Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Weiterbewilligung von Einstiegsgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 191,- EUR für den Zeitraum von Januar 2013 bis Juni 2013.
Bereits auf seinen Antrag vom 1. Juli 2012 war dem Kläger zwischen Juni 2012 und Dezember 2012 Einstiegsgeld nach § 16 b SGB II zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Bereich Relocation/Personal Assistance bewilligt worden.
Unter dem 31. Januar 2013 beantragte er die Weiterbewilligung für eine selbstständige Tätigkeit im Bereich Messe-Event-Relocation-Service.
Der Antrag ging am 28. Februar 2013 bei dem Beklagten ein. Der Kläger legte eine fachkundige Stellungnahme der J.-Stiftung
zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nach § 16 b SGB II vom 20. Februar 2013 vor. Diese ging die von einer unveränderten Umsatz- und Rentabilitätsvorschau aus und kam zu dem Ergebnis,
dass der Aufbau einer tragfähigen Existenzgründung insgesamt realisierbar sei. In einem Begleitschreiben wurde ausgeführt,
dass der ursprüngliche Plan des Klägers, sich primär mit Assistance und Relocation Services für Privatpersonen und Unternehmen
am Markt zu platzieren, nicht zu einer tragfähigen Auftragslage geführt habe. Aus diesem Grunde biete der Kläger nunmehr ab
Januar 2013 Dienstleistungen im Bereich Messe- und Eventorganisationen an. In diesem Bereich habe er aufgrund früherer Tätigkeiten
gute Kompetenzen und Referenzen. Es sei davon auszugehen, dass sich aufgrund der geplanten Maßnahmen die Auftragslage in den
nächsten Monaten verbessern werde. Auf Basis der überarbeiteten Kalkulation könne im Verlaufe des Jahres 2013 eine Tragfähigkeit
und Unabhängigkeit von Transferleistungen auf zunächst niedrigem Niveau erreicht werden. Ein schnelleres Wachstum erscheine
aufgrund sehr beschränkter finanzieller Mittel derzeit eher schwierig. Mit Mail vom 14. März 2013 erläuterte der Sachbearbeiter
der Stiftung gegenüber dem Beklagten, dass eine Unabhängigkeit von Transferleistungen grundsätzlich möglich erscheine, wenn
es dem Kläger gelinge, im Bereich Messe-/Eventorganisation Fuß zu fassen.
In der Eingliederungsvereinbarung vom 15. April 2013 wurde die Bewilligung von Einstiegsgeld für weitere sechs Monate in Höhe
von 191,- EUR befürwortet.
Mit Schreiben vom 19. März 2013 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 29. März 2013 das Ergebnis seiner Marktrecherchen
(Kundenliste und Reaktion) zu übersenden, auch die Vorlage eines veränderten Businessplans sei notwendig.
Der Kläger legte daraufhin unter dem 2. April 2013 eine Liste seiner Aufträge für die Monate Februar bis April 2013 sowie
eine Ertragsvorschau für die Monate Januar bis Dezember 2013 vor, aus der sich ein steuerliches Betriebsergebnis von 12.171,-
EUR ergab.
Mit Bescheid vom 29. Mai 2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Einstiegsgeld mit der Begründung ab, gemäß §
16 b SGB II werde eine Förderungsentscheidung über die Dauer von Einstiegsgeld einmalig für den gesamten Bewilligungszeitraum getroffen.
Dieses schließe eine Verlängerung des Einstiegsgeldes aus.
Hiergegen legte der Kläger am 5. Juni 2013 Widerspruch ein. Trotz der Befürwortung der Fortführung seiner Selbstständigkeit
durch den für ihn zuständigen Arbeitsvermittler und einer entsprechenden Empfehlung in der Eingliederungsvereinbarung vom
15. April 2013 sei sein Antrag auf Verlängerung des Einstiegsgeldes abgelehnt worden. § 16 b SGB II lasse sich nicht entnehmen, dass eine Förderentscheidung über die Dauer von Einstiegsgeld nur einmalig für den gesamten Bewilligungszeitraum
getroffen werden könne. Aus der Vorschrift ergebe sich nur, dass Einstiegsgeld höchstens für 24 Monate gezahlt werde. Allerdings
ergebe sich aus der Arbeitshilfe "Einstiegsgeld" der Bundesagentur für Arbeit, dass die Entscheidung einschließlich der Dauer
nur einmalig im gesamten Bewilligungszeitraum getroffen werden könne. Weiter werde in der Arbeitshilfe jedoch ausgeführt,
dass ein Anlass zur Überprüfung der getroffenen Entscheidung gegeben sei, wenn sich Änderungen bei der tatsächlichen Ausübung
der Tätigkeit ergäben. Dieses sei bei ihm der Fall, weil er im Dezember 2012 seine selbstständige Tätigkeit in Richtung Messe-,
Event-, Kongress- und Promotionsorganisation verändert habe.
Am 9. September 2013 hat der Kläger zunächst Untätigkeitsklage erhoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es sei nicht zu erwarten,
dass der Kläger sich mit der selbständigen Tätigkeit aus dem Hilfebezug werde lösen können. Er habe für die zuvor ausgeübte
Tätigkeit bereits Einstiegsgeld erhalten, ohne dass er der Hilfebezug geendet habe. Für den Zeitraum von Juli 2012 bis September
2012 sei lediglich ein Gewinn in Höhe von monatlich 341,93 EUR angefallen. Durch die Ausübung einer geringfügigen Tätigkeit
hätte der Kläger seine Hilfebedürftigkeit in größerer Höhe reduzieren können. Für den laufenden Bewilligungszeitraum würden
vorläufig 294,63 EUR aus selbständiger Tätigkeit angerechnet werden.
Der Kläger hat seine Klage nach Erlass des Widerspruchsbescheides weitergeführt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass
der Beklagte sich sowohl mit dem Erlass des Ausgangsbescheides als auch mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides sehr viel
Zeit gelassen habe. Daher könne es nicht zu seinen Lasten gehen, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides
eine erkennbare Loslösung von Transferleistungen nicht erfolgt sei. Hätte man ihm antragsgemäß ab Januar 2013 weiter Einstiegsgeld
bewilligt, hätte er mit dessen Hilfe seine selbständige Tätigkeit ausbauen können.
Mit Urteil vom 11. März 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Bewilligung von
Einstiegsgeld. Zwar sei die Ausgangsentscheidung vom 29. Mai 2013 rechtsfehlerhaft. Insoweit liegt nach den eigenen Ermessenskriterien
des Beklagten ein Ermessensfehlgebrauch vor, denn nach den für die Begründung der Entscheidung herangezogenen Durchführungshinweisen
des Beklagten zu § 16 b SGB II (Ziff. 4.3.) werde eine Förderentscheidung zwar nur einmalig für den Gesamtbewilligungszeitraum getroffen. Weiter sei jedoch
geregelt, dass für den Fall, dass nach Förderbeginn Veränderungen bei der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit einträten,
eine Überprüfung der getroffenen Förderentscheidung notwendig sei. Eine solche Überprüfung hätte daher nach dem Wechsel der
selbständigen Tätigkeit des Klägers vorgenommen werden können. Allerdings werde diese Argumentation im Widerspruchsbescheid
vom 24. Oktober 2013 nicht aufrechterhalten. Denn dort werde darauf abgestellt, dass die selbständige Erwerbstätigkeit des
Klägers nicht die Prognose rechtfertige, der Kläger könne durch die Erwerbstätigkeit seine Hilfebedürftigkeit überwinden.
Die insoweit getroffene Prognoseentscheidung sei gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar; ein nur begrenzt überprüfbarer
Beurteilungsspielraum im Sinne einer Einschätzungsprärogative der Verwaltung sei nicht gegeben. Maßgeblich sei eine ex-ante-Beurteilung,
d.h. eine zukunftsorientierte Beurteilung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. der letzten Verwaltungsentscheidung
bekannten Tatsachen. Danach sei die Prognoseentscheidung zutreffend. Denn bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren des
Klägers S 61 AS 2394/13 ER seien am 15. Oktober 2013 noch erhebliche Restbedarfe des Klägers bei einem Grundbedarf von 1.096,62 EUR festgestellt
worden: im Juli und August 2013 je 239,76 EUR, im September 2013 901,99 EUR und im Oktober 2013 1.093,99 EUR. Diese Zahlen
zeigten, dass der Kläger auch durch Aufnahme einer inhaltlich veränderten Tätigkeit nicht in der Lage gewesen sei, seine Hilfebedürftigkeit
zu reduzieren.
Gegen das ihm am 13. März 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. April 2014 Berufung eingelegt. Die notwendige zukunftsorientierte
Prognose hätte bereits nach Vorlage sämtlicher erforderlicher Unterlagen im April 2013 erfolgen müssen und hätte nicht die
zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung im Oktober 2013 bekannten Tatsachen einbeziehen dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. März 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 29. Mai 2013 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2013 aufzuheben und ihm das begehrte Einstiegsgeld in Höhe von 191,- EUR monatlich
für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte beruft sich auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozessakte, die Sachakte (Einstiegsgeld) des Beklagten sowie die Prozessakten
des Sozialgerichts S 61 AS 2394/13 ER und S 61 AS 2669/13 ER verwiesen.
II. Die nach den Vorschriften des
Sozialgerichtsgesetzes zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Beklagte hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Gewährung von Einstiegsgeld
nach § 16b SGB II ab dem 1. Januar 2013 abgelehnt. Seine Einschätzung, dass eine Lösung des Klägers aus dem Hilfebezug innerhalb eines angemessenen
Zeitraumes nicht zu erwarten sei - wie es aber für einen Anspruch auf Gewährung von Einstiegsgeld vorauszusetzen ist -, hat
der Beklagte nachvollziehbar darauf gestützt, dass die Betrachtung der Einkünfte des Klägers seit Juli 2012 eine fortdauernde
und über die Zeit verstärkte Hilfebedürftigkeit ergeben hatte. Dabei hat der Beklagte zutreffend eine Prognose vorgenommen,
also eine ex-ante-Beurteilung, auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bekannten Tatsachen. Der Umstand,
dass zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung der Zeitraum, für den das Einstiegsgeld beantragt worden war, bereits abgelaufen
war, führt nicht dazu, dass zwischenzeitlich zu Tage getretene Tatsachen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Es liegt
im Risikobereich des jeweiligen Antragstellers, wenn sich die Verhältnisse so entwickeln, dass sich die Prognose verschlechtert;
er kann hier gegebenenfalls die prozessualen Mittel des Eilverfahrens oder der Untätigkeitsklage einsetzen. Nur ergänzend
ist darauf hinzuweisen, dass die Stellungnahme der J.-Stiftung durchaus unter den Vorbehalt gestellt war, dass der Kläger
in dem angestrebten Marktbereich Fuß fassen könne, und damit auch bei Antragstellung nicht ohne weiteres nur die Bewilligung
des Einstiegsgeldes in Betracht kam.