Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld.
Die am xxxxx 1978 geborene Klägerin meldete sich am 27. April 2017 persönlich arbeitslos und beantragte die Bewilligung von
Arbeitslosengeld. In dem Antrag gab die Klägerin an, keine Nebenbeschäftigung auszuüben und versicherte, Änderungen unverzüglich
anzuzeigen und das Merkblatt 1 erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Das Merkblatt 1 enthielt auf den
Seiten 64 - 68 u. a. auszugsweise folgende Hinweise: "8.2 Mitwirkungs- und Mitteilungspflicht ( ...) Sie müssen alle Tatsachen
angeben, die im Antrag abgefragt werden, also für die Leistung bedeutsam sind. ( ...)
Darüber hinaus sind Sie verpflichtet, Ihrer Agentur für Arbeit alle späteren Änderungen zu Angaben unaufgefordert und sofort
mitzuteilen. Nur so können Leistungen in korrekter Höhe gezahlt oder Überzahlungen vermieden werden.
Sollten Sie als Bezieherin/Bezieher von Arbeitslosengeld ergänzend Arbeitslosengeld II erhalten (so genannte Aufstocker),
bestehen diese Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten gegenüber beiden Leistungsträgern, das heißt, sowohl gegenüber der Agentur
für Arbeit als auch gegenüber dem Jobcenter.
( ...) Auch wenn Sie im Zweifel sind, ob eine Änderung für den Leistungsanspruch bedeutsam ist, unterrichten Sie bitte Ihre
Agentur für Arbeit.
Insbesondere müssen Sie Ihre Agentur für Arbeit sofort benachrichtigen, wenn ( ...) • Sie eine berufliche Tätigkeit aufnehmen
( ...). Eine Mitteilung des Arbeitgebers an die Krankenkasse über Ihre Arbeitsaufnahme reicht nicht aus. Verlassen Sie sich
auch nicht auf eventuelle Zusagen anderer, z. B. Ihres Arbeitgebers, Ihre Beschäftigungsaufnahme Ihrer Agentur für Arbeit
anzuzeigen. Hierzu sind ausschließlich Sie selbst verpflichtet. Dies gilt auch für sog. Probearbeitsverhältnisse. ( ...)
8.3 Erstattungspflicht Wer zu Unrecht Leistungen erhalten hat, muss sie zurückzahlen, soweit die Bewilligung aufgehoben wird.
Nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches ist eine Leistungsbewilligung dann aufzuheben, wenn die bewilligten Leistungen
der/dem Betroffenen nicht zustanden und sie/er insbesondere vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben
gemacht bzw. eine Änderung ihrer/seiner Verhältnisse nicht rechtzeitig mitgeteilt hat, gewusst hat oder leicht erkennen konnte,
dass sie/er keinen oder nur einen niedrigeren Leistungsanspruch hatte, oder Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall oder zur
Minderung des Anspruchs geführt hätte. Zusätzlich zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistung müssen die darauf entrichteten
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ersetzt werden. Das sind ca. 35 Prozent der Leistung. ( ...)"
Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 15. Juni 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. Juni 2017 und 12. Juli 2017
ab dem 27. April 2017 für 180 Kalendertage Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung
bewilligt.
Gleichzeitig bezog die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Jobcenter. Am 31. Mai 2017 schloss die Klägerin
einen Arbeitsvertrag mit der GVO Personal GmbH. Hiernach sollte die regelmäßige jährliche Arbeitszeit im Kalenderjahr 1.200 Stunden betragen. Lage, Beginn,
Ende und Dauer der täglichen, wöchentlichen und monatlichen Arbeitszeit richte sich nach den in dem Betrieb des jeweiligen
Entleihers geltenden betrieblichen Regelungen. Am 8. Juni 2017 teilte die Klägerin dem Jobcenter ihre Arbeitsaufnahme bei
der Firma GVO Personal GmbH zum 1. Juni 2017 mit.
Aufgrund einer Überschneidungsmitteilung vom 17. August 2017 erfuhr die Beklagte, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Juni
2017 bis 23. Juni 2017 bei der Firma GVO Personal GmbH versicherungspflichtig beschäftigt war und ermittelte bei der Arbeitgeberin. In der Arbeitsbescheinigung vom
14. September 2017 teilte die Arbeitgeberin mit, dass die Klägerin aufgrund des bis 31. Dezember 2017 befristeten Arbeitsvertrages
vom 31. Mai 2017 in der Zeit vom 1. Juni 2017 bis 23. Juni 2017 im Service mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit
von 23,10 Stunden tätig gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis habe durch Kündigung der Arbeitgeberin vom 15. Juni 2017
zum 23. Juni 2017 geendet. Aus der Lohnabrechnung ergab sich, dass die Klägerin im Zeitraum vom 1. bis 23. Juni 2017 insgesamt
36,25 Stunden tätig gewesen ist.
Daraufhin hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 15. September 2017 zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung
des Arbeitslosengeldes sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf,
sich sofort erneut persönlich arbeitslos zu melden, sofern die Klägerin die Beschäftigung zwischenzeitlich beendet habe. Hierzu
teilte die Klägerin mit Schreiben vom 19. September 2017 mit, in dem angegebenen Zeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis
gestanden zu haben, welches ohne Angaben von Gründen gekündigt worden sei.
Mit Bescheid vom 25. September 2017 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. Juni
2017 wegen der Aufnahme einer Beschäftigung auf und forderte mit weiteren Bescheiden vom 25. September 2017 die Erstattung
des überzahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.365,60 Euro sowie für den Zeitraum vom 24. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 die
Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 280,38 Euro.
Die Klägerin legte hiergegen am 29. September 2017 Widerspruch ein. Sie habe dem Jobcenter alle erforderlichen Unterlagen
gegeben und sei davon ausgegangen, dass dieses die Unterlagen weiterleite. Hierzu reichte sie die Kündigung der Arbeitgeberin
vom 15. Juni 2017 ein, in welcher diese darauf hinwies, dass die Klägerin sich spätestens drei Tage nach Erhalt des Kündigungsschreibens
bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 6. Oktober 2017 zurück. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Anspruch auf Arbeitslosengeld
habe, wer u. a. arbeitslos sei. Arbeitslos sei, wer als Arbeitnehmer beschäftigungslos sei. Die Ausübung einer Beschäftigung
schließe die Beschäftigungslosigkeit nur dann nicht aus, wenn die Arbeitszeit weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasse,
wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt blieben. Die Klägerin habe am 1. Juni 2017 eine Erwerbstätigkeit
aufgenommen, die ihre Arbeitslosigkeit beseitigt habe. Nach dem Ende dieser Erwerbstätigkeit sei sie zwar ab 24. Juni 2017
wieder beschäftigungslos gewesen, habe aber mangels wirksamer Arbeitslosmeldung keinen Leistungsanspruch gehabt. Die Wirkung
der persönlichen Arbeitslosmeldung erlösche mit der Aufnahme der Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese der Beklagten nicht
unverzüglich mitgeteilt habe. Die Klägerin habe die Aufnahme der Erwerbstätigkeit der Beklagten nicht mitgeteilt und sich
nach dem Ende der Erwerbstätigkeit nicht mehr persönlich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Die Voraussetzungen für den
Anspruch auf Arbeitslosengeld hätten ab 1. Juni 2017 nicht mehr vorgelegen. Das Vertrauen der Klägerin auf die fehlerhafte
Bewilligung sei nicht schutzwürdig, da sie grob fahrlässig gehandelt habe. Sie habe die Aufnahme der Erwerbstätigkeit trotz
entsprechender Verpflichtung nicht mitgeteilt. Außerdem habe sie wissen müssen, dass die Voraussetzungen für den Anspruch
auf Arbeitslosengeld mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit weggefallen seien. Das Merkblatt 1 enthalte hierzu verständliche
Hinweise. Auch der Bewilligungsbescheid habe unter Bezugnahme auf das Merkblatt den ausdrücklichen Hinweis enthalten, jede
leistungserhebliche Änderung in den Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen.
Die Klägerin hat am 13. Oktober 2017 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie habe dem Jobcenter die Arbeitsaufnahme
mitgeteilt. Es sei ihr auch kein finanzieller Vorteil entstanden, weil Verdienst und Arbeitslosengeld angerechnet worden seien.
Die Beklagte habe ihr mit Schreiben vom 14. Juni 2017 noch mitgeteilt, dass über ihren Anspruch wegen der Prüfung einer Sperrzeit
vom 19. April 2017 bis 18. Juni 2017 noch nicht entschieden werden könne. Zu dieser Zeit habe bereits die Kündigung ihres
Arbeitgebers vorgelegen. Insoweit habe es nur einen Leistungsbezug vom Jobcenter gegeben, so dass sie auch nur diesem gegenüber
mitteilungspflichtig gewesen sei. Ggf. sei zwischen den Leistungsträgern untereinander abzurechnen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass eine Erstattung der Leistungsträger untereinander nicht in Betracht komme, da die Leistungszahlung
an die Klägerin nicht rechtmäßig erfolgt sei. Auch habe die Klägerin die Arbeitsaufnahme gegenüber dem Jobcenter nicht rechtzeitig,
sondern erst am 8. Juni 2017 mitgeteilt. An der Rechtslage ändere sich auch nichts dadurch, dass das Beschäftigungsverhältnis
zum Zeitpunkt der Leistungsbewilligung bereits beendet gewesen sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2019 abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig.
Die Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei für die Zeit ab 1. Juni 2017 zu Recht zurückgenommen und die Klägerin zur Erstattung
des überzahlten Arbeitslosengeldes sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen worden. Es habe insbesondere
auch eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin vorgelegen. Es sei vom Arbeitslosen zu verlangen, dass er vom Inhalt der übergebenen
Merkblätter Kenntnis nehme und, abhängig von den Umständen des Einzelfalls, im Zweifelsfall bei der Beklagten nachfrage. Die
Klägerin habe das Merkblatt für Arbeitslose erhalten, in welchem Ausführungen zur Mitwirkungspflicht enthalten seien, und
habe auf dem Arbeitslosengeldantrag durch ihre Unterschrift versichert, Änderungen unverzüglich anzuzeigen sowie vom Inhalt
des Merkblatts Kenntnis genommen zu haben. Auch der Bewilligungsbescheid vom 15. Juni 2017 habe einen Hinweis zur Mitteilungspflicht
jeder leistungserheblichen Änderung der Verhältnisse enthalten. Daraus sei zu folgern, dass der Klägerin bewusst gewesen sei,
nicht zusätzlich zum Arbeitsentgelt Arbeitslosengeld erhalten zu können. Der Umstand, dass die Arbeitgeberin das Beschäftigungsverhältnis
der Klägerin noch vor Zugang des Arbeitslosegeldbescheids vom 15. Juni 2017 und Eingang der Arbeitslosengeldzahlungen bei
der Klägerin am 12. Juli 2017 und 25. Juli 2017 gekündigt habe, führe zu keinem anderen Ergebnis, da die Bewilligung und Zahlung
des Arbeitslosengeldes aus den vorgenannten Gründen zu Unrecht erfolgt sei. Schließlich habe die Klägerin ihre Augen auch
nicht vor den Gutschriften rechtsfehlerhafter Arbeitslosengeldzahlungen auf ihrem Konto im Zeitpunkt der Kenntnisnahme verschließen
dürfen. Da die Klägerin sich nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr persönlich bei der Beklagten gemeldet
habe, habe wegen des Erlöschens der früheren Arbeitslosmeldung gemäß §
141 Abs.
2 Nr.
1 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) auch für den Zeitraum der erneuten Beschäftigungslosigkeit ab 24. Juni 2017 kein Arbeitslosengeld gezahlt werden dürfen.
Etwas Anderes ergebe sich auch nicht, weil die Klägerin die Aufnahme ihrer Beschäftigung am 8. Juni 2017 dem Jobcenter mitgeteilt
habe. Zum einen sei auch diese Mitteilung nicht rechtzeitig erfolgt. Zum anderen handele es sich um einen anderen Leistungsträger,
was der Klägerin auch bekannt gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem Merkblatt. Nach § 50 Abs. 1 SGB X seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei. Gegen die Erstattungsforderung
spreche auch nicht, dass gezahltes Arbeitslosengeld vom Jobcenter auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angerechnet
und entsprechend geringer ausgezahlt worden seien. Die von der Klägerin gewünschte Rückabwicklung zwischen den Leistungsträgern
(Jobcenter und Beklagte) untereinander komme nicht in Betracht, da hierfür erforderlich gewesen wäre, dass der Klägerin rechtmäßig
Arbeitslosengeld gezahlt worden wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Klägerin habe für einen Zeitraum Arbeitslosengeld
erhalten, für den kein Anspruch bestanden habe.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 22. Juni 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 27. Juni 2019 Berufung eingelegt. Zweifel
bestünden, weil auch die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bestätigt worden sei, sie sei aber auch
über das SGB II versicherungspflichtig gewesen, so dass eine Mehrfachversicherung bestanden habe. Sie habe auch keine 23,1 Stunden pro Woche
gearbeitet. Ihr Arbeitgeber habe ihr gesagt, dass sie frei wählen könne, welche Jobs sie annehme. Sie habe daher nur sehr
wenig gearbeitet. Bei 23 Arbeitstagen habe sich auch nur eine wöchentliche Arbeitszeit von 11,06 Stunden ergeben. Zudem seien
der Aufhebungsbescheid und die Erstattungsbescheide nicht hinreichend bestimmt. Es sei nicht klar, welche Bescheide aufgehoben
worden seien. Lediglich in der Begründung auf Seite 3 finde sich der Hinweis, dass die Entscheidungen vom 15. Juni 2017 und
12. Juli 2017 ganz zurückgenommen würden. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X seien nicht gegeben. Bei Erhalt des Bescheids sei die Beschäftigung schon beendet gewesen. Die Klägerin habe nicht wissen
müssen, dass durch die Aufnahme der Beschäftigung die ursprüngliche Meldung der Arbeitslosigkeit weggefallen sein könnte.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 23. September 2020 anerkannt, dass der Bescheid vom 25. September 2017 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2017 hinsichtlich der Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung
zurückgenommen wird. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Juni 2019 sowie die Bescheide vom 25. September 2017 in der Fassung
des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Aufhebungsbescheid hinreichend bestimmt sei.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift
vom 23. September 2020 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen
Akten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§
151 SGG) Berufung ist nach Abgabe des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 23. September 2020 unbegründet.
Der Aufhebungsbescheid vom 25. September 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2017 ist rechtmäßig.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen
der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein
rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach Absatz 2 nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den
Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme
schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine
Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen
kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung
er wirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher
Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge
grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt hat.
Die Aufhebung ist formell rechtmäßig. Die Klägerin ist nach § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört worden und der Aufhebungsbescheid ist auch ausreichend bestimmt. Das Bestimmtheitserfordernis verlangt,
dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - B 14 AS 9/17 R, SozR 4-1300 § 45 Nr. 19). Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers
und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge
vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (BSG, a.a.O.). Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts,
auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden
muss (BSG, a.a.O.). Im Aufhebungsbescheid selbst wird zwar nur ausgeführt, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld
ab 1. Juni 2017 aufzuheben sei, in der Begründung des Widerspruchsbescheids wird dann aber auch ausgeführt, dass die Bescheide
vom 15. Juni 2017 und 12. Juli 2017 zurückzunehmen seien. Das Bestimmtheitserfordernis ist auch nicht deswegen verletzt, weil
die Beklagte den Änderungsbescheid vom 26. Juni 2017 nicht benannt hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des
Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, dem Inhalt der Begründung des Bescheids und den bekannten Umständen ergibt sich für
die Klägerin als objektive Empfängerin unzweideutig, dass auch der nicht ausdrücklich bezeichnete Änderungsbewilligungsbescheid
vom Aufhebungsverwaltungsakt ebenso wie vom Erstattungsverwaltungsakt erfasst sein sollte, der in dem Bewilligungszeitraum
des Aufhebungszeitraums die der Klägerin bewilligten Leistungen regelte (vgl. zur Erfassung von Änderungsbescheiden: BSG, a.a.O.).
Der Widerspruchsbescheid nennt zutreffend § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die Aufhebung. Der Bewilligungsbescheid vom 15. Juni 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom
26. Juni 2017 und 12. Juli 2017 war von Anfang an rechtswidrig, da die Arbeitsaufnahme bereits am 1. Juni 2017 erfolgte. Die
Arbeitsaufnahme beendete auch die Arbeitslosigkeit der Klägerin. Arbeitslos ist nach §
138 SGB III, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit
zu beenden (Eigenbemühungen), und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Die
Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger
(Erwerbstätigkeit) schließt nach §
138 Abs.
3 S. 1
SGB III die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich
umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer
Beschäftigung kommt es vorrangig auf die vertraglichen Vereinbarungen und eine vorausschauende Betrachtungsweise, die an die
Verhältnisse zu Beginn der Beschäftigung anknüpft, an (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008 - B 11 AL 44/07 R, SozR 4-4300 § 118 Nr. 3). Die Klägerin hatte mit ihrem Arbeitgeber eine jährliche Arbeitszeit von 1.200 Arbeitsstunden vereinbart.
Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit lag danach deutlich über 15 Stunden. Unerheblich ist dagegen, dass die Klägerin
die ersten Wochen der Beschäftigung bis zu ihrer Kündigung die wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden tatsächlich nicht überschritten
hat. Denn es ist eine prognostische Entscheidung unter Heranziehung der vertraglichen Verhältnisse zu treffen und bei schwankenden
Arbeitszeiten auf eine durchschnittliche Betrachtungsweise abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 1984 - 7 RAr 12/83, SozR 4100 § 102 Nr. 6; Urteil vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 12/87, juris). Da die Klägerin sich nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr persönlich bei der Beklagten gemeldet
hat, hat wegen des Erlöschens der früheren Arbeitslosmeldung nach §
141 Abs.
2 Nr.
1 SGB III auch für den Zeitraum der erneuten Beschäftigungslosigkeit ab 24. Juni 2017 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestanden.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauen berufen. Sie hat zwar bei Beantragung des Arbeitslosengeldes keine unrichtigen
oder unvollständigen Angaben im Sinne des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X gemacht. Ihr war aber die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Aufgrund
der deutlichen Hinweise im Merkblatt und des Hinweises im ersten Bewilligungsbescheid vom 15. Juni 2017 muss die Klägerin
gewusst habe, dass sie aufgrund der Beschäftigungsaufnahme keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Ebenso ist davon auszugehen,
dass die Klägerin wusste, dass man sich nach einer Beschäftigungsaufnahme bei einer erneuten Arbeitslosigkeit auch erneut
arbeitslos melden muss. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dem Jobcenter die Beschäftigungsaufnahme mitgeteilt
zu haben, da es sich um eine andere Behörde handelt. Hierauf war sie im Merkblatt 1 für Arbeitslose ausdrücklich hingewiesen
worden.
Ermessen war vorliegend nach §
330 Abs.
2 SGB III nicht auszuüben, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlagen.
Der Erstattungsbescheid vom 25. September 2017 über die Erstattung des Arbeitslosengeldes ist nach § 50 SGB X ebenfalls rechtmäßig. Es ist auch kein Raum für eine Rückabwicklung nach den Vorschriften über die Erstattungsansprüche der
Leistungsträger untereinander. Die Voraussetzungen liegen nicht vor. Dies gilt schon deshalb, weil Erstattungsansprüche nach
§§ 102 ff. SGB X nur bestehen können, soweit die ursprüngliche Sozialleistung rechtmäßig erbracht wurde (BSG, Urteil vom 27. August 1987 - 2 RU 49/86, BSGE 62, 118; Böttiger in: die Diering/Timme, SGB X, 4. Aufl. 2016, vor §§ 102 bis 114 Rn. 24 m.w.N.), was vorliegend gerade nicht der Fall war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt das Teilanerkenntnis der Beklagten.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.