Darlehensweise Übernahme von Heiz- und Stromschulden durch den SGB-II-Träger
Wirtschaftlich unvernünftiges und vorwerfbares Handeln des Hilfebedürftigen
Minderjährige Kinder in einer Bedarfsgemeinschaft
Gezielte Herbeiführung von Miet- bzw. Energierückständen
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Übernahme von Heiz- und Stromschulden nach § 22 Abs. 8 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1984 geborene Antragstellerin steht seit vielen Jahren im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen. Der Antragsgegner bewilligte zuletzt durch Bescheid vom 14. Januar 2016 der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin
Arbeitslosengeld II für Dezember 2015 in Höhe von 2.064,00 EUR, für Januar 2016 in Höhe von 1.257,43 EUR und für Februar bis
Juni 2016 in Höhe von 924,53 EUR monatlich. Die Antragstellerin bewohnt mit ihren drei Kindern (geboren 2001, 2007 und 2010)
eine 95 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in C. zu einer Grundmiete von 361,00 EUR, Nebenkosten ab Juli 2014 in Höhe von 170,00
EUR und einem Heizkostenabschlag ab Dezember 2014 in Höhe von 111,00 EUR monatlich. Die drei Kinder erhalten Kindergeld und
Unterhalt in unterschiedlicher Höhe. Die Antragstellerin ging von Dezember 2014 bis November 2015 einer Erwerbstätigkeit nach
mit einem Bruttolohn von circa 790,00 EUR monatlich. Ab Januar 2016 bezieht sie Arbeitslosengeld.
In den letzten fünf Jahren kam es jährlich wiederholend zu erheblichen Rückständen bei der Strom- und Gasrechnung, die zunächst
durch den Antragsgegner darlehensweise zwecks Abwendung des drohenden Verlustes der Energieversorgung übernommen worden waren.
Diese Strom- und Heizungsschulden waren ferner Anlass dafür, dass die Antragstellerin seit 2013 dreimal den Energielieferanten
wechselte. Anlässlich der gewährten Nachzahlung in Höhe von 2.105,82 EUR für die Jahresabrechnung 2012 für Heizkosten nebst
Erhöhung des monatlichen Abschlags forderte der Antragsgegner die Antragstellerin mit Schreiben vom 31. Januar 2013 auf, die
Heizkosten zu senken, weil ihr Heizverbrauch für das Jahr 2012 mit 3.105,82 EUR mehr als das Doppelte des Durchschnittswertes
vergleichbarer Haushalte bedeute. Deswegen lehnte der Antragsgegner später mit Bescheid vom 28. Januar 2014 die Übernahme
der Zahlungsrückstände aus der Jahresabrechnung 2013 für Strom in Höhe von 567,00 EUR und für Gas in Höhe von 577,00 EUR ab,
unter anderem weil die Sollbeträge für die Heizung dadurch entstanden seien, dass die Antragstellerin die ihr gewährten Abschläge
nicht an den Energieversorger abgeführt habe. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 29. Dezember 2015 legte die Antragstellerin die Jahresabrechnungen der Firma D. mit einem offenen Betrag für Erdgas in
Höhe von 1.206,03 EUR und für Strom in Höhe von 459,71 EUR vor und begehrte die Übernahme dieser Energieschulden. Der Antragsgegner
bewilligte mit Bescheid vom 14. Januar 2016 neben den neuen höheren Abschlägen eine Nachzahlung in Höhe von 332,93 EUR entsprechend
der Differenz zwischen den verbrauchten Heizkosten und den berücksichtigten Heizkostenabschlägen. Mit Bescheid vom gleichen
Tage lehnte der Antragsgegner die Übernahme des Restbetrages für die Heizkosten als Darlehen gemäß § 22 Abs. 8 SGB II ab. Bereits mit Bescheid vom 12. Februar 2016 hatte der Antragsgegner die Übernahme der Stromschulden als Darlehen abgelehnt.
Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, es könne nicht sichergestellt werden, dass durch die Schuldenübernahme zukünftig
keine Schulden mehr entstehen würden. Gegen beide Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein, deren Ausgang unbekannt
ist.
Am 15. Februar 2016 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Braunschweig den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zwecks Übernahme der Strom- und Heizschulden durch den
Antragsgegner als Darlehen gestellt. Die Nachforderungen des Energieversorgers könne sie nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen
begleichen. Bemühungen um ein Darlehen im Familien- und Freundeskreis seien erfolglos geblieben. Die Firma D. wolle am nächsten
Tage, dem 16. Februar 2016, die Strom- und Gasversorgung unterbrechen. Sie habe einen anderen Anbieter gefunden, der zum 2.
März 2016 die Versorgung mit Strom und Gas sicherstellen werde.
Das SG Braunschweig hat mit Beschluss vom 19. Februar 2016 den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin ein Darlehen
in Höhe von 1.521,64 EUR (469,71 EUR für Stromschulden und 1.051,93 EUR für Heizschulden) zu bewilligen und auszuzahlen. Die
Übernahme der Schulden sei gerechtfertigt und notwendig, um eine der drohenden Wohnungslosigkeit vergleichbare Situation bei
abgestellter Energieversorgung abzuwenden. Es sei zwar richtig, dass die Antragstellerin die fälligen Abschläge in Höhe von
111,00 EUR, die sie vom Antragsgegner erhalten habe, in vielen Monaten nur teilweise an den Versorger weitergeleitet habe.
Auch habe die Antragstellerin offenbar die vom Antragsgegner im Jahre 2016 übernommene Nachzahlung für den ungedeckten Bedarf
nach § 22 Abs. 1 SGB II nicht an den Versorger weitergeleitet. Schließlich habe die Antragstellerin nach Aktenlage bereits mehrfach Darlehen wegen
Energierückständen erhalten. In solchen Wiederholungs- und Missbrauchsfällen könne grundsätzlich ein atypischer Fall angenommen
werden, der einer Schuldenübernahme entgegenstehe. Diese Verschuldensgesichtspunkte träten aber im Rahmen der Ermessenausübung
zurück, wenn wie vorliegend minderjährige Kinder in der kalten Jahreszeit von der Unterbrechung der Energieversorgung betroffen
seien.
Am 25. Februar 2016 hat der Antragsgegner gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Das SG habe nach seiner Auffassung fehlerhaft darauf abgestellt, dass Verschuldensgesichtspunkte zurücktreten müssten, wenn minderjährige
Kinder betroffen seien. In der Vergangenheit seien mehrmals Energieschulden entstanden. Spätestens seit dem Ablehnungsbescheid
vom 21. Februar 2014 habe die Antragstellerin gewusst, dass der Antragsgegner nicht mehr bereit sei, ein nochmaliges Darlehen
zur Schuldenübernahme zu gewähren. Die Antragstellerin habe es darauf angelegt, sich nicht um ihre Heiz- und Stromschulden
ausreichend zu kümmern und es vorgezogen, die ihr bewilligten Gelder in anderer Weise auszugeben. Obwohl die Antragstellerin
von November 2014 bis November 2015 Einkommen erzielt habe, seien die geforderten Abschlagszahlungen nicht pünktlich und vollständig
beglichen worden. Die Antragstellerin sei vor Jahren bereits aufgefordert worden, ihr Heizverhalten zu ändern und die Heizkosten
zu senken. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 habe der Antragsgegner sie zusätzlich aufgefordert, die gesamten Unterkunftskosten
zu senken, weil diese oberhalb der anerkannten Obergrenze lägen. Es könne nicht zu Lasten des Antragsgegners gehen, wenn die
Antragstellerin als Personensorgeberechtigte für ihre minderjährigen Kinder dieser Aufgabe nicht in ausreichendem Maße nachkomme.
Das mehrjährige unverantwortliche Verhalten der Antragstellerin lasse darauf schließen, dass sie die Entstehung der Schulden
bewusst im Vertrauen darauf in Kauf genommen habe, der Antragsgegner werde die dadurch entstehenden Schulden anschließend
zum Zwecke der Sicherstellung der Energieversorgung schon übernehmen. Dies stelle ganz offensichtlich ein rechtsmissbräuchliches
Verhalten dar. Im Übrigen habe die Antragstellerin bereits ab 2. März 2016 einen neuen Versorger gefunden, so dass einstweiliger
Rechtsschutz zunächst gegen den Netzbetreiber zu betreiben gewesen sei und nicht gegen den Antragsgegner.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 19. Februar 2016 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde des Antragsgegners über die bewilligte Schuldenübernahme in Höhe von 1.521,64 EUR zurückzuweisen sowie die
weitere Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin auch die Kosten für die Sperrung und die Wiederinbetriebnahme
des Strom- und Gasanschlusses als Darlehen zu gewähren.
Die Antragstellerin erwidert, sie und ihre Kinder seien weiterhin ohne Strom- und Gasversorgung, nachdem D. am 16. Februar
2016 die Versorgung unterbrochen habe. Zwar habe sie einen neuen Anbieter gefunden, der ab 2. März 2016 die Energieversorgung
übernehmen wollte. Der Anbieterwechsel sei aber bis heute nicht möglich gewesen, weil die Firma D. sich weigere, den Anschluss
freizugeben. Auch nach Eingang des vom SG zugesprochenen Betrages seien noch die Gebühren und Kosten für die Sperrung des Energieanschlusses offen. Eine Wiederaufnahme
der Versorgung sei deshalb durch den neuen Energielieferanten nur möglich, wenn sämtliche Schulden beglichen würden. Selbst
dann blieben noch die Schulden gegenüber der Firma D., so dass auch beim Wechsel des Energieversorgers eine Schuldübernahme
erforderlich sei. Die Antragstellerin habe aus Kindeswohlgründen die Wohnung verlassen und sei mit ihren Kindern bei den Eltern
untergekommen. Es bestehe weiterhin akuter Handlungsbedarf. Das Ermessen der Behörde sei auf Null reduziert, wenn minderjährige
Kinder von der gekappten Energieversorgung betroffen seien. Die Antragstellerin führt statistisches Material und diverse Links
als Nachweis dafür an, dass sie als alleinerziehende Mutter mit wenig finanziellen Mitteln viel größeren Belastungen ausgesetzt
sei als verheiratete Mütter in gleicher Lage. Der zivilrechtliche Weg gegen den Energieversorger sei vor dem Amtsgericht C.
völlig aussichtslos gewesen. Für eine berechtigte Stromunterbrechung lasse das Amtsgericht ausreichen, dass Zahlungen ausblieben
und in nächster Zeit die Begleichung der Rückstände nicht zu erwarten sei. Vor diesem Amtsgericht werde ein Vortrag nicht
berücksichtigt, dass minderjährige Kinder im Haushalt lebten. Selbst Eltern mit Kindern von unter sechs Monaten sei es nach
Entscheidungen des Amtsgerichts C. zumutbar, die Zubereitung von Flüssignahrung bei Bekannten oder Nachbarn wahrzunehmen und
dies auch in der Nachtzeit.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet und führt zur Aufhebung des Beschlusses des SG Braunschweig vom
19. Februar 2016. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Die Antragstellerin kann nicht vom Antragsgegner
die Übernahme von Schulden verlangen. Damit fehlt es an dem für eine Regelungsverfügung nach §
86a Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erforderlichen Anordnungsanspruch.
1. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin kommt nur § 22 Abs. 8 SGB II in Betracht.
a) Nach § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung
der Unterkunft oder Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Es ist allgemein anerkannt, dass vom Regelungsgehalt
dieser Vorschrift nicht nur die Übernahme von Mietschulden, sondern darüber hinaus auch eine Übernahme von sonstigen Schulden
- insbesondere die hier streitigen Energiekostenrückstände - erfasst werden. Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen
des SGB II-Trägers. Dieses Ermessen verdichtet sich zu einem sogenannten gebundenen Ermessen, wenn die Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II vorliegen. Danach sollen Schulden übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit
einzutreten droht. In diesem Fall sollen Geldleistungen als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs. 8 Satz 4 SGB II).
b) Ausgangspunkt dieser Regelung ist der Grundsatz, dass die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
der Deckung eines gegenwärtigen Bedarfes dient. Grundsätzlich werden also im Rahmen von Leistungen nach dem SGB II - ebenso wenig wie im Sozialhilferecht - keine Schulden übernommen. § 22 Abs. 8 SGB II stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Die Übernahme von Mietschulden erfolgt aber nicht allgemein zur finanziellen
Entlastung des Berechtigten, sondern ausschließlich wegen einer gegenwärtigen drohenden Notlage, nämlich dass sonst der Verlust
der Wohnung eintreten würde. Die Schuldenübernahme muss dementsprechend zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt und notwendig
sein. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 22 Abs. 8 SGB II erfüllt, wird in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verpflichtung des SGB II-Trägers zur darlehensweisen Übernahme der Schulden nur dann erfolgen können, wenn die zu treffende Ermessensentscheidung
für die Antragsteller voraussichtlich positiv ausfallen wird.
c) Bei der gebotenen Ermessensentscheidung sind in einer umfassenden Würdigung alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen,
insbesondere die Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, der betroffene Personenkreis, die Frage der Betroffenheit von Kleinkindern
oder Behinderten, das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten und ein erkennbarer Wille zur Selbsthilfe. In dieser Gesamtschau
kann es von Bedeutung sein, ob ausnahmsweise die Leistungsberechtigten ein missbräuchliches Verhalten an den Tag gelegt haben.
Dieser Umstand könnte unter Umständen anzunehmen sein, wenn die Hilfesuchenden ihre Mieten oder Energiekostenabschläge bewusst
im Vertrauen darauf nicht zahlen, dass diese später doch vom Leistungsträger darlehensweise übernommen würden. Denn eine gezielte
Herbeiführung der Notlage zu Lasten des Leistungsträgers kann nicht hingenommen werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss
vom 26.10.2006 - L 9 AS 529/06 ER - und vom 28.05.2009 - L 7 AS 546/09 B ER -).
d) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) tritt bei der Gesamtabwägung nach § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II auch ein wirtschaftlich unvernünftiges und vorwerfbares Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit
mitverursacht haben mag, regelmäßig zurück (BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 68/09 R - Rdnr. 31 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41). Denn Miet- oder Energieschulden werden in aller Regel durch ein (gegebenenfalls
nicht nachvollziehbares) Fehlverhalten des Leistungsberechtigten entstanden sein und die Regelung zur Schuldenübernahme würde
ansonsten leerlaufen. Der Senat teilt ausdrücklich die vom SG und allgemein in der Kommentarliteratur vertretene Auffassung, dass Verschuldensgesichtspunkte im Rahmen der Ermessensausübung
regelmäßig zurücktreten, wenn minderjährige Kinder betroffen sind, weil ein erwachsener Leistungsberechtigter sich in Ausnahmefällen
auf die übergangsweise Nutzung einer Notunterkunft verwiesen werden darf, nicht aber minderjährige Kinder bei einem fehlerhaften
Verhalten ihrer Eltern (Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II-Kommentar, Stand: Oktober 2012, § 22 Rdnr. 355; Link in: Eicher, SGB II-Kommentar, 3. Auflage 2013, § 22 Rdnr. 242). Etwas anderes muss jedoch gelten in Missbrauchsfällen bei gezielter Herbeiführung von Miet- bzw. Energierückständen,
wenn es trotz entsprechender Unterstützung in der Vergangenheit wiederholt zu Rückständen gekommen und kein Selbsthilfewille
erkennbar ist (Berlit in: LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 22 Rdnr. 197). Von einem derartigen sozialwidrigen und auch gegenüber ihren Kindern verantwortungslosen Verhalten der Antragstellerin
geht der Senat im vorliegenden Fall aus.
2. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass eine Darlehensgewährung zur Tilgung der Strom- und Gasschulden gemäß
§ 22 Abs. 8 SGB II objektiv geeignet ist, diese zukünftig zu einem anderen Verbrauchsverhalten zu veranlassen und somit die bisherige Wohnung
für sie und ihre Kinder dauerhaft zu sichern.
a) Der Notwendigkeit einer Schuldenübernahme stehen zunächst das bisherige Verhalten der Antragstellerin sowie die konkreten
Umstände und zeitlichen Abfolgen entgegen, unter denen wiederholt Rückstände entstanden sind. Bereits für die frühere Wohnung
hatte die Antragstellerin im Februar 2011 vom Antragsgegner ein Darlehen zwecks Übernahme von Energieschulden erhalten. Gleichwohl
konnte die finanzielle Situation nicht auf Dauer gebessert werden und die Antragstellerin zog kurze Zeit später in die bisherige
Wohnung ein. Der Antragsgegner wies aber sofort mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 darauf hin, dass zwar die Grundmiete angemessen
sei, die Wohnfläche jedoch zu groß, so dass Heizkosten bis maximal 85 qm übernommen werden können. Mit Bescheid vom 16. Juli
2012 gewährte der Antragsgegner ein Darlehen in Höhe von 704,18 EUR zur Übernahme von in der kurzen Zeit in der neuen Wohnung
erneut entstandenen Stromschulden bei D. zwecks Abwendung der zum 17. Juli 2012 angekündigten Sperrung der Stromversorgung.
Im Januar 2013 legte die Antragstellerin dann die Jahresabrechnung für Heizkosten für das Jahr 2012 vor mit einem Verbrauch
von 3.105,82 EUR und einer Nachzahlung von 2.105,82 EUR nach Abzug der geleisteten Abschläge in Höhe von 1.000,00 EUR für
den Abrechnungszeitraum. Der Antragsgegner übernahm gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Nachzahlung, setzte der laufenden Bewilligung den von D. verlangten erhöhten Abschlag zugrunde und forderte mit Schreiben
vom 30. Januar 2013 die Antragstellerin auf, in Zukunft die Heizkosten zu senken, weil der Heizverbrauch im Jahre 2012 doppelt
so hoch wie der Durchschnittswert vergleichbarer Haushalte ausgefallen sei. Die Antragstellerin wechselte in der Folgezeit
den Energielieferanten: April 2013 von D. zu E.; August 2013 von E. zu F. Strom GmbH. Im Januar 2014 beantragte die Antragstellerin
die Übernahme der ab August 2013 bei F. Strom GmbH entstandenen Energieschulden in Höhe von 567,80 EUR für Strom und in Höhe
von 557,80 EUR für Gas. Das lehnte der Antragsgegner mit Bescheiden vom 28. Januar 2014 ab, weil die Energierückstände aufgrund
von bewilligten und nicht gezahlten Abschlägen entstanden seien und keine Sperrung der Energieversorgung angedroht worden
sei. Daraufhin wechselte die Antragstellerin ab 1. April 2014 wieder zu D ...
b) Für die hier streitigen im Jahre 2015 angefallenen Rückstände bei D. in Höhe von 1.521,64 EUR liegt überhaupt keine Erklärung
der Antragstellerin vor, aus welchen Gründen diese entstanden sind und durch welche Vorkehrungen bzw. Änderungen in ihrem
Verbrauchsverhalten die Antragstellerin gewährleisten will, dass diese Rückstände nicht mehr auftreten werden. Die für Heizkosten
vom Antragsgegner erhaltenen Abschläge hat die Antragstellerin nur zum Teil an den Energieversorger weitergeleitet. Dem umfangreichen
Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ist aber nichts über die Hintergründe dieser Entwicklung zu entnehmen,
obwohl schon das SG für dieses missbräuchliche Verhalten der Antragstellerin eine nachvollziehbare Schilderung vermisst hat. Das gilt umso mehr,
als die Antragstellerin bis November 2015 Arbeitseinkommen erzielt hat, das ihr in Höhe der Freibeträge verblieben ist und
darüber hinaus überhöhtes Arbeitslosengeld II bezogen hat, weil sie die Erhöhung von Unterhaltsleistungen nicht beim Antragsgegner
angezeigt hatte. Eine plausible Erklärung, warum die im Januar 2016 vom Antragsgegner zweckgebunden erhaltene Nachzahlung
nicht zur Tilgung von Energieschulden eingesetzt hat, fehlt. In tatsächlicher Hinsicht klärungsbedürftig ist ferner, warum
die Antragstellerin die fälligen Energieabschläge nicht gezahlt hat, gleichzeitig aber Schulden bei diversen Inkassodiensten
bedient hat (20,00 und 50,00 EUR monatlich). Ein Wort hätte die Antragstellerin auch zu dem Umstand verlieren müssen, dass
sie die Schulden bei dem Energieversorger wachsen lässt, zeitgleich aber ausweislich der Kontoauszüge Geldüberweisungen an
einen Herrn G. H. mit folgenden Bestimmungen vornimmt: "ich liebe dich" oder "lass es dir schmecken".
c) Bei dieser Sachlage ist der Senat überzeugt, dass ohne grundlegende Änderung des Verhaltens der Antragstellerin durch eine
wiederholte Übernahme von Energieschulden keine dauerhafte Sicherung der Wohnsituation der Antragstellerin und ihrer Kinder
gewährleistet wird. Bei der Antragstellerin handelt es sich um keine Person, die aufgrund eines plötzlichen Ereignisses vorübergehend
zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhaltes und den ihrer Kinder auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. Vielmehr
befindet sie sich unterbrochen seit mehreren Jahren im Bezug von Grundsicherungsleistungen (die Leistungsakte umfasst bald
2000 Seiten) und musste deshalb schon lange ihre Lebensweise darauf einrichten, mit wenig Geld auszukommen. Es wird nicht
verkannt, dass sie bestimmt im Laufe dieser Jahre mehrmals Wünsche und Erwartungen zurückstellen musste. Das Verhalten der
Antragstellerin in Bezug auf die angefallenen Heiz- und Stromkosten erhärtet aber den Verdacht, dass sie immer wieder von
Neuem es darauf angelegt hat, die vom Antragsgegner erhaltenen Abschläge zweckwidrig zu verwenden, um dann bei zugespitzter
Notlage eine Schuldenübernahme beim Antragsgegner zu verlangen. Dieses auch gegenüber ihren Kindern rücksichtslose Verhalten
kann allerdings unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Schuldenübernahme gemäß § 22 Abs. 8 SGB II keine Leistungspflicht des SGB II-Träger auslösen, sondern allenfalls die Einschaltung von für Familien- und Jugendhilfe zuständigen Stellen.
d) Dass die Schuldenübernahme objektiv nicht dazu führt, die bisherige Wohnung der Antragstellerin dauerhaft zu sichern, zeigt
sich schon darin, dass trotz des obsiegenden Beschlusses des SG die Wohnung noch nicht mit Strom und Gas versorgt wird und zwar aus Gründen, die weder der SGB II-Träger noch die Sozialgerichtsbarkeit zu verantworten haben. Selbst bei Wiederaufnahme der Energieversorgung wäre die Schuldenübernahme
nur dann notwendig und gerechtfertigt im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II, wenn aus jetziger Sicht voraussehbar ist, dass die Antragstellerin in der Lage sein wird, einerseits das Darlehen zurückzuzahlen
und andererseits die laufend anfallenden Belastungen zu tragen. Hierzu fehlt jegliche Glaubhaftmachung. Das gilt umso mehr,
als der Antragsgegner bereits angekündigt hat, die gesamten Unterkunftskosten zu kürzen und die Antragstellerin keine Überlegungen
für die Prognose unterbreitet hat, wie sie die tatsächlichen Unterkunftskosten realisieren will.
e) Des Weiteren hat die Antragstellerin nicht plausibel machen können, aus welchen Gründen sie im Rahmen der gebotenen Selbsthilfe
ein Rechtsschutzersuchen beim Amtsgericht gegen den Energieversorger ausgeschlossen hat. Dabei wird das Vorbringen ihrer Prozessbevollmächtigten
als richtig unterstellt, dass entgegen den in juristischen Datenbanken dokumentierten positiven Entscheidungen zugunsten der
Verbraucher das Amtsgericht C. jegliches Eilverfahren auf Aufhebung der Liefersperre kurzerhand abwürgt. Darum geht es aber
hier nicht. Die von der Antragstellerin zu verlangenden Selbsthilfemöglichkeiten beziehen sich nicht auf die Wiederaufnahme
der Lieferung durch den bisherigen Energieversorger, sondern auf Freigabe des Anschlusses zwecks Lieferung durch einen Konkurrenten.
Aus welchen Gründen dieser Weg für die Antragstellerin, die ein Eilverfahren einleiten musste, unzumutbar bzw. wenig erfolgversprechend
sein sollte, ist nicht nachvollziehbar. Denn die Firma D. hat bereits die geschuldeten Vertragsleistungen mit dem 16. Februar
2016 eingestellt, will weitere Schulden verhindern und hat damit zum Ausdruck gebracht, die säumige Antragstellerin so schnell
wie möglich loswerden zu wollen. Es ist keine schützenswerte Rechtsposition der Firma D. ersichtlich, die von dieser Firma
nicht mehr beabsichtigte Lieferung durch einen anderen Konkurrenten zu verhindern. Denn die entstandenen Schulden, deren alleinige
rechtmäßige Folge die Unterbrechung der Energielieferung darstellt, bestehen unverändert fort, unabhängig davon, ob die Antragstellerin
und ihre Kinder in der kalten Wohnung verbleiben oder ob ein Dritter die Versorgung übernimmt. Dass die Antragstellerin aber
diesen erfolgversprechenden Weg nicht eingeschlagen hat, auch nicht nachdem Anfang März 2016 der vom SG zugesprochene Betrag bei der Firma D. eingezahlt wurde, bestätigt ihr auf eine Schuldenübernahme durch den Antragsgegner
zielgerichtetes Verhalten.
f) Zu den unterlassenen Selbsthilfemöglichkeiten passt auch die Einlassung der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, dass
trotz Wechsel des Energielieferanten die Schulden bei dem bisherigen Lieferanten weiterhin blieben, die bedient werden müssen.
Dabei verkennt die Antragstellerin, dass die Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 8 SGB II nur zur Sicherstellung einer bestimmten Wohnung erfolgen darf. Ist die Energieversorgung durch einen anderen Lieferanten
gesichert oder würde - wie vorliegend - die Schuldenübernahme nicht zu einer dauerhaften Sicherung der Wohnung führen, gibt
es keinen vernünftigen Grund, die Gläubigerinteressen der Firma D. durch staatliche Transferleistungen zu befriedigen. Ein
eventueller Missbrauch seiner Vertrags- und Verhandlungsposition im Hinblick auf die Freigabe des Anschlusses muss vor dem
zuständigen Zivilgericht bekämpft werden, was der Antragstellerin zumutbar gewesen ist.
III.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§
193 SGG).
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG nicht anfechtbar.