Gründe
Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln
vom 11.09.2020 ist nicht begründet gemäß §
145 SGG. Das Sozialgericht hat die Berufung zu Recht nicht zugelassen.
1. Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Mahngebühren in Höhe von 10,00 Euro durch die Beklagte. Geldleistungen
i.S.d. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG sind nicht auf Sozialleistungen i.S.d. §
11 Satz 1
SGB I beschränkt (BSG, Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R, Rn. 11), so dass auch Mahngebühren erfasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R, Rn. 10). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt damit den Betrag von 750,00 Euro nicht, so dass die Berufung nach
§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG der Zulassung bedarf.
2. Die Berufung ist gemäß §
144 Abs.
2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr.
1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der
Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung
beruhen kann (Nr. 3).
Keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe liegt vor.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG.
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit - zum Gesamten Keller in: Meyer-Ladewig
u.a.,
SGG, 2020, § 144 Rn. 28 mit § 160 Rn. 6 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BSG).
Der Kläger begehrt die gerichtliche Aufhebung der Festsetzung einer Mahngebühr durch die Beklagte (zur Qualifizierung der
Festsetzung von Mahngebühren als Verwaltungsakt BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R, Rn. 8 m.w.N.). Diese Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG, weil es um eine Rechtsfrage geht, die anhand der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R) ohne weiteres beantwortet werden kann. Das BSG hat - ebenso wie das SG - als Rechtsgrundlage für den Erlass des Mahngebührenbescheids auf §
19 Abs.
2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (i.V.m. § 40 Abs. 6 Halbsatz 1 SGB II i.d.F. bis 31.07.2016) abgestellt (a.a.O., Rn. 11).
Hierbei bedarf es keiner schwierigen rechtlichen Überlegungen, insbesondere keiner Auslegung von Verfassungsrecht oder Europäischem
Gemeinschaftsrecht, auch ist kein komplexer Sachverhalt zu würdigen.
Der Kläger behauptet im Ergebnis eine falsche Umsetzung im Einzelfall. Dies begründet keine grundsätzliche Bedeutung, sondern
spricht gerade dagegen (Keller a.a.O.). Im Übrigen muss der Kläger seine Einwendungen gegen die zugrundeliegenden, formell
bestandskräftigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 25.03.2015 sowie gegen eine Aufrechnung oder Verrechnung gegenüber
dem Jobcenter geltend machen, nicht dagegen gegenüber der Beklagten, worauf bereits das SG den Klägern zu Recht hingewiesen hatte.
b) Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts weicht nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts,
des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG.
Divergenz im gesetzlichen Sinn kann nicht schon angenommen werden, wenn eine Entscheidung nicht den Kriterien entspricht,
die eines der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte aufgestellt hat. Vielmehr ist erforderlich, dass einerseits ein abstrakter Rechtssatz der Entscheidung
des Sozialgerichts und andererseits ein der Entscheidung eines der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte zu entnehmender abstrakter Rechtssatz nicht übereinstimmen (BSG vom 16.07.2004 - B 2 U 41/04 B, juris Rn. 6). Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien
entspricht, die die obersten Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere
rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Das Sozialgericht hat keinen abstrakten Rechtssatz formuliert, der von einem abstrakten Rechtssatz abweicht, der einer Entscheidung
eines der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte zu entnehmen ist. Zur Rechtmäßigkeit eines Mahngebührenbescheides hat das BSG mit Urteil vom 14.02.2018 (B 14 AS 12/17 R) zuletzt die rechtlichen Maßstäbe konkretisiert. Davon ist das SG nicht abgewichen.
Dies gilt auch für die grundsätzlich ausschließliche Zuständigkeit der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II hinsichtlich Mahnungen und Mahngebührenbescheide nach dem
VwVG. Nach dem Widerspruchsbescheid vom 29.01.2016 hat das Jobcenter S die Beklagte mit der Wahrnehmung des Forderungseinzuges
beauftragt gemäß § 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 i.V.m. § 44b Abs. 4 SGB II. Ob dem ein den rechtlichen Vorgaben entsprechender Übertragungsbeschluss der Trägerversammlung zugrunde liegt (dazu erneut
BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R), hat das SG im Gerichtsbescheid vom 11.09.2020 nicht erörtert. Es ist damit aber nicht von der Rechtsprechung des BSG abgewichen. Eine - unterstellte - Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz i.S.v. §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B, juris Rn. 11 mit weiteren Nachweisen zum gleichlautenden §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG).
c) Einen Verfahrensmangel gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG hat der Kläger bei sachgerechter Auslegung seines Begehrens nicht geltend gemacht. Im Übrigen ist ein solcher auch nicht
ersichtlich.
Insbesondere ist kein Fall einer zu berücksichtigenden unterbliebenen notwendigen Beiladung gemäß §
75 Abs.
2 Alternative 1
SGG gegeben, weil die gerichtliche Entscheidung über den Mahngebührenbescheid gegenüber der Beklagten und dem Jobcenter als einer
gemeinsamen Einrichtung nicht nur einheitlich ergehen kann; insoweit besteht allenfalls ein wirtschaftliches Interesse der
gemeinsamen Einrichtung am Verfahrensausgang, ohne dass in diesem Verhältnis Rechte zwangsläufig und unmittelbar festgestellt
oder verändert werden (BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R, Rn. 10 m.w.N.).
Es begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken, dass das SG mangels Vorliegen der Voraussetzungen einer gewillkürten Klageerweiterung (§
99 SGG) die Klageerweiterung als unzulässig angesehen hat, mit der der anwaltlich vertretene Kläger beantragt hat, die Beklagte
zu verurteilen, den Antrag des Klägers vom 31.08.2015 zu bescheiden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§
177 SGG). Mit diesem Beschluss wird der angefochtene Gerichtsbescheid rechtskräftig (§
145 Abs.
4 Satz 4
SGG).