Sachlich-rechnerische Richtigstellung eines Honorars aus vertragsärztlicher Tätigkeit
Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen
Bindung an den Wortlaut
Systematische Interpretation
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars der Klägerin aus vertragsärztlicher Tätigkeit
in den Quartalen I und III/2008.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)), die im streitigen Zeitraum aus zwei
zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzten für Orthopädie mit Vertragsarztsitz in F. bestand. Sie war in dieser
Zeit in Praxisgemeinschaft mit dem Facharzt für Orthopädie Dr. G. tätig.
In den Honorarbescheiden für die Quartale I und III/2008 nahm die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) im Wege der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung eine Umwandlung der von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach Ziff 31131 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs
für vertragsärztliche Leistungen (EBM; Eingriff an Knochen und Gelenken der Kategorie D1) in solche nach Ziff 34503 EBM (Bildwandlergestützte
Intervention an der Wirbelsäule) vor. Mit ihren dagegen erhobenen Widersprüchen wandte die Klägerin ein, die von ihr erbrachten
und abgerechneten Leistungen in Gestalt der Facetten-Kryodenervation würden die Voraussetzungen der Ziff 31131 EBM erfüllen.
Hierfür sei zunächst maßgebend, dass die Facettendenervation in der OPS-Ziff 5-830.2 des Anh 2 zum EBM genannt werde. Damit
erfülle sie den in der Präambel zum Kapitel 31.2 (Ambulante Operationen) konkretisierten Begriff des (operativen) Eingriffs.
Diese Einordnung entspreche auch den tatsächlichen Gegebenheiten des Behandlungsablaufs. Bei der Kryodenervation, die zur
Therapie bei durch Facettengelenksarthrose bedingten Schmerzzuständen eingesetzt werde, würden aktiv Nerven zerstört. Dazu
werde in einem ersten Schritt eine Kanüle der Größe 0,6 x 80 mm eingesetzt, mit der bis auf das Facettengelenk eingegangen
werde. Nach Entfernung der Kanüle werde ein nur wenige mm breiter Hautschlitz gesetzt, durch den die 2,4 mm breite Kryosonde
eingeführt und auf das Facettengelenk vorgeschoben werde. Die Abrechnung dieser Behandlung nach Ziff 31131 EBM werde in anderen
Abrechnungsbezirken der Beklagten nicht in Frage gestellt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2010 - den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 11. Januar 2010 - wies
die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Abrechnung der Leistung nach Ziff 31131 EBM für die Facettendenervation setze eine
offen chirurgische Durchführung des Eingriffs gem Präambel 31.2.1 Nr 1 EBM voraus. Minimalinvasive Verfahren zB zur Schmerztherapie
seien demgegenüber mit den Gebührenordnungspositionen (GOPen) des Abschnitts 34.5 berechnungsfähig. Eine Überprüfung der von
der Klägerin eingereichten Operationsberichte habe ergeben, dass es sich bei der durchgeführten Thermo-Koagulation mittels
Radiofrequenztherapie bzw Denervierung mittels Kryotherapie nicht um offen chirurgische Eingriffe handele. Die Facettendenervationen
seien eindeutig als minimalinvasive Eingriffe zu beurteilen; daran ändere auch eine Hautinzision zum Einführen des Instruments
nichts.
Am 11. Februar 2010 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben und dort geltend gemacht, dass die von ihr durchgeführte Kryodenervation eine Inzision beinhalte,
indem die Region der zu denervierenden Facettengelenke mit der Klinge eines Skalpells - unter Kontrolle durch mobiles Röntgen
- markiert werde. Zudem liege auch in dem Einschnitt in die Haut eine Inzision. Im Übrigen sei eine Einordnung der Kryotherapie
als offen chirurgische Operation selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn es sich dabei um ein minimal-invasives Verfahren handeln
würde. Dasselbe sei bei den im Hinblick auf die Art des Eingriffs vergleichbaren arthroskopischen Gelenkoperationen der Fall;
diese würden ebenfalls minimal-invasiv erfolgen, aber nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) des Deutschen Instituts
für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) dennoch als offen chirurgische Operationen eingeordnet. Die Facettendenervation
werde auch im Bereich der stationären Krankenhausbehandlung sowie im Anwendungsbereich der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) als Operation angesehen und dürfe daher auch im vorliegenden Zusammenhang nicht anders behandelt werden. Die Beklagte habe
im streitigen Zeitraum für dasselbe Behandlungsverfahren in anderen Fällen die Abrechenbarkeit der Leistung nach Ziff 31131
EBM anerkannt; die Abweichung von dieser Verwaltungspraxis in den hier angefochtenen Bescheiden sei willkürlich. Schließlich
könne sich die Klägerin auch auf Vertrauensgesichtspunkte berufen, weil die Facettendenervation nach der früheren Fassung
des EBM (Stand: 1. Oktober 2001) nach Ziff 2960 zu vergüten gewesen sei.
Mit Urteil vom 21. November 2012 hat das SG Hannover die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Abänderung der Honorarabrechnungen
I/2008 und III/2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2010 die von ihr beantragten Leistungen nach der GOP 31131 zu vergüten. Die von der Klägerin durchgeführte Variante der Facettendenervation mittels Kryosonde sei als offen chirurgische
Durchführung des Eingriffs und nicht als minimal-invasives Verfahren anzusehen. Anders als beim Einführen der 0,6 mm breiten
Kanüle handele es sich bei dem Aufschlitzen der Haut um wenige mm und dem Einbringen der 2,4 mm breiten Kryosonde in das Gewebe
nicht mehr nur um eine Punktion mittels Nadeln oder Kanülen.
Gegen das ihr am 15. April 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. Mai 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG)
Niedersachsen-Bremen eingelegt. Unter Beibehaltung ihrer bisherigen Argumentation führt sie ergänzend aus, dass das Öffnen
der Haut mit fünf bis zehn mm langen Schnitten zum Einführen und Positionieren der Kryosonde keine offene Operation sei. Bei
dieser Hautschnittlänge sei ohne Einsatz endoskopischer Instrumente die offene Sicht auf das Operationsgebiet ausgeschlossen.
Die Sicht auf den Operationssitus sei aber Voraussetzung für eine Abrechnung der Leistungen nach Ziff 31131 EBM.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des SG und vertritt die Auffassung, dass für die Abrechnung der in Rede stehenden Leistungen weder eine offene Sicht auf das Operationsgebiet
noch die Länge des Hautschnitts maßgeblich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und
der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG (sinngemäß) die Honorarbescheide für die Quartale I und III/2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2010
aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Durchführung von Facettendenervationen
abgerechneten Leistungen nach Ziff 31131 EBM zu vergüten.
1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem §
54 Abs
1 S 1 und Abs
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung von Leistungen
nach Ziff 31131 EBM.
2. Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen ist §
106a Abs
2 S 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V; hier anzuwenden in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003,
BGBl I 2190). Danach ist die KÄV berechtigt und verpflichtet, die vom Vertragsarzt eingereichten Honorarforderungen zu prüfen
und ggf richtigzustellen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 6 KA 39/15 R, juris Rn 20).
3. Die (regelmäßig einzige) Tatbestandsvoraussetzung für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung nach §
106a Abs
2 S 1
SGB V ist im Hinblick auf die Abrechnung der Leistungen für die von der Klägerin durchgeführten Facettendenervationen erfüllt.
Die Abrechnungen sind fehlerhaft, denn die erbrachten Leistungen erfüllen nicht die Voraussetzungen der Ziff 31131 EBM.
a) Ziff 31131 EBM lautete in den Quartalen I und III/2008: "Eingriff an Knochen und Geweben der Kategorie D1". Nach der Leistungslegende
dieser GOP ist obligater Leistungsinhalt ein chirurgischer Eingriff der Kategorie D1 entsprechend Anh 2. Im Anh 2 zum EBM ist die "Inzision
von erkranktem Knochen- und Gelenkgewebe der Wirbelsäule: Facettendenervation" mit dem OPS-Code 5-830.2 als Operation der
Kategorie D1 erfasst.
Bei der Abrechnung der Ziff 31131 EBM sind im vorliegenden Zusammenhang aber auch die allgemeinen Regelungen der Präambel
31.2.1 zu den ambulanten Operationen (dort Nr 1) sowie die Regelung zu den definierten operativen Eingriffen an Knochen und
Gelenken in 31.2.4 Nr 3 EBM von Bedeutung. In der Präambel 31.2.1 EBM ist unter Nr 1 bestimmt: "Als ambulante Operationen
gelten ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut sowie Leistungen entsprechend den OPS-301-Prozeduren
des Anhangs 2 Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln, sowie Kürettagen der Haut und Shave-Biopsien der Haut fallen
nicht unter die Definition des operativen Eingriffs".
Zudem enthält 31.2.4 Nr 3 EBM folgende Regelung: "Die Berechnung der Gebührenordnungsposition 31131 für die Facettendenervation
OPS-Code 5-830.2 setzt die offen chirurgische Durchführung des Eingriffs gemäß Präambel 31.2.1 Nr 1 voraus. Minimalinvasive
Verfahren z. B. zur Schmerztherapie sind mit den Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 34.5 berechnungsfähig."
b) Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben hat die Klägerin keine Leistungen nach Ziff 31131 EBM erbracht.
aa) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der stRspr des BSG und der des erkennenden Senats in erster Linie auf den Wortlaut der jeweiligen Regelung abzustellen. Hintergrund ist, dass
das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig
Aufgabe des Normgebers des Bewertungsmaßstabs ist, ggf auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Die primäre Bindung an den
Wortlaut folgt aber auch aus dem Gesamtkonzept des vertraglichen Regelwerks als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung
oder Lückenfüllung durch einen Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch eine analoge Anwendung
zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren
oder ähnlichen Tatbestände eines Leistungsverzeichnisses ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestands zweifelhaft
ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen
ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in
der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Zudem dürfen Leistungsbeschreibungen weder ausdehnend ausgelegt noch analog
angewendet werden (zu alledem BSG, Urteil 16. Dezember 2015 aaO., Rn 25; Urteil des Senats vom 1. September 2015 - L 3 KA 93/13, juris Rn 23).
bb) Bereits nach dem Wortlaut der einschlägigen EBM-Bestimmungen erfüllen die von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht
die Voraussetzungen der Leistung nach Ziff 31131 EBM.
Insoweit ist nach dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin schon nicht erkennbar, dass überhaupt eine Inzision von erkranktem
Knochen- und Gelenkgewebe der Wirbelsäule iSd OPS-Codes 5-830.2 erfolgt ist. Eine Inzision, die nach zutreffender Auffassung
der Klägerin einen Einschnitt in ein Gewebe voraussetzt, kann nach dem eindeutigen Wortlaut im Anh 2 zum EBM nicht bereits
in dem erfolgten Einschnitt in die Haut gesehen werden. Die Markierung der Region der zu denervierenden Facettengelenke mit
der Klinge eines Skalpells stellt ebenso wenig eine Inzision in Form der Facettendenervation, sondern nur eine weitere vorbereitende
Maßnahme dar, die der beabsichtigten Denervation vorausgeht. Die Denervation selbst führt zu einer Unterbindung (Verödung)
des Nervus dorsalis; auch insoweit sowie im Hinblick auf die ausführliche Schilderung des Behandlungsablaufs ist aber nicht
zu erkennen, dass es bei der Facettendenervation in den von der Klägerin durchgeführten Varianten zu einer Inzision im Bereich
des Knochen- und Gelenkgewebes der Wirbelsäule kommt.
An diesem Ergebnis kann auch die Frage, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen einen "operativen Eingriff" darstellen,
nichts ändern. Für eine solche Einordnung spricht allerdings der Wortlaut der Präambel 31.2.1 EBM, nach deren Nr 1 als ambulante
Operationen ua ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut gelten. Diese Voraussetzung liegt bei
der Vorgehensweise der Klägerin jedenfalls insoweit vor, als die Haut über mehrere mm aufgeschlitzt wird, damit die Kryosonde
über diese Öffnung eingeführt werden kann. Insofern ist die Behandlung auch nicht auf eine reine Punktion mit einer Kanüle
oder sonstige Maßnahmen beschränkt, die nach Nr 1 S 2 der Präambel nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs fallen
würden.
Entscheidend ist jedoch die Regelung in 31.2.4 Nr 3 EBM, wonach die Berechnung der Ziff 31131 EBM für die Facettendenervation
OPS-Code 5-830.2 die offen chirurgische Durchführung des Eingriffs voraussetzt. Davon abzugrenzen sind minimalinvasive Verfahren
zB zur Schmerztherapie; letztere sind mit den GOPen des Abschnitts 34.5 berechnungsfähig. Die von der Klägerin durchgeführten
Facettendenervationen in Form der Kryodenervation und der Thermokoagulation stellen eindeutig solche minimalinvasiven Verfahren
zur Schmerztherapie dar und sind nicht offen chirurgisch durchgeführt worden. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die
chirurgische Eröffnung der Haut anführt, kann dies zwar die Einordnung der Maßnahme als operativen Eingriff iSd Präambel 31.2.1
Nr 1 EBM rechtfertigen. Für eine Qualifizierung als offen chirurgischer Eingriff reicht die Eröffnung der Haut aber für sich
genommen nicht aus; eine offene Operation liegt vielmehr nur dann vor, wenn auch das Operationsgebiet selbst eröffnet wird.
Der Senat stützt sich insoweit auf die Fachkunde der selbst als Vertragsärzte tätigen ehrenamtlichen Richter und folgt damit
der zutreffenden Auffassung der Beklagten. Entgegen der Annahme des SG rechtfertigt somit eine bestimmte Länge des Hautschnitts noch nicht die Einordnung einer Maßnahme als offen chirurgische
Behandlung.
Nach dem Vorbringen der Klägerin ist das Operationsgebiet selbst aber jeweils nicht eröffnet worden. Der hier maßgebliche
Eingriff an den Facettengelenken erfolgt mittels einer über die Hautöffnung eingeführten und 2,4 mm breiten Kryosonde (Kryodenervation)
bzw Thermosonde (Thermokoagulation). Bei diesen minimalinvasiven Verfahren haben die Ärzte der Klägerin keine direkte Sicht
auf die zu denervierenden Facettengelenke. Nach dem im Übrigen differenzierenden OPS (Version 2008, im Internet abrufbar unter
www.dimdi.de) sind die Behandlungsmaßnahmen nicht dem OPS-Code 5-830.2, sondern dem OPS-Code 5-83a.0 zuzuordnen. Dort sind
sowohl die Facetten-Thermokoagulation als auch die Facetten-Kryodenervation als minimal-invasive Behandlungsverfahren an der
Wirbelsäule (zur Schmerztherapie) ausdrücklich aufgeführt. Diese Leistungen sind nicht in den Anh 2 zum EBM aufgenommen worden
und können deshalb auch nicht über die Ziff 31131 EBM abgerechnet werden (vgl SG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2015 - S 2 KA 432/13 - juris Rn 31 ff; Urteil vom 6. Januar 2016 - S 2 KA 333/14, juris Rn 23 ff).
4. Demzufolge war die Beklagte berechtigt, die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Leistungen nach Ziff 31131 EBM zu streichen.
a) Dem steht nicht entgegen, dass andere Bezirksstellen der Beklagten die Abrechnung identischer Leistungen nach Ziff 31131
EBM in Einzelfällen nicht beanstandet oder gar ausdrücklich bestätigt haben sollen. Die damit verbundene Rüge eines Verstoßes
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Klage schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Klägerin sich insofern
auf eine vermeintliche Verwaltungspraxis beruft, die aus den genannten Gründen rechtswidrig wäre. Eine rechtswidrige Verwaltungsübung
begründet aber grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Wiederholung des rechtswidrigen Verhaltens und damit auf eine "Gleichbehandlung
im Unrecht" (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 11. Juni 1986 - 8 B 16/86, Rn 4 nach juris - NVwZ 1986, 758 mwN).
b) Unzutreffend ist ferner der Einwand der Klägerin, das DIMDI habe die arthroskopischen Gelenkoperationen als offen chirurgische
Gelenkoperationen eingeordnet, weshalb auch die damit vergleichbaren Verfahren der Thermokoagulation und Kryotherapie als
offen chirurgische Operation bewertet werden müssten. In den Abschnitt 5-80 OPS (Offen chirurgische Gelenkoperationen) ist
vielmehr ein ausdrücklicher Ausschluss ("Exkl.") der arthroskopischen Gelenkoperationen aufgenommen worden. Diese minimalinvasiven
Verfahren werden in dem folgenden Abschnitt 5-81 (Arthroskopische Gelenkoperationen) gesondert erfasst. Eine unterschiedliche
Einordnung vergleichbarer Behandlungsmethoden ist damit schon im Ansatz nicht erkennbar.
c) Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der abgerechneten Leistungen im Hinblick
auf die Vergütung derselben Leistung im Rahmen von stationären oder privatärztlichen Behandlungen. Abgesehen davon, dass bei
der Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmungen kein Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen
zulässig ist (vgl dazu bereits oben unter 3. b) aa)), lässt sich eine Ungleichbehandlung derselben ärztlichen Leistung nicht
damit begründen, dass die Kryodenervation und die Thermokoagulation in den für die Krankenhausvergütung geltenden Regelungen
und im Anwendungsbereich der GOÄ als Operationen eingeordnet werden. Denn die Qualifizierung der Leistungen der Klägerin als minimal-invasive bzw nicht offen
chirurgische Verfahren schließt es wie dargelegt nicht aus, die Behandlungen auch hier als ambulante Operation bzw operativen
Eingriff einzuordnen. Im Übrigen scheidet ein Vergleich der Vergütung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen mit der Abrechnung
stationärer Krankenhausleistungen unter Gleichheitsgesichtspunkten im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der Leistungsbereiche
ohnehin von vornherein aus. Insofern bedarf es keiner näheren Darlegung, dass der Betrieb eines Krankenhauses zusätzliche
Kosten aufwirft, die im Rahmen der ambulanten Behandlung durch Vertragsärzte regelmäßig nicht anfallen. Auch im Hinblick darauf
unterliegt die stationäre Krankenhausbehandlung mit den dafür vorgesehenen Fallpauschalen einer ganz anderen Vergütungssystematik
als die ambulante vertragsärztliche Versorgung, die im Wesentlichen durch eine Vergütung von Einzelleistungen geprägt ist.
Inwiefern gleichartige Leistungen im Anwendungsbereich der GOÄ - die wiederum anderen normativen Vorgaben folgt - tatsächlich ungleich vergütet werden, legt die Klägerin ebenfalls schon
im Ansatz nicht dar. Das kann aber auch dahinstehen, denn in einer unterschiedlichen Vergütung läge jedenfalls keine Ungleichbehandlung
von im Wesentlichen gleicher Sachverhalte. Das folgt schon daraus, dass die Vorgaben für die Vergütung privatärztlicher und
vertragsärztlicher Leistungen von verschiedenen Normgebern erlassen worden sind. Dabei enthält das
SGB V deutlich mehr Vorgaben für die Vereinbarung des EBM als die Bundesärzteordnung (BÄO) in ihrer Verordnungsermächtigung für das ärztliche Gebührenrecht nach der GOÄ (vgl dazu BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 6 KA 4/04 R, juris Rn 74). Der Gesetzgeber war auch nicht gehalten, Voraussetzungen für ein einheitliches Vergütungssystem für vertragsärztliche
Leistungen einerseits und privatärztliche Leistungen andererseits zu schaffen oder vorzugeben. Insofern kann schon im Hinblick
auf die Verschiedenartigkeit beider Versicherungssysteme sowie deren Finanzierung kein Verstoß gegen Art
3 Grundgesetz (
GG) erblickt werden. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich in dem im
SGB V normierten Umfang um eine kraft Gesetzes eintretende Pflichtversicherung; diese sieht - insbesondere im Rahmen der Familienversicherung
- Leistungen auch für Personen vor, die keine eigenen Beiträge leisten. Eine Versicherungspflicht besteht im Bereich der privaten
Krankenversicherung demgegenüber nicht; versichert ist dort nur, wer einen Versicherungsvertrag abschließt und sich zur Leistung
eines vereinbarten Beitrags verpflichtet. Die allein damit verbundenen Unterschiede beider Versicherungen sind von solcher
Art und solchem Gewicht, dass sie auch eine ungleiche Vergütung vergleichbarer Leistungen rechtfertigen können.
d) Die Klägerin kann auch keinen Vertrauensschutz aus älteren Fassungen des EBM herleiten. Abgesehen davon, dass die frühere
Ziff 2960 EBM (Stand 1. Oktober 2001) einen anders formulierten Leistungsinhalt hatte (Operative Denervation der kleinen Wirbelgelenke,
je Bewegungssegment) als die in Rede stehende Ziff 31131 EBM und demzufolge schon im Ansatz kein tatsächlicher Anknüpfungspunkt
für ein Vertrauen der Klägerin auf eine gleichbleibende Abrechenbarkeit erkennbar ist, ist die Klägerin als Teilnehmerin an
der vertragsärztlichen Versorgung an das jeweils geltende Recht gebunden und muss dieses auch kennen.
e) Die Umwandlung der abgerechneten Leistungen in solche nach Ziff 34503 EBM ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Grundlegend
hierfür ist wiederum die Regelung in 31.2.4 Nr 3 EBM, nach der minimalinvasive Verfahren zB zur Schmerztherapie mit den GOPen
des Abschnitts 34.5 berechnungsfähig sind. Bei den hier streitigen Behandlungen handelt es sich jeweils um eine bildwandlergestützte
Intervention in bzw an Nerven, Ganglien, Gelenkkörper(n) und/oder Gelenkfacette(n) der Wirbelsäule, die obligater Leistungsinhalt
der Ziff 34503 EBM ist. Ob auch die weiteren Voraussetzungen der GOP - Überwachung über mindestens 30 Min und Dokumentation - erfüllt sind, kann offen bleiben, weil die angefochtenen Bescheide
die Klägerin insoweit nicht belasten. Eine anderweitige Abrechenbarkeit ist weder von der Klägerin dargelegt worden noch ersichtlich.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs
2 SGG), liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Halbs 1
SGG iVm §§ 52 Abs 1 und 3 S 1, 47 Abs 1 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Maßgebend ist insoweit der Umfang des von der Klägerin geltend gemachten weiteren Honoraranspruchs, den die Beklagte mit
Schriftsatz vom 31. März 2010 beziffert hat (vgl dazu näher die in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgelegte Berechnung der Beklagten). Die Klägerin hat dieser Berechnung zugestimmt; eine Fehlerhaftigkeit ist auch nicht
ersichtlich.