Leistungsausschluss nach dem SGB II
Einstweiliger Rechtsschutz
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht
abgelehnt. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis (Anordnungsanspruch) treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO)). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B V 23/01 B, Rn. 5 bei juris).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu
ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschl. vom 12.05.2005
- 1 BvR 569/05, Rn. 24 f. bei juris). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag
abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit
eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vielfach nur möglichen summarischen
Prüfung die Erfolgsaussicht nicht abschließend beurteilt werden, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung unter umfassender
Berücksichtigung grundrechtlicher Belange entscheiden (BVerfG, Beschl. vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, Rn. 26 bei juris; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
86b Rn. 29a). Je schwerwiegender ein durch ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens endgültig eintretender Schaden ausfiele, desto
geringere Anforderungen sind im Rahmen der Folgenabwägung an die Überzeugung des Gerichts vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs
zu richten. Damit verbunden ist jedoch nicht eine Reduzierung der Bemühungen, die nach Lage des konkreten Einzelfalles vom
Rechtsschutzsuchenden zur Glaubhaftmachung des von ihm geltend gemachten Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu verlangen
sind. Wer geltend macht, ohne eine schnelle gerichtliche Entscheidung von schweren und unzumutbaren Nachteilen unmittelbar
bedroht zu sein, von dem ist zu erwarten, dass er alles ihm Mögliche sowie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls Zumutbare
unternimmt, um die ihm drohenden Nachteile nicht eintreten zu lassen. Fehlt es ersichtlich an derartigen Bemühungen, können
im Einzelfall erhebliche Zweifel insbesondere am Vorliegen des Anordnungsgrundes, aber auch des Anordnungsanspruchs gerechtfertigt
sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit ist. Wird geltend gemacht, auf die Gewährung existenzsichernder Leistungen dringend angewiesen zu sein, dann muss
vom Antragsteller erwartet werden, dass er alles in seiner Macht Stehende unternimmt, diese Mittel möglichst schnell zur Überwindung
der behaupteten finanziellen oder sonstigen Notlage zu erhalten.
Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Rechtsgrundsätze ist bereits ein Anordnungsanspruch von den Antragstellern
nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, weil bei ihnen allenfalls ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche bestehen
kann und sie deshalb nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a und b SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Dies hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt. Der Senat verweist diesbezüglich zunächst auf die
ausführlichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung. Er geht allerdings davon aus, dass die Antragsteller ein Aufenthaltsrecht
nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 bereits nicht hinreichend glaubhaft gemacht haben und es daher dahinstehen kann,
ob der dieses Aufenthaltsrecht betreffende Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c SGB II europarechtskonform ist.
Ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 setzt unter anderem voraus, dass die minderjährigen Kinder
ihre bereits während der Beschäftigung eines Elternteils als Arbeitnehmer wahrgenommene Schulausbildung in einer in Deutschland
gelegenen Einrichtung weiterhin regelmäßig fortsetzen (BSG, Urteil vom 03.12.2015 B 4 AS 43/15, RdNr. 34 bei juris). Dies haben die Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sie haben vorgetragen, dass die Antragsteller
zu 3) und 4) im Sommer 2015 in die Grundschule Ruhrort eingeschult worden sind. Der Antragsteller zu 5) sei im Sommer 2016
in die Grundschule Bruckhausen eingeschult worden. Aus den von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schulbescheinigungen
ergibt sich allerdings, dass der Antragsteller zu 4) seit dem 28.10.2015 und der Antragsteller zu 5) seit dem 13.02.2017 in
dieser Grundschule angemeldet sind. Es wird außerdem mitgeteilt, dass beide Antragsteller die Grundschule Bruckhausen äußerst
unregelmäßig besuchen und ihre Eltern, der Schulpflicht trotz mehrfacher Aufforderung nur unzureichend nachkommen. Ein regelmäßiger
Schulbesuch der Antragsteller zu 4) und 5) und damit auch ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011
sind damit nicht gegeben. Hinsichtlich des Antragstellers zu 3) wird lediglich eine Schulbescheinigung der Leibniz-Gesamtschule
vorgelegt, nach der dieser aktuell die Klasse 05.4V besucht. Angaben dazu, seit wann diese Schule besucht wird und welche
Fehlzeiten vorhanden sind, enthält die Bescheinigung nicht. Auffällig ist vielmehr, dass weder der Familienname noch die Adresse
korrekt sind. Eine solche Bescheinigung hatte der Senat aber angefordert. Er kann daher nicht feststellen, ob ein Schulbesuch
während der von den Antragstellern zu 1) und 2) behaupteten Beschäftigungsverhältnisse erfolgt ist und ob der Antragsteller
zu 3) die Schule regelmäßig besucht. Angesichts der äußerst unregelmäßigen Schulbesuche seiner Geschwister bestehen hieran
erhebliche Zweifel. Bereits aus diesem Grund ist auch für den Antragsteller zu 3) kein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der Verordnung
(EU) Nr. 492/2011 glaubhaft gemacht. Für alle Antragsteller gilt demnach mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a und b Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Unabhängig davon haben die Antragsteller aber auch einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Aus den pauschalen
Angaben der Antragsteller und den nur unvollständig übersandten Unterlagen ergibt sich, auch wegen der noch während des Eilverfahrens
erfolgten Nachzahlung von SGB II-Leistungen in Höhe von 5500,- Euro, keine aktuelle Notlage, die es unzumutbar macht, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller sind weiterhin unklar. Bereits mit Schreiben vom 20.08.2018 hatte der
Senat diesbezüglich eine Stellungnahme der Antragsteller dazu angefordert, wovon diese seit Januar 2018 ihren Lebensunterhalt
bestritten haben und wovon insbesondere auch die Beiträge zur Krankenversicherung finanziert worden sind. Mit weiterem Schreiben
vom 03.09.2018 wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 07.09.2018 gesetzt, nachdem die Antragsteller auf das Schreiben
vom 20.08.20918 nicht reagiert hatten. Konkrete und widerspruchsfreie Angaben zu den Fragen des Senats wurden bis Fristablauf
nicht gemacht. In der eidesstattlichen Versicherung vom 26.06.2018 hat der Antragsteller zu 1) angegeben, dass ihnen außer
dem Kindergeld keine weiteren Einkünfte zur Verfügung stehen. Im Schriftsatz vom 07.09.2018 wird im Widerspruch dazu mitgeteilt,
man habe den Lebensunterhalt seit Januar 2018 durch das Kindergeld und Einnahmen aus dem Verkauf der Zeitschrift Fifty-fifty
erzielt. Diesbezüglich wurde von den Antragstellern noch im Mai 2018 im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Sozialgericht
Duisburg (Az.: S 49 AS 4205/15) angegeben, dass durch diesen Verkauf monatlich ca. 250,- Euro erwirtschaftet werden. Pauschal wird zudem behauptet, zur
Überbrückung sei Geld von Verwandten und Bekannten geliehen worden. Angaben zur Höhe der Schulden werden aber nicht gemacht.
Die Personen, von denen das Geld geliehen worden ist, werden auch nicht namentlich benannt. Eine Übersendung der angeforderten
Kontoauszüge wird zwar angekündigt, erfolgte bis zum Fristablauf am 07.09.2018 aber nicht. Hinderungsgründe für eine fristgerechte
Übersendung werden nicht mitgeteilt. Die nunmehr am 13.09.2018 übersandten Kontoauszüge sind lückenhaft und fehlen insbesondere
für den Zeitraum Juli 2018, in dem die Nachzahlung von 5500,- Euro erfolgt ist. Die Einkommensverhältnisse der Antragsteller
sind deshalb weiterhin unklar. Nachvollziehbare Angaben dazu, weshalb die im Juli 2018 erfolgte Nachzahlung von Leistungen
in Höhe von 5500,- Euro nicht zumindest teilweise zunächst für den Lebensunterhalt verwandt worden ist, werden nicht gemacht.
Wenig plausibel ist in diesem Zusammenhang die Behauptung, die Gelder seien vollständig zur Schuldentilgung verwendet worden,
weil die diesbezüglichen Darlehn gerade für den Lebensunterhalt gewährt worden sein sollen, so dass nicht nachvollziehbar
ist, warum die Darlehnsgeber nunmehr auf einer Rückzahlung bestehen, auch wenn dadurch der aktuelle Lebensunterhalt nicht
mehr sichergestellt werden kann. Auch die behauptete Tilgung von Mietrückständen aus der Nachzahlung in Höhe von 1500,- Euro
ist angesichts der aktuell bestehenden Mietrückstände in Höhe von ca. 6000,- Euro wenig plausibel. Da eine Kündigung des Mietverhältnisses
dadurch nicht abgewendet werden kann, hätte es nahegelegen, die Gelder zunächst zum Lebensunterhalt zu verwenden.
Ansprüche der Antragsteller auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII sind ab dem 29.12.2016 gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen. Der Senat geht davon aus, dass dieser Leistungsausschluss nicht verfassungswidrig ist. Einer Beiladung des
SGB XII-Trägers bedurfte es daher nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Beschwerde war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.