Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebung- und Erstattungsbescheid, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat September 2018 aufgehoben und die erbrachten Leistungen in Höhe von 969,57 Euro erstattet verlangt hat.
Der 1974 geborene, im September 2018 erwerbsfähige Kläger stand im Bezug von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 18. April 2018 bewilligte der Beklagte ihm für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2019 Leistungen
in Höhe von 969,57 Euro monatlich (416,- Euro Regelbedarf, 9,57 Euro Mehrbedarf für dezentrale Warmwasseraufbereitung und
544,- Euro Kosten der Unterkunft und Heizung). Zum 1. September 2018 nahm der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung bei der Firma
C. auf, was er dem Beklagten unverzüglich anzeigte. Ausweislich der Lohnabrechnung für September 2018 erhielt der Kläger in
diesem Monat ein Gehalt in Höhe von brutto 2.000,- Euro und netto 1.393,72 Euro. Das Nettogehalt wurde am 28. September 2018
auf das Konto des Klägers überwiesen.
Der Beklagte stellte zunächst die Zahlungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vorläufig ein (Bescheid vom 4. September 2018) und hob sodann mit Bescheid vom 6. November 2018 die Leistungsbewilligung
ab Oktober 2018 auf. Der Kläger erhob hiergegen keinen Widerspruch, sodass die Bescheide bestandskräftig wurden.
Ebenfalls am 6. November 2018 erließ der Beklagte einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem er die Leistungsbewilligung
vom 18. April 2018 für den Monat September 2018 ganz aufhob und vom Kläger einen Betrag in Höhe von 969,57 Euro erstattet
verlangte. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 6. Dezember 2018 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, er könne den
zurückgeforderten Betrag von seinem geringen Gehalt nicht zurückzahlen und habe zudem noch weitere Schulden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2019 als unbegründet zurück. Durch das erzielte Einkommen
sei im September 2018 eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten, die ihn verpflichteten, den Bewilligungsbescheid
insoweit zurückzunehmen. Der Kläger habe ein Bruttoeinkommen von 2.000,- Euro erzielt. Davon seien nach Abzug von Steuern,
Abgaben und Freibeträgen 1.093,72 Euro anzurechnen. Dieser Betrag übersteige den Bedarf des Klägers für September 2018, sodass
die Leistungsbewilligung in Höhe von 969,57 Euro aufzuheben und der gezahlte Betrag erstattet zu verlangen gewesen sei.
Am 17. Mai 2019 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe dem Beklagten
bereits am 2. September 2018 die Arbeitsaufnahme mitgeteilt. Die letzte Zahlung des Beklagten in Höhe von 969,57 Euro habe
er am 31. August 2018 erhalten, hiermit habe er Miete, Warmwasser und seinen Lebensunterhalt im September 2018 finanziert.
Erst am 28. September 2018 habe er das erste Gehalt von seinem Arbeitgeber bekommen, dieses habe er für seinen Lebensunterhalt
im Oktober 2018 eingesetzt. Er habe für September 2018 keinen doppelten Zufluss erhalten, weil das am Ende des Monats gezahlte
Gehalt gerade nicht für die Bestreitung des Lebensunterhalts desselben Monats zur Verfügung gestanden habe. Vielmehr werde
es regelmäßig für den Lebensunterhalt des Folgemonats eingesetzt. Er sei deshalb im September 2018 noch bedürftig im Sinne
des SGB II gewesen, sodass die für diesen Monat gewährten Leistungen nicht zurückgefordert werden könnten. Das Erstattungsverlangen
des Beklagten sei daher nicht berechtigt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2020 abgewiesen. Die Klage sei zulässig, insbesondere fristgemäß
erhoben. Sie sei jedoch nicht begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 6. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11. April 2019 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage der Aufhebung der Bewilligung sei § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und §
330 Abs.
3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III). Hier sei im September 2018 – nach Erlass des Bewilligungsbescheids vom 18. April 2018 – eine wesentliche Änderung der tatsächlichen
Umstände eingetreten, da der Kläger eine Arbeit aufgenommen und hieraus am 28. September 2018 ein Gehalt erhalten habe. Damit
habe er Einkommen erzielt, welches nach den Vorschriften des SGB II zum Wegfall seines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen geführt haben würde. Nach § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II seien laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen, und zwar unabhängig vom konkreten Tag ihrer
Auszahlung. Denn der Gesetzgeber habe generell eine monatliche Bedarfsberechnung und Leistungsgewährung vorgesehen. Für den
Fall der nachträglichen Erzielung von Einkommen sehe das Gesetz vor, dass der Beklagte die bereits bewilligte Leistung wieder
aufheben und zurückfordern könne und zwar unabhängig von einem Verschulden des Klägers in Bezug auf den Zeitpunkt der erfolgten
Mitteilung an den Beklagten und ohne dass der Beklagte hierbei einen Ermessensspielraum hätte. Anhaltspunkte für Fehler bei
der Ermittlung des Bedarfs und des anzurechnenden Einkommens lägen nicht vor, insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid
Bezug genommen. Die Erstattungsforderung finde ihre Rechtsgrundlage in § 50 Abs. 1 SGB X.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 25. April 2020 zugestellt worden. Am 25. Mai 2020 hat er Berufung eingelegt. Zur Begründung
trägt er vor, er sei im September 2018 noch auf die Leistungen des Beklagten angewiesen gewesen. Er sei langzeitarbeitslos
gewesen und habe keine Ersparnisse gehabt, um die Zeit bis zur Auszahlung des ersten Gehalts zu überbrücken. Er sei lediglich
bereit, den Betrag zurückzuzahlen, um den sein Nettogehalt die erbrachten Leistungen überstiegen habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 24. April 2020 und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 6. November 2018 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 11. April 2019 aufzuheben
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Am 1. September 2020 bzw. 14. Oktober 2020 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats durch die Berichterstatterin
als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie
der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Der angefochtene Bescheid ist zunächst formell rechtmäßig. Zwar hat der Beklagte den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 6.
November 2018 nicht angehört und somit gegen die Vorschrift des § 24 SGB X verstoßen. Dieser Verstoß ist jedoch während des Widerspruchsverfahrens geheilt worden, § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X (zur Möglichkeit der Heilung eines Verstoßes gegen § 24 SGB X im Widerspruchsverfahren vgl. BSG, Urteil vom 9.11.2010 – B 4 AS 37/09 R). Die entscheidungserheblichen Tatsachen waren dem Kläger durch die Begründung des Bescheids vom 6. November 2018 bekannt
gegeben worden. Durch die Einlegung des Widerspruchs hatte er auch Gelegenheit, sich zu diesen Tatsachen zu äußern.