Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Abweisung einer auf die Übernahme von außergerichtlichen
Kosten gerichteten Klage.
Der Kläger bezieht beim Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 08.08.2017, 06.09.2017, 05.10.2017, 09.11.2017, 08.12.2017, 11.01.2018, 06.02.2018, 02.03.2018, 12.04.2018, 28.05.2018
und 20.06.2018 erschien der Kläger nicht zu Meldeterminen. Mit Schreiben vom 20.06.2018 lud der Beklagte den Kläger zu einem
Folgemeldetermin am 11.07.2018 ein. Dem Einladungsschreiben waren eine Rechtsfolgenbelehrung sowie ein Rückmeldevordruck für
den Fall der Verhinderung beigefügt. Das Einladungsschreiben ist dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 23.06.2018 zugestellt
worden. Zu dem Meldetermin am 11.07.2018 erschien der Kläger unentschuldigt nicht.
Mit Schreiben vom 12.07.2018 hörte der Beklagte den Kläger deswegen zu einer beabsichtigten Meldepflichtsanktion an. Nachdem
der Kläger auf das Anhörungsschreiben nicht reagierte, minderte der Beklagte die Leistungen des Klägers von Oktober 2018 bis
Dezember 2018 um monatlich 41,80 €. Hiergegen legte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten am 26.09.2018 Widerspruch
ein. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 26.09.2018
gegen den Minderungsbescheid vom 19.09.2018 bei dem Sozialgericht Dortmund (S 33 AS 5120/18 ER) hat der Kläger seinen Widerspruch damit begründet, dass er zu dem Meldetermin habe arbeiten müssen. Eine entsprechende
Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 27.09.2018 legte der Kläger am 11.10.2018 vor.
Mit Bescheid vom 17.10.2018 half der Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab. Eine Übernahme der außergerichtlichen Kosten
des Klägers lehnte der Beklagte ab, weil der Kläger den Beklagten über den wichtigen Grund, der zur Abhilfe geführt habe,
bereits im Rahmen der Anhörung hätte unterrichten können.
Gegen die Kostenentscheidung legte der Kläger gesondert Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2019
als unbegründet zurückwies. Es fehle an einer kausalen Verknüpfung zwischen Widerspruch und Abhilfebescheid. Der Kläger habe
auch ohne Widerspruch iRd Anhörungsverfahrens auf seine Verhinderung hinweisen können. Außerdem hätte der Kläger bereits vor
dem Termin die Mitarbeiter des Servicecenters oder die für ihn zuständige Integrationsfachkraft informieren können.
Hiergegen hat der Kläger am 12.02.2019 beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Der Widerspruch, dem abgeholfen worden ist,
sei erfolgreich gewesen. Es fehle auch nicht an einer ursächlichen Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Widerspruchsentscheidung.
Etwas anderes gelte, wenn lediglich die Nachholung von Mitwirkungsobliegenheiten dem Widerspruch zum Erfolg verholfen hätte,
was hier nicht der Fall gewesen sei. Eine Verpflichtung zur Stellungnahme in einem Anhörungsverfahren sei nicht normiert.
Anders als iRv §
193 SGG seien für die Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X Veranlassungs- und Billigkeitsgesichtspunkte nicht zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
sei regelmäßig zu bejahen.
Mit Urteil vom 24.07.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine Kostenübernahme der außergerichtlichen Kosten nach
§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X komme nicht in Betracht, weil die Abhilfe nicht in Bezug auf den Widerspruch, sondern auf die nachgereichte Arbeitgeberbescheinigung
hinsichtlich eines wichtigen Grundes beruhte. Zwar sei die Darlegung eines wichtigen Grundes keine Mitwirkungsverpflichtung,
jedoch sei die vorliegende Konstellation vergleichbar, denn dem Leistungsberechtigten treffe zumindest die Obliegenheit, seine
Verhinderungsgründe mitzuteilen und zu belegen. In seine Rechtsmittelbelehrung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass
gegen das Urteil Berufung eingelegt werden könne, da von einem Auffangstreitwert von 5.000 € ausgegangen werden müsse.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 24.08.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.09.2020 ohne Begründung Berufung
eingelegt. Mit Schriftsatz vom 27.10.2020 hat der Kläger mitgeteilt, dass das Sozialgericht zu Unrecht die Klage auf Übernahme
der außergerichtlichen Kosten - ausgehend von einem Schwellenwert von 300 € - abgelehnt habe. Die Rechtsfolgenbelehrung in
dem Einladungsschreiben des Beklagten sei fehlerhaft gewesen. Deswegen komme es nicht darauf an, ob der Kläger für sein Nichterscheinen
einen wichtigen Grund hatte.
Auf den Hinweis des Senats, dass die Berufung unstatthaft sei, weil der Berufungsstreitwert nicht erreicht ist, hat der Kläger
am 09.02.2021 die Berufung zurückgenommen und gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts vom 24.07.2020
Beschwerde eingelegt. Die Berufung sei aufgrund eines Verfahrensfehlers zuzulassen, denn das Sozialgericht habe pflichtwidrig
nicht ermittelt, ob dem Minderungsbescheid vom 19.09.2018 eine rechtmäßige Meldeaufforderung mit zutreffender Rechtsfolgenbelehrung
vorausgegangen ist. Die Rechtssache habe aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 05.11.2019 (1 BvL 7/16) zudem grundsätzliche Bedeutung, weil auch für Meldeobliegenheiten geklärt werden müsse, ob der Leistungsempfänger ungekürzte
Leistungen durch Wohlverhalten wiedererlangen kann. Auch darüber müsse belehrt werden.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§145
SGG) ist statthaft, weil die Berufung zulassungsbedürftig ist. Gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-
oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € nicht übersteigt und keine wiederkehrenden
oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG). Dies ist vorliegend der Fall, denn der Kläger macht - bei einem Schwellenwert von 300 € - außergerichtliche Kosten iHv
insgesamt (brutto) 380,80 € geltend. Zwar hat der Kläger die Beschwerdefrist nach §
145 Abs.
1 Satz 2
SGG nicht gewahrt. Dies ist jedoch wegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des Sozialgericht unschädlich, nachdem der Kläger
binnen Jahresfrist Beschwerde eingelegt hat (§
66 Abs.
2 SGG).
Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.
Das Urteil des Sozialgerichts weicht nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des
gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG). Eine Abweichung liegt nur vor, wenn das Sozialgericht einer Entscheidung der genannten Gerichte widerspricht, also ausdrücklich
eine abweichende Rechtsauffassung entwickelt. Nicht ausreichend ist eine evtl. lediglich rechtsirrige Rechtsanwendung unter
Verkennung der Rechtsprechung der genannten Gerichte (allg. Ansicht, vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig,
SGG, 13. Aufl., §
160 Rn. 14). Ein bewusster Widerspruch gegen eine Rechtsprechung der genannten Gerichte ist dem angefochtenen Urteil nicht zu
entnehmen.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSv 144 Abs. 2 Nr. 1
SGG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren
Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse
erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit;
ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 11.11.2020 - L 7 AS 1245/20 NZB; Leitherer in Meyer/Ladewig,
SGG, 13. Aufl., §
160 Rn. 6). Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind in der Rechtsprechung geklärt. Allein das BSG hat sich bereits in über 100 Entscheidungen mit den Voraussetzungen und der Reichweite des § 63 SGB X befasst (vgl. Felix, SGb 2020, 265). Dass vorliegend eine grundlegende, vom BSG bisher nicht geklärte Rechtsfrage zur Reichweite und Auslegung von § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X streitgegenständlich ist, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Er beanstandet lediglich eine im Ergebnis fehlerhafte Entscheidung
des Sozialgerichts, die - wie dargelegt - eine Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht begründet. Die Frage, inwiefern die Zulässigkeit
von Sanktionen nach § 32 SGB II durch das Urteil des BVerfG vom 05.11.2019 (1 BvL 7/16) eingeschränkt wurden, ist nicht streitgegenständlich und damit nicht klärungsfähig.
Auch ein Verfahrensmangel iSv 144 Abs. 2 Nr. 3
SGG ist nicht gegeben. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt.
Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils. Es geht nicht um die Richtigkeit der Entscheidung, sondern
um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil. Bei der Beurteilung, ob ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender
Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsauffassung des Sozialgerichts ausgegangen werden (Leitherer in Meyer/Ladewig,
SGG, 13. Aufl., §
144 Rn. 32a). Einen solchen Verfahrensfehler hat der Kläger, der ebenso wie sein Prozessbevollmächtigter nicht zur mündlichen
Verhandlung bei dem Sozialgericht erschienen war, nicht dargelegt. Dass das Sozialgericht, aus Sicht des Klägers einen Subsumtionsfehler
bei der Prüfung der Sanktionsvoraussetzungen begangen habe, der in der Folge zu einer unzureichenden Tatsachenermittlung geführt
habe, begründet allenfalls einen Rechtsfehler in der Sache, aber ausgehend von der Rechtsauffassung des Sozialgerichts nicht
einen Fehler in der Rechtsanwendung.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig, §
145 Abs.
4 Satz 4
SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).