Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache in einem Rechtsstreit über die
Übernahme von Stromkosten als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.07.2020
ist nicht begründet gemäß §
145 SGG. Das Sozialgericht hat die Berufung zu Recht nicht zugelassen.
I. Die Berufung bedarf der Zulassung, da der Beschwerdewert unter 750 € liegt und die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden
Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
1. Der im Verfahren streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 06.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
26.07.2018 bezieht sich nach dem Antrag der Klägerin vom 22.02.2018 auf eine Forderung von unter 750 €.
Die Klägerin macht einerseits die Nachzahlung aus der Jahresendabrechnung für Strom nebst Mahngebühren in Höhe von 82,50 €
als Einmalzahlung und die "zusätzliche (fortlaufende) Vorauszahlung" für Stromkosten in der Zukunft geltend. Sofern die Klägerin
somit fortlaufende Leistungen begehrt, folgt aus der abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II von in der Regel einem Jahr (§ 41 Abs. 1 SGB II) jedoch eine zeitliche Zäsur, die eine entsprechende Begrenzung des Streitgegenstandes bewirkt (vgl hierzu: BSG vom 26.09.2013, B 14 AS 148/13 B). Indem die Klägerin "die Kosten für die zusätzliche Vorauszahlung für Strom" geltend macht, können diese Kosten daher
allein für die Dauer von 12 Monaten für die Berechnung des Streitwerts zugrunde gelegt werden. Ausgehend von der geltend gemachten
"zusätzlichen" Vorauszahlung von 11 € pro Monat (Differenz von altem Abschlag von 55 € zu neuem Abschlag von 66 €) ergibt
sich hierzu ein Streitwert von 132 €, so der gesamte Streitwert mit 214,50 € (82,50 € + 132 €) zu beziffern war.
2. Die Berufung betrifft auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr. Wie bereits dargelegt, sind
die insbesondere die Kosten für die zusätzliche Vorauszahlung für Strom allein für die Dauer von 12 Monaten und daher nicht
für mehr als ein Jahr zugrunde zu legen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet, da kein Zulassungsgrund vorliegt.
Die Berufung ist gemäß §
144 Abs.
2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr.
1), das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts
unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsache i.S.v. §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit
zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Keller in Meyer-Ladewig
u. a.,
SGG, 2020, § 144 Rn 28 f. m.w.N.; siehe auch BSG vom 24.09.2012 - B 14 AS 36/12 B zu §
160 SGG). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entschieden sein (vgl. BSG vom 15.09.1997 - 9 BVg 6/97 zum gleichlautenden §
160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein. Die bloße Klärung von Tatsachenfragen begründet keine grundsätzliche
Bedeutung (Keller in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 2020, §
144 Rn 29 m.w.N.).
Sofern die Klägerin hierzu rügt, dass der im Regelsatz berechnete Betrag nicht dem tatsächlichen Verbrauch entspricht oder
den erhöhten Stromkosten, folgt hieraus keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Vielmehr ist gerade für derartige
Sachverhalte durch den Gesetzgeber die Möglichkeit für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II geschaffen worden. Hiernach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer,
besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie
unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von
einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinne ist nicht ersichtlich. Vielmehr
handelt es sich lediglich um die Klärung einer Tatsachenfrage (Nachweis eines unabweisbaren Bedarfs im konkreten Fall), die
- auch im Falle von verallgemeinerungsfähigen Auswirkungen - keine grundsätzliche Bedeutung erlangen kann (vgl. Keller in:
Meyer-Ladewig u. a.,
SGG, 2017, §
144 Rn. 29 m.w.N.). Die entsprechenden Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs sind durch das Sozialgericht im vorliegenden
Einzelfall geprüft und bewertet worden. Eine über diesen Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung des Rechtstreits
ist hingegen nicht ersichtlich.
2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz i.S.v. §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG liegt nicht vor. Eine Divergenz ist nicht erkennbar und ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin. In dem angefochtenen
Urteil hat das Sozialgericht insbesondere keine von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtsätze aufgestellt
oder angewendet.
3. Einen Verfahrensmangel im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG hat die Klägerin nicht dargelegt. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
4. Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil des SG Köln rechtskräftig, §
145 Abs.
4 Satz 4
SGG.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
6. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).