vgl. § 19 Satz 1 SGB II). Damit
besteht zwischen beiden Leistungen keine Zweckidentität, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Hingegen dienen das Arbeitslosengeld II und der Unterhaltsbeitrag demselben Zweck. Denn der Unterhaltsbeitrag dient gemäß
§ 10 Abs. 1 Satz 4 AFBG zur Deckung des Unterhaltsbedarfs. Dies hat zur Folge dass die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II keine Anwendung findet und es bei der Grundregelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verbleibt. Der dem Kläger nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gewährte Unterhaltsbeitrag ist als Einkommen zu berücksichtigen.
(4) Vom Unterhaltsbeitrag ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes allerdings nicht nur der Anteil in Höhe von 211,00
EUR, der dem Kläger als Zuschuss gewährt wurde, sondern auch der als Darlehen gewährte Anteil in Höhe von 403,00 EUR monatlich
als Einkommen zu berücksichtigen. Dem steht nicht das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 17. Juni 2010 (Az.: B 14 AS 46/09 R) entgegen.
Das Bundessozialgericht hat in diesem Urteil entschieden, dass Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer
zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht
als Einkommen zu berücksichtigen sind. Auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II könne nach Sinn und Zweck der Norm
eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur
der "wertmäßige Zuwachs" stelle Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar; als Einkommen seien nur solche Einnahmen in
Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte habe. Dieser
Zuwachs müsse dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lasse er seine Hilfebedürftigkeit
dauerhaft entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 16). Das Bundessozialgericht hat allerdings ausdrücklich festgehalten, dass vorliegend nicht entschieden
werden müsse, ob für die darlehensweise Gewährung staatlicher Leistungen zur Existenzsicherung anderes gelte. Als Beispiel
für eine solche Leistung hat es das sogenannte Meister-
BAföG nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz genannt (vgl. BSG, a. a. O.).
Dafür, dass auch der Teil des Unteraltsbeitrages gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 AFBG, der als Darlehen gewährt wird, im Rahmen des § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen ist, sprechen zwei Grundentscheidungen des Gesetzgebers: zum einen die Regelung
verschiedener Leistungsansprüche für Auszubildende in verschiedenen Gesetzen, zum anderen die unterschiedlichen Regelungen
in den verschiedenen Gesetzen über die Formen der Leistungsgewährung.
Die Förderung der beruflichen Ausbildung einschließlich der berufsvorbereitenden Maßnahmen ist in den §§
60 ff.
SGB III, Besonderheiten für behinderte Menschen sind in den §§
104 ff.
SGB III geregelt. Die die schulische Ausbildung betreffenden Rechtsgrundlagen sind im
Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (
Bundesausbildungsförderungsgesetz –
BAföG) enthalten. Die Regelungen betreffend die Förderung der beruflichen Weiterbildung finden sich in den §§
77 ff.
SGB III, diejenigen betreffend die Förderung der berufliche Aufstiegsfortbildung finden sich im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz.
Da die Förderung von Auszubildenden in verschiedenen Normen geregelt ist, kann sich im Einzelfall die Frage stellen, in welchem
Verhältnis die verschiedenen Regelungen zueinander stehen. Hierzu kann der Gesetzgeber Regelungen geschaffen haben, wie bis
zum 31. Dezember 2010 die in § 7 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6, § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 und §
22 Abs.
7 SGB II zum Verhältnis zwischen dem SGB II und dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz. Soweit solche ausdrücklichen Regelungen fehlen, kommen drei Varianten in Betracht: 1. In einer Norm werden für eine bestimmte
Regelungsmaterie abschließende, vollständige Regelungen getroffen. 2. In einer Norm werden für eine bestimmte Regelungsmaterie
abschließende Regelungen getroffen; regelungstechnisch wird aber auf die Schaffung vollständiger eigener Textfassungen verzichtet
und stattdessen auf Regelungen in anderen Normen verwiesen. 3. Eine bestimmte Regelungsmaterie wird nicht abschließend in
einer Norm kodifiziert; zur Vervollständigung ist auf andere Normen zurückzugreifen. In welchem Verhältnis Normen zueinander
stehen, ist, wenn es keine Kollisionsregelung gibt, durch Auslegung zu ermitteln.
Hiervon ausgehend ist die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung abschließend im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz geregelt. Dieses Gesetz enthält unter anderem Regelungen über das Ziel der Förderung, über die förderfähigen Maßnahmen, über
die persönlichen Voraussetzungen der Förderung, über Umfang, Dauer und Art der Förderung sowie über das Verfahren. Soweit
einzelne Regelungen nicht selbst im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ausformuliert sind, wird ausdrücklich auf genau bezeichnete Vorschriften oder Regelungen in anderen Normen (vgl. z B. die
Verweisungen in § 17, § 21 Abs. 2 oder § 25 Satz 3 AFBG) oder wie hinsichtlich des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf ganze Normen verwiesen (vgl. § 27a AFBG).
Der Gesetzgeber hat aber nicht nur die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz abschließend geregelt, sondern in diesem Gesetz auch Entscheidungen getroffen, welche Leistungen unter welchen Voraussetzungen
als Zuschuss (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 4, § 30 AFBG) und welche als Darlehen (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AFBG) gewährt werden. Die Form der darlehensweisen Leistungsgewährung hat der Gesetzgeber in verschiedenen Vorschriften weiter
ausgeformt, zum Beispiel in § 13 AFBG in Bezug auf die Darlehensbedingungen oder in § 13a AFBG in Bezug auf die einkommensabhängige Rückzahlung. Ferner findet sich die Unterscheidung zwischen der Leistungsgewährung als
Zuschuss oder als Darlehen beispielsweise in den Vorschriften über den Bescheid (vgl. § 23 AFBG) oder über die Zahlweise (vgl. § 24 AFBG) wieder.
Diese beiden genannten Punkte, nämlich die abschließende Regelung der Aufstiegsfortbildungsförderung in einem eigenen Gesetz
sowie die Entscheidung über eine differenzierte Leistungsgewährung in Form von Zuschüssen und Darlehen, müssen bei der Auslegung
von Regelungen in anderen Gesetzen berücksichtigt werden. Eine Gesetzesauslegung darf nicht zur Folge haben, dass diese beiden
Grundentscheidungen des Gesetzgebers gegenstandslos werden.
Für die Frage, welche Leistungsanteile nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln sind, folgt daraus, dass auch der als Darlehen gewährte Anteil des Unterhaltsbeitrages Einkommen
in diesem Sinne ist. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass die Darlehensregelungen im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz für erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des SGB II ins Leere gehen würden. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige würde zwar
ebenso wie der nicht Bedürftige nach den Maßgaben des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes ein Darlehen für einen Anteil
des Unterhaltsbeitrages erhalten und würde sich einer Rückzahlungsverpflichtung nach Maßgabe von §§ 13 und 13a AFBG gegenüber sehen. Während aber der nicht Bedürftige die Rückzahlung aus eigenen Mitteln bestreiten muss, würde die Rückzahlung
des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise mittelbar über einen Anteil aus der im Arbeitslosengeld
II enthaltenen Regelleistung und damit letztlich über Steuermittel finanziert. Die mit der darlehensweisen Gewährung eines
Förderungsteiles verbundene und bezweckte teilweise Eigenbeteiligung desjenigen, der an einer Maßnahme der beruflichen Aufstiegsfortbildung
teilnimmt, könnte nicht erreicht werden.
Der Berücksichtigung des darlehensweise gewährten Anteils des Unterhaltsbeitrages als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz
1 SGB II stehen auch keine Grundrechte des Klägers entgegen. Denn es gibt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, dass
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in allen Fällen ausschließlich als Zuschuss zu gewähren sind. Zwar hat das
Bundessozialgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 eingehend dargelegt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums aus Artikel
1 des Grundgesetzes (
GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel
20 Abs.
1 GG jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichert, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß
an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar
2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 ff. = NJW 2010, 505 ff.). Aber nicht jede Leistung der Staates, die der Sicherung des Lebensunterhaltes dient, wird – wie das Arbeitslosengeld
II oder das Sozialgeld nach dem SGB II – erbracht, weil der Leistungsberechtigte nicht oder nicht ausreichend in der Lage
ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu sichern. Eine finanzielle Unterstützung durch den Staat kann
aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Gründen motiviert sein. Dies ist beispielweise dann der Fall, wenn auch denjenigen,
die finanziell nicht so gut situiert sind, eine höher qualifizierte Aus- oder Weiterbildung ermöglicht werden soll. Unter
diesem Gesichtspunkt enthält nicht nur das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz Darlehensregelungen. Auch das
Bundesausbildungsförderungsgesetz sieht vor, dass abweichend von der allgemeinen Regel, wonach Ausbildungsförderung als Zuschuss geleistet wird (vgl. §
17 Abs.
1 BAföG), bei dem Besuch von Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen sowie bei der Teilnahme an einem Praktikum, das im Zusammenhang
mit dem Besuch dieser Ausbildungsstätten steht, der monatliche Förderungsbetrag nach Maßgabe von §
17 Abs.
2 und
3 BAföG als Darlehen geleistet wird. Da der Gesetzgeber wie in anderen Bereichen des Sozialrechtes (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss
vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 – BVerfGE 122, 151 [182] = JURIS-Dokument Rdnr. 79 [zu Rentenkürzung für Frührentner, Pflichtbeitragszeit]; BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009
– 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08 – BVerfGE 123, 186 [263] = JURIS-Dokument Rdnr. 229 [zu PKV-Basistarif, Gesundheitsreform 2007]; BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 [222 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 133 ff. [zu Hartz IV-Regelsatz , Hartz IV-Gesetz]; EGMR [3. Sektion], Entscheidung vom 8. September 2005 – 71477/01– JURIS-Dokument Rdnr. 72; EGMR [3. Sektion], Entscheidung vom 2. Februar 2006 – 51466/99, 70130/01 [Buchheit und Meinberg./. Deutschland] – NVwZ 2006, 1274 [1275] = JURIS-Dokument Rdnr. 45) auch bei der Ausgestaltung von Regelungen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum hat, ist er nicht gehindert, unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Garantie
eines soziokulturellen Existenzminimums Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes jedenfalls teilweise nur in Form von
Darlehen zu gewähren.
(5) Nach dem Vorstehenden errechnet sich ein zu berücksichtigendes monatliches Einkommen des Klägers in Höhe von 702,97 EUR
(= 88,97 EUR + 211,00 EUR + 403,00 EUR).
cc) R Z erhielt im Juli 2005 Bezüge in Höhe von 795,00 EUR brutto beziehungsweise in Höhe von 718,90 EUR netto. Von diesem
Nettoeinkommen waren der Pauschbetrag für Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3
Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) sowie gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ALG II-V eine Werbungskostenpauschale, die vorliegend 15,33 EUR betrug, abzuziehen. Ferner ist der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß
§ 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II i. V. m. § 30 SGB II abzusetzen. Für Juli 2005 betrug dieser 154,24 EUR. Dieser ergibt sich aus einem
bereinigten Nettoeinkommen in Höhe von 673,57 EUR, einem Abzugsquotienten (= bereinigtes Nettoeinkommen: Bruttoeinkommen)
von 0,8473, gestaffelten Stufennettobeträgen von 338,92 EUR (= 0,8473 x 400,00 EUR) und 334,68 EUR (= 0,8473 x 395,00 EUR)
sowie Stufenfreibeträgen von 50,84 EUR (= 338,92EUR x 15 %) und 103,40 EUR (= 334,68 EUR x 15 %). Damit verbleibt ein zu berücksichtigendes
Erwerbseinkommen von R Z in Höhe von 519,33 EUR (= 673,57 EUR – 154,24 EUR).
dd) Zusammenfassend stehen dem Bedarf in Höhe von 1.215,57 EUR zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers in Höhe von 702,97
EUR und von R Z in Höhe von 519,33 EUR, insgesamt also 1.222,30 EUR, gegenüber, damit ist bereits im Juli 2005, als beide
die geringsten Einnahmen zu verzeichnen hatten, der Bedarf knapp gedeckt. Ein Leistungsanspruch besteht deshalb nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
193,
183 SGG
IV. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zuzulassen. Denn das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 17. Juni 2010 (Az.: B 14 AS 46/09 R) ausdrücklich offen gelassen, ob darlehensweise gewährte staatliche Leistungen zur Existenzsicherung als Einkommen im Sinne
von § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen sind.
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