Tatbestand
Der am 00.00.1957 geborene Kläger ist promovierter Maschinenbauingenieur und war zuletzt als Fachgebietsleiter Organisation
in einer Unternehmungsberatung abhängig beschäftigt. Seit dem Jahr 2006 ist er arbeitsunfähig. Das Versorgungsamt hat bei
ihm einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt.
Der Kläger beantragte am 18.07.2008 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf ein
Gutachten seiner privaten Krankenversicherung (Allianz) vom 10.07.2008, in dem er ab 09.07.2008 als berufsunfähig angesehen
wurde.
Die Beklagte ließ ihn durch den Neurologen und Psychiater Dr. H untersuchen, der den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung
äußerte und ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit feststellte. Er empfahl eine medizinische Rehabilitation
und anschließende psychotherapeutische und orthopädische Therapie. Bis dahin meinte er, könne kein Leistungsbild erstellt
werden (Gutachten vom 19.08.2008). Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. S vom 29.08.2008 bewilligte
die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27.11.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.02.2009 befristet bis zum 31.07.2010.
Mit seinem Antrag auf Weiterzahlung vom 28.12.2009 legte der Kläger einen Arztbrief der Lungenklinik I vom 05.11.2009 vor,
in dem von einem schwergradig obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom und der Einleitung einer Maskentherapie berichtet wurde. Des
Weiteren übersandte er einen Kurzbefund des Orthopäden Dr. T vom 16.09.2009, einen MRT-Bericht des Schädels der Gemeinschaftspraxis
für Radiologie und Nuklearmedizin Dres. B u.a. vom 24.08.2009 sowie einen dortigen CT-Bericht der Lendenwirbelsäule vom 29.09.2009.
Die Beklagte ließ den Kläger durch die Orthopädin Dr. von B1 sowie den Neurologen und Psychiater Dr. X begutachten. Die Orthopädin
fand ein chronisch-rezidivierendes Cervical- und Lumbalsyndrom bei Spondylolisthese L5/S1 und einen Zustand nach Morbus Scheuermann,
ein Schulter-Arm-Syndrom rechtsseitig, eine beginnende medial betonte Arthrose beider Kniegelenke, einen chronischen Reizzustand
beider oberer Sprunggelenke, einen Reizzustand beider Handgelenke, einen Senk-Spreizfuß beidseits sowie eine somatoforme Schmerzstörung.
Fachfremd erwähnte sie Depression, Nikotinabusus, Zustand nach Borreliose, Adipositas, Bluthochdruck, Asthma und Schlafapnoe-Syndrom.
Sie meinte, körperlich leichte Arbeit sei dem Kläger vollschichtig sowohl in seiner letzten Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt möglich (Gutachten vom 22.02.2010). Dr. X diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine
Dysthymie. Hierdurch bedingt könne die Tätigkeit in der Unternehmensberatung nur noch weniger als drei Stunden täglich ausgeübt
werden. Der Kläger sei jedoch in der Lage, weniger fordernde Arbeiten, zum Beispiel in einer Büroroutineumgebung zu verrichten,
auch leichte Arbeiten ohne wesentliche Belastungen des Achsensklettes sechs Stunden und mehr zu erledigen (Gutachten vom 02.03.2010).
Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes T1 vom 16.04.2010 bewilligte die Beklagte den Gutachten folgend mit
Bescheid vom 27.04.2010 und 30.07.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit über den 31.07.2010 hinaus.
Die Weiterzahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.08.2010 wurde mit dem Bescheid vom 27.04.2010 abgelehnt.
Der Kläger legte gegen die Ablehnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung am 04.05.2010 Widerspruch ein. Er meinte, er
könne diese Beurteilung nicht nachvollziehen. Zu berücksichtigen seien das Rückfallrisiko, die Schmerzsymptomatik und auch
das Schlafapnoe-Syndrom sowie der (mittlerweile) bis Ende Juli 2015 festgestellte GdB von 60 nach dem Schwerbehindertenrecht.
Das psychische Leiden sei nicht richtig bewertet, Dr. X habe ihn überwiegend nur neurologisch untersucht. Seit den Vorgutachten
sei keine Besserung eingetreten. Die seinerzeit vorgeschlagenen Therapiemaßnahmen hätten nicht angeschlagen.
Die Beklagte zog Befundberichte des Internisten Dr. X1 (28.07.2010), der psychologischen Psychotherapeutin N (07.08.2010)
sowie des Neurologen und Psychiaters I (09.08.2010) bei und ließ diese durch ihre ärztlichen Beraterin Dr. H1 gutachtlich
auswerten, die eine Änderung der Leistungsbeurteilung nicht erkennen konnte (24.08.2010).
Anschließend wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 26.10.2010 mit der Begründung zurück, der Kläger
sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche leistungsfähig.
Hiergegen hat der Kläger am 19.11.2010 beim Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben, sein Begehren unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren weiter verfolgt und gemeint,
für eine Arbeit nicht belastbar zu sein.
Der Kläger hat beantragt,
unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2010 die Beklagte
zu verurteilen, ihm über den 31.07.2010 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte, die die angefochtenen Bescheide für zutreffend erachtet hat, hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte, des Neurologen und Psychiaters Dr. I (14.02.2011), des Internisten
Dr. X1 (15.02.2011), des Orthopäden Dr. T (18.02.2011) sowie der Psychotherapeutin N ("20.02.2010", gemeint 2011) beigezogen
und sodann Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten des Orthopäden und Arztes für Allgemeinmedizin Dr.
L aus J (12.07.2011) sowie des Neuropsychologen Dr. S1 vom I-Klinikum X (14.06.2011). Bei den Begutachtungen hat der Kläger
einen Befundbericht von Dr. Q vom 06.06.2011 vorgelegt, in dem eine Neuropathie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung
sowie der Verdacht auf eine chronisch-entzündliche Polyneuropathie genannt wurden. Die Sachverständigen haben bei dem Kläger
neben dem allgemeinmedizinisch medikamentös eingestellten Bluthochdruck und dem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom eine anhaltende
leichte somatoforme Schmerzstörung, ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, leichte medikamentös bedingte Adipositas,
endgradige Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im Segment
C5/6 sowie ein Wirbelgleiten vom Typ Meyerding I im Segment L5/S1 festgestellt. Die Intensität der geklagten Beschwerden sei
orthopädisch nicht nachvollziehbar (Dr. L). Bei der Beantwortung der Fragebögen hätten sich Verfälschungstendenzen ergeben,
die jedoch von untergeordneter Bedeutung seien, da sich der Kläger sonst äußerst kooperativ verhalten habe (Dr. S1). In der
Verhaltensbeobachtung habe der Kläger stundenlang in einem Sessel sitzen können und sei in der Lage gewesen, ein konzentrativ
und emotional forderndes Gespräch zu führen sowie komplexere Fragebögen zu beantworten. Der Kläger könne seine psychischen
Störungen durch zumutbare Willensanstrengungen aus eigener Kraft überwinden. Eine medikamentöse Umstellung habe zu einer Schmerzreduktion
geführt, die durch eine erfolgreiche Psychotherapie stabilisiert worden sei. Eine evtl. auf Nebenwirkungen der Medikation
zurückzuführende leicht erhöhte Ermüdbarkeit könne evtl. durch eine Änderung der Medikation vermindert werden. Unter Einhaltung
bestimmter qualitativer Leistungseinschränkungen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich noch mindestens
sechs Stunden unter betriebsüblichen Bedingungen arbeiten. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens sei weder orthopädisch
noch schmerzpsychologisch zu begründen.
Auf mehrfache Kritik des Klägers insbesondere zur Berücksichtigung des Ergebnisses der bisherigen Behandlung und der Nebenwirkungen
der Medikamentenvergabe (Missempfindungen, Schwitzen, beeinträchtigtes Tastempfinden, Müdigkeit sowie herabgesetztes Reaktionsvermögen)
bzw. der Zumutbarkeit der Medikamenteneinnahme und seiner Leistungsfähigkeit ohne diese haben Dr. L am 05.12.2011 und Dr.
S1 am 28.12.2011, 23.04.2012 sowie 02.10.2012 ergänzend und unter Verbleib bei ihrer Leistungsbeurteilung Stellung genommen.
Dr. L hat erneut darauf hingewiesen, dass ein Teil der beklagten Beschwerden orthopädisch nachvollziehbar, die Gesamtintensität
mit wechselnden Beschwerdeangaben, auch der Konzentrationsschwäche und Müdigkeit aus orthopädischer Sicht jedoch nicht zu
erklären sei. Dr. S1 hat darauf hingewiesen, dass nennenswerte psychoreaktiv oder schmerzbedingte kognitive Beeinträchtigungen
nicht vorlägen. Die Wirkung der Medikation und die Wechselwirkung der Erkrankungen wie auch der Beeinflussung der gesamten
Leistungseinschränkung habe er berücksichtigt. Seine Beurteilung stimme mit der des Dr. L überein.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.08.2013 abgewiesen. Der Kläger sei seit 01.08.2010 nicht voll erwerbsgemindert im Sinne des
§
43 SGB VI, weil er die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfülle. Er könne noch mindestens sechs Stunden täglich mit Einschränkungen
arbeiten. Der Kläger leide zwar unter einer somatoformen Schmerzstörung, einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung,
einer leichten medikamentös bedingten Adipositas, einer endgradigen Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule
mit nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im Segment C5/6 sowie einem Wirbelgleiten, einem medikamentös eingestellten
Bluthochdruck und einem Schlafapnoe-Syndrom. Hingegen habe eine chronisch-entzündliche Nervenerkrankung nicht nachgewiesen
werden können. Hierdurch sei er in seiner Leistungsfähigkeit auch eingeschränkt. So könne er keine schweren und mittelschweren
Arbeiten verrichten. Auch seien längere gebückte Haltungen, Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten
auf Gerüsten und Leitern sowie Tätigkeiten mit Einwirkungen von Kälte, Hitze, Zugluft, Nässe, Staub, Gas, Dampf, Rauch, Lärm
und Schmutz zu vermeiden. Ebenso könnten Tätigkeiten in Wechsel- und Nachtschicht und unter besonderem Zeitdruck (z.B. Akkord-
oder Fließbandarbeit) nicht mehr verrichtet werden. Der Kläger sei jedoch noch in der Lage, sechs Stunden an fünf Tagen in
der Woche unter betriebsüblichen Bedingungen zumindest körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Einhaltung
der genannten Einschränkungen zu verrichten, wobei es ihm auch möglich sei, am PC zu arbeiten, sofern ein Positionswechsel
im Rahmen der persönlichen Verteilzeit ermöglicht werde, was üblicherweise bei Bürotätigkeiten der Fall sei.
Die medizinische Beurteilung ergebe sich aus den im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten der Dres. L und
S1. Die Kammer sei davon überzeugt, dass die Leistungsbeurteilung dieser Sachverständigen dem tatsächlichen Leistungsvermögen
des Klägers entspreche. Die Diagnosen der Sachverständigen beruhten auf eingehenden ambulanten Untersuchungen und berücksichtigten
nicht nur die dort erhobenen Befunde, sondern auch den Inhalt der zur Verfügung gestellten Akten einschließlich der darin
enthaltenen umfangreichen medizinischen Berichte über die Behandlungen des Klägers. Beide Gutachter hätten sich mit den vom
Kläger angegebenen Leiden intensiv und differenziert auseinander gesetzt und seien zu medizinisch fundierten Ergebnissen gekommen.
Diese stimmten außerdem im Wesentlichen mit den im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten der Dres.
von B1 und X überein.
Die Einwände des Klägers seien nicht geeignet, das Beweisergebnis in Frage zu stellen. Das Gericht schließe sich hierbei den
umfangreichen, schlüssigen und überzeugenden ergänzenden Stellungnahmen des Dr. S1 an. Insbesondere könne das Gericht nicht
feststellen, dass die Sachverständigen es verabsäumt hätten, die Wechselwirkungen der Erkrankungen zu berücksichtigen. Der
Kläger habe auch, außer dem pauschalen Vorwurf, nicht konkret vorgetragen, inwieweit sich die festgestellten Erkrankungen
gegenseitig und von den Sachverständigen unberücksichtigt beeinflussten.
Ebenso wenig habe die Kammer Zweifel daran, dass der Sachverständige Dr. S1 beim Kläger die einschlägigen Tests durchgeführt
und diese auch zutreffend ausgewertet habe. Davon abgesehen, dass dieser Sachverständige in großem Umfang für viele Gerichte
tätig sei und sich insbesondere bei der Beurteilung von Schmerzerkrankungen einen ausgezeichneten Ruf erworben habe, sei er
als promovierter, in Lehre, Klinik und Forschung tätiger psychologischer Psychotherapeut und klinischer Neuropsychologe zur
Beurteilung ausgezeichnet qualifiziert.
Schließlich könne der Kläger auch nicht mit dem Argument durchdringen, sein Zustand müsse ohne Medikation beurteilt werden,
da die Medikamenteneinnahme nicht zumutbar sei. Hier sei zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger die Medikamente tatsächlich
einnehme. Es erschließe sich nicht, warum er diese weglassen sollte, nur um seine Leistungsfähigkeit zu vermindern. Die Nebenwirkungen
dieser Medikamente seien von beiden Sachverständigen berücksichtigt worden, schließlich sei die Begutachtung unter der üblichen
Medikation erfolgt. Unter Einnahme der Medikamente seien aber beide Sachverständige übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt,
der Kläger könne noch sechs Stunden arbeiten.
Letztlich habe die Kammer auch deshalb keine Zweifel am Ergebnis beider Gutachten, weil sich aus den Untersuchungen deutliche
Tendenzen der Aggravation ergeben hätten.
Wenn es um die Beurteilung von Gesundheitsstörungen gehe, die im Wesentlichen auf subjektiven, nicht objektivierbaren Beschwerden
beruhten, komme für den Nachweis der Gesundheitsstörungen wie auch deren Ausmaßes den Beobachtungen der Sachverständigen und
dem Ergebnis der Tests besondere Bedeutung zu. Da subjektive Beschwerden nicht messbar seien, sei besonders die Glaubhaftigkeit
der Angaben des Versicherten zu überprüfen. Bestünden hier Zweifel, könnten die subjektiven Angaben nicht als nachgewiesen
zugrunde gelegt werden. So liege der Fall hier. Selbst wenn der Kläger von dem dargestellten Ausmaß seiner Beschwerden überzeugt
sei, lägen erkennbare Verfälschungstendenzen vor, so dass nicht ungeprüft die Angaben des Klägers in die Beurteilung einfließen
könnten. Diese Grundsätze hätten beide Sachverständige zutreffend berücksichtigt, ihre Schlussfolgerungen seien schlüssig
und überzeugend.
Gegen das ihm am 20.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.10.2013 Berufung eingelegt und sein Begehren, ihm Rente
wegen voller Erwerbsminderung über den 31.07.2010 hinaus zu gewähren, weiter verfolgt. Eine Besserung seines Gesundheitszustandes
seit Erstbewilligung der Erwerbsminderungsrente sei nicht eingetreten. Es fehle an einer ausreichenden Gesamtwürdigung seiner
Leiden. Insbesondere habe das Sozialgericht versäumt, zu der bei ihm vorliegenden Nervenerkrankung zu ermitteln und auch die
erhebliche Schmerzmedikation sowie deren Nebenwirkungen zu würdigen. Zutreffend werde die bei ihm vorliegende Leistungsminderung
durch das gem. §
109 SGG auf seinen Antrag im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. G beurteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.08.2013 aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides
vom 27.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2010 zu verurteilen, ihm wegen Rente wegen voller Minderung
der Erwerbsfähigkeit über den 31.07.2010 hinaus nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise die Sachverständigen Dr. L1, Dr. C und Dr. G zur mündlichen Erläuterung ihrer schriftlichen Gutachten zu laden,
weiter hilfsweise ein pharmakologisches Sachverständigengutachten von Amts wegen bzw. gemäß §
109 SGG einzuholen,
weiterhin ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten von Amts wegen bzw. gemäß §
109 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht sich durch die im Berufungsverfahren von Dr. L1 und Dr. C eingeholten
Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen in ihrer Auffassung bestätigt.
Der Senat hat Befundberichte des Neurologen und Psychiaters I vom 30.01.2014, des Internisten Dr. X1 vom 31.01.2014 und des
Orthopäden Dr. T vom 31.01.2014 sowie anschließend ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. L1 vom 19.05.2014 und
ein orthopädisches Gutachten von Dr. C vom 31.08.2014 eingeholt.
Die Sachverständigen sind nach eigener Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gelangt, dass bei diesem ein normaler neurologischer
Befund bestehe. Für die auswärtig vermutete CIDP (chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie) ergebe sich
nicht der geringste Hinweis. Auch eine Neuroborreliose sei ausgeschlossen. Bei den vom Kläger beklagten Beschwerden in der
Lendenwirbelsäule, im Nacken, in der gesamten Muskulatur und in den Gelenken handele es sich um Beschwerden bei leicht altersüberschreitenden
degenerativen Veränderungen. Die erhöhte Schmerzwahrnehmungsschwelle und das gesteigerte Schmerzempfinden mit nicht rein organmorphologisch
erklärbaren Schmerzen resultiere aus einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Der Kläger könne mit den bestehenden Leiden
noch leichte (Dr. C) bzw. leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten (Dr. L1) in wechselnden Körperhaltungen bei gewissen
qualitativen Einschränkungen arbeitstäglich vollschichtig verrichten. Eine organische Grundlage der psychischen Beschwerden
liege nicht vor. Der somatoformen Störung sei kein Krankheitswert im medizinischen Sinn zuzusprechen. Anteilig sei sie sicher
durch zumutbare Willensanstrengung zu überwinden. Aus der Schmerzanalyse und der Exploration ergäben sich keine Hinweise dafür,
dass eine quantitative Beschränkung des Leistungsbildes erforderlich sei. Soweit der Kläger im Dosierungsbereich der eingenommenen
Medikamente Nebenwirkungen in Form von Benommenheit und Taumeligkeit bei raschen Kopfbewegungen beklage, seien diese nachvollziehbar.
Relevante Koordinationsstörungen oder Feinmotorikstörungen hätten jedoch im Untersuchungsbefund nicht verzeichnet werden können.
Bei subjektiver Angabe von Verschwommensehen und passageren Doppelbildern habe sich keine morphologisch objektivierbare Blickmotorikstörung
und keine diesbezüglich relevante Behinderung im Alltag unter normalen Anforderungen ergeben. Neben einer Gewichtsreduktion
könnten auch eine Nikotinkarenz sowie ein Kraftausdauertraining der Rumpfmuskulatur und physikalische sowie weitere Reizverfahren
wie Elektrostimulation, transkutane Elektronervenstimulation, Akupunktur sowie Verfahren der Entspannung oder konzentrativen
Bewegungstherapie die schmerztherapeutischen Optionen erweitern. In der klinischen Untersuchung seien zB durch wiederholte
Prüfungen im Verlauf der Untersuchung leichte (Dr. C) bzw. deutliche (Dr. L1) Aggravationstendenzen festzustellen gewesen.
Auf Antrag des Klägers gem. §
109 SGG ist anschließend Dr. G mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das
sozialmedizinische Leistungsvermögen des Klägers nicht über eine dreistündige tägliche Arbeitszeit gesteigert werden könne
(Gutachten vom 23.10.2015). Die Beschwerden seien ausnahmslos subjektiv und für den Betroffenen real.
Hierzu haben Dr. C am 11.04.2016 und Dr. L1 am 14.07.2016 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Das Gutachten von Dr. G
sei in Aufbau und Inhalt hochgradig unschlüssig. Letztlich biete es eine reine Übernahme subjektiver Wahrnehmungen gepaart
mit einer theoretisch-hypothetischen Unterfütterung. Aus gutachterlicher Sicht entbinde die eigentlich selbstverständliche
Tatsache, dass sämtliche Beschwerden für Betroffene real erschienen, den Gutachter nicht davon, das Leistungsvermögen anhand
objektivierbarer Kriterien zu prüfen. Soweit man die von Dr. G erhobenen objektiven Befunde aus dem Gutachten destilliere,
ergebe sich keine relevanten Abweichung gegenüber der eigenen Befunderhebung.
Die ergänzenden Stellungnahmen sind dem Kläger mit Verfügung vom 21.07.2016 mit der Bitte um Mitteilung, ob die Berufung zurückgenommen
werde, übersandt worden. Dieser hat erwidert, die Berufung derzeit nicht zurückzunehmen. Er habe die Stellungnahmen an Dr.
G übersandt und bitte, dessen Stellungnahme abzuwarten. Den Beteiligten ist die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung
am 30.09.2016 ausweislich der Empfangsbekenntnisse am 30.08.2016 zugegangen.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 29.09.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag um 19.50 Uhr, unter
Angabe verschiedener Fragen beantragt, die Sachverständigen Dr. L1, Dr. C und Dr. G zur mündlichen Erläuterung ihrer schriftlichen
Gutachten vom 19.05.2015, 31.08.2015 und 23.10.2015 zu laden. Zu Fragen zur Medikation des Klägers hat sie Antrag auf Einholung
eines weiteren Sachverständigengutachtens pharmakologischer Fachrichtung gem. §§
103,
106 SGG, hilfsweise gem. §
109 SGG von Prof. Dr. H2 und zu der von Dr. L1 erwähnten Aggravation und deren Abgrenzung von der somatoformen Schmerzstörung Antrag
auf Einholung eines psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachtens gem. §§
103,
106, hilfsweise §
109 SGG gestellt. Dem Antrag beigefügt war eine Erklärung des Klägers vom 26.09.2016.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten
verwiesen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Diese Auffassung der Sachverständigen und des SG ist durch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren zur Überzeugung des Senats durch die von Dr. L1 und Dr. C eingeholten
Gutachten weiter bestätigt und verfestigt worden. Die Sachverständigen haben nach eigener Untersuchung des Klägers wie die
Sachverständigen zuvor auf ihren Fachgebieten insbesondere eine somatoforme Schmerzstörung mit erhöhter Schmerzwahrnehmungsschwelle
und gesteigertem Schmerzempfinden bei nicht rein organmorphologisch erklärbaren Schmerzen sowie Wirbelsäulenbeschwerden ohne
wurzel- oder nervenbezogene Ausfallserscheinungen diagnostiziert. Unter Berücksichtigung der bestehenden Erkrankungen könne
der Kläger leichte (Dr. C) bzw. leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten (Dr. L1) in wechselnden Körperhaltungen
bei gewissen qualitativen Einschränkungen arbeitstäglich vollschichtig verrichten.
Soweit allein der auf Antrag des Klägers gehörte Sachverständige Dr. G zu einem anderen, für ihn günstigen Ergebnis gelangt
ist und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf eine lediglich dreistündige tägliche Arbeitszeit angenommen hat, vermag der
Senat dessen Bewertung in keinster Weise zu folgen. Wie durchgängig auch in anderen Verfahren weist das Gutachten dieses Arztes
in Aufbau, Gliederung und inhaltlicher Gedankenführung schwere Mängel auf, da Akteninhalte, subjektive Probandenangaben, Diagnosen,
theoretische Referate über Erkrankungen und Schmerzsyndrome, Literaturstellen und durch Dr. G selbst aufgeworfene Fragestellungen
in nicht nachvollziehbarem Duktus vermengt werden. Da die erhobenen Befunde - ausweislich des von Dr. L1 durchgeführten Vergleichs
- nicht relevant von den vorigen Gutachten abweichen, ist die gegenüber diesen divergierende Schlussfolgerung nicht plausibel.
Im Kern stützt Dr. G sein für den Kläger positives Ergebnis letztlich auch lediglich darauf, dass die Beschwerden des Klägers,
die ausnahmslos subjektiv seien, der Beurteilung zugrunde gelegt werden müssten, weil diese für ihn als Betroffenen real seien.
Hiermit aber verkennt er in gravierendem Maß die medizinisch-rechtlichen Voraussetzungen eines sozialgerichtlichen Verfahrens.
Entsprechend ist das Gutachten des Dr. G - wie regelmäßig - in keiner Weise als Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung
brauchbar.
Soweit der Kläger im Verfahren, insbesondere in seiner schriftlichen Erklärung vom 30.09.2016 und auch mündlich im Verhandlungstermin,
eingehend erläutert hat, eine volle Erwerbstätigkeit nicht schaffen zu können, vermochte auch die Würdigung dieses Vortrags
nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Die rentenerhebliche Leistungsminderung muss nach erfolgter sozialmedizinischer
Beurteilung bewiesen sein, d.h. zur vollen Überzeugung des Gerichts bestehen. Eine derartige Überzeugung konnte aus den o.g.
Gründen nach den umfangreichen Ermittlungen nicht gewonnen werden. Der fehlende Beweis einer rentenrelevanten Leistungsminderung
geht nach den allgemeinen Beweislastregeln zu Lasten des Klägers, der einen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend macht.
Allein die subjektive Einschätzung des Versicherten vermag eine relevante Leistungsminderung im Sinne des Rechts der gesetzlichen
Rentenversicherung nicht zu begründen. Vielmehr ist erforderlich, dass die Beschwerdeschilderung bei sachverständiger Plausibilitätsprüfung
mit den objektiv erhobenen bzw. erhebbaren Befunden in Übereinstimmung gebracht wird und hier ihre ausreichende Stütze finden
kann. Vorliegend entspricht die subjektive Einschätzung des Klägers zu seiner Leistungsfähigkeit nicht dem durch die umfangreiche
Beweiserhebung gewonnenen Ergebnis. Zulasten des beweispflichtigen Klägers wirkt sich zusätzlich erschwerend aus, dass die
Sachverständigen Dr. L, Dr. S1, Dr. C und Dr. L1 jeweils auf eine von ihnen festgestellte aggravierende Darstellung der Beschwerden
durch den Kläger in den Untersuchungssituationen hingewiesen haben.
Die vom Kläger vertretene und auch zuletzt noch einmal herausgestellte Auffassung, seine Erwerbsminderung ergebe sich bereits
aus den Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente, findet im Beweisergebnis keine Stütze. So haben die im Verfahren gehörten
Sachverständigen die Nebenwirkungen ausdrücklich berücksichtigt und den Kläger aus ärztlicher Sicht gleichwohl zu einer vollen
Erwerbstätigkeit in der Lage gesehen.
Den vom Kläger erstmalig bei Gericht am 29.09.2016 um 19.50 Uhr bei Gericht eingegangenen und im Termin am 30.09.2016 wiederholten
Antrag, die Sachverständigen Dr. L1, Dr. C und Dr. G zur mündlichen Erläuterung ihrer schriftlichen Gutachten zum Termin zu
laden, lehnt der Senat bereits deshalb ab, weil er nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist (vgl.
hierzu BSG Urt. v. 24.07.2012 - B 2 U 100/12 B - [...] Rn.14; Urt. v. 07.02.2013 - B 13 R 71/12 B - [...] Rn. 17). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Sachverständigen ihre jeweiligen Auffassungen zu seiner
Überzeugung ausreichend schriftlich dargelegt haben, so dass die Notwendigkeit einer mündlichen Anhörung auch in der Sache
nicht ersichtlich ist.