Grundsicherung für Arbeitsuchende
Ruhen des Leistungsanspruchs gegen die Krankenversicherung wegen Zahlungsrückstands
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Übernahme von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung
Fehlen eines Anordnungsgrundes
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, Beitragsschulden
bei der DAK Gesundheit (DAK) und laufende Beitragsforderungen mindestens als Darlehen zu übernehmen.
Der Antragsteller erhält aufgrund eines Vergleichsvorschlags des Senats seit dem 01.10.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
als Darlehen. Bereits mit Bescheid vom 31.08.2015 hatte der Antragsgegner die Übernahme von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken-
und Pflegeversicherung abgelehnt, hiergegen ist ein Berufungsverfahren anhängig.
Nach einer vom Senat telefonisch eingeholten Mitteilung der DAK ist der Antragsteller seit dem 01.04.2004 freiwillig versichertes
Mitglied der DAK, die freiwillige Versicherung wechselte mit Pflichtversicherungszeiten während des zuschussweisen Bezugs
von Arbeitslosengeld II. Seit dem 09.03.2011 ruht die freiwillige Versicherung. Der Antragsteller erhält seither auf der Grundlage
von §
16 Abs.
3a Satz 2
SGB V quartalsweise Behandlungsscheine, mit denen er Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung mit Ausnahme von Zahnersatz
in Anspruch nehmen kann.
Mit Bescheid vom 30.10.2015 forderte die DAK Beitragsschulden einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren für den Zeitraum
01.09.2011 bis 30.09.2015 iHv 8.553,43 EUR. Mit Schreiben vom 11.11.2015 legte der Antragsteller dem Antragsgegner diesen
Bescheid vor. Er bat um Mitteilung, ob er für den genannten Zeitraum als Pflichtversicherter bei der DAK gemeldet sei. Zudem
machte der Antragsteller die Übernahme der laufenden Krankenversicherungsbeiträge von Oktober 2015 bis März 2016 iHv monatlich
165,37 EUR geltend. Mit Schreiben vom 16.11.2015 teilte der Antragsgegner mit, die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen
sei nicht möglich, weil der Antragsteller Leistungen nur als Darlehen erhalte. Mit Schreiben vom 19.11.2015 beantragte der
Antragsteller einen Zuschuss zu seinen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, ein solcher könne auch gezahlt werden,
wenn Leistungen nur als Darlehen bewilligt werden. Unter dem 19.01.2016 legte der Antragsteller eine Vollstreckungsankündigung
des Hauptzollamtes C hinsichtlich des DAK-Bescheides vom 30.10.2015 vor und beantragte die Übernahme dieser Forderung durch
den Antragsgegner. Mit Bescheid vom 25.01.2016 forderte die DAK vom Antragsteller für die Zeit vom 01.10.2015 bis zum 31.12.2015
Beiträge einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren iHv 512,11 EUR. Mit Bescheid vom 29.12.2015 forderte die DAK ab
01.01.2016 monatlich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv 175,26 EUR. Auch diese Bescheide legte der Antragsteller
dem Antragsgegner mit dem Antrag auf Übernahme vor.
Am 15.02.2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Münster beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bis März
2016 iHv insgesamt 9.756,69 an die DAK zu zahlen.
Er hat geltend gemacht, seit Jahren hilfebedürftig zu sein und einen Anspruch auf Leistungen als Zuschuss, nicht lediglich
als Darlehen zu haben. Er verfüge im Gegensatz zur Meinung des Antragsgegners nicht über verwertbares Vermögen. Daher sei
er gesetzlich krankenversichert, die rechtswidrige Verweigerung der Leistungen als Zuschuss habe zur Folge, dass der Antragsgegner
nunmehr verpflichtet sei, die Beitragsrückstände zu übernehmen. Mit den ihm darlehensweise gezahlten Leistungen sei er nicht
in der Lage, die Beitragsforderungen der DAK zu begleichen.
Mit Beschluss vom 02.03.2016 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsgrund iSd §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG liege nicht vor, da der Antragsteller gem. § 193 Abs. 7 VVG i.V.m. § 153 VAG im Notlagentarif krankenversichert sei.
Gegen diese am 04.03.2016 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 04.04.2016 Beschwerde eingelegt. Er hat ergänzend
geltend gemacht, er leide seit Jahren an einer chronischen Erkrankung, die sich jederzeit plötzlich verschlimmern könne. Die
Vollstreckungsankündigung stelle eine Stressbelastung dar, die zu nicht wiedergutzumachenden gesundheitlichen Schäden führen
könne.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Erlass der begehrten einstweiligen
Anordnung abgelehnt.
Die Voraussetzungen des §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint
(Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt die Glaubhaftmachung des Bestehens des im Hauptsacheverfahren
verfolgten materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei
Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren
nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.
Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung
eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vergl. nur Beschluss vom 09.11.2015 - L 7 AS 1234/14 B ER).
Der Senat lässt offen, ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Jedenfalls fehlt es an einem Anordnungsgrund.
Durch das Abwarten der Hauptsacheentscheidung drohen dem Antragsteller keine nicht wiedergutzumachenden Nachteile. Deshalb
ist auch eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers im Wege der Folgenabwägung nicht geboten.
Zwar ruht gem. §
16 Abs.
3a SGB V der Leistungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung bei einem Zahlungsrückstand iHv zwei Monatsbeiträgen. Ausgenommen
sind gem. §
16 Abs.
3a Satz 2
SGB V jedoch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach §§
25 und
26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen Schmerzzustände erforderlich sind. Diese durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
eingeführte Neuregelung ist eine Folgeänderung zur Einführung einer Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V und der Abschaffung der Kündigungsmöglichkeit in §
191 Satz 1 Nr. 3
SGB V aF. Den Versicherungsberechtigten nach §
9 SGB V bleibt auch bei Nichtzahlung der Beiträge ein Teil ihres medizinischen Versorgungsanspruchs erhalten. Dieser umfasst jedenfalls
die nach den §§
27 - 52
SGB V erforderlichen medizinischen Leistungen zur Behandlung einer akuten Krankheit und von Schmerzen (Blöcher, in: JurisPK §
16 SGB V Rn. 55). Dem entspricht die telefonische Auskunft der DAK, dass dem Antragsteller Behandlungsscheine ausgegeben werden, mit
denen er die erforderlichen medizinischen Leistungen erhält. Soweit dennoch durch die DAK Krankenversicherungsleistungen verweigert
würden (zur fraglichen Pflicht zB zur Erbringung von Leistungen zur Behandlung chronischer Krankheiten im Rahmen des §
16 Abs.
3a Satz 2
SGB V vergl. Blöcher, in: JurisPK,
SGB V, §
16 Rn. 55), die der Antragsteller für notwendig hält und meint beanspruchen zu können, hätte er insoweit - ggfs. im Wege des
einstweiligen Rechtsschutzes - die DAK in Anspruch zu nehmen. Der Antragsgegner ist für die Erbringung von Leistungen der
gesetzlichen Krankenversicherung nicht passivlegitimiert.
Ein Anordnungsgrund resultiert auch nicht aus der vom Antragsteller vorgetragenen psychischen Belastung aufgrund der Vollstreckungsandrohung.
Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung hat der Antragsteller im Vollstreckungsverfahren geltend zu
machen. Deshalb scheidet auch die sinngemäß begehrte Anordnung einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung der
Beitragsschulden in diesem Verfahren aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).