Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes in der vertragsärztlichen Versorgung
Gründe:
I. Streitig ist der Anspruch des Antragstellers, eine vorläufige Genehmigung zur Verlegung seines Vertragsarztsitzes zu erhalten.
Der 1960 geborene Antragsteller ist Facharzt für radiologische Diagnostik und seit 1996 im Planungsbereich Landkreis F. zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Schreiben von Ende März 2009 beantragte er in dem für Radiologen gesperrten
Bereich (Versorgungsgrad 154,8 %) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes mit Wirkung zum 1. Juli 2009 von F., G., in die
DRK-Krankenanstalten, H., I. in J ...
Den Antrag lehnte der Zulassungsausschuss durch Beschluss vom 13. Mai 2009 mit der Begründung ab, dass der beabsichtigten
Sitzverlegung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung iS von § 24 Abs 7 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)
entgegenstünden. Im Planungsbereich Landkreis F. (ca 206.000 Einwohner) entfielen 90.000 Einwohner zuzüglich Urlauber auf
den Einzugsbereich F. und nur rund 41.000 Einwohner auf den Einzugsbereich J. Die übrigen Einwohner des Planungsbereichs seien
traditionell auf K. bzw auf L. und damit auf die vertragsärztliche Versorgung in anderen Planungsbereichen ausgerichtet. Weiter
sei einer wohnortbezogenen Fallzahlstatistik für das Quartal I/2009 (3.426 Fälle) des Antragstellers und seiner damaligen
Gemeinschaftspraxispartnerin zu entnehmen, dass mit 87 % der weit überwiegende Anteil der Patienten aus der Stadt F. oder
den unmittelbar daran angrenzenden Gemeinden stamme. Insoweit beschränke sich die vom Antragsteller mit seinem Verlegungsantrag
geltend gemachte Verbesserung der Patientenversorgung im Umkreis von J. auf einen kleinen Teil seines bisherigen Patientenstamms.
Für den weitaus größeren Teil ergebe sich hingegen wegen der schlechteren Erreichbarkeit des Antragstellers nach der beabsichtigten
Verlegung seines Vertragsarztsitzes eine Verschlechterung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner zurück
(Beschluss vom 24. Juni 2009).
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht Hannover (SG) erhoben und zusätzlich mit Schriftsatz vom 29. Juli 2009 beantragt, ihm vorläufig die Verlegung seines Vertragsarztsitzes
nach D. zu genehmigen. Hierdurch könne die vertragsärztliche Versorgung mit radiologischen Leistungen im Planungsbereich Landkreis
F. verbessert werden. Die Mehrzahl der Einwohner im Planungsbereich wohne südlich der Stadt F., sodass eine radiologische
Praxis des Antragstellers in J. für sie schneller und bequemer zu erreichen wäre. Ein Engpass bei der radiologischen Versorgung
seiner Patienten in F. bzw der unmittelbaren Umgebung könne durch die beabsichtigte Sitzverlegung nicht entstehen; der überwiegende
Teil der Patienten werde ihm an seinen neuen Vertragsarztsitz folgen.
Weiter könne er spätestens im Quartal III/2009 seinen vertragsärztlichen Versorgungsauftrag in F. nicht mehr erfüllen. Die
Klinik M. in N., von der er bislang seine Untersuchungsgeräte angemietet habe und für die er ua einen Kooperationsvertrag
mit dem Krankenhaus F. erfülle, habe von ihm die Übertragung seiner vertragsärztlichen Zulassung auf ein von ihr gegründetes
Medizinisches Versorgungszentrum für Radiologie verlangt. Hierzu sei er nicht bereit und es bestehe die Gefahr, dass er demnächst
nicht mehr über die notwendigen Sach- und Personalmittel verfüge, um seine vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben.
Das SG hat mit Beschluss vom 28. August 2009 den Antragsgegner verpflichtet, die beantragte Verlegung des Vertragsarztsitzes zu
genehmigen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Zulassungsgremien bei ihrer Entscheidung nur die Interessen eines Teils
der im Planungsbereich Landkreis F. lebenden Bewohner berücksichtigt hätten. Zwar verschlechtere sich die radiologische Versorgung
in und um die Stadt F.; dem stehe jedoch gegenüber, dass für den übrigen Teil der Bevölkerung im Planungsbereich eine entsprechende
Verbesserung erreicht werde. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der nach Art
12 Grundgesetz (
GG) gewährten Berufsausübungsfreiheit habe der Antragsteller einen Anspruch auf Genehmigung der von ihm beantragten Sitzverlegung.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass hierdurch eine Sachlage geschaffen werde, die nur unter erschwerten Bedingungen wieder
rückgängig gemacht werden könne.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde vom 3. September 2009. Er macht im Wesentlichen
geltend, bei der Genehmigung einer beantragten Verlegung des Vertragsarztsitzes komme es entgegen der Auffassung des SG insbesondere auf die konkrete Versorgungssituation vor Ort an (lokaler Versorgungsbedarf). Die vom Antragsteller beabsichtigte
Verlegung führe nach den Ermittlungen der Zulassungsgremien aber zu einer wesentlichen Verschlechterung der vertragsärztlichen
Versorgung im nördlichen Landkreis F ... Stelle man bei einer Sitzverlegung demgegenüber auf abstrakte Kriterien ab, führe
dies zu unhaltbaren Ergebnissen und stehe den Zielen der Bedarfsplanung entgegen. Außerdem verbiete sich eine isolierte Betrachtung
des Planungsbereiches schon wegen des Grundsatzes der freien Arztwahl.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 28. August 2009 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf eine vorläufige
Verlegung seines Vertragsarztsitzes abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zu Recht habe das SG dabei auf die Versorgungssituation im gesamten Planungsbereich abgestellt, weil ein Radiologe anders als ein Hausarzt nicht
wohnortbezogen tätig sei. Im Übrigen sei gegenwärtig der überwiegende Anteil der Einwohner im Planungsbereich Landkreis F.
aufgrund der lokal begrenzten Betrachtungsweise des Berufungsausschusses radiologisch unterversorgt.
Daneben sei zu berücksichtigen, dass für die von ihm bisher genutzten Praxisräume Mitte Oktober 2009 die Schließung drohe.
Auf dem Gelände solle ein Neubau errichtet werden, in dem dann zukünftig die Klinik M. bzw ein von ihr noch zu gründendes
Medizinisches Versorgungszentrum die ambulante radiologische Versorgung durchführe.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und zum Teil begründet.
Das SG hat dem Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer vorläufigen Genehmigung zur Verlegung seines Vertragsarztsitzes dem
Grunde nach zutreffend stattgegeben. Der zeitliche Umfang der dem Antragsgegner dabei auferlegten Genehmigungsverpflichtung
war jedoch zu korrigieren.
Nach §
86 b Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierfür muss der Antragsteller nach §
86 b Abs
2 Satz 4
SGG iVm §
920 Abs
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) glaubhaft machen, dass ihm aus einem Rechtsverhältnis ein Recht gegenüber dem Antragsgegner zusteht (Anordnungsanspruch)
und eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen liegen
hier vor.
1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten (Anordnungs-)Anspruch auf Erteilung einer vorläufigen Genehmigung zur Verlegung
eines Vertragsarztsitzes ist § 24 Abs 7 Ärzte-ZV (hier anzuwenden idF von Art 5 des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts
und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz) vom 22. Dezember 2006, BGBl I 3439). Nach dieser Regelung haben die
Zulassungsgremien den Antrag eines Vertragsarztes auf Sitzverlegung zu genehmigen, wenn dem keine Gründe der vertragsärztlichen
Versorgung entgegenstehen. Damit ergibt sich bereits aus dem Verordnungswortlaut, dass eine Verlegung von Vertragsarztsitzen
nicht unbeschränkt zulässig ist. Vielmehr muss die Sitzverlegung auch unter Berücksichtigung der konkreten Versorgungslage
in dem betreffenden Versorgungsbereich ("Gründe der vertragsärztlichen Versorgung") zulässig sein.
Dabei geht - wie schon das SG - auch der erkennende Senat davon aus, dass bei der Klärung, ob einer Sitzverlegung entgegenstehende Gründe der vertragsärztlichen
Versorgung vorliegen, den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht.
Die ortsnahen und fachkundigen Zulassungsinstanzen können nämlich nur ungefähr entscheiden, ob und inwieweit durch die Verteilung
der bereits niedergelassenen Vertragsärzte in einem Planungsbereich eine ausreichende medizinische Versorgung der Versicherten
unter Berücksichtigung der Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur und der Verkehrsverbindungen gewährleistet ist. Dies rechtfertigt
es, den Zulassungsgremien einen Beurteilungsspielraum zuzugestehen und deren Entscheidung hinzunehmen, solange sie sich im
Rahmen der Beurteilungsermächtigung hält. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich daher - wie in den vergleichbaren Fällen
der Bedarfsfeststellung - darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde
liegt, ob die durch Auslegung des Be-griffs "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" zu ermittelnden Grenzen eingehalten
und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des
Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (stRspr zum Beurteilungsspielraum
der Zulassungsgremien, vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1 Seite 4 ff (für Sonderbedarfszulassungen); BSG SozR 3-2500 §
116 Nr 1; SozR 3-2500 § 116 Nr 2; SozR 3-2500 § 116 Nr 4 und BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 (für die Ermächtigung von Krankenhausärzten);
SozR 3-2500 § 75 Nr 7 (für Zweigpraxen)).
Vorliegend steht auch unter Beachtung der nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit die versagende Entscheidung des
Berufungsausschusses der vom Antragsteller beantragten vorläufigen Sitzverlegung nach J. nicht entgegen. Die Ermittlungen
der Zulassungsgremien tragen nämlich voraussichtlich nicht deren Schlussfolgerung, dass hier "Gründe der vertragsärztlichen
Versorgung" eine solche Verlegung nicht zulassen (dazu a. und b). Unter Berücksichtigung der Normstruktur von § 24 Abs 7 Ärzte-ZV
steht dem Antragsteller daher zumindest ein Anspruch auf vorläufige Sitzverlegung zu (dazu c.).
a.) Der Argumentation des Berufungsausschusses, allein "die konkrete Versorgungssituation vor Ort" (lokaler Versorgungsbedarf)
entscheide über die Berechtigung zur Verlegung eines Vertragsarztsitzes, vermag sich der Senat nicht anzuschließen (grundsätzlich
ablehnend auch: Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten,
7. Aufl, § 24 RdNr 55 f). So folgt schon aus Wortlaut und Systematik der Ärzte-ZV, dass es bei der Beantwortung der Frage,
ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes entgegenstehen, in erster Linie auf die
tatsächliche Versorgungssituation in dem betreffenden Planungsbereich ankommt (vgl für Ermächtigungen BSG SozR 3-2500 § 97
Nr 2 Seite 7 f; BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 und 18). Dies schließt zwar nicht aus, dass die Zulassungsgremien in ihre
Überlegungen uU ein besonderes lokales Versorgungsbedürfnis oder die an den untersuchten Planungsbereich angrenzenden Gebiete
mit einbeziehen (vgl zu Letzterem BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1). Zunächst müssen sich die Zulassungsinstanzen bei ihrer Entscheidung
aber ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage und der Versorgungsstrukturen im gesamten betroffenen Planungsbereich
machen. In einem zweiten Schritt sind dann planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände (vgl
hierzu BSG SozR 3-5520 § 24 Nr 4) unter Beachtung der beabsichtigen Sitzverlegung zu berücksichtigen.
Dabei ist es für die Ermittlung der Versorgungslage in einem Planungsbereich regelmäßig geboten, den von den Kassenärztlichen
Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen anzufertigenden Bedarfsplan heranzuziehen. Dieser
Plan hat nach § 12 Abs 3 Ärzte-ZV Feststellungen zu enthalten, die die
- ärztliche Versorgung auch unter Berücksichtigung der Arztgruppen,
- die Bevölkerungsdichte und -struktur,
- den Umfang und die Art der Nachfrage nach vertragsärztlichen Leistungen, ihre Deckung sowie ihre räumliche Zuordnung im
Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung und
- die für die vertragsärztliche Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen
betreffen. Die dadurch gewonnenen Informationen müssen weiter - insbesondere hinsichtlich ihrer Aktualität - sorgfältig ausgewertet,
durch zusätzliche Ermittlungen ergänzt und so objektiviert werden. Hierfür ist es unter Umständen erforderlich, die bereits
im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzte nach ihrem konkreten Einzugsgebiet sowie der Aufnahmekapazität ihrer Praxen
zu befragen. In eine solche Befragung sind ggf auch Vertragsärzte aus angrenzenden Planungsbereichen mit einzubeziehen.
b.) Diesen (Ermittlungs-)Vorgaben ist der Antragsgegner nicht in vollem Umfang nachgekommen. Seiner Entscheidung liegt voraussichtlich
kein vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde.
Ausweislich der Verwaltungsunterlagen hat der Berufungsausschuss zwar die Patientenwohnorte der im Quartal I/2009 im Planungsbereich
Landkreis F. noch in Gemeinschaftspraxis tätigen Radiologen ermittelt; eine Würdigung und Auswertung der - allenfalls als
Momentaufnahme verwertbaren - Ergebnisse anhand der Bedarfsplanung oder der patientenbezogenen Wohnortverteilung angrenzender
radiologischer Praxen ist aber unterblieben. Eine Gesamtbetrachtung - ggf sogar über den Planungsbereich hinaus - vermag vorliegend
über die Patientenströme und einen sich daraus uU ergebenden lokalen Versorgungsbedarf aber aussagekräftigere Ergebnisse zu
liefern als die bloße Betrachtung eines Abrechnungsquartals der damals einzigen radiologischen Praxis im Planungsbereich.
Die insoweit unvollständigen Sachverhaltsermittlungen des Antragsgegners können auch nicht durch die eher substanzlose Angabe
ersetzt werden, dass die Bewohner des Planungsbereichs teilweise traditionell auf außerhalb liegende Städte und Gemeinden
ausgerichtet seien. Auch ist im Rahmen einer planerischen Entscheidung noch ungeklärt, ob - wie vom Antragsteller mehrfach
vorgetragen - die bisher an ihn überweisenden Ärzte tatsächlich bereit sind, ihre Patienten zur radiologischen Versorgung
ebenfalls nach J. zu schicken und so einem möglichen lokalen Sonderbedarf in C. entgegenzuwirken. Dabei wird vor allem in
Rechnung zu stellen sein, dass mit der Autobahn O. eine direkte Schnellstraßenverbindung zwischen P. und D. besteht.
Vor diesem Hintergrund lässt sich aufgrund der bisherigen Ermittlungen der Zulassungsgremien nicht einschätzen, ob in dem
Planungsbereich Landkreis F. tatsächlich (lokale) Gründe der vertragsärztlichen Versorgung einer Verlegung des Vertragsarztsitzes
durch den Antragsteller entgegenstehen. Vielmehr läuft die ausschließlich auf lokale Versorgungsbedürfnisse abstellende Betrachtungsweise
der Zulassungsinstanzen in dem mit zwei Radiologen bereits ausreichend versorgten Planungsbereich Landkreis F. darauf hinaus,
die bestehenden (Versorgungs-)Strukturen unabhängig von der konkreten Versorgungslage im übrigen Planungsbereich zu festigen.
Damit wird der Antragsgegner dem in § 24 Abs 7 Ärzte-ZV für die Vertragsärzte normierten Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung
für eine Verlegung ihrer jeweiligen Vertragsarztsitze nicht ausreichend gerecht.
c.) Diese Anspruchsgrundlage ist nämlich als Erlaubnisnorm mit Verbotsvorbehalt strukturiert. Hieraus folgt, dass die Verlegung
eines Vertragsarztsitzes grundsätzlich zulässig ist, soweit nicht ausnahmsweise Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen.
Sinn und Zweck der Regelung ist nicht die Erhaltung bestehender Versorgungsstrukturen, sondern die Gewährung der Niederlassungsfreiheit
für Vertragsärzte unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bedarfsplanung und der Sicherstellung der medizinischen Versorgung.
Insoweit hat der Senat bei seiner Entscheidung daran angeknüpft, dass vorläufig keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung
ersichtlich sind, die einer Verlegung des Vertragsarztsitzes durch den Antragsteller im Planungsbereich Landkreis F. entgegenstehen
könnten. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass sich durch die beabsichtigte Sitzverlegung allem Anschein nach für
einen Großteil der im Planungsbereich Landkreis F. lebenden Bevölkerung die Erreichbarkeit für eine radiologische Versorgung
verbessert.
Dem Antragsteller steht nach alledem gegenüber dem Antragsgegner ein (Anordnungs-)Anspruch auf Erteilung einer vorläufigen
Genehmigung für eine Sitzverlegung zu.
Allerdings war auf die Beschwerde des Antragsgegners der Beschluss des SG hinsichtlich seines zeitlichen Umfangs zu ändern. Die Ermittlung des Sachverhalts und dessen Bewertung im Rahmen der Verlegung
von Vertragsarztsitzen bleibt den Zulassungsgremien vorbehalten, denen wegen ihrer besonderen Fachkunde und Ortsnähe ein umfangreicher
Beurteilungsspielraum zukommt. Es obliegt damit den Zulassungsinstanzen (und nicht den Sozialgerichten), ggf fehlende Sachverhaltsermittlungen
im Hauptsacheverfahren nachzuholen und diese bei der neuerlichen Beurteilung, ob hier Gründe der vertragsärztlichen Versorgung
der beantragten Sitzverlegung entgegenstehen, zu berücksichtigen. Der Anordnungsanspruch des Antragstellers umfasst in zeitlicher
Hinsicht daher nur die Verpflichtung zur vorläufigen Genehmigung einer Sitzverlegung, bis der Antragsgegner in der Hauptsache
bestandskräftig oder bestätigt durch eine rechtskräftige Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren den streitbefangenen
Verlegungsantrag beschieden hat.
2. Der Erlass einer Regelungsanordnung ist schließlich auch zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig (Anordnungsgrund).
So kann eine ohne Genehmigung erfolgte tatsächliche Aufgabe des Vertragsarztsitzes mit gleichzeitiger Niederlassung an einem
Ort als Wegzug aus dem "Bezirk seines Kassenarztsitzes" iS von §
95 Abs
7 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) angesehen werden (Schallen, aaO., RdNr 52, mwN). Da der Antragsteller mittlerweile ohne eine sachliche oder personelle Praxisausstattung
ist, benötigt er dringend Klarheit darüber, an welchem Ort er bis zu einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache seiner
vertragsärztlichen Tätigkeit nachkommen kann, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, seine Zulassung aufgrund der angesprochenen
gesetzlichen Bestimmung zu verlieren.
Die Streitwertbemessung folgt aus §
197 a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§ 47 Abs 1, 53 Abs 3 Nr 4 und § 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz. Da die hier begehrte vorläufige Verlegung eines Vertragsarztsitzes keine Anhaltspunkte für eine Bewertung der sich hieraus
ergebenden wirtschaftlichen Vorteile bietet, ist der Regelstreitwert von 5.000,00 Euro festzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).