Gründe
I.
Streitig ist, ob der Klägerin für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.
Die Klägerin und ihre Familienangehörigen (Ehemann und vier Kinder) stehen als Bedarfsgemeinschaft im laufenden Leistungsbezug
bei dem Beklagten, der ihnen (aufstockend) Arbeitslosengeld II gewährt.
Mit Bescheid vom 12.11.2018 wurde die Höhe der Leistungen an die Klägerin und die anderen Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft
nach zunächst vorläufiger Bewilligung durch den Beklagten (für den Zeitraum November 2017 bis April 2018) endgültig festgesetzt,
ohne dass dabei mit Rücksicht auf § 41a Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ein Durchschnittseinkommen zu Grunde gelegt worden wäre. Gegen diesen Bescheid erhoben die Klägerin und die Mitglieder ihrer
Bedarfsgemeinschaft Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2019 als unbegründet zurückgewiesen wurde. In dem
hiergegen anhängig gemachten Klageverfahren (S 92 [56] AS 878/19) wies das Sozialgericht (SG) mit Schriftsatz vom 30.07.2019 darauf hin, dass gem. § 41a Abs. 4 SGB II ein Durchschnittseinkommen hätte gebildet werden müssen und bewilligte der Klägerin und den übrigen Familienangehörigen Prozesskostenhilfe
in diesem Verfahren.
Mit weiterem Bescheid vom 12.11.2018, der Gegenstand des hier zugrundeliegenden Klageverfahrens S 56 AS 880/19 ist, verlangte der Beklagte unter Hinweis auf die endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch (für die Zeit von November
2017 bis April 2018) von der Klägerin die Erstattung von insgesamt 1.137,50 € und erklärte die Aufrechnung der Erstattungsforderung
mit den laufenden Leistungen (ab Januar 2019 i.H.v. 37,40 € monatlich). Den Widerspruch gegen diesen Bescheid wies der Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2019 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24.02.2019 Klage. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten gestellt.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 02.10.2019 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die fristgerecht eingelegte
Klage biete bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Erstattungsverfügung
rechtmäßig sei.
Dabei könne offen bleiben, ob die Erstattungsverfügung überhaupt Gegenstand des Verfahrens geworden sei.
Soweit man den Bescheid über die endgültige Festsetzung und den Erstattungsbescheid als rechtliche Einheit ansehe, sei die
Klage bereits unzulässig, weil die Erstattungsverfügung Gegenstand des Verfahrens S 56 AS 878/19 gegen die endgültige Festsetzung geworden wäre. Für diese Sichtweise spreche insbesondere, dass hierdurch Schwierigkeiten
(z.B. hinsichtlich der Frage des Prüfungsumfangs der Erstattungsforderung oder der unterschiedlich eintretenden Rechtskraft)
umgangen würden.
Lehne man das Vorliegen einer rechtlichen Einheit bzw. eine Einbeziehung gemäß §§
86,
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) dagegen ab und behandele die Verfahren wegen der in den einzelnen Bescheiden verfügten Regelungen getrennt, sei die Klage
zumindest unbegründet. Denn es sei dann lediglich zu prüfen, ob die Berechnung der Erstattungsforderung ordnungsgemäß erfolgt
sei. Auf die Rechtmäßigkeit der endgültigen Festsetzung komme es demgegenüber nicht an. Denn für die Geltendmachung der Erstattungsforderung
genüge auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2018, B 14 AS 34/17 R, juris Rn. 13) bereits ein wirksamer Verwaltungsakt über die endgültige Festsetzung, der Tatbestandswirkung für die Erstattungsverfügung
entfalte. Ein bestandskräftiger Bescheid über die endgültige Festsetzung sei nicht erforderlich. Es sei aber weder vorgetragen,
noch ersichtlich, dass die Berechnung des Erstattungsanspruches fehlerhaft erfolgt sei.
Gegen den am 28.10.2019 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 27.11.2019 Beschwerde erhoben. Nach ihrer Auffassung kommt
es (jedenfalls in dem hier zu Grunde liegenden Verfahren) auf die (Prüfung der) Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.11.2018
über die endgültige Leistungsfestsetzung an.
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten
des Beklagten sowie der beigezogenen Akte des SG Dortmund S 92 AS 878/19, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.
II.
Die zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist begründet.
Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Abs.
1 Satz 1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO), dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, die betroffenen Personen nach ihren persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und die Rechtsverfolgung
nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des
Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar
hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
73a Rn. 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Senatsbeschluss vom 23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für
sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte,
darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990, 2 BvR 94/88, juris Rn. 26). Wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist,
muss Prozesskostenhilfe ebenfalls bewilligt werden. Klärungsbedürftig in diesem Sinn ist nicht bereits jede Rechtsfrage, die
noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Vielmehr ist maßgeblich, ob die entscheidungserhebliche Rechtsfrage im Hinblick
auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen
schwierig erscheint (BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990, 2 BvR 94/88, juris Rn. 29). Ist dies der Fall muss die bedürftige Person die Möglichkeit haben, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren
zu vertreten und ggf. Rechtsmittel einlegen zu können (BVerfG, Beschluss vom 10.12.2001, 1 BvR 1803/97, juris Rn. 9).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Rechtsverfolgung der Klägerin in dem Klageverfahren gegen die Erstattungsverfügung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Zwar hat das SG im rechtlichen Ansatz zutreffend angenommen, dass bei der Überprüfung eines Erstattungsbescheides nicht inzidenter die abschließende
Entscheidung (endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs) auf ihre Richtigkeit zu überprüfen ist (vgl. LSG NRW, Beschlussl
vom 13.06.2016, L 7 AS 707/16 B, juris Rn. 2; BSG, Beschluss vom 03.09.2020, B 14 AS 351/19 B, juris Rn. 7 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 28.11.2018, B 14 AS 34/17 R Rn. 13). Der Betroffene muss vielmehr, wenn er Einwände gegen die Höhe der Erstattungsforderung aufgrund der endgültigen
Leistungsfestsetzung hat, auch gegen diese Entscheidung vorgehen.
Voraussetzung für eine rechtmäßige Erstattungsforderung ist jedoch, dass die endgültig zustehende Leistungshöhe feststeht.
Zwar ist die Bestandskraft des endgültigen Leistungsbescheides nicht formelle Voraussetzung für den Erstattungsbescheid, so
dass beide Bescheide gleichzeitig (auch in einem Bescheid) ergehen können (vgl. Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 41a Rn. 74; LSG NRW a.a.O., juris Rn. 3 m.w.N.). Ist jedoch der endgültige Leistungsbescheid mit Aussicht auf Erfolg angefochten,
ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich dies auch auf die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreites gegen den Erstattungsbescheid
auswirkt, der korrigiert werden muss, wenn der endgültige Leistungsbescheid geändert wird (vgl. LSG NRW a.a.O.). Der vom Sozialgericht
zitierten Entscheidung des BSG vom 28.11.2018 (B 14 AS 34/17 R) lag insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde, weil dort die endgültige Leistungsfestsetzung nicht angefochten worden
ist und der zugrunde liegende Leistungsbescheid bereits bestandskräftig geworden war.
Der endgültige Leistungsbescheid vom 12.11.2018 wurde hier jedoch von der Klägerin ausdrücklich angefochten. Im hierzu anhängigen
Klageverfahren (SG Dortmund, S 92 [56] AS 878/19) hat das SG (mit Blick auf eine denkbare Verletzung von § 41a Abs. 4 SGB II) zutreffend die Erfolgsaussichten bejaht und dem Antrag auf Prozesskostenhilfe stattgegeben.
Da die Klägerin mit Blick auf den fortlaufenden Leistungsbezug zudem die persönlichen sowie die wirtschaftlichen Voraussetzungen
für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (weiterhin) erfüllt und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist (vgl. §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO), sind auch unter diesen Gesichtspunkten die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§
73a SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).