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LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 01.03.2017 - 13 AS 123/14
Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende Rechtmäßigkeit eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X aufgrund vorläufiger Leistungsgewährung bei unregelmäßigen Einkommen und endgültiger Festsetzung nach Feststellung des tatsächlich zugeflossenen Einkommens
1. Nimmt der Grundsicherungsträger aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X eine Überprüfung in der Sache vor, kann er im Klageverfahren nicht damit gehört werden, dass er zu einer derartigen inhaltlichen Überprüfung und Bescheidung in Ermangelung eines den formellen Erfordernissen genügenden Antrags eigentlich gar nicht verpflichtet gewesen wäre.
2. Das in § 44 SGB X zum Ausdruck kommende Gebot, der materiellen Gerechtigkeit zum Erfolg zu verhelfen, bedeutet, dass im Zugunstenverfahren einem Leistungsberechtigten (nur) diejenige Leistung zu gewähren ist, die ihm nach materiellem Recht bei von Anfang an zutreffender Rechtsanwendung zugestanden hätte.
3. Wären bei zutreffender Rechtsanwendung (vorläufige Leistungsgewährung bei unregelmäßigen Einkommen und endgültige Festsetzung nach Feststellung des tatsächlich zugeflossenen Einkommens) keine Nachzahlungsansprüche entstanden, führt auch ein gezielt für diejenigen Leistungsmonate, in denen kein Einkommen zugeflossen ist, gestellter Überprüfungsantrag nicht zu derartigen Ansprüchen.
1. Zu den formellen Erfordernissen eines Antrags nach § 44 SGB X, welcher überhaupt erst eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, gehört nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des BSG, dass entweder ein oder mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret benannt werden oder aber jedenfalls bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist.
2. Der Erlass eines endgültigen Bescheides ist kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit der prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht; der Erlass eines endgültigen statt eines vorläufigen Bescheides stellt sich dann als rechtswidrig dar.
3. Der Rücknahmeanspruch nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X setzt mit dem Tatbestandsmerkmal "und soweit deshalb" voraus, dass der rechtswidrige Verwaltungsakt dazu geführt hat, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
4. Es muss ein Kausalzusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts und dem Nichterbringen der an sich zustehenden Sozialleistung bestehen.
5. Dem Leistungsberechtigten sollen (nur) diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten.
Normenkette:
SGB X § 44
,
SGB II § 40
Vorinstanzen: SG Oldenburg 28.03.2014 S 47 AS 2423/10
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 28. März 2014 dahingehend geändert, dass hinsichtlich der Monate Juni, August und November 2008 die Klage vollumfänglich abgewiesen wird sowie hinsichtlich der Monate Februar, April und Juli 2009 bei der Neuberechnung der Leistungsansprüche auch Betreuungsgeld in Höhe von 440,14 EUR und Unterhalt in Höhe von 265 EUR anzurechnen sind und die Klage im Übrigen abgewiesen wird.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägern 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.

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