Vergütung von Rechtsanwälten im sozialgerichtlichen Verfahren; Festsetzung der Verfahrensgebühr bei Untätigkeitsklagen
Gründe:
I. Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) in
einer Untätigkeitsklage beigeordneten Rechtsanwalts.
Der Kläger führte vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) vertreten durch den Beschwerdeführer die Untätigkeitsklage S 17 AS 3955/10 (Klageeingang: 11.10.2010), da über den Widerspruch des Klägers gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten
vom 07.06.2010, mit dem Leistungen in Höhe von 38,08 EUR zurückgefordert wurden, nicht innerhalb dreier Monate entschieden
worden war. Bereits in diesem Widerspruchsverfahren wurde der Kläger durch den Beschwerdeführer vertreten.
Am 10.11.2010 übersandte der Beklagte dem Gericht den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 21.10.2010 in Kopie und teilte
mit, dass sich der Rechtsstreit damit erledigt haben dürfte. Mit Schreiben vom 19.11.2010 erklärte der Beschwerdeführer die
Annahme eines Anerkenntnisses in der Hauptsache und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Mit Schriftsatz vom 01.12.2010
teilte der Beschwerdeführer mit, dass die ARGE L Leistungen rückwirkend anerkannt habe und erklärte den Rechtsstreit in der
Hauptsache wiederum für erledigt. Mit Beschluss vom 10.12.2010 hat das SG dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt. Am 13.12.2010 hat der Beklagte
ein Kostengrundanerkenntnis abgegeben, das der Kläger am 03.01.2011 angenommen hat.
Am 14.01.2011 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen wie folgt
festzusetzen:
Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG)
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160,00 EUR
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Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG)
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200,00 EUR
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Entgelte für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG)
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20,00 EUR
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Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)
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72,20 EUR
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Erstattungsbetrag
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452,20 EUR
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Vorschüsse und sonstige Zahlungen (§ 58 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [RVG]) habe er nicht erhalten. Mit Beschluss vom 07.03.2012 hat die Urkundsbeamtin des SG die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie folgt festgesetzt:
Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG)
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83,33 EUR
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Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG)
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16,67 EUR
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Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG)
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19,00 EUR
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Gesamtsumme
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119,00 EUR
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Die Untätigkeitsklage diene lediglich der Erzwingung des Fortgangs des Verfahrens. Von anwaltlicher Seite seien lediglich
die Fristen zu überwachen, die für den Fristablauf erheblichen Daten mitzuteilen und ggf. die Erledigung der Hauptsache anzuzeigen.
Die materielle Rechtslage sei nicht zu prüfen, sodass eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Drittels der Mittelgebühr angemessen
sei. Eine fiktive Terminsgebühr sei nicht entstanden, da das Verfahren nicht durch angenommenes Anerkenntnis geendet habe.
Bei einer Untätigkeitsklage trete Erledigung durch den Erlass des begehrten Bescheides und der darauffolgenden Abgabe einer
Erledigungserklärung ein.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beschwerdeführers vom 13.04.2012 hat das SG mit Beschluss vom 27.09.2012 unter Verweis auf die Gründe des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses zurückgewiesen und die Beschwerde
zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) zugelassen.
Gegen den ihm am 12.10.2012 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 25.10.2012 Beschwerde erhoben. Es bestehe nach
einer Entscheidung des SG Nürnberg ein Anspruch auf Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von mindestens 125,00 EUR. Zudem sei eine fiktive Terminsgebühr entstanden. Der Beklagte habe mit Erlass des Widerspruchsbescheides
vom 21.10.2010 ein Anerkenntnis abgegeben. Der überwiegenden Auffassung, dass der bloße Erlass des begehrten Verwaltungsaktes
kein Anerkenntnis im Sinne des §
101 Abs.
2 SGG darstelle, werde nicht gefolgt. Das Hessische LSG sowie eine Reihe von Sozialgerichten hätten ebenfalls entschieden, dass
eine Untätigkeitsklage eine fiktive Terminsgebühr auslöse, die daher in Höhe von 80,00 EUR festzusetzen sei.
Der Beschwerdegegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Nach der Rechtsprechung des Sächsischen LSG (Beschluss vom 08.12.2010
- L 6 AS 202/10 B KO) entstehe eine ermäßigte Verfahrensgebühr nach der Nr. 3103 VV RVG, dagegen keine fiktive Terminsgebühr. Auf die entsprechende Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen und des Thüringer
LSG werde verwiesen.
Dem Senat lagen die Akten des Vergütungsfestsetzungsverfahrens einschließlich des Erinnerungsverfahrens und des PKH-Beiheftes
sowie die Akten des Verfahrens S 17 AS 3955/10 vor.
II. 1. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Das Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586) zum 01.08.2013 einschließlich des damit einher gehenden Wegfalls der Nr. 3103 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) ändert an der grundsätzlichen Bedeutung nichts. Zum Einen ist noch eine nicht unerhebliche Anzahl von Verfahren anhängig,
für die das RVG in seiner bisherigen Fassung anwendbar bleibt. Zum Anderen stellt sich die Rechtsfrage zum Entstehen der so genannten fiktiven
Terminsgebühren nach Nr. 3106 VV RVG bei Untätigkeitsklagen auch nach der Neufassung des RVG weiterhin, denn insoweit wurde die Gebührenziffer nicht geändert.
2. Die Beschwerde ist zulässig. §
178 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) steht der Statthaftigkeit nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 22.04.2013 - L 8 AS 527/12 B KO - juris RdNr. 13). Die Beschwerde wurde vom SG für den Senat bindend zugelassen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG), sodass es auf die Höhe des Beschwerdewertes nicht ankommt. Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist
des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
3. Die Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen nicht zu niedrig festgesetzt.
Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt erhält die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus
der Landeskasse (§ 45 Abs. 1 RVG). Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde
(§ 48 Abs. 1 Satz 1 RVG). Für die Höhe der Vergütung ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG auf das VV RVG zurückzugreifen, wobei in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist (§
183 SGG), Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG).
a) Die Verfahrensgebühr findet ihre Rechtsgrundlage in Nr. 3102 VV RVG i. V. m. § 14 Abs. 1 RVG und umfasst in der hier einschlägigen, bis 31.07.2013 geltenden Fassung, einen Betragsrahmen von 40,00 EUR bis 460,00 EUR.
aa) Soweit der vormals für das Kostenrecht zuständige Senat des Sächsischen Landessozialgerichts die Nr. 3103 VV RVG bei Untätigkeitsklagen als einschlägig ansah, sofern der Beschwerdeführer - wie hier - bereits im Verwaltungs- oder Vorverfahren
tätig war (Beschluss vom 08.12.2010 - L 6 AS 202/10 B KO - nicht veröffentlicht), hält der erkennende Senat hieran nicht fest. Der ermäßigte Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV RVG kommt zur Anwendung, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden
Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Die Minderung trägt dem typisierend anzunehmenden Umstand Rechnung, dass bei Vorbefassung
des Rechtsanwalts in einem dem Klageverfahren vorausgegangenen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren ein Synergieeffekt
auftritt, der sich in Gestalt einer Verringerung des Arbeitsaufwandes und der Schwierigkeit im nachfolgenden Verfahren niederschlägt
(vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 212; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 3 RdNr. 17). Das Vor- oder Verwaltungsverfahren stellt jedoch kein einer sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage vorgehendes
Verwaltungsverfahren im Sinne der Nr. 3103 VV RVG dar. Der verringerte Betragsrahmen nach Nr. 3103 VV RVG ist vielmehr auf die Fälle beschränkt, in denen über die zeitliche Nachfolge des weiteren Verfahrens hinaus auch eine Identität
der Streitgegenstände besteht. Nur dann ist die typisierende Annahme eines Synergieeffektes berechtigt (vgl. bereits Senatsbeschluss
vom 22.04.2013 - L 8 AS 527/12 B KO - juris RdNr. 19 zum Eilverfahren). Hieran fehlt es aber bei der Untätigkeitsklage, mit der Folge, dass nicht Nr. 3103 VV
RVG, sondern Nr. 3102 VV RVG einschlägig ist (so im Ergebnis ebenfalls LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.03.2011 - L 7 B 255/09 AS - juris RdNr. 27; Beschluss vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS - juris RdNr. 25 ff.; SG Kiel, Beschluss vom 01.06.2012 - S 21 SF 36/12 E - juris RdNr. 12; anderer Auffassung Hessisches LSG, Beschluss vom 21.03.2012 - L 2 AS 517/11 B - juris RdNr. 17; Thüringer LSG, Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - juris RdNr. 21 f.). Die Untätigkeitsklage nach §
88 SGG ist als bloße Bescheidungsklage allein auf die von der Behörde unterlassene formelle Bescheidung eines Antrags oder Widerspruchs
gerichtet (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23.08.2007 - B 4 RS 7/06 R - juris RdNr. 16; Urteil vom 08.12.1993 - 14 a RKa 193 - juris RdNr. 18; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
88 RdNr. 2, 9b). Anders als nach der Rechtslage im Verwaltungs- oder Finanzgerichtsprozess (vgl. §
75 Verwaltungsgerichtsordnung, § 46 Finanzgerichtsordnung) ermöglicht §
88 SGG nicht, direkt auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder Erlass des beantragten Bescheides zu klagen. Unbeschadet des
Interesses des Klägers am materiell-rechtlichen Ausgang des Verwaltungs- oder Vorverfahrens zielt die Untätigkeitsklage daher
auf Bescheidung schlechthin und erschöpft sich prozessual im Zweck der Verfahrensförderung. Etwaigen konkreten Arbeitserleichterungen
ist daher allenfalls bei der Bemessung der Einzelgebühr im Rahmen von § 14 RVG Rechnung zu tragen.
bb) Innerhalb des einschlägigen Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung
aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie
der Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden (§ 14 Abs. 1 Satz 2 RVG). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn
sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Für den Durchschnitts- oder Normalfall ist hiernach die Mittelgebühr billige Gebühr im Sinne des RVG. Sie beträgt die Hälfte der Summe von Mindest- und Höchstgebühr des jeweiligen Betragsrahmens, hier also 250,00 EUR, und
ist in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt
abhebt (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 10).
Den konkreten Umständen der hier zugrunde liegenden Untätigkeitsklage trägt die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe eines
Drittels der Mittelgebühr ausreichend Rechnung. Die anwaltliche Tätigkeit in der Untätigkeitsklage weicht vom Durchschnitt
erheblich nach unten ab.
Umfang und Schwierigkeit der zu leistenden anwaltlichen Tätigkeit waren erheblich unterdurchschnittlich. Während des vom 11.10.2010
bis 26.11.2010 - und damit bereits unterdurchschnittlich kurz - anhängigen Verfahrens hat der Beschwerdeführer eine kurze
Klageschrift sowie die Erledigungserklärung gefertigt. Bei einer - wie hier - Untätigkeitsklage stellen sich darüber hinaus
regelmäßig keine schwierigen rechtlichen oder tatsächlichen Fragen. Die materielle Rechtslage ist nicht zu prüfen; nur selten
wird über die Frage des zureichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung seitens der Behörde gestritten. Unbeschadet der
Frage nach dem einschlägigen Gebührenrahmen besteht deshalb auch in der Rechtsprechung grundsätzlich Einigkeit darüber, dass
eine Untätigkeitsklage eine der denkbar einfachsten anwaltlichen Tätigkeiten darstellt, die regelmäßig deutlich hinter der
Qualität eines sozialrechtlichen Routinefalls, der die Verfahrensmittelgebühr auslöst, zurückbleibt (vgl. Hessisches LSG,
Beschluss vom 21.03.2012 - L 2 AS 517/11 B - juris RdNr. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.03.2011 - L 7 B 255/09 AS - juris RdNr. 30, 32; Beschluss vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS - juris RdNr. 32; Thüringer LSG, Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - juris RdNr. 24 ff.). Nicht anders liegt es hier: Der Beschwerdeführer musste lediglich das Bescheiddatum, den Widerspruch
sowie die Eingangsmitteilung des Beklagten mitteilen und auf den Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist nach §
88 SGG hinweisen. Sonstige Ausführungen waren objektiv nicht veranlasst.
Auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger war allenfalls durchschnittlich, da - wie oben ausgeführt - vorrangiges
Ziel der Untätigkeitsklage die Verfahrensförderung, nicht jedoch das hinter der Untätigkeitsklage stehende materiell-rechtliche
Interesse des Klägers ist. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers, der im Bezug von Grundsicherungsleistungen
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch stand, waren ebenfalls unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich. Ob diesem Kriterium in
sozialgerichtliche Verfahren angesichts des Amtsermittlungsgrundsatzes (§
103 SGG) und der Möglichkeit von Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X überhaupt Bedeutung zukommt, kann daher dahinstehen. Sonstige unbenannte Kriterien (vgl. hierzu Mayer, in: Gerold/Schmidt,
RVG, § 14 RdNr. 20), die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung der Gebühr zu führen, sind weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich.
Insgesamt hält der Senat daher - wie vom SG festgesetzt - für den hier vorliegenden Standardfall einer sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage ohne sonstige Besonderheiten
eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Drittels der Mittelgebühr für ausreichend und angemessen.
b) Eine Terminsgebühr ist nicht entstanden.
Eine Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG zwar auch dann, wenn das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. So liegt es hier aber
nicht: Ein Anerkenntnis im Sinne der Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG ist das im Wege der einseitigen Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis, dass der mit der Klage geltend gemachte
prozessuale Anspruch ganz oder teilweise besteht (§
101 Abs.
2 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 13 R 16/09 R - juris RdNr. 19; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
101 RdNr. 20). Eine solche ausdrückliche Prozesserklärung des Beklagten liegt hier nicht vor. Sie wird auch nicht dadurch begründet,
dass der Beschwerdeführer ein Anerkenntnis angenommen hat. Ein vom Prozessgegner nicht erklärtes Anerkenntnis kann nicht angenommen
werden. Ebenfalls unschädlich ist, dass das SG in der Abschlussverfügung als Erledigungsart "angenommenes Anerkenntnis" angekreuzt hat. Dieser Punkt der Abschlussverfügung
entfaltet lediglich interne Wirkung; kann jedoch keine Prozesserklärung der Beteiligten konstituieren (so auch Thüringer LSG,
Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - juris RdNr. 32). Ein Anerkenntnis im Rechtssinne ist zuletzt auch nicht inzidenter im Bescheiderlass durch den Beklagten
zu sehen (ebenso im Ergebnis: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.03.2011 - L 7 B 255/09 AS - juris RdNr. 36; Beschluss vom 05.05.2008 - L 19 B 24/08 AS - juris RdNr. 36; Thüringer LSG, Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - juris RdNr.; SG Würzburg, Beschluss vom 05.01.2010 - 2 2 SF 50/09 E - juris RdNr. 11; anderer Auffassung: Hessisches
LSG, Beschluss vom 21.03.2012 - L 2 AS 517/11 B - juris RdNr. 19 f.; Beschluss vom 12.05.2010 - L 2 SF 342/09 E - juris; SG Kiel, Beschluss vom 01.06.2012 - S 21 SF 36/12 E - juris RdNr. 13 m. w. N. aus der erstinstanzlichen Rechtsprechung). Bei der Untätigkeitsklage tritt die Erledigung vielmehr
durch den (außergerichtlichen) Erlass des begehrten Bescheides und die daraufhin vom Kläger abzugebende Erledigungserklärung
ein, wie bereits §
88 Abs.
1 Satz 3
SGG nach seinem Wortlaut unmissverständlich klarstellt. Dem Zweck der sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage als bloße, auf Verfahrensförderung
gerichtete Bescheidungsklage ist damit Genüge getan, ohne dass Raum für ein prozessuales Anerkenntnis verbliebe. Gibt der
hiernach klaglos gestellte Kläger keine entsprechende Erklärung ab, ist die Klage mangels Rechtschutzbedürfnis als unzulässig
abzuweisen.
c) Die weiteren Auslagentatbestände nach Nr. 7002 VV RVG (Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, 20 % der Gebühren, höchstens 20,00 EUR) und Nr.
7008 VV RVG i. V. m. § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (Umsatzsteuer auf Vergütung, 19 %) sind nicht streitig und der Höhe nach zutreffend festgesetzt.
d) Soweit der Beschwerdeführer - wie hier aufgrund des Kostengrundanerkenntnisses - Kostenansprüche gegen den Beklagten hat,
gehen diese nach § 59 RVG auf die Staatskasse über. III.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG). Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG). Sie ist nicht weiter anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG)