Übernahme der Kosten für die Erneuerung eines (Reise-)Passes
Beihilfe zu Passbeschaffungskosten
Unabweisbarkeit des Bedarfs
Ausstellung eines Ausweisersatzes
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) die Kosten für die Erneuerung des (Reise-)Passes des Klägers zu übernehmen hat.
Der 1951 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Bosnien-Herzegowina und im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels.
Er bezieht seit Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zuletzt vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt bewilligte der Beklagte dem Kläger die SGB II-Leistungen durch Änderungsbescheid vom 5. August 2013 für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2013 in monatlicher Höhe
von 714,97 € und berücksichtigte dabei den Regelbedarf mit 382 € sowie die Bedarfe für Unterkunft und Heizung mit 332,97 €.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er benötige ein Darlehen in Höhe von 180 € für die
Verlängerung seines "Passport" und gab an, das Ausweisdokument laufe am 29. Oktober 2013 ab. Die Mittel für die Erneuerung
könne er nicht aufbringen, so dass ein unabweisbarer Bedarf vorliege. Insoweit bitte er um Gewährung eines kurzfristigen Darlehens.
Er legte seinen Reisepass, ausgestellt von dem Generalkonsulat des Staates Bosnien-Herzegowina in Stuttgart am 21. Oktober
2008 vor.
Durch Bescheid vom 22. Oktober 2013 lehnte der Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, die von dem Kläger beantragte
Sonderleistung sei durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt und stelle keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes
dar.
Mit Schreiben vom 15. November 2013, das bei dem Beklagten am 18. November 2013 eingegangen ist und welches dieser als Widerspruch
gegen den vorgenannten Bescheid wertete, trug der Kläger vor, sein besonderer Bedarf bestehe aus den Passgebühren in Höhe
von 130 €, der Ausländeramtsgebühr in Höhe von 60 € sowie den Fahrkosten nach F-Stadt und zurück. In F-Stadt angekommen habe
er noch 1 Stunde Busfahrt bis zu seinem Geburtsort D-Stadt, um sich dort persönlich die erforderlichen Dokumente ausstellen
zu lassen (Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsbescheinigung). Ohne diese Dokumente könne die bosnische Behörde in A-Stadt
keinen Passport ausstellen. Ein Ersatzpassport werde weder bei der CZ. AG noch bei der E. Bank akzeptiert. Mit dem Ersatzdokument
könne er kein Geld ausgezahlt erhalten und ein Ausweisersatz berechtige auch nicht zum Grenzübertritt. Dieser besondere Bedarf
sei nicht ein einmaliger Bedarf, sondern trete mit Ablauf der Gültigkeit des Passes in längeren Intervallen immer wieder auf.
Auch sei er nach dem AufenthG verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen.
Am 18. November 2013 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und ergänzend vorgetragen, auch
der Beklagte verlange für eine Barauszahlung die Vorlage eines gültigen Ausweispapiers. Sein Passport werde stets nur zeitlich
befristet ausgestellt, längstens für 10 Jahre. Er habe in sein Heimatland fahren müssen, um die für die Ausstellung eines
gültigen Passes notwendigen Dokumente zu besorgen. Hierfür habe er 2400 km zurücklegen müssen. Werde der Kilometer mit 0,20
€ angesetzt, so seien ihm Fahrkosten in Höhe von 480 € entstanden. Hinzu kämen die Gebühren für die Ausstellung des Ausweispapiers
in Höhe von 130 €. Sein Bedarf bestehe daher in Höhe von 610 € und sei nicht abweisbar. Mittlerweile habe er seinen Pass erneuert
und sei deswegen seinem Vermieter 2 Monatsmieten schuldig geblieben. Der Vermieter habe ihm gekündigt. Er habe indes ab 1.
Mai 2014 eine andere Unterkunft gefunden. Obwohl er die Wohnung selbst geräumt habe, habe der Vermieter Zwangsräumung beantragt.
Die Kosten der Zwangsräumung habe auch der Beklagte zu tragen. Er habe bei dem Beklagten die Gewährung eines Darlehens beantragt.
Dieses habe der Beklagte abgelehnt. Tatsächlich sei ihm indes ein Zuschuss/eine Beihilfe zu gewähren.
Der Beklagte hat hierauf erwidert, der Vortrag des Klägers, wonach bei dem Beklagten für Barauszahlungen zwingend die Vorlage
eines Reisepasses/Personalausweises notwendig sei, treffe nicht zu. Bei Barauszahlungen sähen die kassenrechtlichen Bestimmungen
vielmehr vor, dass sich der Leistungsbezieher mit einem mit Lichtbild versehenen Ausweisdokument ausweisen müsse - etwa Führerschein,
G-Pass etc. In Ausnahmefällen bestünde zudem noch die Möglichkeit der Identitätsfeststellung durch den Vermerk "persönlich
bekannt".
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2013 hat der Beklagte im Laufe des Klageverfahrens den Widerspruch des Klägers gegen
den Bescheid vom 22. Oktober 2013 zurückgewiesen mit der Begründung, die Gebühren für die Verlängerung des Passes seien nicht
von der Regelleistung umfasst und daher sei die Gewährung eines Darlehens im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II zu Recht abgelehnt worden. Gleichfalls sei die Gewährung eines Zuschusses nicht möglich, da keiner der in § 24 Abs. 3 SGB II normierten Sachverhalte vorliege.
Die Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 22. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2013 aufzuheben
und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Erneuerung eines Reisepasses im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem
SGB II in Höhe von 610 € zu übernehmen, hilfsweise dem Kläger die mit der Zwangsräumung entstandenen Kosten in Höhe von 800 € zu
erstatten, hat das Sozialgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2015 als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Die zulässige Klage ist jedoch in der Sache unbegründet. Der Bescheid vom 22. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. Dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Im Ergebnis zu Recht hat der Beklagte
die vom Kläger geltend gemachten Passverlängerungskosten weder in Form eines Zuschusses übernommen noch ihm hierfür ein Darlehen
gewährt. Denn der Kläger hat im Zusammenhang mit der Verlängerung seines Reisepasses im Rahmen der Leistungsgewährung nach
dem SGB II keinerlei Ansprüche gegen den Beklagten. Auch ist der Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Kosten zu erstatten, die dieser
wegen der Zwangsräumung seiner Wohnung geltend macht.
Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II erbringt die Agentur für Arbeit - und im vorliegenden Fall der Beklagte im Rahmen seiner Zuständigkeit nach dem SGB II - bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten
ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasster und nach
den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann.
Voraussetzungen dieser Anspruchsnorm sind zum einen der Umstand, dass der geltend gemachte Bedarf vom Regelbedarf umfasst
wird, im konkreten Fall weder durch das Vermögen noch auf andere Weise (etwa durch die Bildung von Ansparrücklagen) gedeckt
werden kann und dieser Bedarf den Umständen nach unabweisbar ist (vgl. Blüggel in Eicher SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende Kommentar 3. Auflage 2013 § 24 Rn. 23).
Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert nach Auffassung der Kammer bereits daran, dass es sich im Hinblick auf die von dem
Kläger geltend gemachten Kosten/Gebühren für die Erneuerung seines Reisepasses nicht um einen von dem Regelbedarf umfassten
Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes handelt. Denn anders als Deutsche, für die insoweit ein Personalausweis ausreicht,
sind Menschen aus Ländern außerhalb der EU nach § 3 AufenthG verpflichtet, einen gültigen Pass zu besitzen, um sich legal in Deutschland aufzuhalten (vgl. oben). Schon diese Besonderheit
schließt es aus, dass ein solcher Bedarf in die Ermittlung des Regelbedarfs betreffend das soziokulturelle Existenzminimum
Eingang zu finden hat. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ein auf die Deckung von Reisepasskosten gerichteter Bedarf
bei der Ermittlung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben (Sonderauswertungen zur Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
- EVS) berücksichtigt worden ist (s. hierzu Saitzek in Eicher SGB II a.a.O. § 20 Rn. 30 ff., 36/37).
Zudem hat der Kläger selbst vorgetragen, seinen Reisepass zwischenzeitlich tatsächlich erneuert zu haben, so dass ein seinerzeit
vorhanden gewesener Bedarf nunmehr ohnehin gedeckt ist, ohne dass es noch der Gewährung eines Darlehens bedürfte.
Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf die Übernahme der Passverlängerungskosten als Zuschuss.
Zwar wird nach § 21 Abs. 6 bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender,
nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (S. 1). Dieser Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch
Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner
Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (S. 2).
Bei den Passverlängerungskosten handelt es sich aber schon nicht um einen "laufenden Bedarf". Denn hierbei muss es sich um
einen regelmäßig wiederkehrenden, dauerhaften, längerfristigen Bedarf handeln. Dabei ist für die Beurteilung der Regelmäßigkeit
nach der Gesetzesbegründung auf den Bewilligungszeitraum abzustellen (vgl. BT-Drucks. 17/1465, S. 9; S. Knickrehm/Hahn in
Eicher a.a.O. § 21 Rn. 67/68). Mit "Bewilligungszeitraum" in diesem Sinne ist offenbar der Regelbewilligungszeitraum des §
41 Abs. 1 S. 4 SGB II von 6 Monaten gemeint. Folglich handelt es sich um einen laufenden Bedarf dann, wenn er innerhalb der 6 Monate nicht nur
einmalig, sondern mehrfach auftritt und kann ein regelmäßig wiederkehrender Bedarf wohl auch nur vorliegen, wenn er prognostisch
zumindest im nächsten Bewilligungszeitraum wieder entsteht (vgl. S. Knickrehm/Hahn a.a.O.). Die Eigenschaft eines laufenden
Bedarfs kann dem lediglich in Abständen von mehreren Jahren auftretenden Erfordernis einer Passverlängerung somit zweifellos
nicht zugeschrieben werden. Dies gilt insbesondere insoweit der Kläger selbst vorgetragen hat, dass sein Reisepass längstens
für die Dauer von 10 Jahren ausgestellt werden könne (Schreiben vom 19. Februar 2015).
Endlich ergibt sich ein Anspruch auf Übernahme der Passverlängerungskosten auch nicht aus § 73 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII), weshalb die Beiladung des Sozialhilfeträgers zu unterbleiben hatte. Nach der genannten Vorschrift können Leistungen auch
in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen (§ 73 S. 1 SGB XII). Geldleistungen können als Beihilfe oder Darlehen erbracht werden (S. 2). Ein diesbezüglicher Anspruch scheidet schon deshalb
aus, weil diese Vorschrift das Vorliegen einer sonstigen Lebenslage voraussetzt, die eine gewisse Nähe zu den speziell in
§§ 47-74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Daran fehlt es aber bereits bei einer typischen Bedarfslage, die bei einer regelmäßig erforderlichen
Passverlängerung entsteht. Gegen die Atypik/das Außergewöhnliche der vom Kläger insoweit geltend gemachten Bedarfslage spricht
schon der Umstand, dass Passverlängerungskosten allenfalls im Turnus von 5-10 Jahren entstehen und freilich von dem Betreffenden
vorauszusehen sind. Damit sind derartige Kosten auch mit geringfügigen Rücklagen finanzier- und kalkulierbar. Abgesehen davon
kommt dem § 73 SGB XII nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht die Funktion einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger nach dem SGB II zu (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 7. November 2011, Az.: B 7b AS 14/06 R).
Auch hat der Kläger freilich keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der von ihm geltend gemachten Kosten einer
Zwangsräumung (in Höhe von 800 €). Abgesehen davon, dass es sich insoweit nicht um Unterkunftskosten im Sinne des § 22 SGB II handelt - denn diesem Begriff unterfallen nur solche Kosten, die für eine zu Wohnzwecken tatsächlich genutzte Unterkunft
entstehen (vgl. Luik in Eicher a.a.O. § 22 Rn.44) - ist schon nicht ersichtlich, dass die Gründe für die Zwangsräumung überhaupt
in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen. Insoweit weist die Kammer insbesondere darauf hin, dass der Kläger noch
im Zeitpunkt seiner Erstantragstellung am 16. Oktober 2013 die Möglichkeit hatte, sein Ausweisdokument bei einer Ausländerbehörde
im Inland verlängern/erneuern zu lassen. Auf diese Weise würden sich die diesbezüglich aufzubringenden Aufwendungen erheblich
reduziert haben (kein Erfordernis einer Auslandsreise) und der Kläger jedenfalls nicht gezwungen gewesen sein, hierfür finanzielle
Mittel einzusetzen, die für die Entrichtung des Mietzinses vorgesehen waren. Denn ausgehend von dem Ablaufdatum des Ausweisdokumentes
am 29. Oktober 2013 war es dem Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung noch möglich, die Passerneuerung/Passverlängerung im
Inland vorzunehmen. Die vom Kläger in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: S 16 AS 1519/13 ER) vorgelegten Kopien bestätigen dies (Ausstellung des Ausweisdokumentes durch das Generalkonsulat von Bosnien und Herzegowina
in Stuttgart)".
Gegen das ihm am 20. Januar 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Februar 2016 Berufung zu dem Hessischen Landessozialgericht
in Darmstadt eingelegt, die er damit begründet, das Generalkonsulat seines Heimatstaates in A-Stadt habe, nachdem die Gültigkeit
seines Reisepasses am 29. Oktober 2013 abgelaufen war, aufgrund geänderter Bestimmungen einen neuen biometrischen Reisepass
nur aufgrund einer aktuellen Geburtsurkunde und Staatsangehörigkeitsbescheinigung ausstellen können, die er sich persönlich
in seinem Heimatstaat habe beschaffen müssen. Hierzu hat er eine Bescheinigung des Generalkonsulats von Bosnien und Herzegowina
vom 25. Februar 2016 vorgelegt, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 153 Gerichtsakte). Daher seien ihm die Passerneuerungskosten,
die er nunmehr mit 845 € beziffert, als Darlehen, hilfsweise als Zuschuss, zu gewähren. Den erstinstanzlich hilfsweise geltend
gemachten Anspruch auf Ersatz der durch die Zwangsräumung seiner Wohnung entstandenen Kosten i. H. v. 800 € verfolgt der Kläger
im Berufungsverfahren ausdrücklich nicht weiter, weil er insoweit die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für begründet
hält.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines
Bescheides vom 22. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2013 zu verurteilen, an ihn die Kosten
für die Erneuerung seines Reispasses in Höhe von 845 € als Darlehen, hilfsweise als Zuschuss bzw. Beihilfe, zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil, auf dessen Begründung er Bezug nimmt.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und
eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher angehört worden (§
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2013 in seiner ursprünglichen Fassung, mit dem der Beklagte die Bewilligung
des zunächst beantragten Darlehens in Höhe von 180 € für die Verlängerung des zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen
Reisepasses abgelehnt hatte, hat sich noch im laufenden Widerspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt, weil sich der Kläger
inzwischen auf eigene Kosten einen neuen Reisepass hatte ausstellen lassen und nunmehr die hierfür entstandenen höheren Kosten
geltend machte, die der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2013 ebenfalls ablehnte.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Klage auf Bewilligung eines Darlehens, hilfsweise einer Beihilfe bzw.
eines Zuschusses, für die vom Kläger aufgewandten Kosten zur Erneuerung seines Reisepasses in Höhe von 845 €, die auch die
Reisekosten in den Herkunftsstaat beinhalten, wobei es sich hinsichtlich der Überschreitung des erstinstanzlich eingeklagten
Betrages in Höhe von 610 € um eine zulässige Klageerweiterung ohne Änderung des Klagegrundes nach §§
153 Abs.
1,
99 Abs.
3 Nr.
2 SGG handelt, die einer Beschlussentscheidung nicht entgegensteht, weil sich der Streitgegenstand hierdurch nicht wesentlich verändert
hat (siehe: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Komm., 11. Aufl. 2014, §
153 Rn. 15b m.w.N.).
Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 7. August 2016 im Berufungsverfahren ausdrücklich sein Klagebegehren auf die Bewilligung
eines Darlehens, hilfsweise einer "Beihilfe", in Höhe von 845 € begrenzt und den erstinstanzlich hilfsweise eingeklagten Anspruch
auf Erstattung der durch die Zwangsräumung seiner Wohnung entstandenen Kosten in Höhe von 800 € fallen gelassen hat, ist das
angegriffene Urteil des Sozialgerichts, das über den hilfsweise eingeklagten Schadensersatzanspruch (auch als sachlich unzuständiges
Gericht) mit entschieden hat, insoweit rechtskräftig geworden.
Damit besteht auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides
vom 22. Oktober 2013 in seiner ursprünglichen Fassung, denn insoweit besteht weder eine hinreichend bestimmte konkrete Wiederholungsgefahr,
schon weil der 1951 geborene Kläger spätestens mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze aus dem SGB II-Leistungsbezug ausscheiden wird, noch kommt ernsthaft eine Schadensersatzklage wegen Amtspflichtverletzung in Betracht, weil
diese schon deshalb offenkundig aussichtslos wäre, weil das Sozialgericht bereits rechtskräftig einen Schadensersatzanspruch
mangels Verletzung einer Amtspflicht abgelehnt hat (siehe hierzu: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Komm., 11. Aufl. 2014, §
131 Rn. 10 f m.w.N.). Demzufolge war der anwaltlich nicht vertretene Kläger auch nicht auf die abstrakt bestehende Möglichkeit
einer Fortsetzungsfeststellungsklage bezüglich des schon im Widerspruchsverfahren erledigten ursprünglich abgelehnten Begehrens
auf Bewilligung eines Darlehens i. H. v. 180 € hinzuweisen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich unbegründet.
Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil dem Kläger der eingeklagte Anspruch
weder als Darlehen noch als Beihilfe oder Zuschuss zusteht.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II lagen zu keinem Zeitpunkt vor und sind - nachdem der Kläger einen Reisepass mit eigenen Mitteln beschafft hat - auch aus
diesem Grunde nicht mehr gegeben, weil sich hierdurch der Bedarf - sei er laufend oder einmalig - erledigt hat. Zwar folgt
der Senat nicht der Auffassung des Sozialgerichts, wonach es sich bei den Kosten für die Gültigkeitsverlängerung oder Beschaffung
eines Reisepasses nicht um einen vom Regelbedarf umfassten Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes handelt. Vielmehr gehören
diese Bedarfe zu den mit dem Regelsatz erfassten Bedarfen und können grundsätzlich darlehensweise gedeckt werden (so auch
Böttiger in Schlegel/Voelzke, JurisPK, SGB XII, § 73 Rn. 129 m.w.N.). Wie die Ausführungen in BT-Drs. 17/3404, S. 64, zeigen, wonach bei den sonstigen Dienstleistungen die neu
festgelegten Gebühren von 28,80 € bezogen auf 10 Jahren für den Personalausweis, die künftig auch hilfebedürftige Personen
zu entrichten haben, zusätzlich berücksichtigt werden, hat der Gesetzgeber bei der Bemessung der Regelsätze gerade auch diese
Kosten im Blick gehabt und, auf eine Passlaufzeit von 10 Jahren umgelegt, in die Regelsätze eingestellt.
Jedoch mangelt es im Falle des Klägers an der notwendigen Unabweisbarkeit des Bedarfs i. S. d. § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II für die Verlängerung der Gültigkeitsdauer seines Reisepasses, weil er zumutbar auf die Möglichkeit der Ausstellung eines
Ausweisersatzes gemäß § 48 Abs. 2 AufenthG zu verweisen war, wofür er gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 8 AufenthV Gebührenbefreiung genießt, allerdings nicht zum Grenzübertritt in ausländische Staaten berechtigt ist (vgl. LSG für das Land
Nordrhein-Westfalen - NRW -, Beschluss vom 25. Februar 2011, L 19 AS 2003/10 B, Juris Rn. 12). Darüber hinaus konnte dem Kläger nach § 5 Abs. 1 AufenthV auch ein Reiseausweis ausgestellt werden, sofern er nicht auf zumutbare Weise einen Pass erlangen konnte, wobei allerdings
insbesondere die Zahlung der vom Herkunftsstaat allgemein festgelegten Gebühr grundsätzlich als zumutbar gilt (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 AufenthV), allerdings nach § 53 Abs. 2 AufenthV die Gebühren ermäßigt oder von ihrer Erhebung ganz abgesehen werden kann, wenn es mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Gebührenpflichtigen in Deutschland geboten ist. Unter diesen Voraussetzungen dürfte dem Gebührenpflichtigen
im gleichen Umfang auch die Zahlung der vom Herkunftsstaat festgelegten Gebühren nicht zumutbar sein. Ob diese Voraussetzungen
im Falle des Klägers für die gebührenfreie Erteilung eines Reiseausweises vorlagen, ist allerdings nicht mehr abschließend
zu klären, weil er sich in keiner Weise um die Beschaffung eines Ersatzausweises bemüht sondern stattdessen mit eigenen Mitteln
einen neuen Reisepass seines Herkunftsstaates erworben hat. In Anbetracht der zuvor dargestellten Möglichkeiten zum gebührenfreien
Erwerb von Ersatzausweis oder gar Reiseausweis muss jedenfalls die Unabweisbarkeit des vom Kläger geltend gemachten Bedarfs
verneint werden.
Soweit der Kläger hilfsweise die nachträgliche Bewilligung eines Zuschusses nach § 21 Abs. 6 SGB II bzw. einer Beihilfe nach § 73 SGB XII (dann durch den zuständigen Grundsicherungsträger) begehrt, stehen dem ebenfalls die bereits ausgeführten Gründe entgegen.
Eine Beihilfe zu den Passbeschaffungskosten nach § 73 SGB XII setzt u. a. voraus, dass eine besondere, atypische Lebenslage vorliegt, die eine Nähe zu den anderen im Fünften bis Neunten
Kapitel des
SGB XI geregelten Bedarfslagen aufweist, was bei Passbeschaffungskosten nicht der Fall ist (so etwa: LSG NRW, Beschluss vom 3. Januar
2011, L 7 AS 460/10 B, Juris Rn. 6 m.w.N.).
Ferner hat das Sozialgericht im Hinblick auf § 21 Abs. 6 SGB II bereits zutreffend ausgeführt, dass es sich insoweit nur um einen einmaligen und nicht um einen laufenden im Bewilligungszeitraum
mehrmals auftretenden Bedarf handelt (so auch LSG NRW, Beschlüsse v. 25. Januar 2012, L 12 AS 2046/10 B, Juris Rn. 15, 28. Januar 2013, L 12 AS 1836/12, Juris Rn. 15 und 25. Februar 2011, L 19 AS 2003/10 B, Juris Rn. 8 u. 12 sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2011, L 12 AS 2597/11, Juris Rn. 25, 26). Dem folgt auch der erkennende Senat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG).