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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.11.2014 - 18 R 787/11
Beschäftigung während des Krieges von 1942 bis 1945 als ausländische Arbeitskraft im Gebiet des Deutschen Reichs als sog. Ostarbeiter und Rückkehr in die Heimat im August 1945 Streit über die Gewährung von Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung deutscher Beitragszeiten Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren mit Beitrags- oder Ersatzzeiten Voraussetzungen einer fiktiven Nachversicherung Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 1.4.1944 Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Ausübung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit und der Beitragsentrichtung
1. Arbeitskräfte "nichtdeutscher Volkszugehörigkeit" aus dem "Reichskommissariat Ukraine" i.S.v. § 1 der Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30.6.1942 unterlagen bis zum 31.3.1944 nicht der Sozialversicherungspflicht in der (damaligen) Invalidenversicherung, sodass für sie Beiträge nicht entrichtet sein können.
2. Ab dem 1.4.1944 war eine Beschäftigung als Haushaltshilfe versicherungsfrei, wenn für sie als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde. Erst wer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ein über den freien Unterhalt hinausgehendes Entgelt - einen die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Barlohn oder entsprechende Sachwerte - bezog, war versicherungspflichtig nach § 1226 Abs. 1 Nr. 1 RVO a.F.. Trägt die Klägerin nicht vor, Arbeitslohn erhalten zu haben und gibt es auch keine Nachweise, dass die Klägerin gegen Entgelt beschäftigt wurde (bspw. Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen, Versicherungskarten etc.), ist eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht glaubhaft gemacht.
3. Der Ausschluss ehemaliger Zwangsarbeiter, die - wie die Klägerin - am 30.6.1950 ihren Aufenthalt nicht mehr im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) hatten, vom Anspruch auf fiktive Nachversicherung verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
4. Im Hinblick auf Ansprüche ehemaliger Zwangsarbeiter auf Wiedergutmachung der durch die Diskriminierung in der Sozialversicherung in ihrer Rentenversicherung entstandenen Schäden liegt nach dem Willen des Gesetzgebers mit Art. 6 § 23 Abs. 1 FANG und dem Gesetz über die Errichtung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZSiftG) eine abschließende Regelung vor. Für eine analoge Anwendung des § 197 Abs. 3 SGB VI bleibt kein Raum.
Normenkette:
SGG § 95
, ,
SGB VI § 300 Abs. 1
,
SGB VI § 302 Abs. 1
,
SGB VI § 50 Abs. 1
,
SGB VI § 51 Abs. 1
,
SGB VI § 51 Abs. 4
,
SGB VI § 247 Abs. 3 S. 1
,
RVO i.d.F. v. 01.04.1944 § 1226 Abs. 1 Nr. 1
,
RVO i.d.F. v. 01.04.1944 § 1227
,
FANG Art. 6 § 23 Abs. 1 S. 1 Buchst. a
,
FRG § 1 Buchst. d
,
HAuslG § 1 Abs. 1
,
SGB VI § 250 Abs. 1 Nr. 4
,
SGB VI § 197 Abs. 3 S. 1
,
SGB X § 23 Abs. 1 S. 1
,
SGB VI § 286a Abs. 1 S. 1
Vorinstanzen: SG Düsseldorf 01.03.2011 S 11 R 350/08
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 1.3.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

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