Vorläufiger Zugang als Leistungserbringer zur entgeltlichen Schuldnerberatung
Begriff von Vereinbarungen
Anspruch auf ermessensfehlerfreie und willkürfreie Auswahlentscheidung
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt Zugang als Leistungserbringer zur entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Antragsteller ist ein zur Schuldenberatung gem § 3 Abs 1 Nds AGInsO zugelassener eingetragener Verein. Die Antragsgegnerin ist kommunale Trägerin der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Als
solche hat sie gem § 16a SGB II den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, soweit erforderlich, kommunale Eingliederungsleistungen zu erbringen. Diesen Aufgaben
können die Leistungsträger gem § 17 Abs 1 Satz 1 SGB II durch eigene Einrichtungen oder Dienste oder durch Beteiligung Dritter nachkommen. Im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin
wird die Schuldnerberatung gem § 16a Nr 2 SGB II gegenwärtig ausschließlich durch das F. (G.), Kreisverband H., erbracht, mit dem die Antragsgegnerin bereits seit 2006 eine
entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen hatte, wonach das Jobcenter I. Berechtigungsscheine zur Schuldnerberatung
ausgibt, die von den Leistungsberechtigten derzeit ausschließlich bei dem G. eingelöst werden können, welches der Antragsgegnerin
die erbrachten Beratungsleistungen sodann in Rechnung stellt.
Bereits im Frühjahr 2019 nahm der Antragsteller Kontakt zu der Antragsgegnerin auf mit dem Ziel, ihn an der entgeltlichen
Schuldnerberatung nach § 16a SGB II zu beteiligen. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs am 7. August 2019 brachte die Antragsgegnerin zum Ausdruck, dass Veränderungen
in der Vergabepraxis bereits angedacht seien, ein solches neues (Gutschein-)Verfahren unter Beteiligung weiterer Schuldnerberatungsstellen
auf Grund der aktuellen vertraglichen Regelungen jedoch nicht vor dem 1. Januar 2021 installiert werden könnte. In der Folge
teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 29. September 2020 mit, dass auf Grund der bestehenden pandemiebedingten
Situation es nicht für angezeigt gehalten werde, in bestehende Strukturen bzw in das bestehende Hilfesystem einzugreifen oder
strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Dem Antragsteller könne daher derzeit keine Beteiligungsmöglichkeit nach dem SGB II eingeräumt werden. Hiergegen erhob der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsteller am 21. Oktober 2020 Widerspruch.
Am 13. November 2020 hat der Antragsteller zudem bei dem Sozialgericht (SG) Braunschweig beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn an der Schuldnerberatung
nach dem SGB II zu beteiligen. Das Jobcenter I. vergebe jährlich ca 250 Gutscheine für eine Schuldnerberatung im Wert von 200,00 Euro. Wirtschaftlich
gesehen gehe es daher um die Verteilung von öffentlichen Geldern in Höhe von ca 50.000,00 Euro. Der Antragsteller habe ein
berechtigtes Interesse daran und auch einen entsprechenden Anspruch darauf, zukünftig ebenfalls Leistungserbringer für die
entgeltliche Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 SGB II zu werden. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Dritte an der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung
in Arbeit zu beteiligen sind, liege nach § 17 Abs 1 Satz 2 SGB II zwar in mehrfacher Hinsicht im Ermessen der Leistungsträger, also der Antragsgegnerin. Die von ihr geschaffene Monopolstellung
des G. sei jedoch rechtlich nicht haltbar und stelle neben einem Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG auch einen Wettbewerbsverstoß dar. Aber auch die Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller keine Beteiligungsmöglichkeit
einer Schuldnerberatung nach dem SGB II einzuräumen, sei nicht haltbar. Eine Ermessensausübung sei an dieser Stelle in keinster Weise zu erkennen. Die Antragsgegnerin
ist dem Vorbringen entgegengetreten. Es bestehe bereits kein Anordnungsgrund. Die Regelungen des § 17 Abs 2 SGB II räumten dem Antragsteller keinen unmittelbaren Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung ein, so dass daraus keine feste
Gewinnerwartung hergeleitet werden könne. Zudem dürfte der Abschluss einer Vereinbarung mit dem Antragsteller ohne vorheriges
ordnungsgemäßes Vergabeverfahren einen gesetzlichen Verstoß darstellen. Im Übrigen sei die von der Antragsgegnerin getroffene
Ermessensentscheidung fehlerfrei ergangen. Zur Prüfung einer Neuvergabe unter Einhaltung der komplexen Regelungen des Vergaberechts
und auch zur Prüfung alternativer Möglichkeiten seien umfangreiche Vorprüfungen notwendig, die in Zeiten einer der größten
Pandemien seit Jahrzehnten nicht zu leisten seien. Es sei keine Entscheidung erfolgt, den Antragsteller generell nicht in
eine Neuvergabe einzubeziehen, sondern lediglich, dass derzeit aufgrund der Covid-19-Pandemie keine Veranlassung bestehe,
die Schuldnerberatung neu aufzustellen.
Das SG hat mit Beschluss vom 13. Januar 2021 den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers scheitere unter jedem
denkbaren Gesichtspunkt, ohne dass entschieden werden müsse, welche Rechtsnatur die maßgebliche Vereinbarung nach § 17 Abs 2 Satz 1 SGB II hat bzw hätte. Bei Annahme eines Beschaffungsermessens der Antragsgegnerin wäre dieses nicht in dem Sinne auf Null reduziert,
dass der Antragsteller unmittelbar „als Leistungserbringer in der entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 SGB II zu beteiligen“ wäre. Bei Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gem §§ 53ff SGB X liefe das Begehren des Antragstellers darauf hinaus, durch dieses Verfahren unmittelbar einen Vertragsschluss mit der Antragsgegnerin
zu erzielen, was die vollständige unterlassene Prüfung vergaberechtlicher Voraussetzungen erforderlich machen würde. Zudem
habe der Antrag keinen Erfolg, weil er auf ein Ziel gerichtet sei, das der zivilrechtlichen Rechtsfigur „Verleitung zum Vertragsbruch“
recht nahekomme. Die Antragsgegnerin hätte ihren Vertrag mit dem G. spätestens am 30. Juni 2020 mit Wirkung zum 31. Dezember
2020 kündigen müssen, um eine Neuvergabe erreichen zu können. Von dieser Möglichkeit habe sie im Hinblick auf die „Leistungssicherheit
in Pandemiezeiten“ bewusst keinen Gebrauch gemacht. Ob dies am 30. Juni 2021 weiterhin mit dieser Überlegung zu rechtfertigen
sein werde, sei hier nicht zu entscheiden. Allerdings könne der Antragsteller gegenwärtig die von ihm erstrebte (sofortige)
Beteiligung als Leistungserbringer in der entgeltlichen Schuldnerberatung nur erreichen, soweit und indem das G. als bisher
alleiniger Leistungserbringer teilweise aus seiner laufenden Vertragsbeziehung mit der Antragsgegnerin verdrängt werde. Eine
subjektive Rechtsposition des Antragstellers, die geeignet wäre, als Dritter derart gravierend in ein bestehendes Sonderrechtsverhältnis
einzugreifen und dieses teilweise zu entwerten, vermöge das Gericht nicht zu erkennen.
Gegen den ihm am 18. Januar 2021 zugegangenen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 25. Januar 2021 eingelegten
Beschwerde. Nach seiner Auffassung handele es sich bei der vorliegenden Konstellation um einen Vertrag im sozialrechtlichen
Dreiecksverhältnis. Es gehe um den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Bei einem Nichtabschluss einer solchen
Vereinbarung habe der Antragsteller faktisch keine Möglichkeit, diese Leistungen anzubieten. Der Antragsgegnerin stünden vorliegend
mehrere Leistungserbringer zur Verfügung. Die Antragsgegnerin habe keine Gründe genannt, die dafürsprächen, dass die Schuldnerberatung
ausschließlich durch das G. durchgeführt werden müsse. Es werde davon ausgegangen, dass zumindest der Antragsteller die Schuldnerberatung
genauso gut und wirtschaftlich durchführen könne wie das G., so dass die Antragsgegnerin kein Ermessen mehr habe, sich auszusuchen,
mit wem sie die Schuldnerberatung durchführen möchte. Ihr Ermessen sei auf Null reduziert. Es sei auch nicht das Ziel des
Antragstellers, das G. von der Schuldnerberatung auszuschließen, sondern vielmehr, auch „ein Stück von dem Kuchen“ zu bekommen.
Dazu müsse der mit dem G. geschlossene Vertrag nicht gekündigt werden. Im Übrigen könnte die Antragsgegnerin die ihr übertragene
Aufgabe der Schuldnerberatung wesentlich besser durchführen, wenn sie den Antragsteller als Leistungserbringer akzeptieren
würde, da das G. derzeit stark überlastet sei und Termine nicht zeitnah vermitteln könnte.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auf Grund der dargelegten situationsbedingten
Gründe und den gesetzlichen Anforderungen, die mit einer Neuvergabe verbunden seien, bestehe schon dem Grunde nach keine Ermessensreduktion
auf Null dahingehend, gerade zum jetzigen Zeitpunkt mit dem Antragsteller eine identische Vereinbarung wie mit dem G. zu schließen.
Im Hinblick auf das Vorhandensein mehrerer anderer Anbieter könne hier allein schon deshalb keine Beschränkung allein auf
den Antragsteller als weiteren Anbieter bestehen. Mängel bei der Aufgabenerfüllung durch das G. seien der Antragsgegnerin
nicht bekannt geworden. Auch sei die aktuell pandemiebedingte Wartezeit von ca 6 Wochen vertretbar.
Außer der Gerichtsakte hat der von der Antragsgegnerin übersandte Verwaltungsvorgang vorgelegen und war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend
Bezug genommen.
II.
Die nach §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und zulässige Beschwerde des Antragstellers ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.
Gem §
86b Abs
2 Satz 2
SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Voraussetzungen dafür, dh ein
Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie ein Anordnungsgrund
– die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§
86 Abs
2 Satz 4
SGG, §
920 Abs
3 Zivilprozessordnung -
ZPO -).
Dies zugrunde gelegt fehlt es vorliegend an einer hinreichenden Glaubhaftmachung eines gebundenen Anspruchs auf Zugang zur
entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 SGB II. Hingegen hat der Antragsteller Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin über seinen Antrag,
ihn an dem aktuell ausschließlich mit dem G. praktizierten Verfahren der Schuldnerberatung teilhaben zu lassen.
1. Rechtsgrundlage der angestrebten Beteiligung des Antragstellers an der von der Antragsgegnerin getragenen Schuldnerberatung
ist § 17 Abs 2 SGB II iVm § 17 Abs 1 Satz 1 sowie § 16a Nr 2 SGB II. Werden Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nicht durch eigene Einrichtungen und Dienste des Trägers, sondern durch Dritte
erbracht und sind im
SGB III keine Anforderungen geregelt, denen die Leistung entsprechen muss, sind die Träger danach zur Vergütung der Leistungen nur
verpflichtet, wenn ua mit dem Dritten eine Vereinbarung insbesondere über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, deren
Vergütung und die Prüfung ihrer Wirtschaftlichkeit und Qualität besteht (§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB II). Das gilt auch für die nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II von den kreisfreien Städten und Kreisen zu erbringenden Eingliederungsleistungen nach § 16a SGB II und damit für den streitbefangenen Zugang zur Schuldnerberatung. Danach können die kommunalen Träger zur Verwirklichung einer
ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit als für die Eingliederung von erwerbsfähigen
Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderliche Leistung ua eine Schuldnerberatung erbringen (§ 16a Nr 2 SGB II). Über die Beteiligung des Antragstellers an der Schuldnerberatung hat die Antragsgegnerin nicht durch Verwaltungsakt zu
entscheiden. Nach dem Vertragskonzept des § 17 Abs 2 SGB II stehen sich Antragsteller und Antragsgegnerin in Bezug auf die rechtliche Ausgestaltung der streitbefangenen Beteiligung
an der Schuldnerberatung nicht in einem der Regelung durch Verwaltungsakt zugänglichen Über-Unterordnungsverhältnis, sondern
im Verhältnis der Gleichordnung gegenüber. Ungeachtet dessen berührt das Vertragskonzept nach § 17 Abs 2 SGB II nicht die Befugnis der Leistungsträger, die Anforderungen an die Erbringung der von ihnen zu gewährenden Eingliederungsleistungen
nach pflichtgemäßem Ermessen so zu bestimmen, wie sie es für eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Versorgung
der Leistungsberechtigten für erforderlich halten dürfen. Ob und ggfs unter welchen Voraussetzungen Dritte an der Erbringung
von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu beteiligen sind, liegt nach § 17 Abs 1 Satz 1 SGB II in mehrfacher Hinsicht im Ermessen der Leistungsträger (vgl Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 10. August 2016 – B 14 AS 23/15 R -).
§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB II spricht nur von Vereinbarungen. Unter den Begriff der Vereinbarungen fallen zweiseitige Austauschverträge, aber auch (öffentlich-rechtliche)
Verträge auf der Basis des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses. Zwischen diesen beiden Arten von Vereinbarungen trifft
§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB II keine Entscheidung. Die Leistungsträger sind frei in ihrer Entscheidung, wie sie den Leistungserbringungsprozess gestalten,
sie können eine der beiden Varianten wählen und haben demzufolge ein Beschaffungsermessen (vgl von Boetticher/Münder in: Münder/Geiger,
SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGB II § 17 Rn 36 sowie zu den verschiedenen Vertragsgestaltungen Rn 24 ff).
Ob ein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung seitens des leistungserbringenden Dritten besteht, hängt vom Charakter der
zu schließenden Vereinbarung ab. Da das Gesetz nicht einen Typus von Vertrag zwingend vorschreibt, sondern gegenseitige Leistungsverträge
und „Verträge“ auf der Basis des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses ermöglicht, ist das Ergebnis von den jeweiligen Verträgen
abhängig. Bei einem zweiseitigen Vertrag besteht kein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages; bei solchen zweiseitigen Verträgen
sind jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen die haushaltsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Vergabe
von Verträgen zu beachten. Bei einem Vertrag im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses bedeutet der Vereinbarungsabschluss
noch nicht, dass Leistungen erbracht und Vergütungen zu zahlen sind, sondern nur, dass der entsprechende Dritte als Anbieter
von Leistungen zugelassen ist. Hier sind die Bestimmungen auch im Interesse der leistungsanbietenden Dritten (von Boetticher/Münder,
aaO, Rn 45).
Im Hinblick auf § 17 Abs 2 SGB II entstehen für die Leistungsberechtigten keine einklagbaren Rechtspositionen. Auch den Leistungserbringern steht demnach kein
direkter Anspruch auf Abschluss eines Vertrags, sondern vielmehr ein auf § 17 Abs 2 iVm Abs 1 S 1 gestützter Anspruch auf
eine ermessensfehlerfreie und willkürfreie Auswahlentscheidung zu (Weißenberger in: Eicher/Luik, 4. Aufl. 2017, SGB II § 17 Rn 19).
2. Ein Anordnungsanspruch im Sinne eines gebundenen Anspruchs des Antragstellers auf Beteiligung an der von der Antragsgegnerin
den SGB II-Leistungsberechtigten gewährten Schuldnerberatung besteht nicht.
Vorliegend hat sich die Antragsgegnerin auf der ersten Ebene dazu entschlossen, die Leistungen nicht mit eigenen Einrichtungen
oder Diensten zu erbringen, sondern durch Dritte (aktuell ausschließlich durch das G.. Sehen die Leistungsträger von der Leistungserbringung
durch eigene Einrichtungen oder Dienste ab, haben sie auf einer zweiten Ebene durch Verträge nach § 17 Abs 2 SGB II mit externen Leistungserbringern auf eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Leistungserbringung hinzuwirken und so
sicherzustellen, dass die Leistungsberechtigten die ihnen zustehenden Eingliederungsleistungen iS von § 17 Abs 1 Nr 1 SGB II in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhalten. Welche Anforderungen an die Leistungserbringung die Leistungsträger hierbei
zu Grunde legen, obliegt dem gerichtlich nur nach dem - hier entsprechend anzuwendenden - Maßstab von §
39 Abs
1 SGB I sowie von §
54 Abs
2 Satz 2
SGG zu überprüfenden pflichtgemäßen Ermessen der Leistungsträger und unterliegt nicht - auch nicht teilweise - der uneingeschränkten
gerichtlichen Überprüfung wie bei unbestimmten Rechtsbegriffen (vgl BSG, aaO).
Bei Ermessensentscheidungen, wie vorliegend, ist eine auf eine konkrete Verpflichtung des Antragsgegners gerichtete einstweilige
Anordnung nur bei einer Reduzierung des Ermessens auf Null zulässig (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13.
Aufl. 2020,
SGG §
86b Rn 30a). Ein gebundener Anspruch auf Zugang zu der entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 SGB II im Rahmen des hier anhängigen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens besteht demnach nur, wenn das der Antragsgegnerin eingeräumte
Ermessen auf Null reduziert ist.
Eine solche Ermessensreduzierung auf Null vermag der Senat mit der Antragsgegnerin hier nicht zu erkennen. Sofern sich die
Antragsgegnerin für eine Neuausrichtung der Schuldnerberatung im Wege eines zweiseitigen Vertrages entscheidet, steht einem
Anspruch des Antragstellers bereits der Umstand entgegen, dass neben dem Antragsteller noch weitere Schuldnerberatungsstellen
im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin ansässig sind, bei denen nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass sie
von vornherein keine Beteiligung als Leistungserbringer begehren. Insofern wäre eine Neuvergabe nur im Wege eines ordnungsgemäßen
Vergabeverfahrens und unter Berücksichtigung wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen möglich. Das Ergebnis eines solchen Vergabeverfahrens
kann in diesem Verfahren jedoch nicht vorweggenommen werden.
Der Antragsteller hat auch keinen gebundenen Anspruch auf Abschluss eines Vertrags gleichen Inhalts wie gegenwärtig mit dem
G.. Zwar ist dem Antragsteller zuzustimmen, dass ein solches Vorgehen der Antragsgegnerin nicht allein auf Grund des bereits
bestehenden Vertragsverhältnisses mit dem G. von vornherein ausgeschlossen ist. Denn die Antragsgegnerin hat weder dargelegt
noch ergibt sich dies aus der mit dem G. geschlossenen Leistungs- und Prüfvereinbarung, dass nicht hierneben noch ein weiterer
Vertrag mit einem zweiten Leistungserbringer geschlossen werden könnte. Ein vertraglich vereinbartes Exklusivverhältnis, welches
die Antragsgegnerin bei einem weiteren Vertragsschluss mit einem anderen Leistungserbringer „zum Vertragsbruch verleiten“
würde, ist für den Senat entgegen der Annahme des SG somit nicht erkennbar.
Ein Anspruch auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags solchen Inhalts im Sinne einer Ermessensreduzierung auf
Null kommt jedoch nur in Betracht, wenn ein solcher ersichtlich rechtmäßig wäre und jede andere Entscheidung erkennbar ermessensfehlerhaft
wäre. Hier steht der Antragsgegnerin dagegen nicht nur ein Entschließungsermessen dergestalt zu, die Leistungen der kommunalen
Eingliederung durch eigene Einrichtungen oder Dritte zu erbringen, sondern ihr wird auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung
einer Leistungserbringung durch Dritte Ermessen eingeräumt (vgl BSG, aaO).
Diese Maßstäbe zugrunde gelegt ist ein Anspruch des Antragstellers im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null schon deshalb
nicht anzunehmen, weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder durch die Antragsgegnerin noch durch den Senat eine Prüfung möglich
ist, ob eine Beteiligung des Antragstellers zu den mit dem G. vereinbarten Konditionen erfolgen kann. Bei Abschluss eines
öffentlich-rechtlichen Vertrages hat sich die notwendige Ermessensausübung – neben der Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes
– an den Kriterien des § 17 SGB II zu orientieren, wobei kein zulässiges Kriterium ist, ob ein entsprechender Bedarf besteht (vgl von Boetticher/Münder, aaO,
Rn 45). Dass der Antragsteller die Schuldnerberatung genauso gut und wirtschaftlich durchführen kann wie das G., ist bislang
lediglich von ihm behauptet worden. In eine nähere Überprüfung konnte bislang diesbezüglich noch nicht eingetreten werden
und eine solche ist auch nicht im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens durch den Senat vorzunehmen.
3. Dagegen hat der Antragsteller Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin über sein Begehren auf Beteiligung an der derzeit
von ihr praktizierten entgeltlichen Schuldnerberatung ermessensfehlerfrei entscheidet.
a. Dabei bezieht sich der Anspruch des Antragstellers gegenwärtig nicht auf eine Pflicht der Antragsgegnerin zur erneuten
Entscheidung über die Neuvergabe bzw Neuausrichtung der entgeltlichen Schuldnerberatung. Denn diesbezüglich hat die Antragsgegnerin
zur Überzeugung des Senats ermessensfehlerfrei entschieden, die Neuausrichtung der Schuldnerberatung auf einen späteren Zeitpunkt
zu verschieben und den Antragsteller aktuell nicht hieran zu beteiligen. Ermessensfehler sind diesbezüglich nicht feststellbar
(vgl zu den gerichtlichen Kontrollmaßstäben BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R -). Insbesondere liegt kein Ermessensfehlgebrauch in der Entscheidung der Antragsgegnerin aus dem Sommer 2020 vor, die
Neuvergabe und die damit verbundene eventuelle Neuausrichtung der entgeltlichen Schuldnerberatung wegen der aktuellen Situation
im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie nicht im Jahr 2021 vorzunehmen. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargelegt,
im Sommer 2020 diese Entscheidung getroffen zu haben, um einerseits die bestehende Leistungserbringung gegenüber den Leistungsempfängern
zu sichern, andererseits aber auch, weil die Pandemie besondere personelle und strukturelle Ressourcen im Bereich des Gesundheitswesens,
für die die Antragsgegnerin ebenfalls zuständig ist, bindet, die für eine umfassende Prüfung und ordnungsgemäße Durchführung
der Neuvergabe der Schuldnerberatung fehlen würden. Gleichzeitig hat die Antragsgegnerin klar zum Ausdruck gebracht, dass
sie den Antragsteller hierdurch nicht generell abgelehnt hat, sondern lediglich die notwendige Entscheidung auf Grund der
Pandemie verschoben hat. Dies stellt zur Überzeugung des Senats eine aktuell sachgerechte Erwägung dar, wobei sich diese Beurteilung
naturgemäß im weiteren Zeitverlauf ändern kann. So liegt es auf der Hand, dass die Antragsgegnerin sich einer Entscheidung
über die Art und Weise einer Neuvergabe bzw auch einer Beteiligung des Antragstellers durch öffentlich-rechtlichen Vertrag
nicht immer wieder dadurch entziehen kann, dass sie gegenüber der G. keine Kündigung ausspricht und so vollendete Tatsachen
schafft. Sie wird daher bereits für dieses Jahr kritisch das weitere Vorgehen für den kommenden Sommer zu überprüfen haben.
b. Hingegen hat die Antragsgegnerin noch über einen Zugang des Antragstellers zur entgeltlichen Schuldnerberatung in der derzeit
ausschließlich mit dem G. praktizierten Weise ermessensfehlerfrei zu entscheiden. Der Antragsteller hat sein Antragsbegehren
dahingehend formuliert, auch „ein Stück vom Kuchen“ abbekommen zu wollen, also konkret zumindest einen Vertrag mit demselben
Inhalt wie mit dem G. abschließen zu wollen. Mit diesem Begehren hat sich die Antragsgegnerin bislang erkennbar nicht auseinandergesetzt.
So steht diesem Begehren zunächst, wie oben bereits dargelegt, nicht der Umstand entgegen, dass bereits ein Vertrag mit dem
G. langfristig geschlossen ist. Auch ist für den Senat nicht erkennbar, inwiefern die Einschränkungen im Zusammenhang mit
der aktuellen Covid-19-Pandemie einem solchen Vorgehen entgegenstehen sollten. Die Prüfung der Leistungsfähig- und Wirtschaftlichkeit
des Antragstellers und schließlich der etwaige Abschluss einer dem G. -Muster entsprechenden Leistungs- und Prüfvereinbarung
stellt eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung dar und muss daher auch zu Zeiten der aktuellen Pandemie erbracht werden
können. Dieses Verwaltungshandeln bindet erheblich weniger zeitliche und personelle Ressourcen als die Prüfung einer Neuausrichtung
oder die Durchführung eines kompletten Neuvergabeverfahrens. Auch würde eine vorübergehende Beteiligung des Antragstellers
der Antragsgegnerin nicht die Möglichkeit nehmen, künftig und zeitnah eine Neuausrichtung der Schuldnerberatung etwa durch
ein Gutscheinverfahren vorzunehmen, wenn in eine vertragliche Vereinbarung mit dem Antragsteller etwa besondere Kündigungsmöglichkeiten
oder Befristungen aufgenommen werden würden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass der Antragsteller mit seinem primären Antragsbegehren auf Verpflichtung zur Beteiligung
an der entgeltlichen Schuldnerberatung unterlegen geblieben ist und lediglich einen Anspruch auf Neuentscheidung hat.
Die Höhe des Streitwerts beruht auf §
197a SGG iVm § 52 Abs Gerichtskostengesetz (GKG) und ergibt sich aus dem von dem Antragsteller dargelegten wirtschaftlichen Interesse in der Hauptsache in Höhe von 25.000,00
Euro. Nach dem Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit (Punkt 10.1) beträgt der Streitwert bei einstweiligen Anordnungen
ein Viertel bis zur Hälfte des Streitwerts der Hauptsache je nach deren wirtschaftlicher Bedeutung (vgl auch Toussaint in:
Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, 32. Edition, § 52 GKG Rn 10a). Für eine Verpflichtung zur Bescheidung im Hinblick auf eine Beteiligung an der derzeitigen Form der entgeltlichen
Schuldnerberatung ist lediglich ein Viertel des Streitwertes der Hauptsache anzusetzen.
Dieser Beschluss ist nach Maßgabe des §
177 SGG unanfechtbar.