Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.
Die Klägerin schloss am 21. Juni 2014 mit der D. GmbH (im Folgenden: D.) einen Anstellungsvertrag, wonach sie mit Wirkung
vom 10. Juni 2014 als Geschäftsführerin tätig sein sollte. Die Klägerin ließ sich in der Folgezeit jedoch nicht als Geschäftsführerin
in das Handelsregister eintragen. Am 16. Oktober 2014 vereinbarte die Klägerin mit ihrer Arbeitgeberin einen Abwicklungsvertrag.
Nach § 1 des Abwicklungsvertrages endete der Geschäftsführerdienstvertrag aufgrund der Kündigung durch die Klägerin vom 16.
September 2014 mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2014. Mit Wirkung zum 31. Oktober 2014 werde die Klägerin unter Anrechnung
etwaiger Urlaubsansprüche unwiderruflich freigestellt, §
615 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) bleibe hiervon unberührt. In der Zeit zwischen dem Freistellungs- und dem Beendigungszeitpunkt stehe die Klägerin der Gesellschaft
auch telefonisch und in wenigen Einzelfällen, unter Beachtung etwaiger Urlaubsabwesenheit der Klägerin auch für Besprechungen
zur Verfügung, wenn das aus Sicht der Gesellschaft erforderlich sein sollte; ein etwaiger Zeitaufwand hierfür sei mit dem
Gehalt abgegolten. Weiter heißt es, dass die Klägerin zum Freistellungszeitpunkt den ihr überlassenen Firmenwagen nebst sämtlichen
Schlüsseln und Fahrzeugpapieren unverzüglich an die Gesellschaft im ordnungsgemäßen Zustand zurückgebe. Gleiches gelte entsprechend
für das Firmenhandy.
Die Klägerin meldete sich am 2. Dezember 2014 arbeitslos. Sie habe wegen der finanziellen Situation ihrer Arbeitgeberin und
dem Haftungsrisiko als alleinige Geschäftsführerin einen Abwicklungsvertrag geschlossen. Sie habe sich aus diesen Gründen
nicht als Geschäftsführerin im Handelsregister eintragen lassen. Kurze Zeit nach ihrem Start bei D. habe sie - nach Analyse
der Geschäftsberichte und Gesprächen mit ihrem Vorgänger und der Steuerberaterin - leider feststellen müssen, dass das Unternehmen
in einer finanziell sehr problematischen Situation gewesen sei, so dass sie aufgrund der Haftungsrisiken einen Eintrag als
Geschäftsführerin in das Handelsregister habe ablehnen müssen. Die Firma habe den Geschäftsführervertrag aufgrund der Nichteintragung
ins Handelsregister jederzeit kündigen können und habe eine frühestmögliche Aufhebung des Vertrags gewollt. Sie hätten sich
dann auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrags zum 31. Dezember 2014 verständigt.
D. teilte in der Arbeitgeberbescheinigung mit, dass keine Kündigung seitens der Arbeitgeberin beabsichtigt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2014 stellte die Beklagte eine Sperrzeit für die Zeit vom 1. Januar bis 25. März 2015 fest.
Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ein wichtiger Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrags habe
nicht vorgelegen. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich um 84 Tage. Mit Bescheid
vom gleichen Tag bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld mit Anspruchsbeginn ab 1. Januar 2015 für 240 Tage
in Höhe von kalendertäglich 58,69 Euro. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 25. März 2015 werde wegen der Sperrzeit kein Arbeitslosengeld
gezahlt.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses habe sie festgestellt, dass die
Gesellschaft hohe finanzielle Außenstände gehabt habe und keine Gewinn- und Verlustabführungsverträge mit der Muttergesellschaft
in F. bestanden hätten. Auf Nachfrage seien auch keine konkreten Vorstellungen bekanntgegeben worden, wie künftig mit diesen
Gegebenheiten umzugehen sei. Im Gegenteil habe die Klägerin davon ausgehen müssen, dass eine Insolvenz des Unternehmens bzw.
zumindest die Einlegung eines Insolvenzantrages innerhalb von wenigen Monaten im Raum gestanden habe. Ansonsten hätte die
Klägerin ebenfalls das Risiko einer strafrechtlichen Verantwortung wegen Insolvenzverschleppung oder dergleichen in Betracht
ziehen müssen. Die Klägerin habe daher einer Eintragung als Geschäftsführerin im Handelsregister ausdrücklich widersprochen.
Das Risiko als eingetragene Geschäftsführerin sowohl gegenüber potentiellen Gläubigern mit ihrem Privatvermögen zu haften,
und auch das Risiko einer strafrechtlichen Verantwortung seien aufgrund der vorgefundenen Sachlage zu hoch gewesen. Die Gesellschaft
hätte den Dienstvertrag jederzeit kündigen können und die Klägerin hätte sich dagegen nicht wehren können. Zudem hätte ihrer
Auffassung nach die Sperrzeit bereits mit dem sperrzeitbegründenden Ereignis des Eintritts der Beschäftigungslosigkeit beginnen
müssen, wobei der leistungsrechtliche Begriff des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend sei. Eine etwaige Sperrzeit hätte
somit bereits mit unwiderruflicher Freistellung am 31. Oktober 2014 begonnen und wäre bereits am 24. Januar 2015 abgelaufen
gewesen. Jedenfalls sei eine Sperrzeit von 12 Wochen unbillig und ermessensfehlerhaft. Die Kündigungsfrist habe 3 Monate zum
Monatsende betragen, so dass davon auszugehen sei, dass ohne den Abwicklungsvertrag eine unvermeidbare Kündigung des Arbeitgebers
erfolgt wäre, die innerhalb von 12 Wochen auch zur Beendigung geführt hätte. Es stelle aber auch eine unbillige Härte dar,
wenn gegen die Klägerin eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt werde. Im Rahmen der Interessenabwägung müssten der Umstand
der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit eines Dienstvertrags und die Haftungsrisiken der Klägerin in finanzieller und strafrechtlicher
Weise berücksichtigt werden. Für den Fall, dass überhaupt eine Sperrzeit hätte verhängt werden sollen, wäre diese maximal
auf 6 Wochen anzusetzen und damit bereits am 31. Dezember 2014 abgelaufen gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe keinen wichtigen
Grund gehabt, das Beschäftigungsverhältnis zu lösen. Es wäre der Klägerin zumutbar gewesen, das Dienstverhältnis bis zu einer
Kündigung durch die Gesellschaft fortzuführen. Die Arbeitgeberin habe mitgeteilt, dass eine Kündigung durch sie nicht erfolgt
wäre. Eine Sperrzeit von 12 Wochen bedeute insbesondere keine besondere Härte. Dabei dürften persönliche und wirtschaftliche
Verhältnisse nicht berücksichtigt werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. März 2015 Klage erhoben. Die Sperrzeit vom 1. Januar 2015 bis zum 25. März 2015 sei bereits
deswegen unberechtigt, weil die Klägerin in der Zeit ab dem 1. November 2014 unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt
worden sei. Aus dem Aufhebungsvertrag gehe eindeutig hervor, dass Abwesenheiten von der Klägerin zu berücksichtigen seien.
Zudem hätte die Klägerin Geschäftsführerin werden sollen, da wäre es üblich, für Rückfragen des Arbeitgebers zur Verfügung
zu stehen. Die Klägerin habe von November bis Dezember 2014 an keinen Besprechungen teilgenommen und lediglich auf ein oder
zwei E-Mail-Anfragen geantwortet. Handy und Firmenwagen sowie die weiteren Firmenunterlagen herausgegeben. Die Klägerin hätte
auch jede andere Vollzeitbeschäftigung in diesem Zeitraum bereits aufnehmen können. Dies bestätige sich auch durch die Verrechnung
mit Urlaubstagen, die nur bei einer unwiderruflichen Freistellung möglich sei. Bevor die Klägerin im Juni 2014 den Geschäftsführervertrag
bei D. unterzeichnet habe, habe sie im Bundesanzeiger die veröffentlichten Geschäftsberichte eingesehen. Im Geschäftsbericht
für das Jahr 2012 seien jährliche Fehlbeträge für die Jahre 2010, 2011 und 2012 in Höhe von rund einer halben Million ausgewiesen
gewesen. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass diese Verluste durch eine Patronatserklärung der f. Muttergesellschaft abgedeckt
gewesen seien und das negative Ergebnis der deutschen Gesellschaft bewusst von der f. Zentrale gewollt gewesen sei bzw. sich
dieses in den Jahren 2013/2014 auch schon positiv verändert habe. Nach ihrem Start bei der Firma habe die Klägerin jedoch
die Information erhalten, dass das Ergebnis der Gesellschaft jedes Jahr seit ca. 7 Jahren negativ gewesen sei und kumuliert
ein Fehlbetrag in Höhe von ca. 5,5 Mio Euro aufgelaufen sei, der durch ein Darlehen der Zentrale in Höhe von 2,7 Mio Euro
nicht mehr ausreichend gedeckt gewesen sei. Die Klägerin habe das Thema mehrfach in F. angesprochen, sei aber immer wieder
vertröstet worden. Auch die Intervention des damals noch amtierenden Geschäftsführers D1 habe keine zufriedenstellende Lösung
gebracht. Auch für die f. Gesellschaft sei offensichtlich zum Arbeitsbeginn der Klägerin noch kein neuer Geschäftsführer eingetragen
gewesen. Unter diesen Umständen habe sich die Klägerin nicht als Geschäftsführerin eintragen lassen wollen. Die Haftungsrisiken
durch eine Eintragung und damit auch Bestellung als Geschäftsführerin für diese Gesellschaft habe sie nicht eingehen wollen.
Sie habe auch eine strafrechtliche Verantwortung gefürchtet, wenn sie nicht unmittelbar einen Antrag auf Insolvenzeröffnung
gestellt hätte. In der Zeit sei dann auch noch das Car Leasing für den bestellten Firmenwagen der Klägerin geplatzt, weil
aufgrund der schlechten Geschäftsberichte keine ausreichende Finanzierung habe gewährleistet werden können. Es sei davon auszugehen,
dass die Firma das Dienstverhältnis auch ohne den Aufhebungsvertrag ordentlich gekündigt hätte. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf solche Verträge keine Anwendung. Der Klägerin habe daher jederzeit eine ordentliche Kündigung gedroht, da sie sich
nicht zur Geschäftsführerin habe bestellen lassen. Nach dem Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung sei ihr Interesse, durch
einen Abwicklungsvertrag wenigstens den Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung zu vermeiden, im Rahmen der Prüfung
des wichtigen Grundes als schützenwert anzusehen. Es sei der Klägerin nicht zumutbar gewesen, sich trotz der bestehenden Probleme
als Geschäftsführerin eintragen zu lassen. Zumindest müsse aber der Umstand, dass die Klägerin aus einem wichtigen Grund,
nämlich der Vermeidung von persönlichen Haftungen für finanzielle Probleme der Gesellschaft und zur Vermeidung von strafrechtlich
möglicher Verantwortung, den Abwicklungsvertrag geschlossen habe, dazu führen, dass eine Sperrzeit von 12 Wochen unbillig
und ermessensfehlerhaft sei.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass der Abwicklungsvertrag zwar in § 1 zunächst die Vereinbarung über die unwiderrufliche
Freistellung mit Wirkung vom 31. Oktober 2014 enthalte, diese Regelung sei jedoch durch den nachfolgenden Passus über die
Verfügbarkeit der Klägerin für bestimmte Aufgaben in der Gesellschaft, soweit aus Sicht des Arbeitgebers erforderlich, relativiert.
Es handele sich damit nicht um eine unwiderrufliche und uneingeschränkte Freistellung. Einen etwaigen wichtigen Grund habe
die Klägerin nach §
159 Abs.
1 Satz 3 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) nicht nur dazulegen, sondern auch nachzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. September 2017 den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2014 und den Widerspruchsbescheid
vom 16. Februar 2015 dahingehend abgeändert, dass ab 1. November 2014 eine Sperrzeit von 6 Wochen eingetreten sei und die
weitergehende Klage abgewiesen. Die eingetretene Sperrzeit beginne nicht, wie in den angefochtenen Bescheiden festgestellt,
am 1. Januar 2015, sondern am 1. November 2014. Nach §
159 Abs.
2 Satz 1 erster Halbsatz
SGB III beginne die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründe. Bei Sperrzeiten nach §
159 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB III (Arbeitsaufgabe) sei das Ereignis, das die Sperrzeit begründe, der Beginn der Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen
Sinn. Die Beschäftigungslosigkeit der Klägerin habe mit dem 1. November 2014 begonnen, weil sie ab diesem Zeitpunkt unwiderruflich
von der Arbeitspflicht freigestellt worden sei. Die Formulierung in § 1 Abs. 1 am Ende des Abwicklungsvertrages begründe keine
Arbeitspflicht, sondern allenfalls eine nachgehende Wohlverhaltenspflicht. Tatsächlich sei die Klägerin für die ehemalige
Arbeitgeberin dienstlich nicht mehr zu erreichen gewesen, weil sie mit Beginn der Freistellungsphase ihr dienstliches Mobiltelefon
abzugeben gehabt habe (§ 1 Abs. 3 Abwicklungsvertrag). Im Übrigen ergebe sich die Unwiderruflichkeit der Freistellung aus
der Anrechnung von Urlaubsansprüchen (§ 1 Abs. 1 Abwicklungsvertrag). Die Dauer der Sperrzeit sei nach §
159 Abs.
3 Nr.
2 b)
SGB III auf sechs Wochen zu verkürzen, weil eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die Klägerin nach den für den Eintritt der Sperrzeit
maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Zur Überzeugung der Kammer wäre eine zwölfwöchige Sperrzeit aufgrund
der Besonderheiten des Einzelfalles für die Klägerin besonders hart, weil sie in unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen
wirtschaftlichen Situation bei D. subjektiv nachvollziehbar in die erhebliche Gefahr einer persönlichen Haftungssituation
durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag geraten gewesen sei. Nach der persönlichen Anhörung der Klägerin im Termin am
27. September 2017 halte es die Kammer für glaubhaft, dass die Klägerin subjektiv von einem erheblichen Risiko der persönlichen
Haftung mit ihrem Privatvermögen ausgegangen sei sowie die Gefahr strafrechtlicher Konsequenzen (Insolvenzverschleppung) für
sich angenommen habe. In dieser Situation sei aus ihrer Sicht, um Schaden von sich abzuwenden, nur die Eigenkündigung geblieben.
Dieser subjektiven Zwangslage sei bei der Dauer der Sperrzeit Rechnung zu tragen. Die weitergehende Klage sei nicht begründet.
Nach Ansicht der Kammer habe der Klägerin für ihre Eigenkündigung objektiv kein wichtiger Grund zur Seite gestanden, denn
tatsächlich sei bis heute keine Insolvenz bei D. eingetreten, und ihr gegenüber sei im Hinblick auf die Eintragung als Geschäftsführerin
eine erstaunliche Geduld bewiesen worden. Nach dem Anstellungsvertrag habe die Klägerin bereits ab 10. Juni 2014 als Geschäftsführerin
fungieren sollen und sei bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2014 bei einem Monatsgehalt von rund
11.000 Euro nicht eingetragen gewesen.
Gegen das ihr am 28. November 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. Dezember 2017 Berufung eingelegt. Sie folge
der Ansicht des Sozialgerichts weder hinsichtlich des geänderten Sperrzeitbeginns noch der geänderten Dauer. Die Regelung
in § 1 Abs. 1 des Abwicklungsvertrages schließe nach Auffassung der Beklagten die Annahme aus, dass die Klägerin während der
Freistellung beschäftigungslos im Sinne des Leistungsrechts gewesen sei. Die Verfügungsgewalt der ehemaligen Arbeitgeberin
sei bis zum 31. Dezember 2014 lediglich für den Fall einer Urlaubsabwesenheit der Klägerin eingeschränkt gewesen. Dass es
sich nicht nur um die Vereinbarung einer Wohlverhaltenspflicht gehandelt habe, werde auch daran deutlich, dass sich die Klägerin
mit der Vereinbarung zu grundsätzlich Entgeltansprüchen auslösenden Leistungen verpflichtet habe, die allerdings "mit dem
Gehalt abgegolten" sein sollten. Außerdem habe keine besondere Härte vorgelegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
führe eine irrige Bewertung der tatsächlich richtig erkannten Umstände als wichtiger Grund nur dann im Einzelfall zur Annahme
einer besonderen Härte, wenn der Irrtum unverschuldet, d.h. für den Arbeitslosen nicht vermeidbar gewesen sei. Bei schwierig
zu beurteilenden Fragen setze das Handeln des Arbeitslosen die Einholung einer konkreten Auskunft von einer mit der jeweiligen
Frage vertrauten Stelle voraus.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin erwidert, dass es im vorliegenden Fall nicht darum gehe, dass sich die Klägerin als Anspruchsinhaberin eigennützig
zu Lasten der Versichertengemeinschaft einen Vorteil durch Arbeitsaufgabe habe verschaffen wollen, sondern dass die mit der
Beschäftigung verbundenen handels- und gesellschaftlichen Risiken für sie nicht tragbar gewesen seien. Eine Beschäftigung
als Arbeitnehmerin ohne die Risiken aus ihrer Organstellung hätte die Klägerin natürlich fortgesetzt. Dass sie über die mit
der Übernahme der Organfunktion verbundenen handelsrechtlichen Risiken im Unklaren gelassen worden sei, möge eine subjektive
Erwägung gewesen sein, die jedoch objektiv nicht sachfremd sei. Unerheblich sei, dass die Gesellschaft heute noch bestehe
und sich die damals für die Klägerin verifizierbare Notlage des Unternehmens im Nachhinein nicht zu einer Liquidation/Insolvenz
geführt habe, denn das würde der Klägerin ein unzumutbares Prognoserisiko für die zukünftige Unternehmensentwicklung aufbürden.
Die Klägerin sei mit der Freistellung vollständig vom Geschäftsbetrieb des Arbeitgebers abgeschottet worden und ein Kontakt
habe nur noch über die privaten Kontaktdaten hergestellt werden können.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift
vom 29. August 2018 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Verwaltungsakte.
Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt nach §
159 Abs.
3 Satz 1
SGB III grundsätzlich zwölf Wochen. Sie verkürzt sich nach Satz 2 Nr. 2 b) auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen
für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
Eine besondere Härte liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die Regeldauer im Hinblick
auf die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (BSG, Urteil vom 26. März 1998 - B 11 AL 49/97 R, SozR 3-4100 § 119 Nr. 14, juris). Maßgebende Tatsachen sind nur solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen
Zusammenhang stehen. Die Sperrzeit begründende Tatsache war der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses
der Aufhebungsvereinbarung war die Klägerin außerordentlich kündbar, da sie sich weigerte, sich als Geschäftsführerin eintragen
zu lassen und damit ihrer eigentlichen Dienstpflicht nachzukommen. Zu beurteilen ist daher insbesondere, ob die von der Klägerin
angeführten Gründe für ihre Weigerung, sich als Geschäftsführerin eintragen zu lassen, nachvollziehbar und gerechtfertigt
sind. Die Klägerin trägt vor, dass ihr vor Abschluss des Geschäftsführervertrags zwar bekannt gewesen sei, dass sich die deutsche
Niederlassung der Firma D. in einer wirtschaftlich schlechten Lage befunden haben könnte, sie sei aber davon ausgegangen,
dass eine Patronatserklärung des Mutterkonzerns vorliegen würde. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
noch einmal glaubhaft geschildert, dass sie eine persönliche Haftung als Geschäftsführerin befürchtet und auch keine Grundlage
mehr für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit in der Firma gesehen habe. Der Geschäftsführer einer GmbH kann
tatsächlich persönlich haftbar gegenüber der GmbH sein, wenn er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder einer festgestellten
Überschuldung noch Zahlungen leistet (vgl. § 64 GmbHG). Ebenso kann sich ein Geschäftsführer im Falle einer Insolvenzverschleppung strafbar machen. Es ist nach Auffassung des
Senats durchaus nachvollziehbar, dass die Klägerin ein solches erhöhtes Haftungsrisiko gescheut hat und nicht leichtfertig
ihren Dienstvertrag aufgegeben hat. Dabei war insbesondere auch zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin wiederholt bemühte,
eine interne Lösung mit dem f. Mutterkonzern herbeizuführen und von dort keine Unterstützung erhielt.