Gründe
I.
Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ihre Klage gegen den Bescheid der Beklagten
vom 30.8.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2011, soweit diese darin Beiträge für zwei nach ihrer Auffassung
sozialversicherungspflichtig beschäftigte Betriebsleiter nachfordert. Die Klägerin, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt
hat, hält den Bescheid für unvereinbar mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.11.2005 (B 12 RA 1/04 R).
Das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von PKH abgelehnt, weil jedenfalls die Voraussetzungen des §
116 Satz 1 Nr. 2
Zivilprozessordnung (
ZPO) nicht vorlägen. Denn es sei nicht ersichtlich, welchen allgemeinen Interessen die Unterlassung der Rechtsverfolgung durch
die Klägerin zuwider laufen sollte, da diese keine allgemeinen Interessen verfolge oder zumindest fördere und hierzu auch
keinerlei Anhaltspunkte glaubhaft gemacht habe (Beschluss v. 13.3.2012).
Mit der am 19.4.2012 gegen den am 19.3.2012 zugestellten Beschluss erhobenen Beschwerde macht die Klägerin geltend, die durch
den vorliegenden Fall aufgeworfenen Rechtsfragen seien höchstrichterlich klärungsbedürftig. Die Unterlassung der Rechtsverfolgung
laufe allgemeinen Interessen zuwider, da die Entscheidung erhebliche Kreise der Wirtschaftsteilnehmer anspreche und insofern
offenkundige soziale Wirkungen nach sich ziehen würde.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass allgemeine Interessen im Sinne von §
116 Satz 1 Nr. 2
ZPO damit nicht dargelegt seien.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
1. Die Beschwerde ist statthaft. Der Ausschlusstatbestand des §
172 Abs.
3 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) greift nicht ein. Danach ist eine Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH nur dann unzulässig, wenn das Gericht ausschließlich
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint. Das ist hier jedoch nicht geschehen. Das SG hat die Bewilligung von PKH vielmehr mit der Begründung abgelehnt, es lasse sich nicht feststellen, dass die Unterlassung
der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderliefe. Anders als bei den anderen in §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
116 Satz 1 Nr.
2 ZPO geregelten Voraussetzungen, die eine juristische Person zusätzlich gegenüber einer natürlichen Person erfüllen muss, um PKH
zu bekommen, knüpft dieses Merkmal gerade nicht an persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse der juristischen Person,
sondern an außerhalb ihrer selbst liegende öffentliche Belange an. Es wird daher von der - als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden
- Bestimmung des §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG nicht erfasst (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 11.8.2009, L 8 B 8/09 R, [...]).
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Wie das SG zutreffend entschieden hat, hat die Klägerin keine Umstände dargelegt, aufgrund derer anzunehmen wäre, dass die Unterlassung
der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§
116 Satz 1 Nr. 2
ZPO).
a) Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränkt sich auf Sachverhalte, die größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens
ansprechen und soziale Wirkungen nach sich ziehen können. Ein allgemeines Interesse kann angenommen werden, wenn außer den
an der Führung des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der
Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen würde. Davon ist z.B. auszugehen, wenn die Vereinigung ohne die Durchführung des
Rechtsstreits gehindert wäre, der Allgemeinheit dienende Aufgaben zu erfüllen, oder wenn von dem Rechtsstreit die Existenz
eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung wegen der großen Zahl von Arbeitsplätzen ein allgemeines Interesse besteht.
Letzteres ist jedoch nicht der Fall, wenn die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat. Ebenso wenig reicht es
zur Begründung allgemeiner Interessen aus, dass bei der Entscheidung des Rechtsstreits Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung
zu beantworten sind (vgl. zum Vorstehenden BGH, Beschluss v. 10.2.2011, IX ZB 145/09, NJW 2011, 1595; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 70. Aufl. 2012, §
116 Rdnr. 20 ff.; Fischer in Musielak,
ZPO, 9. Aufl. 2012, §
116 Rdnr. 17 f.; Geimer in Zöller,
ZPO, 29. Aufl. 2012, §
116 Rdnr. 24 ff.; jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
b) Nach diesen Grundsätzen läuft die Unterlassung der Rechtsverfolgung durch die Klägerin keinen allgemeinen Interessen zuwider.
aa) Durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung wird nicht ein erheblicher Teil von Personen in Mitleidenschaft gezogen. Rückwirkungen
auf größere Teile der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens sind nicht zu erwarten, wenn die Streitsache nicht durchgeführt
wird. Es droht nicht der Verlust einer erheblichen Zahl von Arbeitsplätzen, zumal die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb eingestellt
hat. Auch eine Gefährdung einer Vielzahl von Gläubigern scheidet aus.
bb) Die Klage gegen die Beitragsnachforderung berührt auch sonst keine allgemeinen Interessen. Die Klägerin beschränkt sich
insoweit darauf darzulegen, dass die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung habe. Das reicht zur Begründung
eines allgemeinen Interesses indessen nicht aus, weil es hierfür auf die Wirkungen des konkreten Rechtsstreits ankommt und
nicht der bei seiner Entscheidung zu beantwortenden Rechtsfragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
127 Abs.
4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).