Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in 6 Parodontose-Behandlungsfällen
(im Folgenden: PAR-Behandlungsfällen) im Zeitraum Oktober 2008 bis August 2009 in Höhe von insgesamt 2.352,43 € (AOK-Versicherte).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis und bestand im streitgegenständlichen Zeitraum aus zwei zur vertragszahnärztlichen
Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassenen Zahnärzten (Herr Dr. D. und Frau E.).
Die zu 2) beigeladene AOK Hessen beantragte am 29. September 2009 die Prüfung der PAR-Behandlungen in 6 Behandlungsfällen
im Zeitraum Oktober 2008 bis August 2009.
Die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen lud die Klägerin zu einer Prüfsitzung am 17. August
2010 unter Beifügung einer Liste mit 6 Behandlungsfällen. An der Prüfsitzung nahm die Klägerin nicht teil.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2011 setzte die Prüfungsstelle in den 6 Behandlungsfällen eine Honorarberichtigung in Höhe von
2.372,39 € fest, die sie unter Berücksichtigung der HVM-Einbehalte auf 2.352,43 € reduzierte. In allen 6 Behandlungsfällen
setzte sie die komplette PAR-Behandlung ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 30. März 2011 Widerspruch ein, den sie nicht weiter begründete.
Der beklagte Gemeinsame Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen lud die Klägerin mit Schreiben vom 18. April 2012
zu einer Prüfsitzung am 12. Juni 2012, an der für die Klägerin Frau E. und ihr Rechtsbeistand teilnahmen.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2012, ausgefertigt am 24. Oktober 2012 und den Prozessbevollmächtigten zugestellt, wies der Beklagte
den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung hat er auf den Beschluss mit dem Az. xxxxx vom gleichen Tag Bezug genommen
und weiter ausgeführt, die Überprüfung habe erhebliche Dokumentationsmängel ergeben. Die Leistung nach Nr. 111 Bema (Nachbehandlungen)
sei in allen Behandlungsfällen nur unzureichend dokumentiert worden. In den überwiegenden Behandlungsfällen fehlten in den
ärztlichen Aufzeichnungen Einträge bzgl. der Röntgenbefunde sowie der angewandten Therapieart. Der Vermerk "Reizfaktoren entfernt"
habe mangels weitergehender Aufzeichnungen nicht nachvollzogen werden können. Die Befunderhebung und Diagnosen gehörten zur
Dokumentation. Auffällig sei in einigen Fällen auch die Diskrepanz zwischen Datum auf dem PAR-Plan und Angaben in den ärztlichen
Unterlagen gewesen. Im Übrigen verweise er zu den Anforderungen einer richtlinienkonformen Behandlung, die nicht immer beachtet
worden seien, auf die umfangreichen Ausführungen im Bescheid der Prüfungsstelle. Ferner begründete er die Absetzung der einzelnen
Behandlungsfälle.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. November 2011 Klage bei dem Sozialgericht Marburg (SG) erhoben, die sie nicht begründet hat.
Das SG hat die Klägerin mit gerichtlicher Verfügung vom 9. Juli 2013 auf die fehlende Erfolgsaussicht der Klage hingewiesen und
die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. August 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 12. Juni
2012 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Widerspruchs. Die Krankenkassen und die Kassen(zahn)ärztlichen
Vereinigungen überwachten die Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung. Über die Frage, ob der Vertrags(zahn)arzt
gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen habe, und welche Maßnahmen zu treffen seien, entschieden die Prüfgremien (§
106 Abs.
1 und Abs.
5 Satz 1
SGB V; Hinweis auf Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 31. Juli 1991, 6 RKa 20/90, [...] Rn. 11 ff.).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entfalle die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Parodontose-Behandlung nicht
deshalb, weil die jeweilige Krankenkasse die Behandlung genehmigt habe. Soweit ein Verstoß gegen die Parodontose-Richtlinien
vorliege, verkürze sich die Aufklärungs- und Beweispflicht sowohl des Beklagten als auch der Gerichte. Es brauche dann nicht
in jedem Einzelfall bewiesen zu werden, dass die Behandlungsweise des Vertragszahnarztes unwirtschaftlich war. Die Prüfgremien
seien dann insbesondere nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zahnärztliche Nachuntersuchungen durchzuführen. Gerade wegen
der Schwierigkeit, im Nachhinein die Wirtschaftlichkeit der Parodontose-Behandlung festzustellen, hätten die Vertragspartner
die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens mit einer Vorabgenehmigung durch die Krankenkasse vereinbart. Der Zahnarzt sei
grundsätzlich an die Richtlinien gebunden. Das hindere ihn nicht einzuwenden, dass die Richtlinien ganz oder teilweise dem
Gesetz widersprechen, dem gegenwärtigen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr entsprechen oder ein Ausnahmefall
vorgelegen hat, der ein Abweichen von den Richtlinien rechtfertige Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Juni 1993, 14a RKa 4/92 - SozR 332500 §
106 SGB V Nr. 18, hier zitiert nach [...] Rn. 19, 25).
Der Bescheid sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung der Prüfungsstelle habe - unabhängig von der Teilnahme der Klägerin an dieser
- eine ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren - SGB X). Ferner habe die Klägerin an der mündlichen Verhandlung des Beklagten teilgenommen. Der Beklagte habe die Absetzungsfrist
für den Bescheid von fünf Monaten eingehalten.
Der Beschluss des Beklagten sei auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Die Ausschlussfrist sei eingehalten worden. Es gelte eine vierjährige Ausschlussfrist, die dann gewahrt sei, wenn der Bescheid
über die Honorarkürzung dem Vertragszahnarzt innerhalb von vier Jahren nach der vorläufigen Honorarabrechnung zugegangen ist
(Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Juni 1993, 14a/6 RKa 37/91 - SozR 332500 § 106 Nr. 19; BSG, Urteil vom 14. Mai 1997, 6 RKa 63/95 3 SozR 332500 § 106 Nr. 39; BSG, Urteil vom 6. September 2006, B 6 KA 40/05 R - SozR 432500 § 106 Nr. 15). Die beanstandete Behandlung betreffe den Zeitraum Oktober 2008 bis August 2009. Der die Ausschlussfrist
unterbrechende Prüfbescheid sei am 28. Februar 2011 ergangen, also innerhalb weniger als vier Jahren nach der Behandlung und
damit erst recht auch weniger als vier Jahre nach der Honorarabrechnung. Von daher könne hier dahinstehen, wann die Honorarabrechnung
erfolgt sei. Die vierjährige Ausschlussfrist sei daher gewahrt worden. Auf die Einhaltung der Einjahresfrist nach der Prüfvereinbarung
kommt es nicht an, da diese kein subjektives Recht des Vertragszahnarztes begründe (Hinweis auf BSG, Urteil vom 3. Februar 2010, B 6 KA 37/08 R - SozR 432500 § 106 Nr. 26, [...] Rn. 19 f. m. w. N.).
Der Beklagte habe die Absetzungen im Wesentlichen damit begründet, dass die vorgelegten Dokumentationen unzureichend gewesen
seien. Dies sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe bei einer fehlenden Dokumentation auf die Unwirtschaftlichkeit schließen
können. Fehle es bereits an der Dokumentation, so fehle es damit bereits an einer Begründung, weshalb Kosten angefallen seien
(Hinweis auf SG Marburg, Urteil vom 5. Dezember 2007, S 12 KA 114/07, [...] Rn. 49; Urteil vom 25. November 2009, S 12 KA 73/09, [...] Rn. 48, Berufung zurückgewiesen durch Hessisches LSG - HLSG - Urteil vom 25. Januar 2012, L 4 KA 2/10).
Grundsätzlich sei für die Erbringung einer zahnärztlichen Leistung der Vertragszahnarzt als Leistungserbringer nachweispflichtig.
Im vertragszahnärztlichen Leistungssystem reiche hierfür im Regelfall der Nachweis durch die Angaben des Vertragszahnarztes
auf dem Behandlungsnachweis aus. Bestünden Zweifel an der ordnungsgemäßen und/oder vollständigen Erbringung der Leistung,
so sei der Vertragszahnarzt nachweispflichtig.
Der Zahnarzt sei bereits nach berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen chronologisch
und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche Dokumentation) und mindestens zehn Jahre aufzubewahren, soweit
nicht nach gesetzlichen Vorschriften andere Aufbewahrungspflichten bestünden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer
Hessen vom 4. Juni 2005). Die (zahn)ärztliche Dokumentationspflicht diene der Sicherstellung wesentlicher medizinischer Daten
und Fakten für den Behandlungsverlauf. Eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich sei, sei nach Haftungsgrundsätzen
auch aus Rechtsgründen nicht geboten (Hinweis auf BGH, Urteil vom 6. Juli 1999, VI ZR 290/98 - NJW 1999, 3408, [...] Rn. 13). Zu dokumentieren seien die Umstände, die für die Diagnose und Therapie nach medizinischem Standard wesentlich
sind und deren Aufzeichnung und Aufbewahrung für die weitere Behandlung des Patienten medizinisch erforderlich sind (Hinweis
auf OLG München, Beschluss vom 17. März 2011, 1 U 5245/1, [...] Rn. 31).
Soweit diese Dokumentationspflicht in erster Linie therapeutischen Zwecken diene, werde sie im Rahmen des Sachleistungsprinzips
innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung im
SGB V, in den Bundesmantelverträgen und auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt und erweitert
und diene auch zum Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Die an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Ärzte seien verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen
Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen,
aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit
der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen (§
294 SGB V). Sie seien insbesondere verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten
Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung
mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln (§
295 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB V).
Nach den Bundesmantelverträgen sei der Vertragszahnarzt verpflichtet, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen,
aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und, soweit erforderlich, der Befund sowie die Behandlungsdaten
ersichtlich sein müssen (§ 5 Abs. 1 BMV-Z). Der Vertragszahnarzt habe die Befunde und die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten
Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung fortlaufend in geeigneter Wiese zu dokumentieren. Die zahnärztlichen Aufzeichnungen
und sonstigen Behandlungsunterlagen, Kiefermodelle, ggf. Fotografien, und bei kieferorthopädischen Maßnahmen HNO-Befund, dessen
Einholung der Vertragszahnarzt bei Mundatmung veranlassen könne, seien vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren,
soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben seien (§ 7 Abs. 3 Satz und 2 EKV-Z).
Nach der zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses für eine ausreichende, zweckmäßige
und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie) vom 4. Juni 2003/ 24. September 2003, veröffentlicht
im Bundesanzeiger 2003, Seite 24966, in den hier maßgeblichen Teilen nicht geändert, gehörten zur vertragszahnärztlichen Versorgung
die Befunderhebung und Diagnose sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen seien in zahnmedizinisch
sinnvoller Weise zu beschränken (Abschn. B. I. 1. Abs. 1 Behandlungsrichtlinie). Weitere Vorgaben würden z. B. hinsichtlich
der Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) (B.V.2. Behandlungsrichtlinie) oder der Röntgenuntersuchungen
gegeben; für Röntgenuntersuchungen finde die Röntgenverordnung Anwendung; dies gelte auch für die Aufzeichnungspflicht (B.II.5 Behandlungsrichtlinie). Die Röntgenverordnung (Verordnung über den Schutz von Schäden durch Röntgenstrahlen, neugefasst durch Bek. vom 30. April 2003, BGBl 2003I, 604)
regele insbesondere in § 28 die Aufzeichnungspflichten.
Nach der Rechtsprechung des BSG handele es sich bei der Dokumentationspflicht seit jeher um eine jeden Behandler treffende Verpflichtung, die bei der Behandlung
eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (Hinweis auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2007, B 6 KA 11/06 R - SozR 4- 2500 § 95c Nr. 2, [...] Rn. 23). Es obliege nicht dem einzelnen Vertragszahnarzt zu entscheiden, ob er eine Dokumentation
unterlasse, weil es sich um eine vermeintliche Routinemaßnahme handelt. Die Dokumentation müsse mindestens so umfassend sein,
dass ein anderer Zahnarzt im Einzelnen die Behandlungsmaßnahme nachvollziehen könne (Hinweis auf SG Marburg, Urteil vom 25.
November 2009, S 12 KA 73/09, [...] Rn. 49).
Die vollständige Leistungserbringung sei grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (Hinweis auf SG Marburg, Urteil
vom 3. Juni 2009, S 12 KA 521/08, [...] Rn. 27, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urteil vom 21. September 2011, L 4 KA 50/09, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschluss vom 27. Juni 2012, B 6 KA 84/11 B). Ein Vertragszahnarzt sei in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der Widerspruchsbehörde
nachzukommen. Dies beruhe letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher möglicherweise entscheidungserheblicher Tatsachen allein
in der Sphäre des Vertragszahnarztes liege, soweit sie nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei
Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung werde der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines
Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handele sich hierbei
um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben müsse dann der Vertragszahnarzt nachweisen, dass er
die Leistung erbracht habe (Hinweis auf SG Marburg, Urteil vom 25. November 2009, S 12 KA 137/09, [...] Rn. 73; Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urteil vom 7. Juli 2010, L 4 KA 99/09; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschluss vom 17. November 2010, B 6 KA 45/10 B, BeckRS 2010, 75832).
Ein Nachweis für eine ausreichende Vorbehandlung im Rahmen einer Parodontalbehandlung könne nur anhand der Dokumentation geführt
werden. Die Dokumentation sei parallel zur Behandlung zu erstellen und beruhe auf den eigenen Angaben des Vertragszahnarztes.
Soweit keine Anzeichen für eine unwahre Dokumentation vorliegen, hätten die Prüfgremien von der Richtigkeit der Dokumentation
auszugehen. Damit beruhe die Abrechnung im Wesentlichen allein auf den Angaben des Vertragszahnarztes. Im Umkehrschluss müsse
sich dieser aber an seiner eigenen Dokumentation festhalten lassen und sei ihm der Einwand, er habe die Leistungen, zu deren
Dokumentation er verpflichtet ist, zwar nicht dokumentiert, aber dennoch erbracht, abgeschnitten. Wesentlich und eine Absetzung
tragend sei auch der Umstand, dass ein Vertragszahnarzt in allen Fällen einer Komplettabsetzung nicht die Therapieform angegeben
habe. Ebenso seien die Lockerungsgrade zu dokumentieren.
Für die Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) werde in B.V.2. Behandlungsrichtlinie unter der Überschrift
"Anamnese und Diagnostik im Hinblick auf den Parodontalzustand" Folgendes ausdrücklich geregelt:
Grundlage der Therapie seien die Anamnese, der klinische Befund (Parodontalstatus) und Röntgenaufnahmen. Die Krankenkasse
könne vor der Kostenübernahmeentscheidung diese Unterlagen und den Patienten begutachten lassen. Die Anamnese umfasse:
- Allgemeine Anamnese (darunter Risikofaktoren für Parodontitis wie Diabetes mellitus, Tabakkonsum, HIV-Infektion im fortgeschrittenen
Stadium, Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten, Osteoporose)
- Familienanamnese im Hinblick auf Parodontalerkrankungen
- Spezielle Anamnese (Schmerzen und Vorbehandlungen).
Die Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) umfasse:
- Taschentiefen und Blutung der Zahnfleischtaschen auf Sondieren
- Parodontale Rezessionen, um einen Ausgangswert für die Beurteilung einer möglichen Progression der Parodontitis zu erheben;
fakultativ und alternativ könne auch der klinische Attachmentverlust aufgezeichnet werden.
- Furkationsbefall:
Grad 1 = bis 3 mm in horizontaler Richtung
Grad 2 = mehr 3 mm in horizontaler Richtung
Grad 3 = durchgängig
- Zahnlockerung:
Grad I = gering horizontal (0,2 mm - 1 mm)
Grad II = moderat horizontal (mehr als 1 mm)
Grad III = ausgeprägt horizontal (mehr als 2 mm) und in vertikaler Richtung
Der Röntgenbefund erfordere aktuelle (in der Regel nicht älter als sechs Monate) auswertbare Röntgenaufnahmen. Die Diagnosen
seien gemäß der jeweils gültigen Klassifikation der Parodontitiden der maßgeblichen parodontologischen wissenschaftlichen
Fachgesellschaft anzugeben.
Die Klägerin habe dem Beklagten keine ausreichende Dokumentation vorgelegt. Hierzu sei sie aber im Rahmen des Prüfverfahrens
verpflichtet gewesen. Soweit es an einer Dokumentation fehle, könnten die Prüfgremien von der Nichterbringung der Leistung
ausgehen. Der Beklagte rüge zu Recht, dass der pauschale Vermerk "Reizfaktoren entfernt" zu allgemein ist. Hieraus ergebe
sich nicht, was getan wurde. Im Einzelnen verweise das SG im Übrigen auf die Begründung des Beklagten zu den Einzelfällen (§
136 Abs.
3 SGG). Die Klägerin habe sich hierzu bereits im Verwaltungsverfahren nicht geäußert.
Gegen den ihr am 3. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. September 2013 Berufung zum HLSG
eingelegt. Zur Begründung hat sie u. a. vorgetragen, dass der angefochtene Beschluss bereits formell rechtswidrig gewesen
sei, da die sachlich-rechnerische Richtigstellung und die Wirtschaftlichkeitsprüfung in unzulässiger Weise vermengt worden
seien. Der Beklagte sei für die von ihm getroffene Entscheidung unzuständig gewesen. Die sachlich-rechnerische Überprüfung
betreffe die ordnungsgemäße Anwendung der Gebührenordnung, der einschlägigen Verträge, Richtlinien und Abrechnungsbestimmungen
und obliege den kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Demgegenüber werde unter der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Prüfung zahnärztlicher
Leistungen zwecks Einhaltung des in §
12 SGB V verankerten Wirtschaftlichkeitsgebots verstanden. Zuständig für die Wirtschaftlichkeitsprüfung sei der Prüfungsausschuss.
Da hier der Prüfungsausschuss bzw. der beklagte Beschwerdeausschuss gehandelt habe, seien diese nicht befugt, eine sachlich
rechnerische Richtigstellung vorzunehmen. Tatsächlich sei dies aber erfolgt, nämlich eine Kürzung wegen vorgeblich unzureichender
Dokumentationen und vorgeblich unzureichender Vorbehandlungen. Im Übrigen sei der Beschluss auch materiell rechtswidrig. Hinsichtlich
der Konsequenzen der Nichteinhaltung der vertragszahnärztlichen Dokumentationspflichten in Bezug auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung
bestünden keine gesetzlichen Regelungen. Entgegen der Auffassung des SG könne nicht die komplette Absetzung der abgerechneten Leistungen die Folge sein. Auch im Bereich des Vertragszahnarztrechts
könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Dokumentation in erster Linie dem Nachweis der Wirtschaftlichkeit
diene. Der Schluss darauf, dass das Fehlen einer Dokumentation oder deren Lückenhaftigkeit zu gesteigerten Nachweispflichten
oder einer Komplettabsetzung führe, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Insofern müsse im Zweifel unabhängig vom Vorliegen
und vom Inhalt einer Dokumentation ermittelt werden, ob die durch den Beklagten abgesetzten Behandlungen unwirtschaftlich
gewesen seien. Aus der Behandlungsrichtlinie ergäben sich keinerlei Vorgaben für den zeitlichen Ablauf der Vorbehandlung,
zeitliche Abläufe seien in der Behandlungsrichtlinie überhaupt nicht geregelt. Bei der Vorbehandlung handle es sich nicht
um eine im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthaltene Leistung. Der Kostenträger könne aber nicht einerseits
eine Leistung aus dem Leistungskatalog ausnehmen, weil er sie anscheinend nicht für erforderlich erachte, deren Erbringung
dann aber zur Voraussetzung für die Abrechenbarkeit einer anderen Leistung erklären. Die Absetzung der gesamten Behandlung
wegen nicht ausreichender Dokumentation sei nicht verhältnismäßig. Dies gelte vor allem bei erfolgreichen Behandlungen. Die
Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass ihre Vorgehensweise problematisch sein könnte. Der dadurch
entstandene Vertrauenstatbestand stelle erhöhte Anforderungen an die Beratungs- und Auskunftspflichten der Behörden. Selbstverständlich
habe die Klägerin nur in solchen Fällen eine Parodontalbehandlung vorgenommen, in denen diese nach der Vorbehandlung noch
medizinisch notwendig gewesen sei. Der Beklagte wolle offenbar allein daran festhalten, dass die medizinische Notwendigkeit
nicht in ausreichendem Maß dokumentiert worden sei. Es bleibe offen, worin die Rechtsgrundlage für eine (Komplett-)Absetzung
allein aufgrund fehlender Dokumentation bestehen sollte.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 30. August 2013 sowie den Beschluss des Beklagten vom 12. Juni 2012 aufzuheben
und den Beklagten zu verurteilen, sie über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 7) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte und die Beigeladenen halten die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig. Der Beklagte hat hierzu ausgeführt,
die Auffassung der Klägerin, der Beklagte sei als Institution der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht berechtigt, Honorarabsetzungen
aufgrund fehlender oder lückenhafter Dokumentation vorzunehmen, sei unzutreffend. Auch im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung
sei eine vollständige Dokumentation durch den Zahnarzt zu erstellen. Zum notwendigen Inhalt einer Dokumentation gehörten auch
die Feststellungen, ob und inwieweit zu Beginn der Parodontalbehandlung eine solche Leistung im Hinblick auf den Gebisszustand
überhaupt erforderlich ist. Gerade bei Parodontalbehandlungen werde aufgrund der im Rahmen der Vorbehandlung zu erlernenden
und zu verfeinernden Mundhygiene die anfangs erforderlich erscheinende Durchführung der Parodontalbehandlung entbehrlich,
da sich aufgrund der Maßnahmen im Rahmen der Vorbehandlung Gingivitis zurück entwickelt habe. Daher könne auch nicht den aus
einer Behandlungsgenehmigung die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Behandlung ohne nochmalige Erhebung des Erkrankungszustandes
ohne weiteres durchgeführt werden dürfe. Es müsse zu Beginn der konkreten Parodontalbehandlung durch den Zahnarzt nachvollziehbar
dokumentiert die Feststellung getroffen werden, dass diese trotz der anderweitigen Bemühungen im Rahmen der Vorbehandlung
noch erforderlich ist. Eine solche Dokumentation sei der Nachweis der Notwendigkeit der Durchführung der Behandlung und gehöre
zweifelsfrei in den Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Auf dieser Überlegung basierten auch die kompletten Absetzungen
des Honorars für die durchgeführten Parodontalbehandlungen: Wenn zu Beginn der durchgeführten Parodontalbehandlung nicht die
Notwendigkeit durch eine ausreichende Dokumentation nachvollziehbar niedergelegt sei, sei die Erforderlichkeit nicht dargetan
und damit die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme nicht belegt. Folglich sei das Honorar für die gesamte Maßnahme zu streichen.
Soweit die Klägerin darauf abstelle, aus den einschlägigen Richtlinien ergäben sich keine Vorgaben für den zeitlichen Ablauf
der Vorbehandlung, weshalb bei einer Mangelhaftigkeit auch keine Kürzungen erfolgen dürften, könne dem nicht gefolgt werden.
Jedenfalls sei die Herbeiführung einer ausreichenden Mundhygiene erforderlich, um auch langfristig den Behandlungserfolg einer
durchgeführten Parodontalbehandlung zu sichern. Aus diesem Grunde sei es unerheblich, wer finanziell im Rahmen der Vorbehandlung
für einzelne Maßnahmen aufkomme. Entscheidend sei, dass zu Beginn der chirurgischen PAR-Behandlung die Notwendigkeit einer
solchen Behandlung nochmals festgestellt werde, da vielfältige Varianten denkbar seien, die diese Maßnahme aufgrund entsprechender
Vorbehandlung entbehrlich machen könnten. Auch die vorgebrachten Aspekte des Vertrauensschutzes seien nicht durchschlagend.
Aufgrund der Behandlungsrichtlinien, zu deren Einhaltung die Klägerin verpflichtet sei, habe sie die PAR-Behandlungen in der
dort niedergelegten Form durchzuführen, ohne dass sie nochmals von einer Institution darauf hingewiesen werde. Eine Beratung
durch die Prüfgremien sei nicht notwendig gewesen.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug
genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung ist.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Gerichtsbescheid vom 30. August 2013 und der Beschluss des Beklagten vom 12. Juni 2012 sind rechtmäßig und verletzten
die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid
des Prüfungsausschusses vom 28. Februar 2011.
Auch das Berufungsvorbringen der Klägerin vermag nicht zu einer abweichenden rechtlichen Würdigung zu führen.
Ebenso wenig liegt eine materielle Rechtwidrigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 12. Juni 2012 vor.