Festsetzung des Streitwerts im sozialgerichtlichen Verfahren; Berücksichtigung von Säumniszuschlägen für Sozialversicherungsbeiträge
Gründe:
I. Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Streitwertes streitig.
Aufgrund einer Betriebsprüfung bei der Klägerin zu 2. wurde mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 für das Jahr 2005 eine Beitragsnachforderung
in Höhe von 1.676,84 EUR inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 509,- EUR gegen den Kläger zu 1. und mit Bescheid vom 10.
Dezember 2009 für die Jahre 2006 bis 2008 eine Beitragsnachforderung in Höhe von 3.080,20 EUR inklusive Säumniszuschlägen
in Höhe von 639,50 EUR gegen die Klägerin zu 2. festgesetzt. Die Widersprüche gegen diese Bescheide wurden jeweils mit Widerspruchsbescheid
vom 20. April 2010 zurückgewiesen. Hiergegen erhoben die Kläger am 19. Mai 2010 vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage (S 25 R 269/10) und beantragten zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (S 25 R 271/10 ER).
Mit Schreiben vom 14. Juni 2010 teilte die Beklagte mit, dass die in den angegriffenen Bescheiden getroffenen Feststellungen
zurückzunehmen seien und sie die Verfahrenskosten übernehme. Die Kläger nahmen das Anerkenntnis an.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2010 hat das Sozialgericht daraufhin den Streitwert im Verfahren S 25 R 269/10 auf 1.676,84 EUR festgesetzt.
Gegen diesen den Klägern am 30. Juni 2010 zugestellten Beschluss haben diese am 5. Juli 2010 Beschwerde erhoben. Bei der Streitwertfestsetzung
sei nur der Wert aus dem Bescheid der Klägerin vom 8. Dezember 2009 für den Prüfungszeitraum 1. Januar bis 31. Mai 2005 zu
Grunde gelegt worden. Der Bescheid vom 10. Dezember 2009 sei hingegen nicht berücksichtigt worden. Beide Bescheide seien jedoch
Streitgegenstand gewesen.
Die Kläger beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Juni 2010 aufzuheben und den Streitwert auf 4.757,04 EUR festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit den angegriffenen Bescheiden seien auch Nebenforderungen erhoben worden, die bei der Bestimmung des Streitwertes nicht
zu berücksichtigen seien. Maßgeblich seien die Beitragsansprüche in Höhe von 1.037,34 EUR (Bescheid vom 8. Dezember 2009)
und 2.440,70 EUR (Bescheid vom 10. Dezember 2009).
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren (S 25 R 269/10 und S 25 R 271/10 ER) sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II. Der Senat entscheidet über die Streitwertbeschwerde gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - L 1 KR 352/09 B m.w.Nw.).
Die Beschwerde gegen den gemäß §
197 a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i. V. m. § 1 Satz 1 Nr. 4, § 63 Abs. 2 GKG ergangenen Streitwertbeschluss ist zulässig und begründet.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der
sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag eine
bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgeblich, § 52 Abs. 3 GKG.
Bei Klage- bzw. Antragshäufung mit unterschiedlichen Streitgegenständen sind die entsprechenden Beträge für die Streitwertfestsetzung
zu addieren (vgl. Streitwertkatalog 2009 B 5.3).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Summe der Nachforderungsbeträge der Bescheide vom 8. Dezember 2009 und 10. Dezember
2009 der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch die Säumniszuschläge, obgleich sie mit der Hauptforderung zusammen erhoben
worden sind, bei der Festsetzung des Streitwertes zu berücksichtigen. Dem steht § 43 Abs. 1 GKG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist zwar der Wert von Nebenforderungen nicht zu berücksichtigen, wenn außer dem Hauptanspruch
auch Zinsen und Kosten als Nebenforderung betroffen sind. Säumniszuschläge gehören jedoch nicht zu Nebenforderungen im Sinne
dieser Vorschrift, da sie in ihrer Funktion über Zinsen oder Kosten hinausgehen. Sie dienen vielmehr dazu, den Trägern der
Sozialversicherung einen gesetzlich standardisierten Mindestschadensausgleich zu gewähren und auf den Schuldner Druck auszuüben,
damit er die Beiträge bezahlt (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juni 2010 - B 2 U 4/10 B - m.w.Nw.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Januar 2009 - L 10 R 5795/08 W-B; a.A. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. November 2005 - L 5 B 192/05 KR; Thüringer LSG, Urteil vom 29. Januar - L 6 RJ 1024/03; Streitwertkatalog 2009 C III 2.2).
Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei. Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).