Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin
vom 13.3.2012, mit dem diese im Anschluss an eine Betriebsprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 eine Beitragsnachforderung von
790,63 Euro einschließlich Säumniszuschlägen von 144,00 Euro festgesetzt hat.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin in dem angegriffenen Bescheid aus, die vom Antragsteller vorgenommenen manuellen
Beitragsberechnungen seien u.a. durch Übertragungsfehler bei der Erstellung der Beitragsnachweise bzw. nicht zutreffend berücksichtigte
Aushilfslöhne nur schwer nachvollziehbar gewesen. Zudem hätten die Lohn- und Gehaltsunterlagen nur lückenhaft vorgelegt werden
könne. Es sei deshalb anhand der gezahlten Aushilfslöhne eine Neuberechnung der Beiträge mit Erstellung entsprechender Beitragsnachweise
erfolgt. Die hieraus ermittelten Sollstellungen stellte die Antragsgegnerin den bisher gegenüber der Einzugsstelle, der Deutschen
Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (DRV KBS) - Minijobzentrale - zum Soll gestellten Beiträgen gegenüber und ermittelte
so die von ihr festgestellte Nachforderung. Da entsprechende Fehler bereits in einer vorangegangenen Betriebsprüfung aufgetreten
seien, setzte die Antragsgegnerin Säumniszuschläge fest.
Mit Widerspruch, Klage und Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat der Antragsteller vorgetragen, er habe alle Beitragsforderungen
der DRV KBS beglichen. Er hat u.a. ein Schreiben der DRV KBS vom 21.3.2012 vorgelegt, mit dem diese ihm einen Auszug seines
Kontos übersandt hat, das per 7.3.2012 ausgeglichen war. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass der Prüfbescheid vom 13.3.2012
der DRV KBS nicht vorliege. Der Antragsteller hat zudem die Auffassung vertreten, dass die DRV KBS auf nicht von ihr eingezogene
Beiträge verzichtet habe.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt und ausgeführt, es fehle am Anordnungsgrund. Im Obsiegensfall
in der Hauptsache erhalte der Antragsteller nicht nur den Erstattungsbetrag, sondern Zinsen. Ob die Klage in der Hauptsache
begründet sei, werde das Gericht durch Abgleich der Meldungen und Ermittlung der zutreffenden Zahlen feststellen. Die Mitteilungen
der DRV KBS zu den Kontoständen beruhten auf den Meldungen, deren Richtigkeit gerade umstritten sei. Fehlerhafte Abbuchungen
im Einzugsverfahren begründeten keinen Verzicht der Einzugsstelle auf gesetzlich begründete Beitragsforderungen. Das SG hat zudem den Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren auf 790,63 Euro festgesetzt (Beschluss v. 2.4.2012).
Am 3.4.2012 hat der Antragsteller zur Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen die Nachforderung einschließlich Säumniszuschlägen
sowie unter Berücksichtigung eines Verrechnungsbetrages von 210,57 Euro (Auskunft der DRV KBS an den Senat vom 3.7.2012) gezahlt.
Mit der am 2.5.2012 erhobenen Beschwerde beruft er sich weiterhin darauf, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Bescheides vom 13.3.2012. Zudem macht er geltend, der Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren sei lediglich
auf einen Bruchteil der Hauptsacheforderung festzusetzen. Insoweit hat das SG der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfeentscheidung v. 25.5.2012).
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
unter Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 2.4.2012 1. die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen
den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.3.2012 anzuordnen 2. die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides vom 13.3.2012 anzuordnen
3. den Streitwert auf höchstens ein Viertel der Hauptsacheforderung festzusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, mangels Fehlens eines Anordnungsgrundes komme es auf das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht
an. Im Übrigen bestünden an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 13.3.2012 keine ernstlichen Zweifel. Sie habe im Rahmen
der Betriebsprüfung Differenzen zwischen den Sollstellungen der Einzugsstelle und den aus den Lohnunterlagen ermittelten Beitragsfälligkeiten
festgestellt. Demgegenüber sei es nicht ihre Aufgabe, die vom Arbeitgeber geleisteten Zahlungen mit dem korrekten Beitragssoll
abzugleichen. Dies sei Aufgabe der Einzugsstelle.
Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens S 23 R 482/12 SG Köln beigezogen, in denen sich eine von der Antragsgegnerin vorgelegte Stellungnahme ihrer Betriebsprüferin befindet.
Diese hat ausgeführt, im Rahmen eines Telefonats habe eine Sachbearbeiterin der DRV KBS die Richtigkeit der ihr in der Prüfhilfe
übermittelten Sollstellungen bestätigt. Dies bestreitet der Antragsteller mit Nichtwissen. Der Senat hat weiter den Verwaltungsvorgang
der Antragsgegnerin beigezogen sowie eine Auskunft der DRV KBS vom 3.7.2012 eingeholt, auf deren Inhalt jeweils Bezug genommen
wird.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des SG wendet, den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen. Lediglich der Streitwert ist abweichend von dem Beschluss des
SG festzusetzen.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht
zulässig wäre. Nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des bei einer Klage, die eine Geldleistung
oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Auch Beitragsforderungen sind Geldleistungen
im Sinne dieser Bestimmungen, und zwar einschließlich der darauf entfallenden Säumniszuschläge vgl. BSG, Beschluss v. 28.1.1999, B 12 KR 51/98 B, SozR 3-1500 § 144 Nr. 16). Da die Beitragsforderung der Antragsgegnerin insgesamt 750 Euro übersteigt, ist die Beschwerde
statthaft.
2. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des
Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.3.2012 zulässig.
a) Richtige Antragsart ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG. Da der einstweilige Rechtsschutz nach §
86b Abs.
1 SGG gegenüber demjenigen nach Abs.
2 vorrangig ist (vgl. Wortlaut des §
86b Abs.
2 SGG), kommt ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG, für den die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und -grundes erforderlich wäre, nicht in Betracht.
b) Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers ist durch seine vollständige Zahlung auf die Beitragsforderung der Antragsgegnerin
vom 3.4.2012 nicht entfallen. Zwar hat die DRV KBS mitgeteilt, dass das Beitragskonto des Antragstellers nunmehr auch eingedenk
der Forderung aus dem Bescheid vom 13.3.2012 ausgeglichen sei und daher Vollstreckungsmaßnahmen nicht beabsichtigt seien.
Dem Vorbringen des Antragstellers ist jedoch zu entnehmen, dass er nur zur Abwendung derartiger Vollstreckungsmaßnahmen gezahlt
hat. Eine derartige Zahlung lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht entfallen,
zumal die erbrachten Leistungen nach §
86b Abs.
1 Satz 2
SGG gegebenenfalls zurückgezahlt werden müssten.
3. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
a) Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich
etwaiger Säumniszuschläge. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet
wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen
Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die
Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge
hätte.
Da §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest
überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise
noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt
der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v.
7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER, [...] sowie ArbuR 2012, 271; jeweils m.w.N.).
b) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen
Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 13.3.2012.
aa) Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines Prüfbescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5
SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Prüfungsgegenstand sind die Meldepflichten
und die sonstigen Pflichten der Arbeitgeber, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, insbesondere
die Richtigkeit der Beitragszahlungen (§ 28p Abs. 1 Satz 1
SGB IV). Die Beitragszahlung des Arbeitgebers erfolgt dabei an die Einzugsstelle (§
28e Abs.
1 Satz 1
SGB IV). Der Arbeitgeber hat auch die Höhe der von ihm zu zahlenden Beiträge zu berechnen und hierüber Beitragsnachweise zu erstellen
(§
28f Abs.
3 Satz 1
SGB IV), die als Leistungsbescheid der Einzugsstelle gelten (§
28f Abs.
3 Satz 3
SGB IV). Die Richtigkeit dieser Beitragsberechnung wird in der Betriebsprüfung kontrolliert, nicht dagegen, ob die errechneten Beiträge
auch vollständig gezahlt worden sind. Insoweit verbleibt es vielmehr allein bei der Zuständigkeit der Einzugsstellen.
bb) Ausgehend hiervon hat die Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Bescheid beanstandet, dass der Antragsteller die von ihm
richtigerweise zu zahlenden Beiträge unzutreffend berechnet habe. Diesen Feststellungen ist der Antragsteller nicht substantiiert
entgegengetreten. Es ist auch sonst derzeit nicht erkennbar, inwieweit sie unzutreffend sein sollen. Dementsprechend ist im
Rahmen der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid in der Hauptsache als rechtswidrig erweisen wird. Soweit der Antragsteller
vorträgt, die DRV KBS habe ihm mit Schreiben vom 21.3.2012 ein per 7.3.2012 ausgeglichenes Konto bescheinigt, rechtfertigt
dies keine andere Beurteilung. Zum einen kann die DRV KBS den Zahlungseingang nur auf der Grundlage der vom Antragsteller
erstellten Beitragsnachweise beurteilen, ohne dabei zu überprüfen, ob die Beiträge richtig berechnet worden sind. Zum anderen
war der DRV KBS der Prüfbescheid vom 13.3.2012 mit den darin festgesetzten Nachforderungen bei Abfassung des Schreibens vom
21.3.2012 noch nicht bekannt.
cc) Gesichtspunkte, die einer Durchsetzung der Nachforderung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Nach der geschilderten
Systematik ist es ausgeschlossen, in der unterlassenen Geltendmachung weiterer Beitragsforderungen durch die Einzugsstelle
einen Forderungsverzicht zu sehen.
dd) Gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen bestehen nach der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage keine Bedenken.
ee) Aus den genannten Gründen ist auch die beantragte Aufhebung der Vollziehung nicht anzuordnen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß §
197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat,
Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, [...]) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R, jeweils [...] und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen. Gleichzeitig wird die Streitwertfestsetzung erster Instanz von
Amts wegen geändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
5. Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).