Gründe
I.
Streitig ist im anhängigen Klageverfahren die Erstattung von € 768,94 aus unter Vorbehalt geleisteter, vom Empfängerkonto
zur Erfüllung der Forderung eines Dritten weitergeleiteter Witwenrente.
Die Beklagte gewährte aus der Versicherung des am 00.2.2014 verstorbenen I T an dessen Witwe B T (im Folgenden: Witwe) ab
dem 1.3.2014 große Witwenrente. Nach dem Tod der Witwe am 00.3.2015 ging am 30.3.2015 auf dem Referenzkonto der Witwe bei
der E Volksbank eG der Bruttozahlbetrag der Witwenrente für den Monat April 2015 in Höhe von € 958,58 ein. An diesem Tag wies
das Konto einen Tageseingangssaldo von € 418,56 auf. Aus dem Guthaben von € 1.377,14 überwies die E Volksbank eG sodann noch
am gleichen Tag auf der Grundlage eines ihr als Drittschuldnerin zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Klägerin
als Gläubigerin einen Betrag von € 768,94. Ebenfalls noch am 30.3.2015 hob Frau T C aus I1 auf der Grundlage einer zu ihren
Gunsten bestehenden Kontovollmacht € 605 im Wege zweier Geldautomatenauszahlungen (von € 300 und € 305) vom Referenzkonto
der Verstorbenen ab. Schließlich buchte die E Volksbank eG am gleichen Tag noch zu ihren eigenen Gunsten € 5,03 unter der
Position "Zins/Ktf" (wohl: Zinsen/Kontoführung) ab. Der Tagesendsaldo betrug danach am 30.3.2015 € - 1,88.
Mit Schreiben vom 1.4.2015 forderte die Beklagte die E Volksbank eG auf, den überzahlten Rentennettozahlbetrag der Aprilrente
in Höhe von € 918,88 zurück zu überweisen. Diese wies darauf hin, dass bereits am 31.3.2015 über den Gesamtbetrag verfügt
war, und überwies - später - lediglich den zu ihren Gunsten abgebuchten Betrag in Höhe von € 5,03.
Die Beklagte verpflichtete sodann Frau C als Empfängerin und Verfügende "gesamtschuldnerisch mit den weiteren Empfängern von
Rententeilbeträgen und den Erben nach der Verstorbenen", € 918,88 an sie zu erstatten (bestandskräftiger Bescheid vom 7.8.2015).
Vollstreckungsversuche aus diesem Bescheid blieben bislang erfolglos.
Die Beklagte verpflichtete außerdem die Klägerin als Empfängerin des Betrages von € 768,94, ihr diesen Betrag "gesamtschuldnerisch
mit der Verfügenden sowie den Erben nach der Verstorbenen" zu erstatten (Bescheid vom 16.2.2016; Widerspruchsbescheid vom
29.5.2017).
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin im Januar 2019 beantragt, Frau C beizuladen (im Folgenden: Beizuladende).
Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, dass deren berechtigte Interessen wegen möglicher Ausgleichsansprüche aus dem Gesamtschuldverhältnis
und der Hemmung von Verjährungsansprüchen aus diesem Rechtsverhältnis berührt würden.
Die Beklagte hat eine Beiladung nicht für geboten gehalten und diese in das Ermessen des SG gestellt.
Das SG hat die Beiladung abgelehnt: Eine hier allein in Betracht kommende einfache Beiladung sei nicht geboten, weil gegenüber der
Beizuladenden bereits ein bestandskräftiger Erstattungsbescheid existiere. Damit fehle es an einer Beeinflussbarkeit von Interessen
der Beizuladenden (Beschluss vom 18.11.2020, der Klägerin bekannt gegeben am 25.11.2020).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 28.12.2020, dem Montag nach Weihnachten. Sie hält die
Voraussetzungen einer - einfachen - Beiladung für erfüllt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die unterlassene Beiladung sei jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft.
II.
I. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts, Frau C nicht
zum Verfahren beizuladen, ist rechtmäßig. Eine Verpflichtung des SG, die von der Klägerin beantragte Beiladung auszusprechen, besteht nicht.
Im sozialgerichtlichen Verfahren sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich
ergehen kann (sog. notwendige Beiladung), §
75 Abs
2 1. Alternative
Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Außerdem kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag Dritte ("andere") beiladen, (wenn) deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung
berührt werden (sog. einfache Beiladung), §
75 Abs
1 SGG.
(1) Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung liegen nicht vor, weil die Entscheidung gegenüber der Beizuladenden
nicht nur einheitlich ergehen kann.
Die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis
zugleich in die Rechtssphäre eines Dritten unmittelbar eingegriffen wird (stRspr; vgl BSG, Urteil vom 24. Oktober 2013, Az B 13 R 35/12 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 12 Rn 17; BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 §
20 Nr 1, Rn 18; B. Schmidt in: Meyer-Ladewig ua.
SGG. Kommentar. 13. Aufl 2020. §
75 Rn 10). Notwendig ist die Identität des Streitgegenstandes im Verhältnis beider Hauptbeteiligter zu dem Dritten (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, Rn 5). Für eine notwendige Beiladung reicht nicht aus, dass die tatsächlichen Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern
oder gar nur zweckmäßig erscheinen lassen (vgl B. Schmidt. AaO Rn 10 aE mwN). Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung sind nicht erfüllt.
Die Klägerin und die Beizuladende sind (potentielle) Gesamtschuldner. Verschiedene nach §
118 Abs
4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) Erstattungspflichtige können in Höhe des Betrages, den sie gemeinsam zu erstatten haben, als Gesamtschuldner in Anspruch
genommen werden, da der Träger der Rentenversicherung die jeweilige Leistung nur einmal fordern und dabei den in Anspruch
zu nehmenden Schuldner (zB nach Bonität) auswählen kann (BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 , Aktenzeichen <Az> B 13 R 105/11 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 11). Zwischen den Gesamtschuldnern besteht ein Gesamtschuldverhältnis (als gesetzliches Schuldverhältnis) mit entsprechenden
Ausgleichsansprüchen aus übergegangenem Recht (§
426 Abs
2 des
Bürgerlichen Gesetzbuches). Dieses Gesamtschuldverhältnis ändert nichts daran, dass jede Erstattungsforderung ihr eigenes Schicksal hat. Die Entscheidung
gegenüber einem Gesamtschuldner kann gerade nicht nur einheitlich für alle Gesamtschuldner ergehen (vgl BSG, Urt v 25.2.2015, Az B 8 SO 7/12 R; BSG, Urteil vom 24. Oktober 2013, Az B 13 R 35/12 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 12 Rn 17). Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - gegen den beizuladenden Gesamtschuldner bereits ein bestandskräftiger Bescheid
nach §
118 Abs
4 S 1 Alt 1 und 2
SGB VI vorliegt. Die - hier zu treffende - Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheids gegen die Klägerin kann
dann nicht mehr unmittelbar in die Rechtssphäre der Beizuladenden eingreifen (so iE auch: B. Schmidt. AaO. Rn 10 l aE unter Hinweis auf BSGE 83, 176, 185f).
(2) Auch aus §
75 Abs
1 SGG ergibt sich keine Verpflichtung des SG, die von der Klägerin beantragte Beiladung auszusprechen.
Dabei kann dahinstehen, ob - neben den hier ganz im Vordergrund stehenden berechtigten Interessen der Klägerin an der von ihr beantragten Beiladung - durch eine Entscheidung auch berechtigte Interessen der Beizuladenden betroffen sind.
Jedenfalls bestehen ausreichende Gründe, im Rahmen des eingeräumten Ermessens von einer Beiladung abzusehen.
Berechtigte Interessen der Beizuladenden könnten trotz des bestandskräftigen Bescheides vom 7.8.2015 betroffen sein, weil
vom Ausgang des Verfahrens abhängt, wie sich die Beizuladende gegen die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 7.8.2015 verteidigt.
Allein deshalb ist eine Beiladung aber nicht geboten. Der Senat hat keine Zweifel, dass die an Recht und Gesetz gebundene
Beklagte bei Erfolg im laufenden Verfahren aus dem Bescheid nur noch in Höhe der Restforderung von € 149,94 vollstreckte (vgl
ihren Schriftsatz vom 28.1.2021).
Auch wegen der etwaigen Verjährung von Ausgleichsansprüchen aus dem Ausgleichsverhältnis der (etwaigen) Gesamtschuldner ist
eine Beiladung nicht geboten. Die Verjährung eines Ausgleichsanspruchs der Klägerin nach §
426 Abs
2 BGB berührt die berechtigten Interessen der Beizuladenden nicht, sondern gäbe ihr eine Einrede gegen einen solchen Ausgleichsanspruch.
Die Beiladung widerspräche insofern ihren berechtigten Interessen. Dass bei einem Obsiegen der Klägerin eine Erstattungsforderung
der Beizuladenden gegen die Klägerin entstünde, ist aus zwei Gründen unwahrscheinlich und erfordert deshalb keine Beiladung.
Zum einen steht der Leistung der Beizuladenden an die Beklagte ihre - bereits lang andauernde - Vermögenslosigkeit entgegen,
zum anderen dürfte ein Obsiegen der Klägerin im vorliegenden Verfahren ihr gegen die Beizuladende die begründete Einwendung
geben, sie sei nicht (Gesamt-)Schuldnerin und damit nicht ausgleichspflichtig.
Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob wegen der Vorrangigkeit der Erstattungspflicht aus §
118 Abs
3 SGB VI das Geldinstitut (hier: E Volksbank eG) - notwendig - beizuladen ist (vgl dazu B. Schmidt. AaO. § 75 Rn 10 l aE mwN).
III. Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, 177
SGG.