Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren
Beschränkung der sozialgerichtlichen Prüfungs- und ggf. Korrekturkompetenz
Rügeobliegenheit der Staatskasse
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren.
Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) Braunschweig vom 1. Februar 2013 im Klageverfahren zum Aktenzeichen S 25 AS 989/10 den dortigen zwei Klägern als Prozessbevollmächtigter ab dem 31. Januar 2013 beigeordnet, nachdem das SG zuvor den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mit Beschluss vom 23. Dezember 2010 abgelehnt hatte. In dem
am 20. Februar 2010 anhängig gemachten Klageverfahren stritten die dortigen Beteiligten um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Das Verfahren endete durch einen in der öffentlichen Sitzung des SG am 31. Januar 2013 geschlossenen Vergleich. In diesem Vergleich wurde unter Ziffer 3 geregelt, dass die Kläger die Klagen
zu den Aktenzeichen S 25 AS 2048/12, S 25 AS 2049/12 und die dazu gestellten PKH-Anträge sowie die Klage zum Aktenzeichen S 25 AS 2050/12 zurücknehmen.
Am 25. Februar 2013 beantragte der Beschwerdeführer die Erstattung der Auslagen und Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts
für seine Tätigkeit im Klageverfahren in Höhe von insgesamt 999,60 Euro. Im Einzelnen machte er Folgendes geltend: Verfahrensgebühr
nach Nr. 3103, 1008 der Anlage 1 zum Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (VV RVG a.F.) in Höhe von 280,00 Euro, Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG a.F. in Höhe von 380,00 Euro, Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG a.F. in Höhe von 240,00 Euro, die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG a.F. in Höhe von 20,00 Euro, Tagegeld in Höhe von 40,00 Euro für die Wahrnehmung von zwei Terminen sowie 19 % Umsatzsteuer
auf 840,00 Euro in Höhe von 159,60 Euro.
Mit Beschluss vom 19. März 2013 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) des SG die dem Beschwerdegegner zu erstattende Vergütung auf insgesamt 398,45 Euro fest. Dabei berücksichtigte der UdG die Gebühren
und Auslagen in folgender Höhe: Verfahrensgebühr nach Nr. 3103, 1008 VV RVG a.F. in Höhe von 26,00 Euro, Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG a.F. in Höhe von 200,00 Euro, Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG a.F. in Höhe von 87,50 Euro, die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG a.F. in Höhe von 20,00 Euro, Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Ziffer 1 VV RVG a.F. in Höhe von 1,33 Euro sowie 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG a.F. in Höhe von 63,62 Euro. Die Terminsgebühr könne nur in Höhe der Mindestgebühr zuzüglich einer Erhöhung von 30 % für
einen weiteren Auftraggeber berücksichtigt werden, weil die PKH-Bewilligung erst ab dem 31. Januar 2013 erfolgt sei und davor
liegende anwaltliche Tätigkeiten nicht berücksichtigt werden könnten. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit
seien deutlich unterdurchschnittlich. Die Terminsgebühr könne nur in Höhe von 200,00 Euro festgesetzt werden. Es könne lediglich
der Termin am 31. Januar 2013 berücksichtigt werden, weil die PKH-Bewilligung erst ab diesem Zeitpunkt erfolgt sei. Die Einigungsgebühr
könne nur in Höhe von 87,50 Euro angesetzt werden, weil der in der mündlichen Verhandlung geschlossene Vergleich insgesamt
vier Verfahren umfasse. Die Einigungsgebühr sei gleichwohl nur einmal entstanden, da auch nur ein einheitlicher Vergleich
geschlossen worden sei. Insoweit sei die beantragte Einigungsgebühr von 240,00 Euro auf alle vier Verfahren aufzuteilen. Hieraus
folge eine Einigungsgebühr in Höhe von 87,50 Euro (= 240,00 Euro / 4). Tage- und Abwesenheitsgeld könne dem Beschwerdeführer
nur für seine Tätigkeit ab dem 31. Januar 2013 gewährt werden. Dabei sei zu beachten, dass diese Geschäftsreise der Wahrnehmung
von insgesamt 15 Angelegenheiten gedient habe. Insoweit sei die Pauschale von 20,00 Euro aufzuteilen auf alle 15 Verfahren;
hieraus resultiere ein Betrag von 1,33 Euro (20,00 Euro / 15).
Dagegen hat der Erinnerungsführer am 22. April 2013 Erinnerung eingelegt, die er im Wesentlichen damit begründet hat, dass
er wie üblich vor dem Termin die Sach- und Rechtslage, auch zur Vorbereitung auf den Termin, geprüft habe. Einwendungen des
Beschwerdegegners seien vor der Festsetzung nicht erfolgt und könnten daher nicht berücksichtigt werden.
Das SG hat mit Beschluss vom 12. Februar 2014 auf die Erinnerung des Beschwerdeführers den Beschluss vom 19. März 2013 geändert
und die zu erstattende Vergütung auf 430,58 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der UdG hätte die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG unter Berücksichtigung der Mühewaltung des Beschwerdeführers nicht nur mit der einfachen, sondern mit der doppelten Mindestgebühr
in Höhe von 40,00 Euro zuzüglich einer Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG für einen weiteren Auftraggeber und damit insgesamt in Höhe von 52,00 Euro berücksichtigen müssen. Der am 31. Januar 2013
per Fax eingegangene Schriftsatz des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der Maßstäbe des § 14 Abs. 1 RVG könne der aus diesem Schriftsatz ersichtliche Aktenauszug ohne rechtliche Einzelfallwürdigung jedoch nicht zu einer noch
höheren Gebührenfestsetzung folgen. Der allgemeine Hinweis auf die übliche Vorbereitung auf den Termin rechtfertige keine
höhere Festsetzung. Die beantragte Festsetzung von 280,00 Euro stehe völlig außer Verhältnis zum Gewicht der Bemühungen des
Beschwerdeführers. Das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG sei in Höhe von 2,33 Euro in Ansatz zu bringen. Maßgeblich sei hier die Stufe 2 (Abwesenheit von 4 bis 8 Stunden) in Höhe
von 35,00 Euro, weil sich die mündliche Verhandlung am 31. Januar 2013 für alle 15 verhandelten Verfahren in diesem Rahmen
gehalten habe. Im Übrigen sei die Vergütungsfestsetzung des UdG mit Beschluss vom 19. März 2013 nicht zu beanstanden, insbesondere
nicht die Berechnung der Einigungsgebühren unter anteiliger Berücksichtigung der durch den Vergleich erfassten Verfahren.
Gegen den am 21. Februar 2014 zugestellten Beschluss des SG hat der Beschwerdeführer am 7. März 2014 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf seinen
erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere habe der Beschwerdegegner vor der Vergütungsfestsetzung keine Einwendungen erhoben,
so dass das SG antragsgemäß habe festsetzen müssen.
Der Beschwerdegegner hat keine Stellungnahme abgegeben.
Das SG hat mit gerichtlicher Verfügung vom 31. März 2014 mitgeteilt, dass es der Beschwerde nicht abhelfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten zu den Aktenzeichen
S 25 AS 989/10, S 25 AS 2048/12, S 25 AS 2049/12 und S 25 AS 2050/17 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind. II. 1. Wegen grundsätzlicher
Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Die Entscheidung ergeht ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
2. Die aufgrund eines Beschwerdewerts von mehr als 200,00 Euro nach § 1 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte und fristgemäße Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist unbegründet. Das SG hat mit Beschluss vom 12. Februar 2014 im Ergebnis zutreffend die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattende
Vergütung auf 430,58 Euro festgesetzt.
a) Anzuwenden ist auf den vorliegenden Fall das VV RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung, weil der Rechtsanwalt vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung beauftragt
worden ist (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG).
b) Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der
Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des
Auftraggebers sowie ggf. eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals
das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann und Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr grundsätzlich
die so genannte Mittelgebühr ist, d.h. die Hälfte von Höchst- zzgl. Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens
(vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. April 2006 - L 4 B 4/05 KR SF -; Mayer in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 21. Aufl. 2013, § 14 Rn. 15 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies
ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20 % zur tatsächlich objektiv angemessenen
Gebührenhöhe überschreiten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R).
c) Für eine grundsätzliche Beschränkung der sozialgerichtlichen Prüfungs- und ggf. Korrekturkompetenz im Rahmen von Vergütungsfestsetzungsverfahren
für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwälte auf Fälle, in denen der zur Erstattung verpflichtete Dritte
die Unbilligkeit als Einwendung vorgetragen hat, ist eine gesetzliche Grundlage vor dem Hintergrund des im sozialgerichtlichen
Verfahren nach dem
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) gemäß §
103 SGG geltenden Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatzes nicht zu ersehen, auch nicht aus dem auf die Situation eines zivilgerichtlichen
Kostenfestsetzungsverfahrens gegen den zur Kostenerstattung verpflichteten Verfahrensgegner in der Hauptsache bezogenen Beschluss
des BGH vom 20. Januar 2011 (Az.: V ZB 216/10). Der Senat verweist insoweit auf seinen hierzu bereits ergangenen Beschluss vom 1. Juli 2015 zum Aktenzeichen L 7/14 AS 7/14 B. Eine Einschränkung der Prüfungskompetenz und -verpflichtung der Urkundsbeamten und Richter im sozialgerichtlichen Vergütungsfestsetzungsverfahren,
einschließlich Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren, durch eine Rügeobliegenheit der Staatskasse wird - mit teilweise unterschiedlichen
Begründungen - auch in den hierzu ersichtlichen sonstigen sozialgerichtlichen Entscheidungen verneint (vgl. Thüringer Landessozialgericht,
Beschluss vom 21. Januar 2013 - L 6 SF 1578/12 B -; Sozialgericht Nordhausen, Beschluss vom 23. April 2015 - S 12 SF 507/12 E -; Sozialgericht Braunschweig, Beschluss vom 29. September 2011 - S 47 SF 320/09 E -; Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 27. Juli 2011 - S 165 SF 6502/10 E).
d) Unter Berücksichtigung der ausgeführten Kriterien ist die vom Beschwerdeführer erfolgte Gebührenansetzung unbillig und
zu korrigieren. Die maßgeblichen Gebührenbemessungskriterien rechtfertigen keine höhere als die im Beschluss des SG vom 12. Februar 2014 festgesetzte Gesamtvergütung.
aa) Für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG a.F. rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung keinesfalls einen höheren Ansatz als den der doppelten Mindestgebühr von 40,00 Euro.
Wesentlich für diese Beurteilung ist, dass der Beurteilungszeitraum frühestens ab dem Zeitpunkt, für den Prozesskostenhilfe
bewilligt worden ist, beginnt, dies ist hier der 31. Januar 2013. Denn die Wirkung einer Prozesskostenhilfebewilligung kann
frühestens ab dem Zeitpunkt des Antragseingangs unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen eintreten (vgl.: Bundesgerichtshof,
Beschluss vom 5. Februar 1998 - IX ZR 263/96 - NJW-RR 1998, S. 642, Beschluss vom 6. Dezember 1984 - VII ZR 223/83 - NJW 1985, S. 921 und Beschluss vom 30. September 1981 - IVb ZR 694/80). Etwaige anwaltliche Tätigkeiten im Zeitraum vor der erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung, insbesondere im Rahmen der
Klagerhebung und nachfolgender Schriftsätze, sind für die Bemessung der Verfahrensgebühr nicht heranzuziehen. Die ersichtliche
anwaltliche Tätigkeit beschränkt sich damit auf den Schriftsatz vom 31. Januar 2013. Hierbei ist anzumerken, dass sich die
Ausführungen in diesem Schriftsatz auf insgesamt vier Klageverfahren bezogen und damit gezielte, einzelfallbezogene Ausführungen
zu dem hier zugrunde liegenden Klageverfahren gerade nicht erfolgten.
Die weiteren Bemessungskriterien können bei dem damit maßgeblichen geringen Tätigkeitsumfang - unabhängig von ihrer etwaigen
Einstufung - zu keiner abweichenden Gebührenbemessung führen. Eine höhere Gebühr ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung
der so genannten Toleranzgrenze, weil die vom Beschwerdeführer bestimmte Gebühr die angemessene Gebührenhöhe um weit mehr
als 20 % übersteigt.
Die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG a.F. errechnet sich daher bei insgesamt zwei zu berücksichtigenden Auftraggebern des Beschwerdeführers mit 12,00 Euro aus
der doppelten Mindestgebühr.
bb) Des Weiteren ist auch die durch das SG festgesetzte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG a.F. in Höhe der Mittelgebühr von 200,00 Euro nicht zu beanstanden. Berücksichtigungsfähig ist allein der Termin am 31. Januar
2013, weil die PKH-Bewilligung erst ab diesem Zeitpunkt erfolgte. Im Übrigen erscheint keinesfalls eine höhere als die angesetzte
Mittelgebühr gerechtfertigt. Der Sitzungstermin hat ausweislich der Sitzungsniederschrift des SG vom 31. Januar 2013 zwar insgesamt 67 Minuten gedauert. Allerdings wurden neben dem hier zugrunde liegenden Verfahren auch
die Verfahren S 25 AS 144/13 und S 25 AS 145/13 mitverhandelt, die der Beschwerdeführer nach einem rechtlichen Hinweis der Kammervorsitzenden für erledigt erklärt hat. Darüber
hinaus wurden durch das SG die Ansprüche des Verfahrens S 25 AS 2050/12 erläutert und zudem wurden die Klagen zu den Aktenzeichen S 25 AS 2048/12, S 25 AS 2049/12 und S 25 AS 2050/12 mitverglichen. Die auf das hier zugrundeliegende Verfahren entfallende Verhandlungsdauer dauerte dabei keinesfalls länger
als eine durchschnittliche Verhandlung vor dem SG, die mit etwa 30 Minuten anzusetzen ist.
Auch insoweit ergibt sich eine höhere Gebühr weder aus den weiteren Bemessungskriterien noch unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze,
weil die vom Beschwerdeführer bestimmte Gebühr die angemessene Gebührenhöhe um mehr als 20 % übersteigt.
cc) Soweit das SG die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG a.F. in Höhe von 87,50 Euro angesetzt hat, bestehen hiergegen im Ergebnis keine Bedenken. Lediglich die Begründung des SG überzeugt nicht.
Das SG bezieht sich zur Begründung seiner Auffassung auf eine in der Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung (vgl. OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 4. März 2009 - II-10 WF 36/08, 10 WF 36/08 - OLGR 2009, 455 = juris Rn. 6; OLG Köln, Beschluss vom 29. November 1972 - 2 W 105/72 - juris; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, VV 1003, 1004, Rn. 71), wonach bei gemeinsamer Einigung in mehreren Rechtsstreitigkeiten derselben Parteien
nur eine Einigungsgebühr entstehe, die nach den zusammengerechneten Werten der Einigungsgegenstände zu berechnen sei. Dies
gelte auch dann, wenn zuvor keine förmliche Verbindung der Verfahren erfolgt oder gar nicht zulässig gewesen sei. Der Abschluss
eines einheitlichen gerichtlichen Vergleichs bringe den übereinstimmenden Willen des Gerichts, der Beteiligten und ihrer Anwälte
zum Ausdruck, die Sachen für die Einigung als miteinander verbunden zu behandeln. Die Einigungsgebühr sei dann - so das SG - auf alle mitverglichenen Verfahren aufzuteilen. Gegen diese Auffassung spricht bereits, dass dann in jedem Einzelfall festgestellt
werden müsste, welche Einigungshandlungen im Einzelnen in den verglichenen Verfahren erfolgt sind und ob überhaupt in allen
erledigten Rechtsstreiten eine Einigung vorliegt, was insbesondere in den Verfahren zu Schwierigkeiten führte, in denen gar
keine oder jedenfalls nicht für alle Beteiligten PKH bewilligt worden ist.
Der Senat folgt dieser Auffassung nicht, weil sie keine Stütze im Gesetz findet. Nr. 1003 Satz 1 VV RVG a.F. bestimmt nämlich gerade Folgendes: "Über den Gegenstand ist ein anderes gerichtliches Verfahrens als ein selbständiges
Beweisverfahren anhängig: Die Gebühren betragen 1,0." Damit ist nach dem Wortlaut der Vorschrift davon auszugehen, dass in
jedem gerichtlich anhängigen Verfahren mit Ausnahme eines selbständigen Beweisverfahrens, das durch einen Vergleich in einem
anderen Verfahren erledigt wird, eine Vergleichsgebühr von 1,0 anfällt.
Auch Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG a.F. bestimmt, dass die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags entsteht, durch den der Streit oder die Ungewissheit
über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder
einen Verzicht. Materiell-rechtlich muss insoweit ausdrücklich oder konkludent ein Einigungsvertrag nach zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Grundsätzen zustande kommen, während einseitige Erklärungen nicht ausreichen
(siehe dazu exemplarisch Senatsbeschluss vom 2. März 2016 - L 7/14 AS 15/14 B). Mit dieser eindeutigen Gesetzesfassung der Vorschrift ist aber die Annahme eines einheitlichen Willens unvereinbar, die
Sachen für die Einigung als miteinander verbunden zu behandeln. Selbst wenn dem so wäre, würde die Einigungsgebühr gleichwohl
kraft Gesetzes dem Grunde nach auch jeweils in den Verfahren entstehen, die in den Vergleich miteinbezogen worden sind und
insoweit die Voraussetzungen einer Einigung vorliegen.
Für die damit auch im Verfahren S 25 AS 989/10 entstandene Vergleichsgebühr rechtfertigt sich allerdings unter Berücksichtigung der allgemeinen Gebührenbemessungskriterien
keine die festgesetzten 87,50 Euro übersteigende Gebühr. Maßgeblich ist insoweit zunächst, dass hinsichtlich des geschlossenen
Vergleichs ein den durchschnittlichen Umfang übersteigender Gesamtarbeitsaufwand des Beschwerdeführers weder aus der Sitzungsniederschrift
noch aus den sonstigen Umständen ersichtlich ist. Ein solcher wird auch vom Beschwerdeführer weder vorgetragen noch belegt.
Zu berücksichtigen ist bei der gebührenrechtlichen Bewertung der Mühewaltung des Beschwerdeführers weiterhin, dass vom geschlossenen
Vergleich noch weitere Verfahren erfasst wurden, weshalb bei der Gebührenbemessung zusätzlich auch die insoweit ersichtlichen
Synergieeffekte für insgesamt vier Verfahren einzuberechnen sind (vgl.: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 2.
Dezember 2011 - L 15 SF 28/11 -; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. September 2011 - L 19 AS 879/10 B -; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25. Mai 2009 - L 2 SF 50/09 E). Anhaltspunkte für eine dabei gebotene abweichende und ggf. ungleichmäßige Verteilung der Mühewaltung des Beschwerdeführers
gegenüber einer gleichmäßigen anteiligen Berücksichtigung des ersichtlichen Gesamtaufwands für alle Verfahren sind weder aus
den Umständen ersichtlich noch vom Beschwerdeführer vorgetragen. Es kann im vorliegenden Fall im Ergebnis dahinstehen, ob
und ggf. in welchem genauen Umfang die danach aus der Mittelgebühr in Höhe von EUR 190,00 gemäß Nr. 1006 VV RVG a.F. errechnete Gebührenhöhe von 47,50 Euro (190,0 Euro / 4) aufgrund der weiteren Gebührenbemessungskriterien zu erhöhen
ist. Aufgrund des auf das vorliegende Verfahren rechnerisch entfallenden geringen Tätigkeitsumfangs sind jedenfalls keine
Anhaltspunkte für ein Überschreiten der vom SG bereits auf der Basis einer (Gesamt)höchstgebühr nach Nr. 1006 VV RVG a.F. errechneten Gebührenhöhe von 87,50 Euro ersichtlich. Diese Gebührenhöhe berücksichtigt bereits mehr als hinreichend
eine etwaig höhere - vorliegend aber weder ersichtliche noch vom Beschwerdeführer vorgetragene - Gesamtschwierigkeit aufgrund
der Vergleichseinbeziehung mehrerer Verfahren. Auch Anhaltspunkte für eine höhere Gebührenansetzung unter Berücksichtigung
der Bedeutung der Angelegenheit sowie der kompensierenden Wirkung der weit unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse
(vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R) sind weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich.
Eine höhere Gebühr ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze, weil die vom Beschwerdeführer bestimmte
Gebühr die angemessene Gebührenhöhe um weit mehr als 20 % übersteigt.
dd) Die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG a.F. hat das SG antragsgemäß in Höhe von 20,00 Euro festgesetzt.
ee) Zutreffend hat das SG im Übrigen im Beschluss vom 12. Februar 2014 das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG a.F. in Höhe von 2,33 Euro angesetzt. Tage- und Abwesenheitsgeld wird nach dieser Vorschrift bei einer Geschäftsreise von
nicht mehr als 4 Stunden in Höhe von 20,00 Euro und bei einer Geschäftsreise von mehr als 4 bis 8 Stunden in Höhe von 35,00
Euro gewährt. Dient eine Reise mehreren Geschäften, sind die entstandenen Auslagen nach den Nummern 7003 bis 7006 nach dem
Verhältnis der Kosten zu verteilen, die bei gesonderter Ausführung der einzelnen Geschäfte entstanden wären (Vorbemerkung
7 Abs. 1 Satz 1 VV RVG a.F.). Jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt für die Wahrnehmung des Termins lediglich die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG a.F. geltend macht, ist eine Aufteilung der Pauschale auf alle wahrgenommenen Geschäfte sachgerecht. Bei der Höhe der Pauschale
ist die Gesamtdauer der Reise für die Wahrnehmung aller Geschäfte maßgeblich.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat das SG zutreffend im Beschluss vom 12. Februar 2014 eine Pauschale nach Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG a.F. in Höhe von 35,00 Euro angesetzt (Geschäftsreise von mehr als 4 bis 8 Stunden), die es durch die durch den Beschwerdeführer
unwidersprochenen 15 Verfahren geteilt hat, die an am 31. Januar 2013 verhandelt worden sind.
ff) Das SG hat im Beschluss vom 12. Februar 2014 im Übrigen zutreffend die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG a.F. von 19 % auf 381,83 Euro in Höhe von rund 68,75 Euro berücksichtigt, woraus sich in der Summe die festgesetzte Vergütung
in Höhe von 430,58 Euro ergibt.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).