Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Umschulungsmaßnahme als "Kaufmann für Büromanagement".
Der am 00.00.1974 in der Türkei geborene Kläger hat dort im Juni 1992 das Berufslyzeum Fachrichtung Elektriker erfolgreich
abgeschlossen. Dies entspricht ausweislich der Bescheinigung der Bezirksregierung Köln dem Hauptschulabschluss Klasse 10.
Der Kläger hat dann in der Türkei nach eigenen Angaben ein Jahr Betriebswirtschaft studiert und zwei Jahre in der Marktforschung
gearbeitet. Er ist seit 1999 in Deutschland und war hier in der Vergangenheit als Küchenhilfe bzw. als Beikoch beschäftigt.
Er bezieht von dem Beklagten seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Im Juni 2012 erwarb der Kläger nach einem halbjährigen berufsbezogenen Sprachkurs ein Sprachzertifikat der Volkshochschule
der Stadt L in dem Bereich "Deutsch B2+ Beruf" mit der Gesamtnote drei. Ab dem 22.04.2013 nahm er auf Kosten des Beklagten
an einem Lehrgang "kaufmännische Übungsfirma-Vollzeit" bei der Akademie "M" teil. Im Zwischenbericht vom 02.07.2013 teilte
der Maßnahmeträger dem Beklagten mit, dass der Kläger die ECDL-Prüfungen (Europäischen Computerführerschein) wahrscheinlich
schaffen werde, ihm dies aber mehr Mühe mache, als er sich selbst eingestehen könne. Er habe entgegen seiner eigenen Einschätzung
noch Schwierigkeiten beim Lesen der Unterrichtsmaterialien in deutscher Sprache und missverstehe dadurch Informationen.
Die bis zum 21.08.2013 vorgesehene berufliche Weiterbildungsmaßnahme wurde vorzeitig am 05.08.2013 beendet. Am 13.08.2013
erfolgte durch den Maßnahmeträger eine fristlose Kündigung wegen vertragsschädigenden Verhaltens. Diese wurde damit begründet,
dass der Kläger andere Kursteilnehmer bedroht und beleidigt habe. Zuvor hatte der Kläger im Rahmen der Weiterbildungsmaßnahme
am 16.07.2013 den Europäischen Computerführerschein mit den Modulen Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation sowie
Internet und Kommunikation bestanden.
Im Anschluss daran beantragte der Kläger erfolglos die Gewährung einer Weiterbildungsmaßnahme als "Sprach- und Integrationsmittler"
von dem Beklagten. Das diesbezüglich geführte Klageverfahren (Aktenzeichen: S 22 AS 450/13) blieb ohne Erfolg.
Am 29.01.2015 stellte der Kläger daraufhin bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Umschulungsmaßnahme im Bereich
Kaufmann für Büromanagement. Der Beklagte veranlasste eine psychologische Begutachtung, die am 02.03.2015 durch die Diplom-Psychologin
L durchgeführt wurde. Bei dem vorgegebenen Sprachtest für erwachsene Zweitsprachler erreichte der Kläger ein Ergebnis, das
einem knappen B2- Sprachniveau nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen entspricht. Dieses Sprachniveau reicht nach
dem Gutachten vom 04.03.2015 für die sprachlich anspruchsvolle Qualifizierung im kaufmännischen Bereich nicht aus. Im Bereich
der berufsrelevanten Rechenfertigkeiten (Prozent- und Zinsrechnung) konnte der Kläger lediglich eine von vier Aufgaben richtig
lösen. Bei der Konfontration mit typischen Situationen aus dem Arbeitsalltag eines Kaufmannes für Büromanagement wurden schriftsprachliche
Unsicherheiten in den Bereichen Grammatik und Rechtschreibung bemerkt. Zusammenfassend kommt das Gutachten zu dem Ergebnis,
dass die erreichten Testergebnisse im Vergleich zu typischen Vertretern des angedachten Berufs sowohl im Bereich der Sprachbeherrschung
als auch im Bereich des rechnerischen Denkens als unterdurchschnittlich zu werten seien. Es bestehe daher ein erhöhtes Misserfolgsrisiko,
so dass die Umschulungsmaßnahme aus psychologischer Sicht nicht empfohlen werde. Positiv anzumerken sei die hohe Motivation
des Klägers.
Der Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit Bescheid vom 04.05.2015 ab. Die beantragte Weiterbildungsmaßnahme sei nicht notwendig.
Hierzu sei erforderlich, dass Arbeitslosigkeit voraussichtlich nur durch die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung
vermieden werden könne. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, da dieser bisher nicht genügend Versuche unternommen habe, seine
Arbeitslosigkeit mit seinen vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten zu beenden. Eine psychologische Begutachtung des berufspsychologischen
Dienstes habe zudem ergeben, dass eine Umschulung zum Kaufmann für Büromanagement nicht empfohlen werden könne. Der Kläger
legte hiergegen am 28.05.2015 Widerspruch ein. Die Beurteilung des berufspsychologischen Dienstes teile er nicht. Er habe
das Sprachniveau B2+ erreicht und in kürzester Zeit seinen Computerführerschein gemacht. Auch das psychologische Gutachten
habe seine hohe Motivation hervorgehoben. Mit dieser werde es ihm gelingen, auch die geplante Ausbildung zum Kaufmann für
Büromanagement erfolgreich zu absolvieren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Übernahme der Weiterbildungskosten stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Anspruch auf die begehrte Maßnahme bestehe
nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null. Diese sei hier nicht gegeben. Die Maßnahme sei vielmehr zu Recht mit der Begründung
abgelehnt worden, dass die Gefahr eines Misserfolgs zu groß sei. Ausweislich des berufspsychologischen Gutachtens seien Bedenken
gegen die persönliche Eignung des Klägers für die angestrebte Umschulung gegeben. Darüber hinaus habe der Bildungsträger "M"
in seinem Teilnehmerzwischenbericht auf die beim Kläger vorhandenen Sprachdefizite hingewiesen.
Der Kläger hat daraufhin am 23.11.2015 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Er verfüge über das für die Ausbildung erforderliche
Sprachniveau. Einfache Hilfstätigkeiten könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten. Eine Bürotätigkeit biete
ihm daher bessere Chancen. Die Maßnahme bei "M" habe er nicht abgebrochen, sondern trotz fehlender Unterstützung und mangelhaftem
Unterricht vorzeitig erfolgreich beendet. Für die Kündigung habe er keine Erklärung. Er sei gegen diese nicht vorgegangen,
weil er die vorgesehenen Prüfungen bereits bestanden gehabt habe.
Das Sozialgericht hat berufskundliche Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Anforderungen an die Ausbildung
und Tätigkeit des Kaufmanns für Büromanagement beigezogen. Es hat die Klage mit Urteil vom 26.06.2017 abgewiesen. Zur Begründung
hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II IVm §
81 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) seien nicht erfüllt. Die Entscheidung des Beklagten sei daher rechtmäßig. Dieser habe auch das ihm eingeräumte Ermessen
fehlerfrei ausgeübt. Auch der Hilfsantrag des Klägers auf Neubescheidung habe daher keinen Erfolg.
Gegen das am 10.07.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.08.2017 Berufung eingelegt. Er habe seit mehr als 10 Jahren
erfolglos versucht, ein Beschäftigungsverhältnis zu finden, und dabei ein hohes Maß an Eigeninitiative gezeigt. Seine Sprachkenntnisse
seien für die geplante Umschulung ausreichend. Dies ergebe sich aus dem erlangten Sprachzertifikat, das aussagekräftiger sei
als ein nur einige Stunden dauerndes Gutachten, das zudem in einer besonderen Drucksituation entstanden sei. Es liege daher
eine Ermessensreduzierung auf Null vor.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 26.06.2017 zu verurteilen,
ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 eine berufliche
Weiterbildungsmaßnahme als Kaufmann für Büromanagement zu gewähren,
hilfsweise, den Antrag auf Gewährung einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im Berufungsverfahren hat der Senat das psychologische Gutachten der Diplom-Psychologin L vom 24.08.2012 beigezogen. In diesem
Gutachten wird nach einer testpsychologischen Untersuchung des Klägers am 22.08.2012 zu der Frage Stellung genommen, ob der
Kläger dazu in der Lage sei, die Fortbildung zum Sprach- und Integrationsmittler erfolgreich zu absolvieren. Die Untersuchung
ergab beim zahlenlogischen Denkvermögen des Klägers ein unterhalb des Durchschnitts einzuordnenden Ergebnis. Auch sprachlogische
Aufgabenstellungen wurden vom Kläger unterdurchschnittlich bewältigt. Die vom Kläger gewünschte Qualifizierung wurde vor allem
wegen der Ergebnisse im sprachlichen Bereich nicht empfohlen. Sein Leistungsvermögen reiche dazu aus, stärker praktisch orientierte
Qualifizierungen mit weniger schriftsprachlichen Anforderungen zu bewältigen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Weiterbildung zum Kaufmann für Büromanagement rechtsfehlerfrei
abgelehnt.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II iVm §
81 Abs.
1 Satz 1
SGB III (in der hier maßgeblichen Fassung durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.11.2011,
BGBl. I 2854) kann eine berufliche Weiterbildung unter den Voraussetzungen von Nr. 1 bis 3 gefördert werden. Diese Voraussetzungen
sind hier erfüllt. Die Gewährung einer beruflichen Weiterbildung ist insbesondere notwendig, weil der Kläger über keinen Berufsabschluss
verfügt (§
81 Abs.
2 Nr.
2 SGB III).
Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen steht die konkrete Gewährung der Leistung aber im Ermessen des Beklagten
("kann"). Ein Anspruch auf die begehrte Weiterbildungsmaßnahme zum Kaufmann im Büromanagement (Hauptantrag des Klägers) besteht
deshalb nur, wenn die Gewährung dieser Weiterbildungsmaßnahme die einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung ist, also hinsichtlich
der Ermessensentscheidung eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. Sofern dies nicht der Fall ist, hat der Kläger lediglich
einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung nach §
39 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I), wenn der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung die gesetzlichen Vorgaben nicht beachtet hat (Hilfsantrag des Klägers).
Dies ist hier nicht der Fall. Ermessensfehler, die zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen und die Aufhebung des angefochtenen
Bescheides gebieten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat deshalb nicht einmal einen Anspruch auf Neubescheidung seines
Antrags.
Der Beklagte hat jedenfalls im Widerspruchsbescheid erkannt, dass seine Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen steht, und
dieses Ermessen auch rechtsfehlerfrei ausgeübt. Er hat die Ablehnung der begehrten Weiterbildungsmaßnahme maßgeblich darauf
gestützt, dass nach dem eingeholten berufspsychologischen Gutachten vom 04.03.2015 erhebliche Zweifel an der fachlichen Eignung
des Klägers für die angestrebte Weiterbildung zum Kaufmann im Büromanagement bestehen. Aus den dort genannten Gründen bestehe
ein erhöhtes Risiko, dass die Umschulung derzeit nicht erfolgreich abgeschlossen werden könne. Bei begründeten Zweifeln am
Erfolg der Weiterbildungsmaßnahme kann aber die Ablehnung einer bestimmten Förderungsmaßnahme schon wegen der Grundsätze der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Mittel nicht beanstandet werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewertungen der fachlichen
Eignung in dem psychologischen Gutachten fehlerhaft ist, so dass die Entscheidung des Beklagten auf einer falschen Tatsachengrundlage
beruht, hat der Senat nicht. Für die Richtigkeit der gutachterlichen Bewertung spricht vielmehr, dass auch das im Rahmen des
Antrags auf Gewährung einer Weiterbildungsmaßnahme zum Sprach- und Integrationsmittler eingeholte psychologischen Gutachten
vom 24.08.2012 Defizite im sprachlichen Bereich festgestellt und eine Qualifizierung mit weniger schriftsprachlichen Anforderungen
empfohlen hat. Mängel am sprachlichen Ausdrucksvermögen des Klägers werden schließlich auch durch den Zwischenbericht des
Instituts "M" vom 02.07.2013 bestätigt. Aus dem Hinweis des Klägers, die bei der Begutachtung entstandene "Drucksituation"
habe zu verfälschten Ergebnissen geführt hat, ergibt sich schon deshalb keine andere Beurteilung, weil auch die Umschulungsmaßnahme
und die damit verbundenen Prüfungsleistungen es erfordern, in "Drucksituationen" über ausreichende Sprachkenntnisse zu verfügen.
Es kann deshalb dahinstehen, ob diese "Drucksituation" tatsächlich der Grund für die festgestellten sprachlichen Mängel war.
Unabhängig davon hat das berufspsychologische Gutachten vom 04.03.2015 die mangelnde Eignung des Klägers für die Umschulung
zum Kaufmann im Büromanagement auch damit begründet, dass dieser nicht über die für diese Umschulung erforderlichen Rechenkenntnisse
verfügt. Auch diese Einschätzung wird durch das psychologische Gutachten vom 24.08.2012 gestützt. Bei der dortigen Begutachtung
bewältigte der Kläger Textrechenaufgaben nur auf knapp durchschnittlichem Niveau und lag beim zahlenlogischen Denkvermögen
unterhalb des Durchschnitts. Aus dem vom Kläger in der Türkei erworbenen Schulabschluss, der hier einem Hauptschulabschluss
nach Klasse 10 gleichzusetzen ist, folgt nichts anderes. Ausreichende Rechenfertigkeiten, die den erfolgreichen Abschluss
einer Weiterbildung zum Kaufmann im Büromanagement erwarten lassen, ergeben sich hieraus nicht. Allein der Umstand, dass der
Kläger - auch wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen - seit über 10 Jahren erfolglos versucht hat, ein Beschäftigungsverhältnis
zu finden, kann nicht dazu führen, ihm eine Umschulungsmaßnahme zu bewilligen, für die er nicht ausreichend geeignet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.