LSG Hessen, Urteil vom 26.06.2006 - 9 AL 7/06
Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
1. Wenn der Kläger nicht glaubhaft macht, die Rechtsbehelfsbelehrung gelesen, ihren Inhalt unter Anspannung seiner Geisteskräfte
zur Kenntnis genommen und an der Befolgung der darin befindlichen Maßgaben unverschuldet verhindert gewesen zu sein, so liegen
die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wahrung der Klagefrist nicht vor.
2. Wenn der durch den Verwaltungsakt belastete rechtsunkundige Bescheidempfänger im Vertrauen auf die eigene Beurteilung der
Verfahrenslage die Klageerhebung unterlässt, ohne mit Rücksicht auf die Vernachlässigung der Maßgaben der Rechtsbehelfsbelehrung
rechtzeitig rechtskundigen Rat einzuholen, so entschuldigt ein innerer Hinderungsgrund im Sinne von Unkenntnis oder Irrtum
die Fristversäumung nicht.
3. Das Vorliegen eines Augenblicksversagens im Hinblick auf die Nicht-Befolgung der Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne eines
einmaligen Fehlers bei einer Routinetätigkeit kommt nicht in Betracht, wenn der Bescheidempfänger rechtsunkundig ist und nach
eigenem Vorbringen gar nicht wusste, was los war. In diesem Fall liegt im Hinblick auf die verstandesmäßige Umsetzung der
Rechtsmittelbelehrung kein bloßer Moment der Unachtsamkeit vor. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Vorinstanzen: SG Marburg 06.12.2005 S 5 AL 74/05