Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für eine Teilhabeassistenz
Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung
Kein Nachrangrundsatz im Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflegeversicherung
Individualisiertes Förderverständnis
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Art und Weise sowie die Höhe der Erbringung von Leistungen
der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) für eine Teilhabeassistenz während des ersten Schuljahrs der Antragstellerin.
Die 2008 geborene Antragstellerin leidet seit ihrer Geburt u. a. an einer Spina bifida auf Lumbalniveau (L 2/L 3). Trotz mehrerer
Operationen verblieben erhebliche neurologische Funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere der unteren Extremitäten sowie bei
der Darm- und Blasenentleerung. Das Hessische Amt für Versorgung und Soziales stellte bei der Antragstellerin einen Grad der
Behinderung von 100 fest und erkannte ihr die Merkzeichen "G", "B", "aG" und "H" zu. Sie ist in Pflegestufe II eingestuft.
Im März 2015 beantragten die Eltern der Antragstellerin im Hinblick auf die anstehende Einschulung zunächst die Übernahme
der Kosten eines privat organisierten Integrationshelfers. Die Antragstellerin sollte in die F-Grundschule in A-Stadt eingeschult
werden. Zuvor hatte die Antragstellerin seit August 2011 eine Kindertagesstätte besucht. Der Antragsgegner hatte ihr Leistungen
der Eingliederungshilfe für einen Integrationskindergartenplatz gewährt. Hierdurch war eine verstärkte Betreuung durch die
dort tätigen Erzieherinnen ermöglicht worden.
Nach der vom Antragsgegner veranlassten amtsärztlichen Stellungnahme des kinder- und jugendärztlichen Dienstes, Frau G., vom
8. Mai 2015 benötigt die Antragstellerin während des gesamten Schulalltages Hilfestellung z.B. bei dem Klassenraumwechsel,
Organisieren des Unterrichtsmaterials, An- und Ausziehen, Sportunterricht und bei Exkursionen. Frau G. äußerte sich dahingehend,
dass dieser lebenspraktische Bedarf im Prinzip durch eine FSJ-Kraft erledigt werden könne. Daneben muss die Antragstellerin
jedoch während der Schulzeit mehrfach katheterisiert und gewindelt werden. In diesem Zusammenhang führte die Ärztin aus, diese
sehr intime Behandlung separat durch ständig wechselnde Kräfte eines Pflegedienstes durchführen zu lassen, sei der Antragstellerin
nicht zumutbar, eine FSJ-Kraft sei dazu nicht in der Lage. Sie spreche sich daher dafür aus, dass die Schulbegleitung durch
eine weibliche Person durchgeführt werde, die alle Bereich abdecke, also über ausreichende Fachkenntnisse für die Katheterisierung
verfüge oder diese in der Zwischenzeit erwerben müsse. Darüber hinaus besteht bei der Antragstellerin ein Hilfebedarf während
des Schulalltags beim Anlegen und Ausziehen eines Tageskorsetts, das aufgrund einer beginnenden Verkrümmung der Wirbelsäule
zu tragen ist (ärztlicher Bericht des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. H. vom 6. August 2015). Weiterhin wird
Hilfe bei dem An- und Ablegen von Orthesen auch während des Schulalltags benötigt (ärztlicher Bericht des Ärztlichen Direktors
der Orthopädischen Kinderklinik in Aschau/Chiemgau Dr. J. vom 31. Juli 2015).
In der Folgezeit setzten sich die Eltern der Antragstellerin für eine Betreuung durch eine einzige Person ein. Eine Nachfrage
bei der zuständigen Heimat-Krankenkasse in Verbindung mit einem Kostenvoranschlag eines ortsansässigen Pflegedienstes ergab
monatlich erstattungsfähige Kosten in Höhe von 574,54 € für 2 Katheterisierungen täglich an Schultagen nebst Wegepauschale.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2015 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin aufgrund ihrer körperlichen Behinderung für
das Schuljahr 20015/2016 (Beginn 7. September 2015) die Kosten einer Teilhabeassistenz in Form einer FSJ-Kraft. Zur Begründung
führte er u. a. aus, die Hilfen für den lebenspraktischen Bereich könnten durch eine FSJ-Kraft hinreichend erbracht werden.
Hierfür werde die Pauschale für eine Person im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ-Kraft) übernommen. Diesbezüglich möge sich
die Antragstellerin mit dem DRK K-Stadt in Verbindung setzen. Eine Unterstützung durch eine Fachkraft für den gesamten Unterrichtszeitraum,
die auch die Katheterisierung durchführen könne, könne nicht gewährt werden. Dies führe zu unverhältnismäßigen Mehrkosten.
Es handele sich um eine Maßnahme der medizinischen Behandlungspflege, für deren Durchführung eine qualifizierte Kraft erforderlich
sei. Das Katheterisieren und Windeln sei planbar und könnte in regelmäßigen Zeitabständen (von bis zu 3,5 Stunden) erfolgen.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 13. Juli 2015 Widerspruch ein. Sie legte einen Vertrag mit der Beigeladenen
vom 6. Juli 2015 vor, wonach diese mit der Betreuung der Antragstellerin in der Schulzeit durch eine angelernte Mitarbeiterin
zu 31,36 € pro Stunde beauftragt worden war.
Am 15. Juli 2015 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Darmstadt (SG) beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine Teilhabeassistenz in der F-Schule
in A-Stadt ab dem 7. September 2015 täglich von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr sowie in der schulischen Ferienbetreuung nach dem SGB XII in der Art und Weise zu gewähren, dass diese durch eine einzelne qualifizierte weibliche Fachkraft der Beigeladenen mit Erfahrung
in der Blasenkatheterisierung von Kindern vorgenommen werde. Sie hat zur Stützung ihres Vorbringens einen ärztlichen Bericht
des Kinderurologen Dr. L. vom 31. Juli 2015 vorgelegt, der die Befürchtung äußerte, dass ständig wechselnde Fachkräfte eines
Pflegedienstes ein erhöhtes Risiko von Harnwegsinfekten bedeuten würden. Des Weiteren ist ein Bericht des Kinderarztes Dr.
H. vom 6. August 2015 eingereicht worden, der betonte, die Antragstellerin habe auch einen pädagogischen und emotionalen Unterstützungsbedarf,
der nur durch eine langjährig tätige Kraft zu decken sei. Auch sei eine FSJ-Kraft zum Anlegen des Korsetts nicht qualifiziert.
Ferner ist ein ärztlicher Bericht des Ärztlichen Direktors der Orthopädischen Kinderklinik in Aschau/Chiemgau Dr. J. vom 31.
Juli 2015 zu den Akten gereicht worden. Die Antragstellerin außerdem hat Auskünfte über die Leistungsentgelte von möglichen
Leistungserbringern vorgelegt. Danach hatte die M-Stadter Diakonie einen Betrag von 46,07 € pro Stunde für eine Fachkraft
und 27,95 € für eine Hilfskraft angegeben, die N. NX. einen Betrag in Höhe von 41 € für eine Fachkraft und in Höhe von 22,50
€ für eine angelernte Hilfskraft. Von der Stadt E-Stadt war die Auskunft erteilt worden, die Entgelte für Fachkräfte im Bereich
E-Stadt betrügen 28 bis 42 €, für angelernte Kräfte 15 bis 25 €.
Mit E-Mail vom 13. August 2015 hat der DRK-Kreisverband Odenwaldkreises e.V. mitgeteilt, dass er für die Antragstellerin keine
FSJ-Kraft mehr zur Verfügung stellen könne.
Das SG hat nach Durchführung eines Erörterungstermins am 12. August 2015 mit Beschluss vom 17. August 2015 den Antragsgegner im
Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme
für eine Schulassistenzkraft in Höhe von maximal 22,50 € pro Tätigkeitsstunde (gegebenenfalls zuzüglich Fahrtkosten) für die
Zeit des Pflichtunterrichts zu erbringen sowie im Übrigen den Antrag auf einstweilige Anordnung abgelehnt.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, streitig sei lediglich, ob die Betreuung durch eine einzige Kraft, die neben
der praktischen Unterstützung auch die Katheterisierung leiste, erforderlich sei, um den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu
erleichtern. Dies könne nach Auffassung des Gerichts nur durch Einholung eines unabhängigen medizinischen Sachverständigengutachtens
im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt werden. Der Vortrag der Antragstellerseite, die vorgelegten medizinischen Stellungnahmen
der behandelnden Ärzte und auch die Einschätzung der Ärztin des amtsärztlichen Dienstes Frau G. seien nicht ausreichend, um
dies glaubhaft zu machen. Das Gericht sehe sich nicht in der Lage, die psychischen Auswirkungen der Katheterisierung durch
einen Pflegedienst einzuschätzen. Zwar habe Frau G. im Erörterungstermin glaubhaft ausgeführt, die Antragstellerin habe sich
anfangs sehr sensibel gegenüber ihren Untersuchungsmaßnahmen gezeigt. Dies müsse jedoch nicht bedeuten, dass eine Gewöhnung
an eine abgegrenzte Zahl von Pflegekräften, die die Katheterisierung durchführen, von vornherein ausgeschlossen sei. Auch
die Stellungnahme des Kinderarztes Dr. H. vom 6. August 2015 stelle insoweit keinen hinreichenden Bezug zur Persönlichkeit
der Antragstellerin her und belege seine allgemeinen Ausführungen zur Verletzlichkeit von Kindern nicht mit konkreten Beispielen
aus der Behandlung. Aufgrund ihrer Krankengeschichte müsste die Antragstellerin an regelmäßige Untersuchungen gewöhnt sein
und auch im Kindergarten regelmäßig durch verschiedene Erzieherinnen gewindelt worden sein. Es erscheine nicht lebensfremd,
dass ein Pflegedienst gefunden werde, der die besonders empfindliche Psyche eines behinderten Mädchens, das intime Behandlungspflege
über sich ergehen lassen müsse, berücksichtigen wolle und entsprechend sorgsam die eingesetzten Pflegekräfte auswähle. Bislang
seien Bemühungen der Eltern der Antragstellerin, einen solchen Pflegedienst zu finden, unterblieben. Nicht klar sei weiter,
wie oft eine Katheterisierung im Falle der Antragstellerin tatsächlich und planmäßig auftrete. Im Rahmen des Gesprächs bei
dem Förderausschuss hätten die Eltern noch vorgetragen, dass eine Katheterisierung in den großen Pausen ausreiche. Auch im
Kindergarten habe bislang offenbar nur selten eine Katheterisierung erfolgen müssen. Das Gericht könne die Befürchtung des
Kinderurologen Dr. L. einer erhöhten Gefahr von Harnwegsinfekten bei dem Einsatz eines Pflegedienstes derzeit nicht nachvollziehen.
Zu bedenken sei, dass die Katheterisierung bislang offenbar komplikationslos durch die Mutter durchgeführt werde, die ebenfalls
keine Pflegefachkraft sei. Der Umstand, dass der Antragsgegner keine ordnungsgemäße Leistungsvereinbarung mit einem geeigneten
Maßnahmeerbringer abgeschlossen habe, könne die Erforderlichkeit der Betreuung aus einer Hand nicht begründen und sei daher
unerheblich. Bei offenen Erfolgsaussichten führe die Folgenabwägung zu dem Ergebnis, dass der Antragstellerin Leistungen im
tenorierten Umfang vorläufig zu erbringen seien. Zu berücksichtigen sei einerseits die Eilbedürftigkeit einer hinreichenden
Versorgung im Hinblick auf den bevorstehenden Schulbeginn. Andererseits würden durch die Tätigkeit einer Pflegefachkraft oder
sonstigen qualifizierten Kraft im beantragten Umfang erhebliche Mehrkosten anfallen. Zu berücksichtigen sei weiter, dass der
Weg einer Betreuung durch eine FSJ-Kraft des DRK-Kreisverbandes Odenwaldkreises e.V. zumindest derzeit aufgrund von dessen
Weigerung nicht gangbar sei. Laut der vom Antragsgegner eingeholten Auskunft der M. werde dort eine FSJ-Kraft stündlich mit
20 €, eine angelernte Kraft bei der N. NX. mit 22,50 € berechnet. Vor diesem Hintergrund erscheine als Übergangslösung eine
Kostenübernahme von maximal 22,50 € pro Tätigkeitsstunde Assistenzkraft durch den Antragsgegner angemessen. Sollte die Behandlungspflege
- wie durch die Antragstellerseite bislang beabsichtigt - durch dieselbe Kraft durchgeführt werden wie die sonstige Assistenz,
stehe es dem Antragsgegner frei, einen entsprechenden Erstattungsanspruch bei der zuständigen Krankenkasse geltend zu machen.
Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der vorläufigen Leistungserbringung erscheine eine Beschränkung geboten. Eine sofortige
Teilnahme der Antragstellerin an der Nachmittagsbetreuung der Schule sei nicht nötig. Soweit sich die Eltern darauf beriefen,
die Antragstellerin müsse sogleich voll in den Schulbetrieb integriert werden, sei dem entgegenzuhalten, das erfahrungsgemäß
auch nicht sämtliche anderen Kinder an der Ganztagsbetreuung teilnehmen würden. Zumindest in der Einschulungsphase dürfte
eine Nichtteilnahme zumutbar sein. Die Mutter habe die Möglichkeit, die Antragstellerin ab der Mittagszeit zuhause zu betreuen.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 16. September 2015 Beschwerde bei dem Hessischen Landessozialgericht (HLSG)
eingelegt und zur Begründung u. a. vorgetragen, aufgrund ihrer Körperbehinderung benötige sie Hilfestellungen während des
gesamten Schulalltags. Zusätzlich sei es notwendig, dass die Antragstellerin während der Schulzeit mehrfach mit entsprechenden
Hygienemaßnahmen katheterisiert und gewindelt werde (krankenpflegerische und grundpflegerischer Bedarf). Ferner bestehe ein
Bedarf für das Anlegen des Korsetts sowie das An- und Ausziehen der Orthesen. Zwischen den Beteiligten bestehende Einigkeit,
dass diese Leistungen nicht von einer FSJ-Kraft erbracht werden könnten. Die zuständige Krankenkasse habe gegenüber der Beigeladenen
eine Kostenzusage für eine zweimal tägliche Katheterisierung während der Schulzeit erteilt. Diese rechne im Rahmen der Sachleistung
gemäß §
37 Abs.
2 SGB V mit der Beigeladenen als zugelassenem Leistungsanbieter ab. Für eine Katheterisierung werde eine Viertelstunde angesetzt
zu einem Preis von 7,34 €. Bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, dass weder das Katheterisieren noch das Windeln
planbar seien. Die von dem Antragsgegner vorgeschlagenen vorbeugenden Maßnahmen außerhalb der Schulzeit zur Regulierung der
Inkontinenz (z. B. Urotherapeutin oder Peresteen-Gerät zur Darmirregation) bedeuteten einen intensiven Eingriff in die körperliche
Integrität und in den Intimbereich der Antragstellerin, der unverhältnismäßig sei. Auch in der Stellungnahme des Gesundheitsamtes
vom 8. Mai 2015 sei unter Ziff. 9 b festgestellt worden, dass es der Antragstellerin nicht zumutbar sei, dass das Katheterisieren
und Windeln durch ständig wechselnde Pflegekräfte eines Pflegedienstes durchgeführt werde und eine FSJ-Kraft dazu nicht in
der Lage sei. Dies habe das SG in seinem Beschluss nicht hinreichend berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung seien pflegerische Maßnahmen nicht von
Eingliederungshilfemaßnahmen zu trennen, wenn diese in den Hintergrund träten (Hinweis auf LSG-Baden-Württemberg, Urteil vom
28. Juni 2015, L 4 SO 414/07; VGH Mannheim, Urteil vom 7. September 1997, 6 S 1709/97). Daher seien die Leistungen aus einer Hand zu erbringen. Der Antragstellerin hat überdies eine ärztliche Bescheinigung des
Neurochirurgen Dr. O. vom 22. Januar 2016 vorgelegt, wonach ihr die Intimpflege durch ständig wechselnde Mitarbeiter eines
ambulanten Pflegedienstes nicht zumutbar sei, eine FSJ-Kraft sei dazu nicht in der Lage. Die Antragstellerin hat weiter ausgeführt,
der Bedarf lasse sich vorläufig nur dadurch decken, dass die Integrationsleistungen und (behandlungs-)pflegerischen Maßnahmen
durch die Beigeladene zum vollen Stundensatz erbracht werden. Der Antragsgegner habe auch die Kosten der schulischen Nachmittagsbetreuung
inklusive schulischer Ferienbebetreuung durch die Beigeladene zu gewähren. Das schulische Ganztagsprogramm, welches der Antragsgegner
mit dem Hessischen Kultusministerium an der an der F-Schule anbiete, stelle insgesamt eine angemessene Schulbildung dar. Nach
dem Programm des Konzepts "Familienfreundlicher Kreis Bergstraße", an dem die F-Schule nicht teilnehme, seien schulische Bildungs-
und Betreuungsangebote für behinderte Kinder am Nachmittag als angemessene Schulbildung anzusehen. Die Finanzierung einer
Schulbegleitung als einkommens- und vermögensunabhängig zu bewilligende Hilfe könne auch für die Zeit der Nachmittagsbetreuung
in einer offenen Ganztagsschule beansprucht werden (Hinweis auf SG Gießen, Beschluss vom 2. September 2015, S 18 SO 131/15
ER). Aufgrund der Behinderung bestünden bei der Antragstellerin immer wieder Fehlzeiten im Schulunterricht, da ein- bis mehrtägige
Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte erforderlich seien. Die Antragstellerin müsse den versäumten Unterrichtsstoff nachholen.
Hierfür sei die Nachmittagsbetreuung vorgesehen. Der Antragsgegner habe nicht hinreichend den individuellen Bedarf an Leistungen
der Antragstellerin für eine angemessene Schulbildung berücksichtigt. Dies verstoße überdies gegen das Diskriminierungsverbot
in Art.
3 Abs.
3 Satz 2
Grundgesetz (
GG). Grundschulkinder, die in dem gleichen Schulsprengel wie die Antragstellerin lebten, und die Q-schule besuchten, erhielten
bei einem sonderpädagogischen Bedarf zusätzlich 5-10 Fachkraftstunden für Integration. Da die Antragstellerin wegen fehlender
Barrierefreiheit diese Schule nicht besuchen könne, könne ihr aus Gründen der Gleichbehandlung nicht der entsprechende Bedarf
versagt werden. Es bestehe ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung (förderdiagnostische
Stellungnahme der P-Schule in A-Stadt vom 9. März 2014). Auch die Ferienbetreuung sei von der Hilfe zur angemessenen Schulbildung
umfasst. Der Antragsgegner habe als einziger örtlicher Sozialhilfeträger keine Vereinbarungen mit Einrichtungen/Sozialdiensten
nach § 75 Abs. 3 SGB X zur Schulbegleitung abgeschlossen. Daher erstrecke sich die Bindungswirkung aus § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Rahmen der Beauftragung der Beigeladenen als vereinbarungsgebundener Anbieterin nach § 75 Abs. 3 SGB XII auch auf den Antragsgegner. Der vom Antragsgegner vorgegebene Leistungserbringer DRK-Kreisverband Odenwaldkreis e.V. verfüge
über keine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zur Schulbegleitung. Lediglich mit der M-Stadter-Diakonie mit Sitz im Landkreis EX. habe der Antragsgegner eine Vereinbarung
nach § 75 Abs. 3 SGB X für den Leistungsbereich Einzelförderung und (Gruppen-)Nachmittagsbetreuung geschlossen. Die Antragstellerin hat einen weiteren
Vertrag mit der Beigeladenen vom 21. Dezember 2015 vorgelegt, wonach diese mit der Betreuung der Antragstellerin in der Schulzeit
durch eine angelernte Mitarbeiterin zu 33,94 € pro Stunde ab Januar 2016 beauftragt worden war.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. August 2015 insoweit aufzuheben, als eine Kostenübernahme von mehr als 22,50
€ pro Stunde für eine Schulassistenzkraft abgelehnt wurde, und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
die Kosten eines angelernten Integrationshelfers mit pädagogischer Eignung der Beigeladenen zu einem Stundensatz von 31,36
€ abzüglich der durch die Heimat-Krankenkasse zu erstattenden Kosten für die Behandlungspflege ab September 2015 bis zum Schuljahresende
an allen Schultagen für die Zeit von 8:00 Uhr bis 14:30 Uhr sowie die Ferienbetreuung in der ersten Herbstferienwoche und
in der ersten Osterferienwoche zu übernehmen, für den Zeitraum ab 1. Januar 2016 zu einem Stundensatz von 33,94 €.
Die Beigeladene hat sich im Erörterungstermin vom 20. April 2016 dem Antrag der Antragstellerin angeschlossen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss des SG für rechtmäßig und hat hierzu ausgeführt, die von ihm bewilligte FSJ-Kraft des DRK-Kreisverbandes Odenwaldkreises e.V. wäre
sowohl für die Zeiten des Pflichtunterrichts als auch für die anschließende Nachmittagsbetreuung zum Einsatz gekommen. Die
Eltern der Antragstellerin hätten die zugesprochene Hilfegewährung boykottiert, so dass der DRK-Kreisverband von einer Zurverfügungstellung
einer FSJ-Kraft Abstand genommen habe. Die F-Schule biete bis einschließlich 16.30 Uhr eine beitragspflichtige Nachmittagsbetreuung
an, die vom Verein R. e.V. durchgeführt werde. Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 HSchG sei die Teilnahme an den Ganztagsangeboten der Schule freiwillig. Eingliederungshilfe in Form der Hilfen zu einer angemessenen
Schulbildung für die Nachmittags- und Ferienbetreuung scheide daher aus. Soweit auf das Programm "Familienfreundlicher Kreis
Bergstraße" verwiesen werde, werde zur Klarstellung angemerkt, das nach diesem Konzept lediglich für Grundschulkinder mit
sonderpädagogischem Bedarf zusätzliche 5-10 Fachkraftstunden für die Integration zur Verfügung gestellt würden. Die Antragstellerin
weise einen solchen sonderpädagogischen Bedarf nicht auf. Im Übrigen gehöre die F-Schule dem Programm "Familienfreundlicher
Kreis Bergstraße" nicht mehr an, sondern nehme an dem Landesprogramm "Ganztägig arbeitende Schule" teil. Die Nachmittags-/Ferienbetreuung
sei den einkommens- und vermögensabhängigen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach §
55 SGB IX zuzuordnen. Eine angemessene Schulbildung werde durch das verpflichtende Vormittagsschulprogramm hinreichend gewährleistet
(Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Januar 2014, L 20 SO 477/13 B ER, Juris Rn. 43,44). Der DRK-Kreisverband
Odenwaldkreis e.V. verfüge sehr wohl über eine Leistungsvereinbarung im Bereich "Schulische Integrationshilfe" mit dem Odenwaldkreis
seit August 2011. Es handele sich um einen vereinbarungsgebundenen Anbieter. Der Verweis der Antragstellerin auf die mit der
M-Stadter-Diakonie abgeschlossene Leistungsvereinbarung gehe fehl. Hierbei handele es sich um Einzelförderung und Nachmittagsbetreuung
für Menschen mit Behinderungen in den Räumlichkeiten der Diakonie. Laut einer E-Mail der Amtsärztin Frau G. vom 7. August
2015 habe diese den Neurochirurgen Dr. O. um medizinische Auskunft gebeten. Dieser habe lediglich einen Bedarf an einfacher
Assistenz durch eine FSJ-Kraft gesehen. Zudem habe er die Möglichkeit gesehen, die Antragstellerin zu Hause so vorzubereiten,
dass sie in der Schule stuhlkontinent sei und nicht unvorhergesehen gewindelt werden müsse.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere auch der Beigeladenen, wird auf den Inhalt
der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.
II.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Nach §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, soweit sie die Erbringung höherer
Leistungen der Eingliederungshilfe in einer Hand durch eine Schulassistenzkraft des Beigeladenen an allen Schultagen einschließlich
der Nachmittagsbetreuung bis 14.30 Uhr zu einem Stundensatz von 31,36 € begehrt, für die Zeit ab 1. Januar 2016 zu einem Stundensatz
von 33,94 €. Für die begehrten entsprechenden Leistungen im Rahmen der Ferienbetreuung ist derzeit kein Anordnungsanspruch
glaubhaft gemacht, insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der
allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich
und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen
den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Die Antragstellerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung
bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung,
Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Bei der bei der Antragstellerin bestehenden
Erkrankung der Spina bifida auf Lumbalniveau (L 2/3) und den trotz mehrfacher Operationen verbliebenen erheblichen neurologischen
Funktionsbeeinträchtigungen, insbesondere der unteren Extremitäten sowie bei der Darm- und Blasenentleerung, handelt es sich
um wesentliche Behinderungen im oben genannten Sinne, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.
Die Antragstellerin benötigt aufgrund ihrer wesentlichen Behinderungen Hilfestellungen während des gesamten Schulalltags,
z.B. beim Klassenraumwechsel, bei dem Organisieren des Unterrichtsmaterials, An- und Ausziehen, Sportunterricht und bei Exkursionen
(amtsärztliche Stellungnahme des kinder- und jugendärztlichen Dienstes, Frau G., vom 8. Mai 2015). Zusätzlich ist es aufgrund
der Erkrankung notwendig, dass die Antragstellerin während der Schulzeit mehrfach mit entsprechenden Hygienemaßnahmen katheterisiert
und gewindelt wird, das Windeln ist auch außerhalb des Katheterisierens erforderlich (behandlungspflegerischer und grundpflegerischer
Bedarf, amtsärztliche Stellungnahme des kinder- und jugendärztlichen Dienstes, Frau G., vom 8. Mai 2015 ). Darüber hinaus
besteht bei der Antragstellerin ein Hilfebedarf während des Schulalltags bei dem Anlegen und Ausziehen eines Tageskorsetts,
das aufgrund einer beginnenden Verkrümmung der Wirbelsäule zu tragen ist (ärztlicher Bericht des Facharztes für Kinder- und
Jugendmedizin Dr. H. vom 6. August 2015). Weiterhin wird Hilfe bei dem An- und Ablegen von Orthesen auch während des Schulalltags
benötigt (ärztlicher Bericht des Ärztlichen Direktors der Orthopädischen Kinderklinik in Aschau/ Chiemgau Dr. J. vom 31. Juli
2015).
Nach Würdigung aller aktenkundigen ärztlichen Berichte und Stellungnahmen scheidet eine nach den einzelnen Tätigkeiten der
Integrationskraft differenzierende Aufspaltung der Maßnahme in Leistungen der Eingliederungshilfe einerseits und Pflegeleistungen
im Sinne des
SGB XI andererseits aus. Es ist davon auszugehen, dass Pflegeleistungen im Sinne des
SGB XI in den Hintergrund treten. Daher sind die oben dargelegten zu erbringenden Unterstützungsleistungen, die den Schulbesuch
ermöglichen oder erleichtern, als Hilfen zur angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, § 12 Nr. 1 der Eingliederungshilfe-Verordnung einzuordnen (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007, L 7 SO 414/07, Juris Rn. 26 m. w. N.). Die Antragstellerin
kann nicht darauf verwiesen werden, zur Deckung ihres Anspruchs auf eine angemessene Schulbildung für die in der Hilfe enthaltenen
pflegerischen Unterstützungshandlungen (wie z.B. Anlegen der Windeln außerhalb des Katheterisierens sowie sonstige Verrichtungen
im Rahmen der Pflegestufe 2 während des Schulbesuchs) anteilig Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen. Der
Nachrangrundsatz gilt nicht im Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflegeversicherung nach
dem
SGB XI. Dies ergibt sich aus §
13 Abs.
3 Satz 3
SGB XI (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007, L 7 SO 414/07, Juris Rn. 28 m. w. N.). Hinsichtlich behandlungspflegerischer
Maßnahmen hat das SG bereits zutreffend ausgeführt, dass bei Durchführung der Teilhabeassistenz in einer Hand eine Erstattung durch die Krankenkasse
möglich ist. Die zuständige Krankenkasse hat nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin der Beigeladenen eine Kostenzusage
für eine zweimal tägliche Katheterisierung während der Schulzeit erteilt und rechnet im Rahmen der Sachleistung gemäß §
37 Abs.
2 SGB V mit der Beigeladenen als zugelassener Leistungserbringerin ab. Dies ist auch für weitere Maßnahmen der Behandlungspflege
wie ggf. die Medikamentengabe möglich.
Nach derzeitigem Sachstand befürworten alle ärztlichen Stellungnahmen die Erbringung der Teilhabeassistenz in einer Hand mit
für den Senat stichhaltigen Argumenten. In der amtsärztlichen Stellungnahme des kinder- und jugendärztlichen Dienstes, Frau
G., vom 8. Mai 2015 ist unter Ziff. 9 b ausgeführt, dass es der Antragstellerin nicht zumutbar ist, dass das Katheterisieren
und Windeln durch ständig wechselnde Pflegekräfte eines Pflegedienstes durchgeführt wird und eine FSJ-Kraft dazu nicht in
der Lage ist. Die Ärztin hat sich dafür ausgesprochen, dass die Schulbegleitung durch eine weibliche Person durchgeführt wird,
die alle Bereiche abdeckt und über ausreichende Fachkenntnisse für die Katheterisierung verfügt oder diese in der Zwischenzeit
erwerben muss. In der ärztliche Stellungnahme des Dr. J. vom 31. Juli 2015 sowie in dem urologischen Attest des Dr. L. vom
31. Juli 2015 wird auf die Gefahr von Harnwegsinfekten und der damit verbundenen Gefährdung der Nierenfunktion bei einem häufigen
Wechsel der die Katheterisierung durchführenden Personen hingewiesen, von Dr. L. überdies auf die nicht sichere Planbarkeit
der Katheterisierung (vgl. hierzu E-Mail des kinder- und jugendärztlichen Dienstes, Frau G., vom 7. August 2015). Schließlich
hat auch der Neurochirurg Dr. O. unter dem 22. Januar 2016 ausgeführt, dass die Antragstellerin regelmäßig katheterisiert
und gewindelt werden muss, ihr die Intimpflege durch ständig wechselnde Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes nicht
zumutbar ist und eine FSJ-Kraft dazu nicht in der Lage ist. Damit hat Dr. O. seine ursprünglichen mündlichen Angaben gegenüber
Frau G. laut E-Mail vom 7. August 2015 eindeutig revidiert.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin vorliegend keine zumutbare Alternative für die Teilhabeassistenz zur Verfügung gestellt.
Grundsätzlich hat der Antragsgegner über Art und Maß der Leistungserbringung nach § 17 Abs. 2 S. 1 SGB XII nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Der Antragsgegner hat mit Bescheid
vom 23. Juni 2016 die Kosten einer Teilhabeassistenz in Form einer FSJ-Kraft für die Hilfen im lebenspraktischen Bereich übernommen,
die Antragstellerin insoweit an den DRK K-Stadt verwiesen sowie hinsichtlich erforderlicher behandlungs- und grundpflegerischen
Maßnahmen an (externe) Fachkräfte. Der DRK Kreisverband Odenwaldkreises e.V. hat jedoch mit E-Mail vom 13. August 2015 mitgeteilt,
dass keine FSJ-Kraft für die Antragstellerin mehr zur Verfügung gestellt werden könne. Ein Alternative zur derzeitigen Teilhabeassistenz
durch die beigeladene D., die den oben dargelegten Anforderungen genügt, hat der Antragsgegner der Antragstellerin nicht angeboten.
Daher steht der Leistungsgewährung auch nicht der Mehrkostenvorbehalt nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB XII entgegen, nach dem der Träger der Sozialhilfe in der Regel Wünschen nicht entsprechen soll, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen
Mehrkosten verbunden wäre. Dieser Vorbehalt setzt das Vorhandensein mindestens einer Alternative zur Bedarfsdeckung voraus,
die dem Hilfeberechtigten auch zumutbar sein muss (vgl. auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. August
2015, L 8 SO 177/15 B ER, Juris Rn. 27 m. w. N.).
Unabhängig von der Bindungswirkung der Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit der Stadt B-Stadt
hat der Antragsgegner daher im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig die Kosten für die Teilhabeassistenz durch
die Beigeladene einschließlich der Nachmittagsbetreuung bis 14:30 Uhr in der tenorierten Höhe bis zum Ende des Schuljahres
zu übernehmen. Für die Ferienbetreuung ist ein entsprechender Bedarf nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Wie bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde (BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 8 SO 30/10 R, Juris Rn. 21; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw. begleitenden, ist
rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer
angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 8 SO 30/10 R, a. a. O.; BSGE 101, 79 ff Rn. 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr. 1). Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst
werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich
der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind.
Im vorliegenden Fall ist deshalb für die Frage, ob Leistungen der Eingliederungshilfe auch die Nachmittags- und Ferienbetreuung
umfassen, nach Auffassung des Senats nicht entscheidungserheblich, ob die F-Schule an dem Konzept "Familienfreundlicher Kreis
Bergstraße" teilnimmt oder nicht, sondern der individuelle Förderbedarf der Antragstellerin. Bei der Antragstellerin besteht
nach der förderdiagnostischen Stellungnahme der P-Schule in A-Stadt vom 9. März 2014 ein sonderpädagogischer Förderbedarf
im Bereich körperliche und motorische Entwicklung. Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass die Nachmittagsbetreuung bis
einschließlich 14.30 Uhr zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich ist. Nach dem vorgelegten
Förderplan gemäß § 49 Abs. 3 HSchG ist dort unter Förderzielen und Fördermaßnahmen ein Nacharbeiten von verpasstem Lernstoff im Rahmen der schulischen Förderangebote/Hausaufgabenbetreuung
mit Unterstützung der Lehrer/Erzieherinnen und der Teilhabeassistentin am Nachmittag bis 14.30 Uhr vorgesehen. Hierfür bedarf
die Antragstellerin in gleicher Weise der Unterstützung wie bei dem vormittäglichen Schulunterricht. Hinsichtlich der Ferienbetreuung
finden sich jedoch keine entsprechenden Angaben in dem Förderplan. Daher bestehen bislang keine hinreichenden Anhaltspunkte
und ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Ferienbetreuung im oben dargelegten Sinne zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung
erforderlich ist. Insoweit kann weiterhin nicht von einer Verpflichtung des Antragsgegners ausgegangen werden, die entsprechenden
Kosten zu übernehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG. Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.