SGB II-Leistungen
Kosten der Unterkunft und Heizung
Angemessenheitsprüfung
Abstrakte und konkret-individuelle Prüfung
Produkttheorie
Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen nach § 22 SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 480,00 EUR für die Monate Oktober 2013, Dezember 2013, Januar 2104
und März 2014.
Seit 2006 bezieht der am 00.00.1966 geborene Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er bewohnte eine 54 m2 große Wohnung M-straße 00, W. Die Bruttowarmmiete betrug 480,00 EUR (350,00 EUR Grundmiete + 57,06 EUR Betriebskostenvorauszahlung
+ 72,94 EUR Heizkostenvorauszahlung). Das Warmwasser wurde dezentral erzeugt (Durchlauferhitzer). Bis Februar 2011 wohnte
die Tochter des Klägers mit in der Wohnung. Zum 01.04.2017 zog der Kläger um.
Seit November 2010 übernahm der Beklagte nicht mehr die tatsächlichen Unterkunftskosten, er legte der Ermittlung des Bedarfs
nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die Angemessenheitsgrenze für einen 2-Personen-Haushalts zu Grunde. Ab September 2011 berücksichtigte der Beklagte bei der
Ermittlung des Bedarfs nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zunächst nur noch eine Grundmiete von 216,00 EUR (Angemessenheitsgrenze für einen 1-Personen-Haushalt) zuzüglich der tatsächlichen
Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen. Gegen die Höhe der bewilligten Unterkunftskosten für die Zeit ab September 2011 legte
der Kläger Widerspruch ein und erhob Klage. Im Laufe der Klageverfahren bewilligte der Beklagte höhere Leistungen für Unterkunft
und Heizung ab dem 01.09.2011 in Höhe der Summe einer Grundmiete (305,94 EUR) und Betriebskostenvorauszahlung (57,06 EUR),
d.h. von 363,00 EUR, zuzüglich der tatsächlichen Heizkostenvorauszahlung. Der Betrag von 363,00 EUR entsprach dem für die
Stadt W maßgeblichen Tabellenwert nach § 12 WoGG i.d.F. vom 09.12.2010 (a.F.) + 10% Zuschlag.
Seit dem 01.06.2013 verwendet der Beklagte für einen 1-Personen-Haushalt den Richtwert von 260,00 EUR als Grundmiete zuzüglich
tatsächlicher Betriebskosten. Diese Angemessenheitsgrenze beruht auf dem von der Firma F erstellten Konzept "Herleitung von
Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 21 SGB II und § 35 SGB XII nach einem schlüssigen Konzept im Kreis W Basisanalyse 2012" (erstellt am 27.05.2013).
Mit Bescheid vom 17.09.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 374,41 EUR monatlich
für die Zeit vom 01.10.2013 bis zum 31.03.2014. Er legte einen Bedarf i.H.v. 780,79 EUR (382,00 EUR Regelbedarf + 8,79 EUR
Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 390,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) zugrunde. Die berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung setzten
sich aus einer Grundmiete i.H.v. 260,00 EUR, einer Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 57,06 EUR sowie einer Heizkostenvorauszahlung
i.H.v. 72,94 EUR zusammen. Auf diesen Bedarf rechnete der Beklagte Erwerbseinkommen i.H.v. 406,38 EUR monatlich an.
Gegen die Höhe der bewilligten Leistungen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 erhöhte der
Beklagte wegen der Anpassung der Regelbedarfe zum 01.01.2014 die Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.01.2014
bis zum 31.03.2014 auf 383,61 EUR monatlich. Dabei ging er von einem Bedarf i.H.v. 789,99 EUR (391,00 EUR Regelbedarf + 8,99
EUR Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 390,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) aus und rechnete ein Erwerbseinkommen i.H.v. 406,38 EUR an. Den hiergegen
eingelegten Widerspruch des Klägers verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2014 als unzulässig.
Mit Bescheid vom 19.12.2013 hob der Beklagte die Bescheide vom 17.09.2013 und vom 23.11.2013 teilweise auf und bewilligte
dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 353,14 EUR. Er rechnete
auf den Bedarf von 789,99 EUR ein Krankengeld i.H.v. 436,85 EUR an. Er führte aus, dass ab dem 01.01.2014 ein Krankengeld
i.H.v. 17,46 EUR täglich angerechnet werde. Die Neuberechnung erfolge nach Vorlage der Auszahlungsbescheide der Krankenkasse
sowie ihrer Kontoauszüge. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 10.03.2014 als unzulässig.
Mit Bescheid vom 13.02.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Oktober
2013 i.H.v. 780,79 EUR. Dabei ging er von einem Bedarf des Klägers i.H.v. 780,79 EUR (382,00 EUR Regelbedarf + 8,79 EUR Mehrbedarf
nach § 21 Abs. 7 SGB II + 390,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) aus. Mit weiterem Bescheid vom 13.02.2014 erhöhte der Beklagte die Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Dezember 2013 auf 780,79 EUR.
Mit Bescheid vom 18.02.2014 erhöhte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01.2014
bis zum 31.03.2014 auf insgesamt 789,99 EUR monatlich. Dabei ging er von einem Bedarf des Klägers i.H.v. 789,99 EUR (391,00
EUR Regelbedarf + 8,99 EUR Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 390,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) aus. Den hiergegen erhobenen Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 10.03.2014 als unzulässig.
Mit weiteren Bescheid vom 18.02.2014 hob der Beklagte die Entscheidungen vom 17.09.2013, 23.11.2013 und 19.12.2013 über die
Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für November 2013 unter Berufung auf §§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 3 und 4 SGB X, 330 Abs. 3 S. 1
SGB III ganz auf und forderte Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 164,74 EUR zurück. Den hiergegen eingelegten
Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2014 zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2014 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 17.09.2013 als
unbegründet zurück. Er führte u.a. aus, dass die Heiz- und Betriebskosten in tatsächlicher Höhe und die Kaltmiete in angemessener
Höhe von 260,00 EUR berücksichtigt worden seien. Die tatsächliche Kaltmiete von 350,00 EUR übersteige selbst das für einen
2-Personen-Haushalt angemessene Maß. Der Kläger sei bereits mit Schreiben vom 16.12.2009 darauf hingewiesen worden, dass die
Kosten der seinerzeit noch mit zwei Personen bewohnten Unterkunft unangemessen hoch seien. Auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid
vom 07.12.2011 hätten den Kläger nicht veranlasst, Absenkungsbemühungen zu entfalten. Die Höhe der Unterkunftskosten sei zudem
bereits in mehreren Klageverfahren umfassend thematisiert worden. Der Kläger habe keine hinreichenden Kostensenkungsbemühungen
nachgewiesen. Einer weitergehenden Senkungsaufforderung habe es nicht bedurft.
Nach den Richtlinien des Kreises W als kommunaler Träger der Grundsicherungen seien zum 01.06.2013 die Mietrichtwerte entsprechend
dem vorgelegten schlüssigen Konzept angepasst worden. Das Konzept sei auf der Grundlage wissenschaftlicher Erhebungen erstellt
worden. Die Firma F habe für den Kreis W eine Analyse des lokalen Wohnungsmarktes erstellt. Für die einzelnen kreisangehörigen
Städte und Gemeinden seien separate Mietrichtwerte je nach Haushaltsgröße ermittelt worden. Das schlüssige Konzept werde regelmäßig
aktualisiert und habe für den hier streitigen Zeitraum eine angemessene Kaltmiete für einen 1-Personen-Haushalt im Gebiet
der Stadt W von 260,00 EUR ergeben. Auch die Aktualisierung des Konzepts ab 01.01.2014 habe insoweit keine höheren Werte ergeben.
Die seitens des Gesundheitsamtes W aufgrund der am 28.03.2014 erfolgten Untersuchung des Klägers mit Gutachten vom 31.03.2014
bescheinigte Umzugsunfähigkeit des Klägers für die Dauer von 6 Monaten führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger verkenne,
dass § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II selbst bei Vorliegen von "Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit" vorsehe, dass nach spätestens 6 Monaten nur noch die Aufwendungen
in Höhe der Differenzmiete erstattet werden sollen (Regelfall). Die Erstattung nicht angemessener Kosten der Unterkunft bleibe
der durch sachliche Gründe begründungspflichtige Ausnahmefall, die Obliegenheit zur Kostensenkung bleibe auch bei Unmöglichkeit
oder subjektiver Unzumutbarkeit grundsätzlich bestehen. Der Kläger habe nach Erhalt der Senkungsaufforderung vom 16.12.2009
hinreichend Gelegenheit gehabt, sich um die Senkung der Unterkunftskosten zu bemühen. Dieser Obliegenheit sei er nicht nachgekommen.
Die zeitlich begrenzte Umzugsunfähigkeit könne nicht dazu führen, dass die bekanntermaßen schon seit Jahren unangemessene
Kaltmiete nun wieder in tatsächlicher Höhe übernommen werden müsse. Dieses Ergebnis könne vor dem Hintergrund, dass Leistungen
nach dem SGB II aus Steuermitteln aufgebracht werden, nicht sachgerecht sein.
Mit Bescheid vom 22.04.2014 hob der Beklagte die Bescheide vom 17.09.2013, 23.11.2013, 19.12.2013, 13.02.2014 und 18.02.2014
über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Februar 2014 unter Berufung auf §§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2, 3 und 4 SGB X, 330 Abs. 3 S. 1
SGB III ganz auf und forderte 353,14 EUR (789,99 EUR - 436,85 EUR Erstattung der Krankenkasse für Februar 2014) zurück. Den Widerspruch
des Klägers gegen den Bescheid vom 22.04.2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2014 zurück.
Am 15.05.2014 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 17.09.2013 in Form der Änderungsbescheide vom 23.11.2013, 19.12.2013,
13.02.2014 und 18.02.2014, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2014, erhoben.
Er hat die Auffassung vertreten, den vom Beklagten ab dem 01.06.2013 angewendeten Angemessenheitsgrenzen liege kein schlüssiges
Konzept zugrunde. Die von der Firma F gefertigte Studie entspreche nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein
schlüssiges Konzept.
In dem Konzept werde nicht definiert, was ein Mindeststandard sein solle. Das Abstellen allein auf einen prozentualen Anteil
am Wohnungsmarkt, der den billigsten Anteil abbilde, bedeute nicht automatisch auch, dass es sich um den einfachen Standard
handele. Das Konzept berücksichtige nicht, dass der Mietpreis gerade nicht nur von der Ausstattung der Wohnung, sondern auch
von der Lage und der zurzeit der Anmietung vorherrschenden Nachfrage bestimmt werde. Diese beiden Einflüsse auf die Mieten
lasse das Konzept aber vollkommen außer Acht. Darüber hinaus solle in dem Konzept eine Mietobergrenze ausgeschlossen werden,
ohne dass diese überhaupt in dem Konzept ermittelt werde.
Sofern in dem Konzept auf Wohnungsgrößenklassen abgestellt werde und dabei eine Bandbreite von +/- 10 qm ausgehend von 50
qm veranschlagt werde, setze das Konzept eine gleichbleibende Quadratmetermiete für Wohnungen voraus, die von der Wohnungsgröße
her bis zu 20 qm auseinander lägen. Bei einem Blick in den Mietspiegel für die Stadt W falle aber bereits auf, dass bei kleineren
Wohnungen in der Regel Aufschläge genommen würden und zwar um so höhere, je kleiner die Wohnung sei. Des weiteren seien Wohnungen
über 50 qm einbezogen worden, die ihm als alleinstehendem Bedürftigen gar nicht zustehe. Dies verfälsche das Bild der zur
Verfügung stehenden Mietwohnungen. Stichprobenartige Überprüfungen des Mietmarktes in W hätten ergeben, dass Wohnungen zu
einer Kaltmiete von 260,00 EUR nicht in ausreichender Anzahl verfügbar sind.
Nach eigenen Angaben habe die Firma F den Mietwohnraum der großen Wohnungsbauunternehmen, die vorwiegend im sozialen Wohnungsbau
und im unteren Mietsegment vermieteten, mehrfach berücksichtigt. Die überproportionale Berücksichtigung des Wohnraums von
Wohnungsunternehmen verfälsche das Ergebnis der Erhebung, wenn diese überhaupt auf einer ausreichenden Grundlage erfolgt sei.
Der Beklagte habe die Werte für 2013 und 2014 auf der Basis einer Erhebung für das Jahr 2012 berechnet. Die Zahlen seien bereits
überholt. Für das Jahr 2013 liege bereits ein neuer qualifizierter Mietspiegel für die Stadt W vor. Weshalb für Leistungsempfänger
dann in der Studie Werte aus 2012 zugrunde gelegt würden, sei nicht nachvollziehbar. Die Studie weiche auch wesentlich von
den Erkenntnissen der Ersteller des qualifizierten Mietspiegels für die Stadt W ab.
Die Firma F habe zur Bestimmung von Wohnungen einfachen Standards willkürlich die unteren 25 % des Mietwohnungsbestandes gewählt.
Bereits diese Grenzziehung sei willkürlich und nicht nachvollziehbar. Ausreichender Wohnraum bis zu einer Grundmiete von 260,00
EUR stehe nicht zur Verfügung, Dies ergebe sich bereits aus dem seitens des Sozialamtes der Stadt W herausgegebenen Mietspiegel
für das Jahr 2013.
Auch würden die lokalen Unterschiede im Bereich der Stadt W, die sich aus vier, jeweils mehrere Kilometer voneinander entfernten
Einzelstädten mit unterschiedlicher Erschließung und unterschiedlichem Mietniveau zusammensetze, nicht berücksichtigt. Der
Beklagte berücksichtige zudem bei der Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nicht die Höhe der Betriebs-
und Heizkosten. Gerade in modernisierten oder neuen Wohnungen fielen zwar höhere Grundmieten, aufgrund des gesetzlich geforderten
Energiestandards in der Regel jedoch niedrigere Heizkosten an.
Er sei auch zu keiner Zeit wirksam zu einer Senkung seiner Unterkunftskosten aufgefordert worden. Der Beklagte habe ihn nie
konkret und zutreffend über die zu erstattenden angemessenen Unterkunftskosten aufgeklärt und eine entsprechende Kostensenkungsaufforderung
übersendet.
Außerdem sei er nicht umzugsfähig. Er beziehe sich auf das amtsärztliche Gesundheitszeugnis vom 31.03.2014. Es stelle sich
die Frage, ob von einem nicht umzugsfähigen Leistungsberechtigten überhaupt ein Umzug in eine kostengünstige Wohnung verlangt
werden könne.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 17.09.2013, 23.11.2013, 19.12.2013, 13.02.2014 und 18.02.2014 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2014 zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB II unter vollständiger Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft von 480 EUR zuzüglich der angemessenen Kosten der Warmwassererwärmung
mittels strombetriebener Geräte und eines angemessenen Regelbedarfs zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, dem Kläger seien spätestens mit Erhalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2011 alle für eine
wirksame Kostensenkungsaufforderung erforderlichen Informationen gegeben worden.
Mit Urteil vom 29.12.2015 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 17.02.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.03.2016 eingelegte Berufung des
Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Er bestreitet, dass der gesamte Bereich der
Stadt W ein homogener Lebens- und Wohnbereich darstelle. Die Stadt W habe sich aus drei einzelnen Städten und einem Dorf sowie
angrenzenden dörflichen Strukturen entwickelt. Die einzelnen Orte lägen mehrere Kilometer auseinander. Insbesondere die dörflichen
Randgebiete seien kaum durch öffentlichen Nahverkehr erschlossen. Insofern sei es nicht zutreffend, diese alle demselben Vergleichsraum
zuzuordnen. Denn es handele sich teilweise um jeweils einzelne urbane oder andererseits um ländliche Strukturen. Die Ortsteile
seien zu weit voneinander entfernt und differierten auch hinsichtlich der sozialen Zusammensetzung erheblich. Er sei weiterhin
der Auffassung, dass das untere Marktsegment unzutreffend ermittelt sei.
Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung die Klage betreffend die Gewährung von höheren Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes für die Monate November 2013 und Februar 2014 sowie die Klagen gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide
vom 18.02.2014 und 22.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2014 zurückgenommen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.12.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Kosten für
Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 480,00 EUR für die Monate Oktober 2013, Dezember 2013, Januar 2014 und März 2014 zu
bewilligen.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte anerkannt, dass dem Kläger für die Monate Oktober 2013 und Dezember 2013 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes i.H.v. insgesamt 796,73 EUR monatlich unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten von
333,00 EUR sowie für die Monate Januar 2014 und März 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes i.H.v. insgesamt
806,93 EUR monatlich unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten von 334,00 EUR zustehen. Der Klägerbevollmächtige hat das
Teilanerkenntnis angenommen.
Durch Beschluss vom 14.12.2016 hat der Senat die Stadt W (Beigeladene zu 1) und den Kreis W (Beigeladener zu 2) beigeladen.
Die Beigeladene zu 1) weist darauf hin, dass es sich bei dem Mietspiegel für die Stadt W um einen einfachen Mietspiegel nach
§
558c BGB handelt. Im Rahmen der Erstellung des Mietspiegels seien eine Vielzahl der am Wohnungsmarkt tätigen Immobilienverwalter,
Wohnungsgesellschaften, Wohnungsgenossenschaften und einige größere privater Wohnungsvermieter angeschrieben und um Einschätzung
der Mietpreisentwicklung - getrennt nach den jeweiligen Baualtersstufen - gebeten worden. Die auf den bei den jeweiligen Unternehmen
vorhandenen Daten und Erkenntnissen beruhenden Rückmeldungen seien anonymisiert für ein gemeinsames Gespräch der Stadt mit
den Interessenvertretern die Mieter und Vermieter - dem Mieterverband Niederrhein e.V. und dem Haus- Wohnungs- und Grundeigentümerverein
W e.V. - zusammengestellt worden. In diesem Gespräch sei dann einvernehmlich ein neuer Mietspiegel aufgestellt und von den
Interessenvertretern anerkannt worden. Eine Primärdatenerhebung sei nicht durchgeführt worden.
Der Beigeladene zu 2) nimmt an, das Stadtgebiet W bilde einen eigenen Vergleichsraum. Dieses Stadtgebiet weise alle Kriterien
für einen Vergleichsraum auf. Die Grenzen eines Vergleichsraumes seien insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen
ausreichend großen Raum mit Wohnbebauung in räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer
Verbundenheit handele. Der Raum müsse insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R). Es bestehe zwar eine Diskrepanz zwischen den steigenden Werten des Mietspiegels der Stadt W und den für die Jahre von
2010 bis 2015 von der Firma F ausgewerteten Angebotsmieten. Dies liege jedoch an erkennbar unterschiedlichen Ermittlungsansätzen.
Angebotsmieten stammten aus konkreten, öffentlich inserierten Mietwohnungsangeboten und spiegelten somit die Situation am
Markt wieder. Der Mietspiegel hingegen stelle das Ergebnis einer Absprache zwischen Interessenvertretern dar. Bei der Festlegung
des Mietspiegels handele es sich nicht um eine Erhebung, sondern eine Einigung. Der Mietspiegel verfolge dabei das Ziel, eine
Orientierungshilfe zu geben umso Konflikte zwischen Mietern und Vermietern zu vermeiden. Die Festlegung des unteren Viertels
sei durch ihn erfolgt.
Der Senat hat die im Auftrag des Beigeladenen zu 2) von der Firma F erstellten Konzepte "Herleitung von Mietobergrenzen für
angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 21 SGB II und § 35 SGB XII nach einem schlüssigen Konzept im Kreis W Basisanalyse 2012" (erstellt am 27.05.2013), die "Aktualisierung des Konzepts 2013"
(erstellt am 13.03.2014), die "Aktualisierung des Konzepts 2014" (erstellt am 16.01.2015) und die "Aktualisierung des Konzepts
2016" (erstellt am 21.09.2016) beigezogen und die Zeugin I vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten
des Beklagten sowie der beigezogenen Akten des Landesozialgerichts Nordrhein-Westfalen L 19 AS 2089/16 und 521/16 Bezug genommen, deren wesentliche Inhalte Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 480,00 EUR für
die Monate Oktober 2013, Dezember 2013, Januar 2014 und März 2014. Seine weitergehende Klage hat der Kläger in der mündlichen
Verhandlung vom 12.10.2017 zurückgenommen und sein Berufungsbegehren sachlich - auf die Übernahme von höheren Kosten für Unterkunft
und Heizung - und zeitlich - auf die Monate Oktober 2013, Dezember 2013, Januar 2014 und März 2014 - beschränkt.
Streitbefangen ist zum einen der Bescheid vom 17.09.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.02.2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2014, alle in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 12.10.2017, soweit für die Monate
Oktober 2013 und Dezember 2013 vom Beklagten Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 405,74 EUR monatlich
(333,00 EUR Unterkunftskosten + 72,94 EUR Heizkosten) anerkannt worden sind.
Zum anderen ist Gegenstand des Verfahrens der Bescheid vom 22.09.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.11.2013
und 18.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2014, alle in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 12.10.2017,
soweit für die Monate Januar 2014 und März 2014 Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft vom Beklagten und Heizung i.H.v. 406,74
EUR monatlich (334,00 EUR Unterkunftskosten + 72,94 EUR Heizkosten) anerkannt worden sind. Der Bescheid vom 19.12.2013 ist
als herabsetzender Änderungsbescheid und damit als Aufhebungsbescheid nicht Gegenstand des Verfahrens, da er durch den Bescheid
vom 18.02.2014 vollständig (konkludent) aufgehoben worden ist und sich damit nach § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat. Mit Bescheid vom 18.02.2014 sind dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2014 höhere Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts als in den Bescheiden vom 17.09.2013, 23.11.2013 und 19.12.2013 bewilligt gewährt worden.
Die Berufung ist nach §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG statthaft. Denn die Beschwer des Klägers hat bei Einlegung der Berufung den Betrag von 750,00 EUR überstiegen. Bei der Berechnung
des Wertes der Beschwer i.S.d. §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG ist auf den Betrag abzustellen, den das Sozialgericht versagt oder zugesprochen hat. Maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung
des Wertes der Beschwer ist nach §§
202 SGG,
4 Abs.
1 S. 1
ZPO der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 57/04 R- SozR 4-1500 §
96 Nr. 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
144 Rn. 19 m.w.N). Zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger nicht nur die Übernahme von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung
i.H.v. 90,00 EUR (Differenz zwischen bewilligten Bedarf i.S.v. § 22 SGB II von 390,00 EUR und Bruttowarmmiete von 480,00 EUR) monatlich für die Dauer von sechs Monaten, also 540,00 EUR begehrt, vielmehr
auch die Aufhebung der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 18.02.2013 und vom 22.04.2014 verlangt. Diese Bescheide sind
daher nach §§
86,
96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewesen. Die Summe beider Erstattungsforderungen hat sich auf insgesamt 517,88 EUR belaufen. Dass
der Kläger in der mündlichen Verhandlung sein Berufungsbegehren betreffend die erhobene Leistungsklage sachlich und zeitlich
begrenzt und die Anfechtungsklage gegen die beiden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zurückgenommen hat, macht die Berufung
nicht unstatthaft (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 19 m.w.N). Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. §
54 Abs.
1 S. 1
SGG. Dahinstehen, kann ob der Kläger die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II im streitbefangenen Zeitraum erfüllt hat. Jedenfalls ist der Beklagte nicht verpflichtet, ihm höhere als die bereits anerkannten
Leistungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu gewähren. Der Bedarf des Klägers i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II beläuft sich für die Monate Oktober 2013 und Dezember 2013 auf insgesamt 405,94 EUR monatlich (A) und für Monate Januar 2014
und März 2014 auf insgesamt 406,94 EUR (B).
A. Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung
i.H.v. insgesamt 480,00 EUR monatlich für die Monate Oktober 2013 und Dezember 2013 nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu. Vielmehr hat der Beklagte zutreffend einen Bedarf i.H.v. 405,94 EUR monatlich anerkannt.
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen,
wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine
konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 m.w.N.).Die monatlichen Unterkunftskosten des Klägers i.H.v. insgesamt 407,06 EUR (350,00 EUR Grundmiete + 57,06 Betriebskostenvorauszahlung)
sind abstrakt (1) und konkret (2) unangemessen. Die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten von 333,00 EUR setzten sich aus
einer angemessenen Grundmiete von 260,00 EUR (aa) und angemessenen Betriebskosten von 73,00 EUR (bb) zusammen. Die Heizkosten
belaufen sich auf 72,94 EUR (3).
1. Die Unterkunftskosten des Klägers i.H.v. insgesamt 407,06 EUR (350,00 EUR Grundmiete + 57,06 Betriebskostenvorauszahlung)
sind abstrakt unangemessen.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 18.11.2014, a.a.O., vom 12.12.2013 - B 14 AS 83/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 74, vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70, vom 16.04.2013 - B 14 AS 28/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 67, vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 64, vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 46, vom 13.04.2011 - B 14 AS 32/09 R und vom 07.07.2011 - B 14 AS 51/10 R; vgl. auch Beschlüsse vom 02.04.2014 - B 4 AS 18/14 B und - B 4 AS 17/14 B), von der das Sozialgericht ohne Begründung abgewichen ist, ist nicht auf eine Nettokaltmiete zuzüglich der tatsächlichen
Betriebskosten, sondern auf die Bruttokaltmiete als einheitliche Angemessenheitsgrenze abzustellen. Die Bruttokaltmiete ist
aus einer abstrakt angemessenen Grundmiete und abstrakt angemessenen Betriebskosten zu bilden.
aa. Der vom Beklagte verwandte Wert von 260,00 EUR für die abstrakt angemessene Grundmiete eines 1-Personen-Haushaltes ist
nicht zu beanstanden.
Die abstrakte Angemessenheitsgrenze ist nach der sogenannten Produkttheorie durch Multiplikation der abstrakt angemessenen
Wohnfläche mit der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete je Quadratmeter im örtlichen Vergleichsraum zu ermitteln (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85). Für einen 1-Personen-Haushalt in Nordrhein-Westfalen ist nach Nr. 8.2 der insoweit maßgeblichen
(BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R) Wohnraumnutzungsbestimmungen (Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr NRW vom 12.12.2009, IV.5-619-1665/09)
eine Wohnfläche von 50 qm angemessen.
Der abstrakte Quadratmeterpreis soll den Preis widergegeben, den ein Leistungsberechtigter auf den Wohnungsmarkt für eine
einfache Wohnung aufwenden muss (BSG, Urteil vom 18.11.2014, a.a.O.). Das Bundesozialgericht hat Verfahrensregeln für das methodische Vorgehen zur Ermittlung
des abstrakt angemessenen Quadratmeterpreises entwickelt, ohne eine bestimmte Methode der Ermittlung vorzugeben. Die Ermittlung
der regional angemessenen Kosten für Unterkunft muss auf der Grundlage eines überprüfbaren, schlüssigen Konzepts zur Datenerhebung
und -auswertung unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statischer Grundsätze erfolgen. Der Grundsicherungsträger muss im
Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn gleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen
Vergleichsraum für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall, planmäßig vorgehen (BSG, Urteil 16.06.2015, a.a.O. m.w.N.). Schlüssig ist das Konzept, wenn es gewisse Mindestanforderungen hinsichtlich der Datenerhebung
und - auswertung sowie der Folgerichtigkeit erfüllt. Es muss ein Vergleichsraum genau eingegrenzt werden. Die Datenerhebung
darf ausschließlich in diesem Vergleichsraum erfolgen. Sie muss sich über den gesamten Vergleichsraum erstrecken. Es bedarf
einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen,
Brutto- und Nettomiete, Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße). Der Beobachtungszeitraum ist anzugeben. Art
und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel) sind festzulegen. Die Datenerhebung muss valide sein, die
einbezogenen Daten müssen repräsentativ sein. Das Konzept muss Angaben zu den gezogenen Schlüssen enthalten (z. B. Spannoberwert
oder Kappungsgrenze). Anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze sind bei der Datenauswertung einzuhalten (BSG, Urteil vom 16.06.2015, a.a.O.). Es handelt sich um verallgemeinerbare (d.h. nicht von den jeweiligen Wohnungsmärkten abhängige)
und entwicklungsoffene Grundsätze bzw. Prüfungsmaßstäbe, die Raum für die Berücksichtigung von regionalen Bedingungen lassen
(BSG, Urteil vom 18.11.2014, a.a.O.); sie eröffnen dem Grundsicherungsträger eine kontrollierte Methodenfreiheit bei Methodenvielfalt
(Knickrehm, SGb 2017, 241).
Das im Auftrag des Beigeladenen zu 2) erstellte 74 Seiten umfassende Konzept "Zur Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene
Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II/§ 35 SGB XII im Kreis W Basisanalyse 2012" (erstellt am 27.03.2013 und nachfolgend "Basisanalyse 2012" genannt) unter Einschluss der Aktualisierungen
2013, 2014, und , erstellt am 13.04.2014, 16.01.2015 und 22.09.2016, entspricht diesen Anforderungen.
In der Basisanalyse 2012 und deren Aktualisierungen hat die Firma F das von ihr im Jahr 2009 entwickelte Konzept zur Ermittlung
von angemessenen Unterkunftskosten umgesetzt. Dieses Konzept wird in den veröffentlichen "Informationen zum F-Konzept" www.f-insti-tut.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen
Referenzen /PDFs/Informationen zum f-Konzept.pdf. nachfolgend Informationen) dargestellt.
Bei dem von der Firma F erstellten Konzept handelt es sich um ein reines Angebotsmietenkonzept, da die Mietpreisstreuung freier,
zur Vermietung angebotener Wohnungen analysiert wird. Datengrundlage zur Beurteilung von angemessenen Kosten der Unterkunft
sind die Mieten verfügbarer Wohnungen. Erhoben werden die Mieten verfügbarer öffentlich inserierter Wohnungen, wie sie in
der f-Preisdatenbank erfasst werden und ggf. nicht öffentlich inserierter Wohnungen, die am lokalen Markt ein Rolle spielen
und ebenfalls von Bedarfsgemeinschaften angemietet werden können, z.B. Daten von Wohnungsunternehmen. Die Datenerhebung und
-auswertung gliedert sich in fünf aufeinander aufbauende Arbeitsschritte. Zunächst wird in Absprache mit dem Auftraggeber
die physische (angemessene Wohnungsgröße), räumliche (Bildung von Vergleichsräumen) und qualitative (Abgrenzung des unteren
Wohnungsmarktspektrums mittels Festlegung eines Perzentils) Angemessenheit festgelegt (1. Arbeitsschritt). Unter Beachtung
dieser Kriterien werden die Angebotsmieten erhoben und analysiert (2. Arbeitsschritt). Nach Darstellung des gesamten Mietspektrums
verfügbarer Wohnungen für alle Haushaltsgrößen in allen Vergleichsräumen wird das untere Wohnungsmarktsegments abgrenzt (3.
Arbeitsschritt) und einer Plausibilitäts- und Qualitätsprüfung (4. Arbeitsschritt) unterzogen. Anschließend wird eine Richtwerttabelle
"angemessene Nettokaltmiete" erstellt und ein Bericht über die Datenerhebung und -auswertung gefertigt (5. Arbeitsschritt).
Nach den Bekundungen der Zeugin I, die innerhalb der Firma F für den Geschäftsbereich "Erstellen von schlüssigen Konzepten"
zuständig ist, werden die in den Informationen beschriebenen fünf Arbeitsschritte bei jedem Auftrag zur Erstellung eines schlüssigen
Konzepts beachtet. Die in den Informationen beschriebene Methode wird bei der Umsetzung des Konzepts nicht geändert. Der Ansatz
der Firma F - alle Wohnungsangebote aus dem Gesamtwohnungsbestand zu erfassen und dann aus den gewonnen Angebotsmieten einen
angemessen Wert zu ermitteln - stimmt mit den Vorgaben des Bundessozialgerichts überein (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/01 R).
Angebotsmietenkonzepte unterliegen nicht bereits deswegen rechtlichen Bedenken, weil sie ausschließlich auf Angebotsmieten
basieren und insbesondere die sog. Bestandsmieten weder selbst ermitteln noch diesbezüglich auf andere Quellen zurückgreifen.
Eine solche Verfahrensweise ist von der den Grundsicherungsträgern nach der Rechtsprechung des BSG eingeräumten Methodenfreiheit gedeckt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.12.2015 - L 15 AS 159/14). Angebotsmietenkonzepte stellen ein geeignetes Verfahren dar, um ein wohnungsbezogenes Existenzminimum zu ermitteln, auch
wenn keine Bestandsmieten erhoben werden (vgl. von Malottki, Die empirisch-statistische Bestimmung der Angemessenheitsgrenze
durch Sachverständige - verfahrensrechtliche Voraussetzungen und inhaltliche Ausgestaltung, Sozialrecht-Tradition und Zukunft
2013, 99 ff.). Denn für die Sicherung eines wohnungsbezogenen Existenzminimums ist neben dem Mietpreis auch die abstrakte
Verfügbarkeit von Wohnraum von Bedeutung. Diese ist durch ein Angebotsmietenkonzept gewährleistet, da nur Daten von Wohnungen
verwertet werden, die zur Vermietung tatsächlich angeboten werden. Angebotsmieten liegen im Mittel meist höher als der Mittelwert
von repräsentativ erhobenen Neuvertragsmieten (Forschungsbericht 478 "Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die Kosten
der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und in der Sozialhilfe nachdem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales,.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/Forschungsberichte/fb-478-niedrige-aufloesung.pdf;jsessionid=
FE668CBEE3257F013554A592A2CBA1B8? blob=publicationFile&v=4, S. 182 nachfolgend: Forschungsbericht 478; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen,
Urteil vom 10.12.2015 - L 13 AS 135/15).
Der Mietpreis stellt ein geeignetes Kriterium dar, um die für Leistungsberechtigte qualitativ in Frage kommenden Wohnungen
zu bestimmen. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesozialgerichts müssen diese Wohnungen nach Ausstattung, Lage und
Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013, a.a.O., m.w.N.). Eine Definition des einfachen Standards ist zwar über Ausstattungsmerkmale denkbar,
in der Praxis aber kaum realisierbar (vgl. Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen
der kommunalen Satzungen, hrsg. vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung S. 22f, nachfolgend: Arbeitshilfe).
Die Qualität einer Wohnung wird über den Marktpreis abgebildet (siehe Arbeitshilfe S. 22; Forschungsbericht 478 S. 39, wonach
der Mietpreis ein Indikator ist, welcher die Vielzahl an Wohnwertmerkmalen sinnvoll zusammenfassen kann; von Malottki, a.a.O.,
S. 116). Daher greift der Einwand des Klägers, das von der Firma F erstellte Konzept erfülle nicht die qualitativen Voraussetzungen
an ein schlüssiges Konzept, weil vorab keine Wohnwertmerkmale definiert worden seien, nicht durch. Ein "verfahrensrechtliches
Erfordernis", sämtliche Wohnwertmerkmale regelmäßig und unabhängig von der Art des schlüssigen Konzepts in einem vorgeschalteten
Schritt abschließend zu definieren, hat das Bundesozialgericht nicht formuliert. Je nach der Art der von den SGB II-Trägern im Rahmen ihrer Methodenfreiheit entwickelten Konzepte ist es ausreichend, wenn die dem Ausschluss von Wohnungen
des untersten Standards dienenden Vorgaben ("Ausstattung, Lage und Bausubstanz") im Ergebnis beachtet werden (BSG, Urteil vom 18.11.2014, a.a.O.).
Bei der Erhebung und Auswertung der Daten durch die Firma F handelt es sich um eine empirische Datenerhebung in Form einer
Zufallsstichprobenerhebung, die nach Einschätzung der Zeugin I im Hinblick auf die öffentlich inserierten Wohnungsangebote
einer Vollerhebung nahekommt. Bei dem in den Informationen beschriebenen Verfahren der Datenerhebung und -auswertung werden
die Vorgaben des Bundessozialgerichts betreffend die Datenerhebung und -auswertung beachtet.
Die Datenerhebung und -auswertung wird unter Zugrundelegung der Aussage der Zeugin I von sachkundigen Personen vorgenommen,
die über Erfahrung und Kenntnisse der empirischen Datenerhebung und - auswertung unter Anwendung mathematisch-statistischer
Verfahren verfügen.
Die sog. f-Preisdatenbank stellt eine geeignete Datenquelle für Angebotsmieten dar. In der f-systeme Marktdatenbank wird seit
2004 kontinuierlich und systematisch öffentlich inserierte Wohnungsangebote, die in Immobilienportalen und Online-Seiten von
Printmedien in Bundesrepublik veröffentlicht werden (vgl. hierzu Informationen S. 5, 7), mit den einzelnen Mietbestandteile
(Nettokaltmiete, kalte und warme Nebenkosten erfasst (vgl. hierzu Forschungsbericht 478 S. 181). Nach Aussage der Zeugin I
entspricht diese systematische Erhebung fast einer Vollerhebung der öffentliche inserierte Wohnungsangebote. Wohnungsangebote
können aus der Datenbank nach zeitlichen, räumlichen und inhaltliche Vorgaben gefiltert ausgewertet werden und bilden sodann
die sog. f-Preisdatenbank. Durch eine automatisch ablaufende Freitextanalyse der Anbieterangaben werden unplausible Erfassungen,
wie z. B. Gewerberäume, die fälschlicherweise in die Kategorie "Wohnungen" einsortiert sind, untypische große/kleine Wohnflächen,
untypische hohen Mieten, herausgefiltert. Zum Zwecke der Wohnungsmarktbeobachtung können Angebote in Wohngemeinschaften, Angebote
zu Wohnen auf Zeit inklusive Ferienwohnungen sowie Wohnungsangebote mit ausschließlicher Angabe der Warmmiete (z.B. Wohnheime
und Herbergen) (vgl. Informationen S. 7) herausgefiltert werden.
Zur Vermeidung von saisonbedingten Schwankungen im Wohnungsangebot legt die Firma F der Datenerhebung und - auswertung die
inserierten Wohnungsangebote von vier Quartalen zu Grunde. Dabei wird eine mehrfache Erfassung von Mietangebote durch eine
Dopplerbereinigung im Quer- und Längsschnitt vermieden, da Mietangebote nur einmal zu dem im jeweils betrachteten Zeitraum
zuletzt genannten Preis in die Datenbank aufgenommen werden. Die Zeugin I hat zwar eingeräumt, dass das Verfahren der Dopplerbereinigung
nicht hundertprozentig sicher ist, jedoch hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass diese Unsicherheit nicht zu einer Verzerrung
der Ergebnisse führt. Falls die in den vier Quartalen gewonnen Fallzahlen nicht ausreichend sind, wertet die Firma F acht
oder zwölf Quartale aus (vgl. zum Erfordernis der längeren Auswertung von Angebotsmietendatenbank zwecks Erreichen der ausreichender
Fallzahlen Forschungsbericht 478 S. 183). Dies spricht nicht gegen das Konzept der Firma F. Der Aktualität des einem schlüssigen
Konzept zu Grunde gelegten Datenmaterials sind Grenzen gesetzt (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013, a.a.O.). Eine Alterung des Datenmaterials muss bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums
(vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175), dem die angemessen Unterkunftskosten zuzurechnen sind, in vertretbarem Umfang hingenommen werden (LSG Niedersachsen-Bremen,
Urteil vom 10.12.2015 - L 13 AS 135/15; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.05.2014 - L 6 AS 18/13). Insoweit hat die Zeugin I dem Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die ermittelten Werte umso aussagekräftiger sind, je
aktueller die ausgewerteten Mieten sind. Bei einer empirischen Auswertung grundsätzlich das Problem bestehe, dass Daten der
Vergangenheit ausgewertet werden und aus ihnen Schlüsse für die Zukunft gezogen werden. Die Firma F weist ihre Auftraggeber
grundsätzlich darauf hin, dass eine Aktualisierung zur Überprüfung der angesetzten Werte regelmäßig erforderlich sei. Eine
solche Aktualisierung ist vorliegend im Auftrag des Beigeladenen zu 2) jährlich durchgeführt worden.
Zur Wahrung der Repräsentativität der der Stichprobe achtet die Firma F darauf, dass in dem in Absprache mit dem Auftraggeber
gebildeten Vergleichsraum die Mindestfallzahl von 500 Mietwohnungsangeboten (100 Wohnungsangebote je Wohngrößenkasse) erreicht
wird. Nach den Erfahrungen der Firma F beläuft sich der relative Standardfehler als Maß für die durchschnittliche Abweichung
des Preises in der Stichprobe vom "wahren" Preis (vgl. zum Begriff des Standardfehlers das Stichwort "Standdardfehler" in
wikipedia) auf unter 5%, wenn die Fallzahl mindestens 100 beträgt (vgl. Basisanalyse 2012 S. 15 Fußnote 23). Wenn benachbarte
Gemeinden wegen Nichterreichens der Mindestfallzahl von 100 pro Wohngrößenklasse als Vergleichsraum zusammengefasst werden,
soll nach den Vorstellungen der Firma F das Mietgefälle zwischen den Gemeinden weniger als 1,00 EUR/qm betragen. Sofern bei
Nichterreichen der Mindestfallzahl für die einzelnen Wohnungsgrößenklassen die Firma F mit Näherungswerten arbeitet, entspricht
dies einem anerkannten mathematisch- statistischen Verfahren (vgl. hierzu Begriff des Näherungswerts das Stichwort "Näherungswerte"
in wikipedia), wobei die Firma F diese Näherungswertkontrolle dokumentiert und erläutert (vgl. Basisanalyse 2012 S. 21 ff.).
Zur Einschätzung des Preisniveaus einer physisch angemessene Wohnung, also einer Wohnung mit der angemessenen Höchstquadratmeterzahl
- vorliegend einer Wohnung von 50 qm - wertet die Firma F die Wohnungsangebote mit einer Bandbreite von +/-10 qm um den vorgegebenen
Wert - vorliegend Wohnungsangebote von 40 qm bis 60 qm - aus (vgl. Basisanalyse 2012 S. 9). Die Bildung der sog. Wohngrößenklassen,
also das Abstellen auf das Preisspektrum aller Wohnungen mit Größen +/-10 qm um die jeweils Höchstquadratmeterzahl soll sicherstellen,
dass keine statistischen Verzerrungen hinsichtlich des Medians der Angebotsmieten bei der Preisbeurteilung auftauchen. Dieses
Verfahren ist nicht zu beanstanden. Die Zeugin I hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei einer Verkleinerung der Wohnungsgrößenklassen
die Fallzahl je Wohnungsgrößenklassen sinkt. Dies habe jedoch nicht zwangsläufig zur Folge, dass sich das Mietspektrum ändert,
da Wohnungen am oberen und am unteren Rand ausgenommen werden (vgl. auch f paper Nr. 235, "Das Glücksspiel mit den Mietobergrenzen"
S. 9, www.f-institut.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen Referenzen/PDFs/empi235phlw.pdf). Die Aussage wird bestätigt durch
die im Auftrag des Senats durchgeführte Berechnung der Firma F, wonach bei einer Verringerung der Bandbreite auf 40qm bis
unter 55 qm bzw. von 35 qm bis unter 55 qm das Ergebnis unter Zugrundelegung des vom Beigeladenen zu 2) angesetzten Richtwerts
von 25 % ungünstiger ausfällt. Die vom Kläger gegen diese Verfahrensweise erhobenen Einwände sind daher nicht stichhaltig.
Soweit die Firma F als Ergebnis ihrer Analyse keinen angemessenen Quadratmeterpreis, sondern eine angemessene Grundmiete einer
Wohnung ausweist (vgl. hierzu Basisanalyse 2012 S. 9), ist dies mit der von Rechtsprechung entwickelten Produkttheorie vereinbar.
Denn eine Wohnung ist nur dann abstrakt angemessen, wenn die tatsächliche Grundmiete das Produkt der Multiplikation der abstrakt
angemessenen Wohnfläche mit der abstrakt angemessenen Grundmiete je Quadratmeter im örtlichen Vergleichsraum nicht überschreitet.
Die abstrakt angemessene Wohnfläche wird bei der Festlegung der Wohngrößenklassen, die die Basis für die Datenerhebung und
-auswertung bilden, von der Firma F ausreichend berücksichtigt.
Für die Bestimmung des angemessenen Segmentes des Wohnungsmarktes sieht das von der Firma F erstellte Konzept keine wissenschaftlich-statistische
Methodik vor. Die Mietobergrenze für angemessenen Wohnraum wird nicht empirisch aus der Analyse der Angebotsmieten abgeleitet,
die Definition liegt vielmehr im Ermessensspielraum des kommunalen Leistungsträgers. Diese Vorgehensweise ist grundsätzlich
mit den Vorgaben des Bundesozialgerichts zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts, die im Wesentlichen die Datenerhebung
und -auswertung betreffen, vereinbar. Insoweit obliegt es den Gerichten, im Einzelfall zu überprüfen, ob der kommunale Leistungsträger
die Definition des Grenzwertes nachvollziehbar begründet, also ob bei Anwendung der Mietobergrenze eine tatsächliche Anmietbarkeit
hinreichend wahrscheinlich gewährleistet ist.
In Anwendung ihres Konzepts auf die Verhältnisse im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ist die Firma F zum Ergebnis gelangt,
dass unter Beachtung des vom Beigeladenen zu 2) festgelegten Segmentes von 25% die angemessenen Unterkunftskosten für einen
1-Personen -Haushalt im Gebiet der Beigeladenen zu 1) sich auf 260,00 EUR belaufen.
Die Entscheidung des Beigeladenen zu 2), als Vergleichsraum nicht seinen Zuständigkeitsbereich - den Kreis W - zu Grunde zu
legen, sondern Vergleichsräume mit nach Gemeinden differenzierten Mietobergrenzen zu bilden, ist in der Basisanalyse 2012
nachvollziehbar dargelegt und begründet (S. 7, 9f). Sie steht nicht in Widerspruch zu den Vorgaben des Bundessozialgerichts
zur Bildung von Vergleichsräumen. Die Schlussfolgerung des Beigeladenen zu 2), dass aufgrund der Lage, der Größe und der Einwohnerzahl
des Kreises sowie der Zugehörigkeit von fünf Städten und vier Gemeinden zum Kreisgebiet ein räumlich zu differenzierender
Wohnungsmarkt besteht, ist nachvollziehbar (siehe zur Struktur des Kreises W und seiner zugehörigen Gemeinden die von der
amtlichen Statistikstelle des Landes Nordrhein -Westfalen, Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW),Geschäftsbereich
Statistik erstellten Kommunalprofile des Kreises W und seiner 9 kreisangehörigen Städten/Gemeinden, die den Beteiligten übersandt
worden sind; siehe auch Arbeitshilfe S. 3).
Die Entscheidung, die Grenzen der im Kreisgebiet zu bildenden Vergleichsräume an den bestehenden kommunalen, also administrativen,
Grenzziehungen zu orientieren, ermöglicht eine gut handhabbare Zuordnung von Daten (Arbeitshilfe S. 31). Auch die Neufestlegung
der Vergleichsräume in der Aktualisierung 2014, in dem die ursprünglich 9 Vergleichsräume zu 6 Vergleichsräumen zusammengefasst
werden, begründet keine nachhaltigen Zweifel an der Entscheidung des Beigeladenen zu 2), das Gebiet der Beigeladenen zu 1)
als Vergleichsraum für Datenerhebung zugrunde zu legen. Denn bei dieser Neufestlegung der Vergleichsräume werden nur Gemeinden
zu Vergleichsräume zusammengefasst, in deren Gebiet die Vorgaben der Firma F zur Vergleichsraumbildung - Erreichen einer bestimmten
Mindestfallzahl von Wohnungsangeboten - nicht erfüllt werden. Für das Gebiet der Beigeladenen zu 1) haben schon in der Basisanalyse
2012 die von der Firma F für erforderlich erachteten Mindestfallzahlen vorgelegen.
Die Bestimmung des Gebietes der Beigeladenen zu 1) als Vergleichsraum stimmt auch mit den Vorgaben des Bundessozialgerichts
zur Bildung von Vergleichsräumen überein. Danach ist bei der Festlegung des Vergleichsraumes vom Wohnort oder dem weiteren
Wohnumfeld des Leistungsberechtigten auszugehen. Die Grenzen des Vergleichsraums sind danach abzustecken, ob es sich um einen
ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender
Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handelt. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen
Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 73).
Entgegen der Einschätzung des Klägers bildet das Gebiet der Beigeladenen zu 1) einen solchen homogenen Lebens- und Wohnbereich.
Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um eine Große Mittelstadt (91 km2 groß, mit rund 75.000 Einwohnern, vgl. das im Auftrag der Stadt W von der InWIS Forschung & Beratung GmbH erstellte Handlungskonzept
Wohnen S. 12, www.W.de/C125716C0029A475/files/handlungskonzept wohnen stadt W.pdf/$file/handlungskonzept wohnen stadt W.pdf?OpenElement;
nachfolgend "Handlungskonzept Wohnen").
Nach dem Landesentwicklungsplan des Landes Nordrhein-Westfalen hat W die Funktion eines Mittelzentrums. Mittelzentren übernehmen
die Versorgung mit Gütern und Diensten des gehobenen Bedarfs. Zu ihrem Einzugsbereich zählen mindestens 30.000 bis 35.000
Einwohner. Sie sollen mit dem öffentlichen Verkehr in maximal 45 Minuten erreichbar sein. Allein schon von dieser Funktion
einer Mittelstadt her bildet das Gebiet der Beigeladenen zu 1) einen homogenen Lebens- und Wohnbereich. Insoweit greifen die
vom Kläger gegen die Vergleichsraumbildung erhobenen Einwände, dass sich die Beigeladene zu 1) aus drei einzelnen Städten
und einem Dorf sowie angrenzenden dörflichen Strukturen entwickelt habe, die mehrere Kilometer auseinanderliegen, nicht durch.
Eine Unterteilung des Stadtgebietes in weitere Vergleichsräume ist nicht geboten Bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke sollen
nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts, insbesondere um einer Ghettoisierung vorzubeugen, keine Vergleichsräume bilden,
die Grenzen eines Vergleichsraums sind weit zu ziehen (BSG, Urteil vom 01.06.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147). Auch gewährleisten die Buslinien innerhalb der Stadt W, die über den zentral gelegenen Busbahnhof verkehren, eine gute
Erreichbarkeit der Stadtteile und des Umlandes (Handlungskonzept Wohnen S. 129), so dass die Stadtteile verkehrstechnisch
miteinander verbunden sind.
Der Umstand dass für das Gebiet der Beigeladenen zu 1) ein einfacher Mietspiegel i.S.v. §
558c BGB in Form eines Regressionsmietspiegels existiert, hindert den Beigeladenen zu 2) nicht, auf andere Quellen zur Ermittlung
eines schlüssigen Konzepts zurückzugreifen. Der Grundsicherungsträger muss nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten
Mietspiegel i.S. der §§ 558c und 558d
BGB abstellen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013, a.a.O., m.w.N.). Entscheidend ist, dass den Feststellungen eines Grundsicherungsträgers ein Konzept
zugrunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen
Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.
Der einfache Mietspiegel für das Gebiet der Beigeladenen bildet auch keine geeignetere Datenquelle als die herangezogenen
Angebotsmietendatenbank zur Ermittlung der angemessenen Grundmiete i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1SGB II. Dieser einfache Mietspiegel
beruht nach Angaben der Beigeladenen zu 1) nicht auf einer Primärdatenerhebung, sondern auf einer Vereinbarung zwischen Interessenvertretern.
Nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts kann aber die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze nicht unmittelbar
aus einem Mietspiegel abgeleitet werden, vielmehr sieht es die hinter einem Mietspiegel stehenden Daten als geeignet an, um
die Angemessenheitsgrenze zu ermitteln (BSG, Urteile vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52).
Der Beigeladenen zu 2) hat zur Abgrenzung des unteren Wohnungsmarktsegmentes einen Richtwert von 25% für jede Wohnungsgrößenklasse
und in jedem Vergleichsraum, also das untere Wohnungsmarktviertel aller verfügbaren Wohnungen, als angemessen festgelegt.
Das Verfahren zur Festsetzung dieses Richtwertes ist in der Basisanalyse 2012 (S. 46f) nachvollziehbar erläutert worden. Soweit
der Beigeladene zu 2) bei der Festlegung des Richtwertes auf die mittlere Höhe der Bestandsmieten der vermieteten Wohnungen
der Wohnungsunternehmen zum 31.12.2011 abgestellt und ein ungewichtetes Mittel über alle Gemeinden und Wohnungsgrößenklassen
gebildet und hieraus den Richtwert von 25% abgeleitet hat, ist dies angesichts der dem Grundsicherungsträger bei der Ermittlung
der Angemessenheitsgrenze eingeräumten Methodenfreiheit nicht zu beanstanden. Auch hat die Firma F unter Zugrundelegung dieser
Richtwertes noch eine stichprobenartige Plausibilitäts- und Qualitätsprüfung vorgenommen (Basisanalyse 2012 S. 47ff).
Für den Senat ergeben sich weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus den beigezogenen Unterlagen Anhaltspunkte, dass sich
die Bestandsmieten der Wohnungsunternehmen, die der Bildung des Richtwertes zu Grunde gelegen haben, in den Jahren 2012 bis
2014 gravierend anders als die Angebotsmieten entwickelt haben. Die Frage, ob in nachfolgenden Jahren eine Überprüfung des
Richtwertes durch den Beigeladenen zu 2) wegen veränderter Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere infolge eines
Anstieges der Nachfrage nach günstigem Wohnraum geboten war, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Unter Zugrundelegung des Richtwertes von 25% und des Vergleichsraums - Gebiet der Beigeladenen zu 1) - hat der Beklagte die
Angemessenheitsgrenze von 260,00 EUR für einen 1-Personen-Haushalt zutreffend ermittelt. Die vom Kläger erhobenen Einwände
begründen keine einer Überprüfung standhaltenden Zweifel. Die Angemessenheitsgrenze ist zeit- und realitätsgerecht in einem
transparenten und sachgerechten Verfahren ermittelt worden.
Die Basisanalyse 2012 enthält aussagekräftige Angaben zum Verfahren der Datenerhebung und -auswertung. In dem Bericht sind
die einzelnen Phasen der Datenerhebung und - auswertung dokumentiert und nachvollziehbar erläutert. Das beschriebene Verfahren
der Datenerhebung und -auswertung wahrt die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept. Aus der Basisanalyse 2012 geht hervor,
dass sich die Datenerhebung auf das gesamte Gebiet des Beigeladenen zu 2) bzw. der Beigeladenen zu 1) erstreckt, die Erhebung
ist nicht auf einzelne Teile des Kreisgebietes oder einzelne Stadtgebiete beschränkt gewesen. Der Gegenstand der Beobachtung
ist hinreichend definiert. Beobachtungsgegenstand waren bei der Basisanalyse 2012 die in der f-Preisdatenbank erfassten öffentlich
inserierten Mietwohnungsangebote betreffend die Grundmiete in den Quartalen III/2010 bis II/2012 (rund 9.800 Mietwohnungsangebote)
sowie 1.346 Mietangebote von Wohnungsunternehmen. In der f Preisdatenbank waren u.a. Mietangebote, die in Immobilienscout
24, Immonet, Immowelt, Immopool, Kalayado, und in der Rheinischen Post veröffentlichet waren, erfasst, wobei das Portal Anonza
u.a. Anzeigen aus den kostenlosen Anzeigenblättern "Extra-Tipp Krefeld-Kempen", "Extra-Tipp W", "Stadt-Spiegel W" und "Stadt-Spiegel
Kempen", erfasst. Insoweit sind überregionale wie auch regionale inserierte Wohnungsangebote erfasst.
Der Einwand des Klägers, die in der Basisanalyse 2012 verwandten Daten seien bereits im Jahr 2013 veraltet gewesen, greift
nicht durch, weil diese Alterung des Datenbestandes vertretbar ist. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass nach
dem 2. Quartal 2012 eine gravierende Änderung des Mietwohnungsmarktes im Gebiet der Beigeladenen zu 1) eingetreten ist. Im
Gegenteil belegt das Ergebnis der nachfolgenden Aktualisierung des Konzepts 2013, dass keine gravierende Änderung eingetreten
ist. In dieser Aktualisierung hat die F Daten aus der Zeit von 01.10.2011 bis zum 30.09.2013 erhoben und ausgewertet. Unter
Zugrundelegung dieser Daten ist die Firma F unter Verwendung derselben Parameter wie in der Basisanalyse 2012 für ihre Analyse
für einen 1-Personen-Haushalt zum gleichen Ergebnis gekommen wie in der Basisanalyse 2012, nämlich auf den Wert von 260,00
EUR. Lediglich bei den Angemessenheitsgrenzen für eine 2-Personen-Haushalt, 3-Personen-Haushalt und 5-Persoenen-Haushalt erfolgte
eine Erhöhung der Angemessenheitsgrenze um jeweils 10,00 EUR.
Auch die Einbeziehung von Wohnungsangeboten der Wohnungsunternehmen, von denen 36% öffentlich geförderte (mietpreisgebundene)
Sozialwohnungen zum Gegenstand hatten, ist sachgerecht. Angebotsmietendatenbanken bilden das Mietangebot nicht repräsentativ
ab, da nur 50 % der Mietwohnungstranskationen öffentlich inseriert werden und in den Angebotsmietendatenbanken Wohnungen der
meist preisgünstigen institutionellen Vermietern unterproportional vertreten sind (Forschungsbericht 478 S. 182; siehe auch
Arbeitshilfe S. 44; siehe von Malottki S. 121). Dies wird auch von der Zeugin I bestätigt, wonach die These, dass nur 50%
der Mitwohnungstransaktionen öffentlich inseriert werden und in den Angebotsmietendatenbanken die meist preisgünstigen institutionellen
Vermieter unterproportional vertreten sind, auf Erfahrungswerten beruht. Danach ist der tatsächliche Umfang von Wohnungsangeboten
schwer erforschbar. Es existieren nach Angaben der Zeugin I, die aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Bereich der Wohnungsmarktbeobachtung
mit den statistischen Grundlagen der Wohnungsmarktbeobachtung vertraut ist, Schätzungen, dass 1/3 der Wohnungen "unter der
Hand" (Verfahren "Suche Nachmieter", Weitergabe an Freunde und Bekannte) weitergegeben werden, wobei keine verifizierbaren
Erkenntnisse hinsichtlich der Preisgestaltung in diesem Bereich existieren. Die Zeugin hat auch bekundet, dass nach den Erfahrungen
der Firma F, die langjährig auf dem Gebiet der Wohnungsmarktbeobachtung wissenschaftlich und praktisch tätig ist, institutionelle
Anbieter neben öffentlich geförderte Wohnungen, die dem sog. sozialen Wohnungsbau zuzurechnen sind, auch sonstige Wohnungen
unter der Marktmiete anbieten. Sie werden über Wartelisten vergeben und daher nicht öffentlich inseriert. Insoweit besteht
das Risiko, dass Angemessenheitsgrenzen, die sich ausschließlich auf die Auswertung von Angebotsmieten aus Angebotsmietendatenbanken
stützen, zu hoch angesetzt sind (vgl. Arbeitshilfe S. 44). Daher dient die Einbeziehung der Wohnungsangebote der Wohnungsunternehmen
mit überwiegend nicht öffentlich inserierten Wohnungen, dazu, die Verzerrungen der nicht repräsentativen Abbildung der Angebote
zu mildern. Denn im Rahmen der Leistung für die Unterkunft ist sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der zu diesem Zweck
vermietet wird, so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt
worden ist (BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R). In Hinblick darauf, dass neben den 1.346 Mietangebote von Wohnungsunternehmen der Auswertung in der Basisanalyse 2012
rund 9.800 Mietwohnungsangebote aus der f-Preisdatenbank zugrunde liegen, sind die Mietangebote der Wohnungsunternehmen nicht
überproportional (vgl. zu dieser Problematik Forschungsbericht 478 S. 182) vertreten.
Nach Auffassung des Senats ist es hinnehmbar, dass eine Doppelerfassung eines Teils der Wohnungsangebote der Wohnungsunternehmen
nicht vermieden werden kann. Denn die Firma f ag kann aus den Daten der Wohnungsunternehmen, die in Form einer standardisierten
Tabellenabfrage (Gemeinde, Wohnungsgröße und Angebotsmiete) erhoben werden, nicht diejenigen Wohnungen herausfiltern, die
von den Wohnungsunternehmen öffentlich inseriert worden (vgl. Basisanalyse 2012 S. 15). Nach Angaben der Zeugin I, hat die
Firma F bei der Erstellen der "Basisanalyse 2012" den Auftraggeber gebeten, die Tabellenanfrage nur an Wohnungsunternehmen
weiterzuleiten, die Wohnungen nicht öffentlich inserieren. Insoweit liegt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
ein Teil der Mietangebote doppelt erfasst sind, nach Einschätzung des Senats keine verzerrende Überrepräsentanz von Wohnungsangeboten
mit niedrigpreisigen Wohnungen vor. Dabei hat der Senat mit in die Erwägung einbezogen, dass die Zeugin I bei ihrer Vernehmung
einen Ausdruck der Mietangebote für den streitgegenständlichen Vergleichsraum aus der Zeit vom 01.04.2014 bis zum 30.03.2016
vorlegt hat. Aus dem Ausdruck ergibt sich, dass in diesem Zeitraum 737 Wohnungsangebote erfasst worden sind, von denen 187
Angebote nicht die Grundmiete 260,00 EUR überschritten. Weniger als die Hälfte dieser Angebote stammten von Wohnungsunternehmen.
Zugleich wird hierdurch die pauschale Behauptung des Klägers widerlegt, es seien zu einer Grundmiete von 260,00 EUR keine
Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt vorhanden.
Der Umstand, dass die auf der Grundlage des Konzepts der Firma F ermittelte angemessene Grundmiete für eine 1- Personen-Haushalt
von 260,00 EUR in den Jahren 2013 bis 2016 unverändert blieb, der Wert nach dem Mietspiegel dagegen angestiegen ist, stellt
die Schlüssigkeit des Konzepts nicht nachhaltig in Zweifel. Denn die Werte des Mietspiegels beruhen nicht auf einer Primärdatenerhebung
der Bestands- bzw. Neuvertragsmieten und widerlegen damit nicht die Auswertung der von der Firma F vorgenommen Primärdatenerhebung.
Die Beobachtung stagnierenden Angebotsmieten stimmt auch mit den Feststellungen des Instituts INWIS zum Mietwohnungsmarkt
in W überein. In dem für die Beigeladene zu 1) erstellten Handlungskonzept Wohnen gelangt das Institut INWIS nach Auswertung
der Datenbank des Immobilienscout 24 zum Ergebnis, dass sich die Angebotsmieten in der Stadt W seit 2007 nur gering erhöht
haben. Dies deute auf einen entspannten Mietmarkt hin, wobei der Mietwohnungsmarkt in allen Stadtteilen ein sehr heterogenes
Angebot für alle Zielgruppen in unterschiedlichen Lagen, Qualitäten und Preisen biete. Auch zeigen die weiteren Aktualisierungen
des Konzepts 2013, 2014 und 2016, dass in anderen Wohnungsgrößenklassen im Vergleichsraum der Richtwert nicht gleich geblieben
ist, sondern sich erhöht hat (2013 für 2-Personen-Haushalt, 3-Personen-Haushalt, 5-Personen-Haushalt; 2014 für 5-Personen-Haushalt;
2016 2-Personen-haushalt, 4-Personen-Haushalt, 5-Personen-Haushalt). Zu den Einwänden des Kläger ist auch anzumerken, dass
der Wohnungsbestand in der Stadt W durch kleine Mietwohnungen unterhalb von 60 qm (21%) gekennzeichnet ist (Handlungskonzept
Wohnen S. 23), wobei nach dem Wohnungsmarktprofil, erstellt von der NRW Bank, 14% der Wohnungen im Eigentum von Wohnungsunternehmen,
Wohnungsgenossenschaften oder kommunalen Wohnungsunternehmen stehen. Jede dritte Wohnung liegt in einem Altbau, der vor 1948
errichtet wurde (Handlungskonzept Wohnen S. 22). Der sich aus einer Grundmiete von 260,00 EUR ergebende Quadratmeterpreis
von 5,20 EUR (260,00 EUR: 50 qm) überschreitet die in dem Mietspiegel 2013 ausgewiesenen Mietrichtwerte für Wohnungen mit
einem Wohnalter von vor 1949 bis 1971, einschließlich eines 10% Zuschlags für Wohnungen von 40 qm bis 49 qm.
Gegen die Schlüssigkeit des Konzepts spricht schließlich auch nicht, dass Wohnungen mit sog. Substandard (unterster Standard,
ohne Bad und/ohne Heizung, siehe hierzu BSG, Urteil vom 10.09.2013, a.a.O.) aus dem Datenbestand nicht herausgefiltert worden sind. Wegen des geringen Anteils solcher
Wohnungen am Gesamtwohnungsbestand im Kreis W ist dies hinnehmbar (laut Zensus 2011 lediglich 1 bis 2 % der deutschen Mietwohnungen;
siehe auch Aktualisierung 2016 S. 4, 82, wonach laut Zensus 2011 0,5% der Mietwohnungen im Kreis W über kein Bad mit WC und
Badewanne/Dusche, 0,1% der Mietwohnungen über keine Heizung und 3 % Wohnungen über Einzel-/Mehrraumöfen [einschließlich Nachtspeicherheizung
verfügen]; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.12.2015 - L 15 AS 159/14). Dabei geht die Firma F davon aus, dass praktisch jede öffentlich zur Vermietung angebotene Wohnung eine Badewanne/Dusche
und eine Toilette hat (Aktualisierung 2016 S. S. 53, Fußnote 56). Auch hat die Beigeladene zu 1) auf Anfrage des Senats mitgeteilt,
dass sie den prozentualen Anteil von Wohnungen mit Substandard nicht mitteilen kann, dieser jedoch so gering sei, dass im
Mietspiegel 2015 für solche Wohnungen keine gesonderten Mietpreise mehr ausgewiesen werden.
Damit beträgt die abstrakt angemessene Grundmiete für eine 50 qm große Wohnung in den Monaten Oktober 2013 und Dezember 2013
260,00 EUR
bb. Die abstrakt angemessenen Betriebskosten für eine solche Wohnung belaufen sich für das Jahr 2013 auf 73,00 EUR monatlich
(1,46 EUR x 50 qm).
Die Firma F hat zwar in der Basisanalyse 2012 sowie den nachfolgenden Aktualisierungen des Konzepts 2013 und 2014 wegen fehlender
Datenerhebung keinen Wert für die abstrakt angemessenen Betriebskosten ausgewiesen. Wenn statistische Daten zur Bestimmung
der kalten Nebenkosten im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat das Bundessozialgericht es für zulässig befunden, auf bereits
vorliegende Daten zurückzugreifen, wie z.B. örtliche Betriebskostenspiegel oder regionale Betriebskostenspiegel (BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R).
Der Senat sieht es als sachgerecht an, der Bestimmung der angemessenen Betriebskosten nicht die im Betriebskostenspiegel des
Deutschen Mieterbundes NRW (Betriebskostenspiegel 2011, veröffentlicht im Oktober 2012, Wert ohne die Werte für Heizung und
Warmwasser i.H.v. 1,94 EUR; Betriebskostenspiegel 2012, veröffentlicht am 02.07.2014, i.H.v. 1,91 EUR oder Betriebskostenspiegel
2013, veröffentlicht am 18.08.2015, i.H.v. 2,00 EUR) zugrunde zulegen, sondern es ist auf die von der Bundesagentur für Arbeit
erstellten Statistik "Arbeitsmarkt in Zahlen, Statistik der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II. Wohn- und Kostensituation" (nachfolgend SGB II-Statistik) für das Jahr 2013 zuzugreifen. Nach dieser Auswertung betrugen die durchschnittlichen monatlichen tatsächlichen
Betriebskosten für Bezieher von Grundsicherungsleistungen im Kreis W für einen 1 -Personenhaushalt im Jahr 2013 1,46 EUR/qm.
Der Senat stützt sich dabei auf die Ausführungen in dem Forschungsbericht 478 (S. 188 f), wonach es sich bei den in der Statistik
der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesene kalten Betriebskosten um die räumlich und sachlich beste Datenquelle zu den kalten
Nebenkosten handelt. Es handelt sich nicht um eine Stichprobenerhebung, sondern um eine Vollerhebung mit hoher Fallzahl. Bei
der Verwendung dieser Daten entsteht auch kein Zirkelschluss, dass die Mieten und die kalten Betriebskosten nicht positiv
miteinander korrelieren. Niedrige Quadratmetermieten bedingen nicht automatisch niedrige Betriebskosten. Der in dieser Statistik
ausgewiesene Mittelwert der Betriebskosten ist danach geeignet, die Grundlage für die Ermittlung der angemessenen Betriebskosten
zu bilden. Gegenüber dem Betriebskostenspiegel NRW des Mieterbundes sind die Werte der SGB II-Statistik aussagekräftiger. Dem Betriebskostenspiegel NRW des Mieterbundes liegt nur eine Stichprobenerhebung zu Grunde,
deren Auswertung nicht transparent ist (vgl. Forschungsbericht 478 S. 190). Des Weiteren ist bei Anwendung des Betriebskostenspiegels
eine Regionalisierung unterhalb der Bundeslandebene - vorliegend von Nordrhein-Westfalen - nicht möglich. Im Forschungsbericht
478 wird nachvollziehbar ausgeführt, dass der Betriebskostenspiegel die Mittelwerte für jede einzelne Betriebskostenart erfasst,
wobei dieser Wert aus allen Fällen ermittelt wird, in denen die jeweilige Betriebskostenart überhaupt vorkommt. Fälle, in
denen eine bestimmte Betriebskostenart nicht anfällt, werden bei Ermittlung des Mittelwertes dieser Betriebskostenart nicht
berücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass die Summe aller im Betriebskostenspiegel ausgewiesenen Mittelwerte nicht den Mittelwert
der Summe aller vorkommenden Betriebskostenarten widergibt. Dieser liegt nach den Ausführungen im Forschungsbericht 478 deutlich
niedriger.
Unter Zugrundelegung durchschnittlicher monatlicher Betriebskosten im Gebiet des Beigeladenen zu 2) im Jahr 2013 von 1,46
EUR/qm und einer Quadratmeterzahl von 50 belaufen sich die abstrakt angemessenen Betriebskosten auf 73,00 EUR monatlich.
Mithin beträgt die angemessene Bruttokaltmiete 333,00 EUR (260,00 EUR Grundmiete + 73,00 EUR Betriebskosten).
2. Die Wohnung des Klägers M-straße 00, W ist i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II konkret unangemessen. Danach sind die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls
angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft
nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen
zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dabei ist die Erstattung nicht angemessener Kosten der Unterkunft
der begründungspflichtige Ausnahmefall zur im Übrigen bestehenden Obliegenheit zur Kostensenkung aus § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II auch bei Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit. Wegen des Ausnahmecharakters sind strenge Anforderungen an die Auslegung
der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit zu stellen (BSG, Urteile vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R - und vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263).
Subjektiv möglich sind einem Leistungsberechtigten Kostensenkungsmaßnahmen nur dann, wenn er Kenntnis von der Obliegenheit
zu Kostensenkungsmaßnahmen hat (BSG, Urteil vom 18.11.2014, a.a.O., m.w.N.). Daher beginnt die Frist des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II ab der Kenntnis von der Unangemessenheit der Unterkunftskosten zu laufen (BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R). Der Kläger ist vom Beklagten ausreichend über seine Obliegenheit zur Kostensenkung informiert worden. Die Kenntnis der
aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und die Obliegenheit zur Kostensenkung setzt nicht
den Zugang einer Kostensenkungsaufforderung voraus, sondern kann auch durch andere Umstände vermittelt werden (BSG, Urteil vom 18.11.2014, a.a.O.). Wenn ein Grundsicherungsträger nicht mehr die vollen, sondern nur noch abgesenkte Unterkunftskosten
entsprechend der von ihm verwandten Angemessenheitsgrenze bewilligt und im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzungen vor
dem Sozialgericht um die Angemessenheit der Kaltmiete die erforderliche Kenntnis vermittelt wird, bedarf es einer (weiteren)
Kostensenkungsaufforderung nicht (BSG, Urteil vom 06.04.2011., a.a.O.).
Einer Aufforderung zur Kostensenkung bedurfte es daher jedenfalls ab Oktober 2013 nicht mehr, weil dem Kläger hinreichend
verdeutlicht war, dass der Beklagte seine Aufwendungen für Unterkunft für unangemessen hielt. Offen bleiben kann insoweit,
ob das Schreiben des Beklagten vom 22.01.2011 mit der darin enthaltenen Kostensenkungsaufforderung dem Kläger zugegangen ist
und ob er vom Inhalt dieses Schreibens Kenntnis erlangt hat. Denn für die Zeit ab dem 01.09.2011, in der der Beklagte nicht
mehr die vollen sondern nur noch abgesenkte Unterkunftskosten für eine 1-Personen-Haushaltzugrunde gelegt hat sowie im Zuge
der gerichtlichen Auseinandersetzungen vor dem Sozialgericht um die Angemessenheit der Kaltmiete hat der Beklagte gegenüber
dem Kläger hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, welche Kaltmiete er für angemessen erachtete. Einer weiteren Kostensenkungsaufforderung
bedurfte es nicht mehr, da deren Zweck der Aufklärung und Warnung erreicht war. Dem Kläger war der von dem Beklagten zugrunde
gelegte angemessene Mietpreis bekannt (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011, a.a.O.).
Zur Überzeugung des Senats ist es dem Kläger nicht objektiv unmöglich gewesen, im örtlichen Vergleichsraum - der Stadt W -
eine Wohnung mit einfachem Wohnungsstandard und bis zu 50 m2 Wohnfläche zur abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete tatsächlich anzumieten. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zur der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen
Vergleichsraum gibt, wenn diese zutreffend auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts ermittelt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013, a.a.O., vom 22.08.2012, a.a.O. und vom 13.4.2011, a.a.O.). Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger
nicht erschüttert. Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich Anhaltspunkte, dass dieser nach
Kenntnis der Unangemessenheit der Kosten seiner Wohnung intensiv und kontinuierlich, jedoch vergeblich nach einer Wohnung
gesucht hat.
Die amtsärztlich attestierte Umzugsfähigkeit des Klägers für die Dauer von sechs Monaten im Jahr 2014 begründet auch keine
Unzumutbarkeit der Kostensenkung im streitbefangenen Zeitraum. Insoweit hat der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid zutreffend
ausgeführt, dass der Kläger nach Kenntnisnahme hinsichtlich der Unangemessenheit seiner Wohnung hinreichend Gelegenheit gehabt
hat, sich um die Senkung der Unterkunftskosten zu bemühen. Dieser Obliegenheit sei er nicht nachgekommen. Anhaltspunkte, dass
der Kläger sich vor dem Jahr 2014 überhaupt ernsthaft und intensiv aber vergeblich um angemessenen Wohnraum bemüht hat, sind
nicht ersichtlich.
3. Der Beklagte hat die tatsächliche Heizkostenvorauszahlung i.H.v. 72,94 EUR übernommen. Damit belaufen sich die abstrakt
und konkret angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate Oktober 2013 und Dezember 2013 auf insgesamt 405,94
EUR monatlich.
B. Für die Monate Januar 2014 und März 2014 hat der Kläger keinen Anspruch auf die von ihm begehrten Leistungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II i.H.v. insgesamt 480,00 EUR monatlich. Vielmehr hat der Beklagte zutreffend einen Bedarf i.H.v. 406,94 EUR monatlich anerkannt.
Die monatlichen Unterkunftskosten des Klägers i.H.v. insgesamt 407,06 EUR (350,00 EUR Grundmiete + 57,06 Betriebskostenvorauszahlung)
waren abstrakt und konkret unangemessen. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Die abstrakt angemessenen monatlichen
Unterkunftskosten von 334,00 EUR setzten sich aus einer angemessenen Grundmiete von 260,00 EUR und angemessenen Betriebskosten
von 74,00 EUR zusammen. Aus der SGB II-Statistik ergibt sich für das Jahr 2014 ein Mittelwert der tatsächlichen Betriebskosten von 1,48 EUR/qm. Der Wert für angemessene
Betriebskosten beläuft sich damit auf 74,00 EUR (1,48 EUR x 50 qm). Die Heizkostenvorauszahlung betrug 72,94 EUR monatlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund zur Zulassung der Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG liegt nicht vor.