Beitragspflicht zur Sozialversicherung
GmbH-Geschäftsführer
Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung
Ausübung von Arbeitgeberfunktionen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über
die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund einer Tätigkeit als
Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in dem Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012.
Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), wurde mit notariellem Vertrag vom 9.1.2009 (UR-Nr. 6/2009
des Notars E, Q) gegründet und am 30.1.2009 in das Handelsregister eingetragen (Amtsgericht [AG] J - HRB 000). Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält auszugsweise folgenden Inhalt:
§ 2
Gegenstand des Unternehmens
Gegenstand des Unternehmens ist die Vermietung von Autokranen und Hubbühnen.
§ 3
Stammkapital und Geschäftsanteile
1. Das Stammkapital beträgt EUR 25.000,-
( ...).
2. Von dem Stammkapital übernimmt
Herr L E eine Stammeinlage von 12.750,00 EUR.
Diese Stammeinlage trägt die Nr. 1.
Herr T E eine Stammeinlage von 12.250,00 EUR.
Diese Stammeinlage trägt die Nr. 2.
3. ( ...)
§ 5
Geschäftsführung und Vertretung
1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft
allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch
einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
2. Die Gesellschafter können Geschäftsführer durch Beschluss zur Einzelvertretung ermächtigen und von den Beschränkungen des
§
181 BGB befreien.
§ 6
Gesellschafterversammlung
Beschlüsse der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn das Gesetz nicht zwingend
eine höhere Mehrheit vorschreibt.
Auf 50,00 EUR Geschäftsanteile entfällt eine Stimme.
Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Klägerin Bezug genommen.
Der am 00.00.1985 geborene, nach eigenem Bekunden über eine Ausbildung zum Straßenbaumeister verfügende Beigeladene zu 1)
wurde mit - gleichfalls am 30.1.2009 in das Handelsregister eingetragenem - Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 9.1.2009
zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des §
181 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) befreiten Geschäftsführer der Klägerin bestellt.
Unter dem 9.1.2009 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen als solchen bezeichneten "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag"
(AnstV) mit im Wesentlichen folgenden Regelungen:
§ 1
Tätigkeit und Vertragsdauer
(1) Herr T E ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 09.01.2009 mit Wirkung vom 09.01.2009 zum Geschäftsführer
der E Autokran GmbH bestellt worden. Er beginnt seine Tätigkeit ab 09.01.2009.
(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
(3) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und dieses Vertrages.
§ 2 Kündigung
(1) Dieser Vertrag kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden.
(2) Eine außerordentliche Kündigung ist aus wichtigem Grund möglich.
(3) ( ...)
§ 3 Vertretung und Geschäftsführung/Sorgfaltspflichten
(1) Der Geschäftsführer vertritt die GmbH gerichtlich und außergerichtlich und führt die Geschäfte. Er ist alleinvertretungs-
und alleingeschäftsführungsberechtigt.
(2) Einschränkungen ergeben sich durch Gesetz, Satzung, Dienstvertrag oder Beschlüsse der Gesellschafter.
(3) Der Geschäftsführer hat alle Geschäfte der GmbH mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes durchzuführen.
§ 4 Arbeitszeit
Die Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen und ist vom Geschäftsführer in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich
zu gestalten.
§ 5 Bezüge
Der Geschäftsführer erhält für eine Tätigkeit eine jährliche Vergütung von 48.000,00 Euro brutto. Bis zum 31.12.2010 erhält
er keine Bezüge.
§ 6 Urlaub
Der Geschäftsführer erhält einen Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen jährlich.
Der Urlaub kann auch in Teilabschnitten genommen werden und dient ausschließlich der Erholung. Bei der Wahl des Urlaubs hat
der Geschäftsführer auf die betrieblichen Belange Rücksicht zu nehmen.
§ 7 Gehaltszahlung bei Krankheit und Tod
(1) Arbeitsverhinderung hat der Geschäftsführer dem Arbeitgeber unverzüglich unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen
Dauer mitzuteilen.
§ 8 Dienstwagen, Dienstreisen
(1) Die dem Geschäftsführer durch seine Tätigkeit entstehenden Reisespesen werden ihm gegen monatliche Abrechnung erstattet.
Für die Erstattung von Kosten gelten die allgemeinen Reisekostenrichtlinien der Firma, die insoweit Bestandteil dieses Vertrages
sind.
( ...)
§ 10 Selbstkontrahierung
Der Geschäftsführer ist vom Selbstkontrahierungsverbot gem. §
181 BGB befreit.
( ...)
§ 12 Sonstige Vereinbarungen
(1) Nichtigkeit oder Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen dieses Vertrages berühren die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen
nicht. Sie haben nicht die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge. Die unwirksamen oder nichtigen
Bestimmungen sind so umzudeuten, dass der mit ihnen beabsichtigte wirtschaftliche Zweck erreicht wird. Ist eine Umdeutung
nicht möglich, sind die Vertragschließenden verpflichtet, eine Vereinbarung zu treffen, die dem wirtschaftlichen Zweck der
unwirksamen oder nichtigen Bestimmungen möglichst nahe kommt.
(2) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Auf dieses Schriftformerfordernis kann nur durch
schriftliche Erklärung der Vertragsteile verzichtet werden.
Mit einer ersten Änderungsvereinbarung vom 1.1.2011 wurde § 5 AnstV dahingehend geändert, dass dem Beigeladenen zu 1) bis
zum 31.12.2011 keine Bezüge gezahlt wurden.
Nachdem die Gesellschafterversammlung der Klägerin mit am 2.1.2012 in das Handelsregister eingetragenem Beschluss vom 14.12.2011
Herrn L E, dem Vater des Beigeladenen zu 1), Einzelprokura erteilt hatte, wurden aufgrund der am 30.12.2011 unterzeichneten
zweiten Änderungsvereinbarung die Regelungen des AnstV vom 9.1.2009 mit Wirkung ab dem 1.1.2012 abermals wie folgt geändert:
§ 5 Bezüge
Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit
1) ein festes Jahresbruttogehalt von 48.000,- EUR, das in zwölf gleichen Monatsraten jeweils am Monatsende zu zahlen ist.
Im Falle von Krankheit erfolgt eine Gehaltsfortzahlung an den Geschäftsführer bis zu drei Monaten. Wird der Geschäftsführer
auf Dauer unverschuldet an der Ausübung seiner Dienste verhindert sein, die nicht Folge einer leichtsinnigen unverantwortlichen
Selbstgefährdung ist, so behält er gleichwohl einen Gehaltsanspruch für die Dauer von drei Monaten nach dem Eintritt des Verhinderungsfalles.
2) ferner eine Gewinntantieme in Höhe von 10 % der im nachfolgenden § 5.1 genannten Bemessungsgrundlage, jedoch höchstens
25 % der Gesamtbezüge und aller sonstigen Leistungen. Sofern weitere vertretungsberechtigte Geschäftsführer/Prokuristen bestellt
sind, dürfen die Gesamttantiemen aller geschäftsführenden Personen 50 % der im nachfolgenden § 5.1 genannten Bemessungsgrundlage
nicht überschreiten.
Durch die Vergütungen sind sämtliche Ansprüche auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder Mehrarbeit abgegolten.
Der Geschäftsführer erhält Ersatz für alle Auslagen und Spesen, die durch Geschäftsreisen und sonstige Aufwendungen im Interesse
der Gesellschaft entstehen. Soweit nach den steuerlichen Vorschriften zulässigen Pauschbeträgen abgerechnet wird, hat der
Geschäftsführer Anspruch auf die steuerlich höchst zulässigen Spesensätze.
Der Geschäftsführer hat Anspruch auf Gestellung eines gesellschaftseigenen Pkw der gehobenen Mittelklasse. Sämtliche Betriebskosten
trägt die Gesellschaft.
Das Kfz darf er sowohl für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als auch für private Zwecke benutzen. Die auf diesen
geldwerten Vorteil entfallende Steuer trägt der Geschäftsführer.
§ 5.1 Tantieme
1) Für die Berechnung der Tantieme wird der Jahresüberschuss, der sich vor Abzug der Gewinntantieme für die Geschäftsführer
und der als Aufwand verbuchten ertragsabhängigen Steuern (Körperschaft- und Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag) sowie nach
Verrechnung mit bestehenden Verlustvorträgen, die auf Vorjahre zurückgehen, für die eine Tantiemevereinbarung mit dem Geschäftsführer
bestand, zugrunde gelegt. Gewinnabhängige Rückstellungen und Verbindlichkeiten (insbesondere für Körperschaft- und Gewerbesteuer),
laufende Rücklagen (die nach Gesetz oder nach der Satzung aus dem Jahresüberschuss in laufende Rücklagen einzustellen sind)
sowie steuerliche Sonderabschreibungen und der gebildete Investitionsabzugsbetrag mindern die Bemessungsgrundlage nicht. Ausgleichend
hierzu findet die spätere gewinnerhöhende Auflösung von Rücklagen und anderen Bilanzpositionen, deren Bildung zuvor auf die
Bemessungsgrundlage keinen Einfluss hatte, für die Berechnung der Tantieme keine Berücksichtigung. Das Gleiche gilt für Zuschüsse
oder Zulagen der öffentlichen Hand.
2) Eine nachträgliche Korrektur des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns (Erhöhung oder Minderung), insbesondere aufgrund
abweichender steuerlicher Veranlagung, die zugleich auch eine Änderung des Jahresüberschusses oder des Verlustvortrages bewirkt,
führt zu einer Neuberechnung der Bemessungsgrundlage nach 1) und somit der Tantieme. Im Falle der Überzahlung hat der Geschäftsführer
die Beträge der GmbH zu erstatten.
3) Für den Fall, dass der Geschäftsführer während des Geschäftsjahres in seine Funktion eintritt oder aus dieser Funktion
ausscheidet, hat er nur Anspruch auf eine entsprechende zeitanteilige Tantieme.
4) Die Gewinntantieme ist unmittelbar nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig.
Dies gilt auch, wenn ein wirksamer Feststellungsbeschluss nicht zustande kommt.
5) Wird der Vertrag aus wichtigem Grund von einem der Parteien gekündigt, so entfällt für das Jahr der Kündigung die Gewinntantieme.
6) Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung des Geschäftsführers wird das Festgehalt für die Dauer
von drei Monaten fortgezahlt. Die Gewinntantieme ist in einem solchen Fall zu kürzen, sofern der Geschäftsführer sechs Monate
im Kalenderjahr ununterbrochen seine Dienstgeschäfte nicht wahrnehmen konnte. Die Kürzung beträgt ein Zwölftel für jeden vollen
Verhinderungsmonat.
7) Im Todesfall wird dem Geschäftsführer das Festgehalt auf die Dauer von drei Monaten nach dem Todesmonat sowie die zeitanteilige
Tantieme an seinen Ehegatten fortgezahlt. Das Gleiche gilt, wenn der Ehegatte bereits verstorben, der Geschäftsführer jedoch
ehelichen Kindern gegenüber zum Zeitpunkt des Todes noch unterhaltspflichtig ist.
Die ursprünglich in § 8 AnstV enthaltene Regelung wurde zugleich aufgehoben.
Mit notariellem Schenkungs- und Anteilsabtretungsvertrag vom 30.8.2012 (UR-Nr. 444/2012 des Notars E, Q) übertrug Herr L E
seine zuvor getragene Stammeinlage "rückwirkend zum 1.1.2012" auf den Beigeladenen zu 1).
Mit bei der Beklagten am 22.3.2012 eingegangenem Statusfeststellungsantrag beantragte der Beigeladene zu 1) die Klärung des
sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin. In dem Formularantrag,
auf dessen Inhalt wegen der weiteren Angaben Bezug genommen wird, erklärte er u.a., nicht in der Lage zu sein, durch vertragliche
Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern zu können (Ziffer 2.9 des Formularfragebogens v. 19.3.2012).
Neben ihm verfüge sein Vater über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse (Ziffer 2.13 des
Formularfragebogens).
Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (Schreiben v.26.6.2012) traf die Beklagte mit - an die Klägerin und
den Beigeladenen zu 1) adressierten - Bescheiden vom 25.7.2012 Feststellungen zum versicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen
zu 1). In dem der Klägerin bekannt gegebenen Bescheid stellte die Beklagte im Verfügungssatz wörtlich fest:
"( ...) die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status hat ergeben, dass die Tätigkeit von T E als Gesellschafter-Geschäftsführer
bei der E Autokran GmbH seit dem 01.01.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.
In dem Beschäftigungsverhältnis besteht Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung.
Die Versicherungspflicht beginnt am 01.01.2012."
Für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - spreche der
Abschluss eines gesonderten, die Mitarbeit des Beigeladenen zu 1) in der Gesellschaft regelnden Arbeitsvertrages, die Zahlung
einer regelmäßigen Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR sowie die fehlende Rechtsmacht des Beigeladenen zu 1), die Geschicke
der Klägerin maßgeblich zu beeinflussen. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller zur Beurteilung der Tätigkeit maßgeblicher
Indizien, komme den für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmalen, namentlich der Beteiligung des Beigeladenen zu
1) am Stammkapital der Gesellschaft, der nach den Angaben der am Auftragsverhältnis Beteiligten fehlenden Weisungspraxis hinsichtlich
Art, Ort und Zeit der Tätigkeit sowie der indirekten Gewinnbeteiligung des Beigeladenen zu 1) am Stammkapital der Gesellschaft,
keine überwiegende Bedeutung zu.
Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) beginne am 1.1.2012. Eine Verschiebung des Eintritts der Versicherungspflicht
in Anwendung des §
7a Abs.
6 SGB IV komme nicht in Betracht, da der Antrag auf Feststellung des versicherungsrechtlichen Status nicht innerhalb eines Monats
nach Aufnahme der Beschäftigung, sondern erst am 22.3.2012 gestellt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 24.8.2012 Widerspruch. Sie verwies zur Begründung auf die mit notariellem Vertrag
vom 30.8.2012 erfolgte Übertragung der Geschäftsanteile durch den vormaligen Mehrheitsgesellschafter auf den Beigeladenen
zu 1). Ungeachtet der rückwirkenden Übertragung der Stammkapitalanteile zum 1.1.2012 sei von einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) nicht auszugehen. Letzterer sei bereits in einem früheren Tiefbauunternehmen
seines Vaters "in führender Position beschäftigt" gewesen und habe die Meisterprüfung abgelegt. Er habe sich gegen die Übernahme
des Tiefbauunternehmens seines Vaters entschieden und mit der Gründung der Klägerin sein eigenes Unternehmen entwickelt. Der
ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter habe mangels eigener fachlicher Kompetenz zur Führung der Klägerin lediglich eine finanzielle
Unterstützung in Gestalt erheblicher Bürgschaften geleistet. Die Mehrheitsbeteiligung am Stammkapital der Klägerin sei allein
aufgrund eines dahingehenden Verlangens der Darlehensgeber erfolgt. Ungeachtet der überwiegenden Stammkapitalbeteiligung sei
zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter indessen "unwiderruflich" vor Zeugen mündlich vereinbart
worden, dass sich Letzterer "in jeder Hinsicht, d.h. sowohl operativ als auch beratend" aus der Führung der Gesellschaft heraushalte.
Hierbei habe der vormalige Mehrheitsgesellschafter auch erklärt, er werde - im Falle einer Inanspruchnahme als Bürge - die
Sicherungsleistung von einer etwaigen dem Beigeladenen zu 1) zugedachten Erbschaft in Abzug bringen.
An diese mündliche Vereinbarung habe sich der Mehrheitsgesellschafter gehalten und sich zu keinem Zeitpunkt in die Geschäfte
der Klägerin eingebracht, weshalb der Beigeladene zu 1) in der Gesellschaft habe "schalten und walten" können wie der Mehrheitsgesellschafter.
Überdies habe der Beigeladene zu 1) wegen der bei ihm monopolisierten Branchenkenntnisse faktisch weisungsfrei agieren können.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1) aus Gründen familiärer Rücksichtnahme keinerlei Weisungen unterworfen
worden sei. Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit sprächen schließlich die Einräumung einer Alleinvertretungsberechtigung
des Beigeladenen zu 1), die ihm erteilte Befreiung von den Beschränkungen des §
181 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) sowie die anstellungsvertraglich vereinbarte Gewährung einer Tantieme.
Mit - an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten - Bescheiden vom 20.9.2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom
25.7.2012 für die Zeit ab dem 30.8.2012 zurück und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1) seither nicht im Rahmen eines
abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin tätig werde. Es bestehe "daher" ab dem 30.8.2012 keine Versicherungspflicht
als abhängig Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid v. 13.3.2013). Auf
den Inhalt des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.
Mit der am 14.4.2013 zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren unter Vertiefung ihrer vorprozessualen Ausführungen weiterverfolgt.
Das gesellschaftsvertraglich statuierte Mitspracherecht des vormaligen Mehrheitsgesellschafters sei kraft mündlicher Vereinbarung
ausdrücklich abbedungen worden. Die Zulässigkeit der zwischen dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter und dem Beigeladenen
zu 1) getroffenen Nebenabrede habe das Bundessozialgericht (BSG) zuletzt in einer Entscheidung vom 2.3.2010 (B 12 R 5/09 R) betont, wonach im Zusammenhang mit Entgeltumwandlungen eine Änderung des Arbeitsvertrages nicht der Schriftform bedürfe.
Selbst wenn die Abänderung eines Arbeitsvertrages unter dem Vorbehalt eines Schriftformerfordernisses stehe, könne eine solche
Regelung mündlich abbedungen werden.
Für die Annahme einer Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) spreche darüber hinaus, dass die Stammkapitalanteile des ursprünglichen
Mehrheitsgesellschafters zeitnah auf ihn übertragen worden seien, ohne dass dieser hierfür eine Gegenleistung beansprucht
habe. Ungeachtet der vormaligen Stimmenmehrheit sei dem Mehrheitsgesellschafter durch die Vereinbarung, die dieser und der
Beigeladene zu 1) übereinstimmend als "unwiderruflich" bezeichnet hätten, gehindert gewesen, sich in die Geschäfte der Klägerin
einzumischen und deren Geschicke zu gestalten.
Im Laufe des erstinstanzlichen Klageverfahrens hat die Klägerin zum behaupteten Abschluss der zwischen dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter
und dem Beigeladenen zu 1) getroffene Übereinkunft vorgetragen, diese Abrede stelle eine nicht formbedürftige Stimmbindungsvereinbarung
dar, welche auch statusrechtlich relevant sei und eine Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) begründe (Schriftsätze v. 15.7.2013
und 11.9.2013).
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 25.7.2012 und 20.9.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 aufzuheben,
Selbständigkeit des T E für diesen Zeitraum festzustellen und der Beklagten die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen und ausgeführt, dass das BSG in seiner aktuellen Rechtsprechung die abstrakte Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers betone. Soweit die Klägerin
den Abschluss einer Stimmbindungsvereinbarung behaupte, verschiebe eine solche die Rechtsmacht nicht maßgeblich, da etwaige
Gesellschafterbeschlüsse ungeachtet eines etwaigen Verstoßes gegen eine schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung wirksam
blieben.
Mit Urteil vom 12.5.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2012 und den Bescheid vom 20.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2012
teilweise aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) für die Zeit vom 1.1.2012 bis
zum 29.8.2012 in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin selbständig tätig gewesen ist. Auf die Entscheidungsgründe
wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 19.6.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.6.2015 schriftlich Berufung zum Landessozialgericht (LSG)
Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie meint, in dem angefochtenen Bescheid eine den Anforderungen des BSG zum Inhalt und Umfang der Statusfeststellung nach §
7a SGB IV genügende Feststellung über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses getroffen zu haben. Dieses folge auch aus einer
Entscheidung des BSG vom 11.11.2015 (B 12 KR 14/10 R), in welchem ein dahingehender behördlicher Ausspruch höchstrichterlich nicht ausdrücklich beanstandet worden sei.
Die Annahme des SG, der vormalige Mehrheitsgesellschafter habe sich allein wegen der behaupteten mündlichen Stimmbindungsvereinbarung in den
Entscheidungsprozess der Klägerin nicht eingebracht, sei lebensfremd. Hiergegen spreche auch die Erklärung des Beigeladenen
zu 1) in dem Formularantrag, wonach er Beschlüsse der Gesellschafterversammlung durch Sonderrechte weder herbeiführen noch
verhindern könne. Diese Bekundung verdeutliche, dass selbst der Beigeladene zu 1) von einer fehlenden Steuerungsmacht innerhalb
der Gesellschaft ausgegangen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.5.2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt ergänzend vor, das BSG habe in den Entscheidungen vom 11.11.2015 den Indizcharakter von Stimmbindungsvereinbarungen anerkannt.
Die Feststellung einer Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) durch die Beklagte verletze zudem berechtigtes Vertrauen.
Die Entscheidungen des BSG vom 29.8.2012 beinhalteten eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung. Im Hinblick darauf, dass das BSG in einer Entscheidung vom 16.12.2015 (B 12 R 11/14 R) erwogen habe, einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung Vertrauensschutz im Sinne eines Rückwirkungsverbots
beizulegen, müsse auch im vorliegenden Fall über die Gewährung von Vertrauensschutz entschieden werden.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat einen Versicherungsverlauf des Beigeladenen zu 1) sowie die von der Klägerin erwähnten Darlehensverträge und
Bürgschaftsurkunden beigezogen. Aus den Darlehensverträgen folgt, dass die E Verwaltungs GmbH, an der der Beigeladene zu 1)
nicht beteiligt ist, sowie der vormalige Mehrheitsgesellschafter der Klägerin diverse Darlehen gewährt haben. Auf den Inhalt
der Darlehensverträge wird Bezug genommen.
Ausweislich der zu den Gerichtsakten gereichten Bürgschaftsurkunden hat der vormalige Mehrheitsgesellschafter zudem verschiedene
Bürgschaftserklärungen abgegeben. Der Beigeladene zu 1) hat nach dem Inhalt dieser Vereinbarungen keine Forderungen Dritter
gesichert. Auf den Inhalt der Bürgschaftsurkunden wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Schließlich hat der Senat eine an die Klägerin adressierte Abschlussmitteilung vom 6.5.2013 betreffend eine Betriebsprüfung
(§ 28p Abs. 1
SGB IV) der Beigeladenen zu 2) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. In dieser heißt es auszugsweise:
"2. Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung und deren Auswirkungen:
Es handelt sich um eine GmbH.
Die versicherungsrechtliche Beurteilung der im Betrieb beschäftigten Gesellschafter/Geschäftsführer war nicht Bestandteil
der Betriebsprüfung, da hier gegen den Bescheid der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezüglich der Feststellungen
von Versicherungspflicht des Gesellschafters/Geschäftsführers Herrn T E, ab 01.01.2012 Rechtsmittel eingelegt worden ist.
( ...)."
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 22.6.2016, zu dem trotz ordnungsgemäßer Ladung Vertreter der Beigeladenen
zu 2) bis 5) nicht erschienen sind, hat der Senat den Beigeladenen zu 1) persönlich befragt. Zum Inhalt der behaupteten mündlichen
Vereinbarung mit dem Vater hat er präzisierend bekundet, er gehe nicht davon aus, dass sein Vater von "operativen" Entscheidungen
innerhalb der Klägerin gesprochen habe, aus denen er sich heraushalte. In der Sache treffe dies aber zu. Sein Vater habe erklärt,
er würde sich nicht in das Unternehmen einmischen. Es sei auch richtig gewesen, dass diese Vereinbarung für immer, also unwiderruflich
habe gelten sollen.
Auf die Frage des Senates, weshalb seinem Vater Einzelprokura erteilt worden sei, hat der Beigeladene zu 1) bekundet, die
Gesellschaft habe sich im Aufbau befunden und weiter wachsen sollen. Um Personalkosten zu sparen, habe er selbst "vorne" gearbeitet.
Dieses habe dazu geführt, dass er zeitweilig mehrere Tage nicht im Haus gewesen sei. Die eingeräumte Einzelprokura habe es
ermöglicht, dass sein Vater während seiner Abwesenheit Verträge habe signieren können. Dies habe seine Arbeit sehr erleichtert.
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und dem Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er in den ordnungsgemäßen
Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
I. Die am 29.6.2015 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen eingegangene Berufung der Beklagten gegen das ihr am 19.6.2015 zugestellte
Urteil ist zulässig, insbesondere gemäß §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne gerichtliche Zulassung statthaft und form- und fristgerecht (§§
151 Abs.
1, Abs.
3,
64 Abs.
1, Abs.
2, §
63 SGG) eingelegt worden.
II. Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten
vom 25.7.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne
des §
54 Abs.
2 SGG. Die Beklagte ist für den streitbefangenen Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 in formell nicht zu beanstandender Weise
zu der materiell zutreffenden Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gelangt.
1. Gemäß §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle
oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung
eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV die Beklagte (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV).
a) An einer Feststellung der Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung war die Beklagte nicht deshalb
formell gehindert, weil ein anderer Versicherungsträger bereits ein "Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet"
hatte. Es ist nicht erkennbar, dass im Zeitpunkt der Beantragung der Statusfeststellung am 22.3.2012 bereits ein anderer Versicherungsträger
mit der Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in dem streitigen Auftragsverhältnis befasst war. Die
mit Prüfungsmitteilung vom 6.5.2013 abgeschlossene Betriebsprüfung (§ 28p
SGB IV) der Beigeladenen zu 2) war im Zeitpunkt der Statusfeststellung erkennbar noch nicht eingeleitet; die Prüfung hatte im Übrigen
ausweislich des Inhalts der beigezogenen Abschlussmitteilung eine Klärung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1)
gerade nicht zum Gegenstand.
b) Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil die Beklagte eine von der Ermächtigungsgrundlage des
§
7a Abs.
1 SGB IV nicht gedeckte isolierte Feststellung über das bloße Tatbestandselement eines Beschäftigungsverhältnisses getroffen hätte.
aa) Das BSG hat mit Urteil vom 11.3.2009 (B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2) Folgendes ausgeführt (Rdnr. 16 f.): Als bloßes Tatbestandselement sei das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen
einer Beschäftigung im Einzelfall einer isolierten Bestätigung durch einen feststellenden Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch
Zehntes Buch [SGB X]) grundsätzlich nicht zugänglich. Systematisch ergebe sich dies aus den dem Statusfeststellungsverfahren
gleichwertigen Verfahren der Einzugsstellen (§
28h Abs.
2 Satz 1
SGB IV) und der Träger der Rentenversicherung als Prüfstellen (§ 28p Abs. 1 Satz 5
SGB IV), die ausdrücklich jeweils nur zu einer Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter, nicht aber des Vorliegens
einer Beschäftigung ermächtigt seien. In Übereinstimmung hiermit eröffne auch §
7a SGB IV als Regelung im Rahmen der Beschäftigtenversicherung den Weg nur zu einer unselbständigen Feststellung des Vorliegens einer
abhängigen Beschäftigung aus Anlass und im Zusammenhang der umfassenden Prüfung der Voraussetzungen von Versicherungspflicht
bzw. Versicherungsfreiheit.
Die Feststellung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens einer Beschäftigung ist demnach keine der Bestandskraft (§
77 SGG) fähige eigenständige Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Soweit die Beklagte in ihren Bescheiden nach §
7a SGB IV eine solche "Feststellung" trifft, handelt es sich der Sache nach lediglich um ein (unselbständiges) Begründungselement der
Entscheidung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von Versicherungspflicht.
Diese Rechtsprechung hat das BSG in der Folgezeit mehrfach bestätigt (Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, USK 2009-72; Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 31/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 3; Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125; Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, USK 2013-171; Urteil v. 5.3.2014, B 12 R 7/12 R, SozR 4-1300 § 13 Nr. 2; Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, USK 2015-21; Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25). Soweit das BSG in diesen Entscheidungen - im Laufe des Verfahrens geänderte - Bescheide der Beklagten unbeanstandet gelassen hat, war -
ausgehend von den jeweils wiedergegebenen Inhalten dieser Bescheide - in einem Verfügungssatz jeweils das Bestehen von Versicherungspflicht
aufgrund einer (ggf. näher bezeichneten) Beschäftigung festgestellt worden.
bb) Abweichend davon hat die Beklagte - ungeachtet der ihr übertragenen Aufgabe der Rechtsvereinheitlichung (vgl. BT-Drucks.
14/1855, S. 7) in einer unterschiedlichen Tenorierungspraxis - in anderen Fällen in zwei getrennten Verfügungssätzen zunächst
das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses und sodann die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Versicherungspflicht
festgestellt. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Diese Bescheide hat der erkennende Senat bislang vom maßgeblichen
objektiven Empfängerhorizont (§
133 BGB analog) dahingehend ausgelegt, dass die Beklagte mit dem ersten Verfügungssatz entgegen der Rechtsprechung des BSG die selbständige Feststellung einer abhängigen Beschäftigung anstrebe. Im Hinblick darauf hat der Senat diese Feststellung
in mehreren Entscheidungen aufgehoben (Urteil v. 3.9.2014, L 8 R 55/13; Urteil v. 22.10.2014, L 8 R 863/13; Urteil v. 10.12.2014, L 8 R 259/14; jeweils [...]).
cc) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob - wie die Beklagte meint - das BSG in seiner Entscheidung vom 11.11.2015 (B 12 KR 10/14 R) diese (auch) im vorliegenden Fall geübte Tenorierungspraxis als in Übereinstimmung mit seiner Rechtsprechung stehend gebilligt
hat. Zutreffend ist insoweit zwar, dass das BSG in diesem Urteil die Klage gegen einen aus zwei Verfügungssätzen zusammengesetzten, im ersten Satz das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses
und im zweiten das Vorliegen von Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung feststellenden Bescheides
abgewiesen hat. Es hat sich aber andererseits mit der Frage, ob der erste Satz eine unzulässige Elementenfeststellung beinhaltet,
nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Darauf kommt es aber auch nicht maßgeblich an. Ausschlaggebend ist allein, dass das
BSG dem Aufbau der Entscheidungsgründe nach unzweifelhaft an seinem Verständnis festgehalten hat, wonach das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses
lediglich eine unselbständige Vorfrage des Vorliegens von Versicherungspflicht ist.
dd) Angesichts dessen gewinnt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheide
die Klarstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 9.5.2016 an Bedeutung, wonach sie die Rechtsprechung des BSG aus der Grundsatzentscheidung v. 11.3.2009 (a.a.O.) uneingeschränkt umzusetzen gewillt ist. Sie hat insoweit bekräftigt,
den vom BSG in der Entscheidung vom 11.3.2009 (B 12 R 11/07 R) statuierten Anforderungen zum Inhalt und Umfang der Statusfeststellung nach §
7a SGB IV entsprechen zu wollen. Auch wenn es sich bei dieser Erklärung um einen Umstand handelt, der außerhalb der Bescheide liegt,
ist der Senat nicht gehindert, ihn bei der Auslegung der Bescheide zu berücksichtigen, zumal entgegenstehende schutzwürdige
Interessen der Adressaten nicht erkennbar sind (vgl. BVerwG, Urteil v. 27.6.2012, 9 C 7/11, NVwZ 2012, 1413 ff.).
Auf dieser Grundlage ist der angefochtene Bescheid dahingehend auszulegen, dass die Beklagte das Bestehen von Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Kranken- und Renten-, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellend
regeln will. Soweit sie darüber hinaus das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen
zu 1) festgestellt hat, handelt es sich um eine unselbständige, nicht der Bestandskraft fähige Feststellung des Vorliegens
einer von mehreren Voraussetzungen für Versicherungspflicht. Dieser Zusammenhang zwischen den beiden Feststellungen klingt
insbesondere im Bescheid vom 20.9.2012 durch die Verwendung des Wortes "daher" deutlich an.
In dieser Auslegung steht der angefochtene Bescheid in Übereinstimmung mit der Ermächtigungsgrundlage des §
7a SGB IV und erweist sich als insoweit nicht rechtswidrig.
2. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 ist auch in
materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Zutreffend hat die Beklagte ein zur Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung führendes Beschäftigungsverhältnis
des Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 angenommen [hierzu a)]. Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit
in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung begründen, sind nicht gegeben [hierzu b)]. Die Beklagte hat den Eintritt der Versicherungspflicht
zutreffend auf den 1.1.2012 festgestellt [hierzu c)]. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) verletzt
schließlich kein geschütztes Vertrauen eines an dem Auftragsverhältnis Beteiligten [hierzu d)]. a) Personen die gegen Arbeitsentgelt
beschäftigt sind, unterliegen in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch
[SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Der Beigeladene zu 1) war vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012
bei der Klägerin gegen Entgelt im Sinne von §
14 SGB IV beschäftigt.
aa) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers
(§
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und
Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei
Diensten höherer Art - eingeschränkt und zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten
Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, [...]; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt
dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite
zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen
der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R; jeweils [...]).
Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich
Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie
es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch
zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die
tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung
rechtlich möglich ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., [...]; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12; jeweils [...]).
Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
steht (BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8 m.w.N.). Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner
Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen
ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein.
Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter
(BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter
ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse
und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG, Urt. v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, [...], Rdnr. 23). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer
mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer
Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm gegenüber nicht genehme Beschlüsse
und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann.
Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei
Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung
des Betriebes einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; vgl. insgesamt: Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, [...]).
bb) Der für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung des Beigeladenen zu 1) im Ausgangspunkt zugrunde zu legende
Anstellungsvertrag vom 9.1.2009 in seiner - für den Streitzeitraum maßgeblichen - geänderten Fassung vom 30.12.2011 trägt
wesentliche arbeitsvertragliche Züge. Dieses belegen beispielhaft die formale Bezeichnung als "Anstellungsvertrag", der vereinbarte
Anspruch auf Zahlung einer regelmäßigen Vergütung (§ 5 AnstV), der statuierte Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub in
einem Umfang von 30 Arbeitstagen jährlich (§ 6 AnstV), der Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Fall von Krankheit für
die Dauer von drei Monaten (§ 5 Abs. 1 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011) sowie die Bereitstellung eines Dienstwagens, der auch für
private Zwecke genutzt werden darf (§ 5 Abs. 2 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011).
Der Umstand, dass anstellungsvertraglich nach Maßgabe der in § 5.1 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011 enthaltenen Regelungen ein Anspruch
auf Gewährung einer Tantieme geregelt wird, entkräftet in der gebotenen Gesamtschau aller Regelungen die arbeitsvertragliche
Typik nicht. Auch wenn Regelungen zur Gewährung einer Tantieme nicht standardisiert in Arbeitsverträgen enthalten sind, finden
entsprechende Vereinbarungen gleichwohl als personalwirtschaftliches Steuerungsinstrument leistungsorientierter Vergütung
in vielen Anstellungsverträgen, insbesondere bei leitenden Arbeitnehmern, Eingang und sind daher arbeitsvertraglichen Vereinbarungen
keineswegs fremd. Entsprechendes gilt für die anstellungsvertraglich vorgesehene Lockerung der Weisungsdichte hinsichtlich
der Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1) (§ 4 AnstV).
Über den Inhalt der Änderungsvereinbarungen hinausgehende und rechtlich relevante Änderungen des "Geschäftsführer-Anstellungsvertrages"
sind nicht gegeben. Solche Abänderungen hätten nach Maßgabe der in § 12 Abs. 2 Satz 2 AnstV statuierten doppelten Schriftformklausel
zu ihrer Wirksamkeit ohnehin einer Schriftform bedurft.
cc) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Beigeladene zu 1) in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin
tatsächlich tätig geworden. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit
ausgestaltete GmbH selbst. Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen
unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rdnr. 21 m.w.N.) und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu
betrachten (vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rdnr. 18).
Der Beigeladene zu 1) hat seine Tätigkeit unter Nutzung der von der Klägerin bereitgestellten Räumlichkeiten und deren Infrastruktur
ausgeübt. Seine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin wird anstellungsvertraglich auch durch § 1 Abs. 3 AnstV unterstrichen,
wonach er die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und des Anstellungsvertrages
führt. Schließlich bestimmt § 3 Abs. 1 AnstV, dass der Beigeladene zu 1) die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich
vertritt und ihre Geschäfte führt.
dd) Der Beigeladene zu 1) hat seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer auch im Sinne des §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV nach Weisungen ausgeübt. Er besaß im Streitzeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde
Rechtsmacht, jederzeit unliebsame Entscheidungen abzuwehren.
(1) Der Beigeladene zu 1) unterlag nach §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin. Nach § 47 Abs. 1 GmbHG erfolgen die von den Gesellschaftern in der Angelegenheit der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung
nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Dieser gesetzlichen Konzeption entsprechend werden gemäß § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin Beschlüsse innerhalb
der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages
entfällt auf 50,00 EUR Geschäftsanteil eine Stimme. Aufgrund seines Gesellschaftsanteils von lediglich 49% stand dem Beigeladenen
zu 1) im Streitzeitraum daher nicht die abstrakte Rechtsmacht zu, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung jederzeit abzuwehren.
Dass mit dem notariellen Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 30.8.2012 die Anteile des Herrn E "rückwirkend zum 1.1.2012"
auf den Beigeladenen zu 1) übertragen wurden, führt jedenfalls in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht zu einer maßgeblichen
Veränderung der abstrakten Rechtsmacht. Nach der gebotenen vorausschauenden Beurteilung sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher
Tatbestände (vgl. zu diesem Erfordernis auch unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R; BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R) lassen sich die statusrelevanten tatsächlichen Umstände nicht durch eine rückwirkende Änderung der gesellschaftsvertraglichen
Verhältnisse verändern.
(2) Eine maßgebliche Rechtsmacht des Beigeladenen zu 1), Weisungen der Gesellschafterversammlung der Klägerin jederzeit wirksam
abzuwehren, ergibt sich auch nicht aus der behaupteten mündlichen Abrede mit dem ursprünglichen Mehrheitsgesellschafter, wonach
sich Letzterer aus einer "operativen und beratenden" Rolle innerhalb der Gesellschaft "heraushalten" wolle.
(a) Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, die behauptete Vereinbarung sei zugunsten einer (konkludenten)
Stimmbindungsvereinbarung auszulegen, ist diese Annahme bereits beachtlichen Zweifeln unterworfen. Begrifflich stellen Stimmbindungsvereinbarungen
rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern oder einem Gesellschafter und einem Dritten - etwa einem Geschäftsführer
- zur Ausübung des Stimmrechts dar. Der Gesellschafter verpflichtet sich hierdurch, sein Stimmrecht vereinbarungsgemäß in
einer bestimmten Weise auszuüben (Hillmann, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht 2011, § 47 GmbHG, Rdnr. 86; Wolff, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 3. Aufl. 2009 § 38 Rdnr. 82). Auch Koppensteiner/Gruber (in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rdnr. 28) versteht eine Stimmbindung als rechtsgeschäftliche Bindung zukünftigen Abstimmungsverhaltens. Schmidt (in Scholz,
GmbHG, 11. Aufl. 2011; § 47 Rdnr. 35) sieht in Stimmbindungsverträgen eine rechtsgeschäftliche Beschränkung der Stimmrechtsmacht.
Die behauptete Vereinbarung, kraft derer sich der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter der Klägerin aus einer operativen
und beratenden Rolle innerhalb der Gesellschaft herauszuhalten habe, lässt einen dahingehenden rechtlichen Bindungswillen
indessen nicht erkennen. Die vermeintliche Vertragspflicht des ursprünglichen Mehrheitsgesellschafters, sich in die Führung
der Gesellschaft nicht einzumischen, begründet nicht etwa eine Verpflichtung, das ihm gesellschaftsrechtlich zugewiesene Stimmrecht
in einer bestimmten Weise auszuüben, sondern lässt nur ein Verständnis dahingehend zu, dass sich der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter
in der Gesellschafterversammlung jeglichen Abstimmungsverhaltens, das zur Erteilung von Weisungen an den Beigeladenen zu 1)
führt, zu enthalten hat.
(b) Zu einer weitergehenden Beweisaufnahme zu dem Inhalt der behaupteten Absprachen des Beigeladenen zu 1) mit dem ursprünglichen
Mehrheitsgesellschafter der Klägerin hat der Senat sich 0,nicht gedrängt gesehen. Denn in jeder denkbaren Auslegung erweist
sich die Vereinbarung zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem Mehrheitsgesellschafter der Klägerin - ihr Vorliegen unterstellt
- als ungeeignet, die Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung der Klägerin relevant zu verändern.
Sollte sich die vereinbarungsgemäße Verpflichtung des ursprünglichen Mehrheitsgesellschafters darauf beschränkt haben, sich
jedweder Kontrolle über den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin zu entziehen, erweist sich die Übereinkunft
bereits aus gesellschaftsrechtlichen Gründen als unwirksam. Die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern
ist in ihrem Kern nämlich nicht abdingbar (Verbot der Selbstentmündigung der Gesellschafter bzw. Grundsatz der Verbandssouveränität;
vgl. dazu Schmidt a.a.O., § 46 Rdnr. 113; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 45 Rdnr. 11; Mollenkopf in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2011, § 45 Rdnr. 9; Zöllner in: Baumbach/Hueck, a.a.O., § 46 Rdnr. 7; BSG, Urteil v. 22.8.1973, 12 RK 24/72, BB 1973, 1310 für Personengesellschaften aus diesem Grund jedenfalls gegen eine stillschweigende Abbedingung der Gesellschafterbefugnis
BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-182).
Selbst wenn - dem Vortrag der Klägerin folgend - die Absprache zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dessen Vater als Stimmbindungsvereinbarung
auszulegen sein sollte, wäre eine solche Übereinkunft jedenfalls aus wichtigem Grund kündbar (§
723 Abs.
1 Satz 2
BGB). Allein aus diesem Grund würde die Vereinbarung den Beigeladenen zu 1) nicht in die Lage versetzen, jederzeit Weisungen
der Gesellschafterversammlung wirksam abzuwehren (BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, Rdnr. 23 ff.).
Da eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder den gesetzlichen Vorschriften zuwider beschränkt
wird, nach §
723 Abs.
3 BGB nichtig ist, ist es auch rechtlich bedeutungslos, dass die behauptete Übereinkunft - wie der Beigeladene zu 1) im Termin
zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bekräftigt hat - unwiderruflich gelten sollte.
(3) Der Beigeladene zu 1) verfügte auch nicht über eine umfassende gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität, um
ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft jederzeit zu verhindern, was die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen
würde (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 8).
(4) Besondere Umstände des Einzelfalles, die ausnahmsweise eine faktische Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum
begründen könnten, sind nach den Feststellungen des Senats ebenfalls nicht gegeben:
(a) Eine für den sozialversicherungsrechtlichen Status relevante faktische Weisungsfreiheit ergibt sich nicht aus einer familiären
Verbundenheit innerhalb des Gesellschafterkreises der Klägerin. Die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und
das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach §
7 Abs.
1 SGB IV nicht heranzuziehen. Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit
änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher
Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R; jeweils [...] unter Verweis auf BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 32).
(b) Ebenso wenig ist die behauptete besondere Fachkompetenz und Branchenkenntnis des Beigeladenen zu 1) geeignet, eine sozialversicherungsrechtlich
relevante Weisungsfreiheit zu begründen. Dieser Aspekt stellt schon keinen besonderen Umstand des Einzelfalles dar. Es liegt
vielmehr in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle
Kenntnisse und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich
tätig zu sein (Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, [...]). In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der
Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch.
Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt
bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts
in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft
die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten-
und Arbeitslosenversicherung (§
1 Satz 4
SGB VI sowie §
27 Abs.
1 Nr.
5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber
der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, a.a.O.; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht
dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen
(vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.).
ee) Für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem solchen Maße gegeben,
dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller abgrenzungsrelevanter Umstände die für ein Beschäftigungsverhältnis
sprechenden Merkmale überwögen.
(1) Der Beigeladene zu 1) konnte seine Tätigkeit aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht - wie für eine selbständige
Tätigkeit typisch - im Wesentlichen frei bestimmen. Die anstellungsvertraglich vorgesehene weitgehende Lockerung der Weisungspraxis
ist bei Arbeitnehmern, die - wie der zum Geschäftsführer bestellte Beigeladene zu 1) - Dienste höherer Art ausüben, nicht
ungewöhnlich.
(2) Der Beigeladene zu 1) verfügte über keine eigene Betriebsstätte.
(3) Ein wesentliches unternehmerisches Risiko bestand für den Beigeladenen zu 1) im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehung
mit der Klägerin ebenfalls nicht.
Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, [...], Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, [...] Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl.
nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes
der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf
eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim
Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR -3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, [...] Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, [...] Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, [...], Rdnr. 27).
(a) Seine Arbeitskraft hat der Beigeladene zu 1) nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Er konnte im Streitzeitraum
anstellungsvertraglich zeitanteilig eine Festvergütung in Höhe von 48.000,00 EUR beanspruchen. Gegen das Risiko eines krankheitsbedingten
Entgeltausfalls war der Beigeladene zu 1) nach Maßgabe des § 5.1 Abs. 6 AnstV i.d.F. vom 30.12.2011 geschützt.
(b) Die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin hat auch einen nennenswerten eigenen, mit einem etwaigen Verlustrisiko
verbundenen Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) nicht erfordert. Er konnte die Gestellung eines gesellschaftseigenen Pkw
der gehobenen Mittelklasse beanspruchen, wobei die Klägerin sämtliche Betriebskosten getragen hat. Dieses Fahrzeug konnte
der Beigeladene zu 1) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen, darüber hinaus aber auch für private Zwecke.
Zudem bestand für den Beigeladenen zu 1) ein Anspruch auf Ersatz aller Aufwendungen und Spesen, die durch Geschäftsreisen
und sonstige Aufwendungen im Interesse der Gesellschaft entstanden sind (§ 5 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011).
(c) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung durch den Senat, unter welchen Voraussetzungen die Bereitstellung von Bürgschaften
oder anderen Sicherheiten überhaupt ein unternehmerisches Risiko zu begründen vermag (vgl. zur statusrechtlichen Unbeachtlichkeit
einer die gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht unangetastet lassenden Bürgschaftsgewährung vgl. BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R m.w.N.). Nicht der Beigeladene zu 1), sondern der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter bzw. die E Verwaltungs GmbH haben
der Klägerin dahingehende Sicherungsmittel gestellt.
(d) Die anstellungsvertraglich vereinbarte Gewährung einer Tantieme begründet gleichfalls kein unternehmerisches Risiko in
einem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung interpretierten Sinne. Zwar kommt der Zahlung von Tantiemen für die Abgrenzung
von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit insoweit Bedeutung zu, als sie Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches
Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen ist (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, m.w.N., [...], Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., [...]). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer
nicht ungewöhnlich ist, kommt ihr indessen jedenfalls dann keine Indizwirkung von wesentlichem Gewicht für die Annahme einer
selbständigen Tätigkeit zu, wenn sie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung - wie hier nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 5.1
AnstV i.d.F. v. 30.12.2011 - deutlich hinter dem vereinbarten Festgehalt zurückbleibt.
(4) Die dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Alleinvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB sind bei einer kleineren GmbH wie der Klägerin nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit
hin ((vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 5/13, [...]).
ff) In der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen
im Gesamtbild die für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) sprechenden Indizien eindeutig.
b) Der Beigeladene zu 1) war im streitbefangenen Zeitraum auch nicht in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei.
Insbesondere scheidet eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze
nach §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB V von 50.850,00 EUR im Jahr 2012 aus.
c) Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) am 1.1.2012 eingetreten
ist. Eine späterer Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des §
7a Abs.
6 SGB IV kommt schon deshalb nicht in Betracht, da der Statusfeststellungsantrag nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit,
sondern erst am 22.3.2012 gestellt worden ist. Hierbei kann der Senat offen lassen, ob als Zeitpunkt der "Aufnahme der Tätigkeit"
im Sinne des §
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV auf den 9.1.2009, den Zeitpunkt der erstmaligen Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin, oder auf den 1.1.2012,
den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht infolge der Zahlung eines Arbeitsentgelts, abgestellt wird.
d) Die mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten getroffene Feststellung der Versicherungspflicht verletzt auch kein berechtigtes
Vertrauen der Klägerin oder des Beigeladenen zu 1).
Zwar kann der aus Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz (
GG) hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes, obgleich höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare
Rechtswirkung erzeugen, gebieten, einem durch eine gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls
durch Bestimmung zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung
zu tragen (BVerfGE 122, 248, 277 f.; vgl. dazu auch BAG, Urteil v. 19.6.2012, 9 AZR 652/10, [...] Rdnr. 27 m.w.N.)
Es kann jedoch offen bleiben, ob diese vom BSG auf den Fall einer Betriebsprüfung angewandten Grundsätze (BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 12 KR 11/14 R, [...], Rdnr. 30 ff.) überhaupt auf das hier zur Entscheidung stehende Statusfeststellungsverfahren (§
7a SGB IV) übertragbar sind oder ob sie sich nicht vielmehr - wenn überhaupt - erst gegenüber einer etwaigen Beitragsnachforderung
auswirken. Die Entscheidungen des BSG vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R) stellten nämlich keine Änderung einer gefestigten Rechtsprechung dar, die einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand hätten
begründen können. Das BSG hat in diesen Entscheidungen lediglich die Grundsätze zur Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen
Tätigkeit für den Fall einer Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH als Familienbetrieb präzisiert:
In Kontinuität mit der bereits zuvor gefestigten Rechtsprechung hat das BSG zunächst bekräftigt, dass bei der Frage, ob eine "Beschäftigung" vorliegt, an das Vertragsverhältnis der Beteiligten anzuknüpfen
sei, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen werde. Ausgangspunkt sei daher das Vertragsverhältnis
der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergebe oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen
lasse. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene
Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehe der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine
- formlose - Abbedingung rechtlich möglich sei. Umgekehrt gelten, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich sei, solange
diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen sei. In diesem Sinne gelte, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag
gäben, wenn sie von Vereinbarungen abwichen. Maßgeblich sei die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte
Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, [...], Rdnr. 16). Diese Grundsätze waren nicht neu, sondern hatten sich bereits im Sinne einer gefestigten Rechtsprechung
zuvor gebildet (etwa BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 29.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011, 125 = [...], Rdnr. 17).
Soweit das BSG in den Entscheidungen vom 29.8.2012 präzisierend für den Fall einer GmbH als Familienbetrieb eine sozialversicherungsrechtlich
relevante faktische Weisungsfreiheit wegen einer familiären Verbundenheit verneint hat (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, [...], Rdnr. 26 ff.), hat diese Rechtsprechung ein etwaig gebildetes Vertrauen der Klägerin bzw. des Beigeladenen zu 1)
auf eine nicht bestehende Versicherungspflicht des Letzteren gleichfalls nicht unzulässig enttäuscht. Zwar hat das BSG in der Vergangenheit im Leistungsrecht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung (etwa BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; Urteil v. 8.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170; Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975) die Versicherungsfreiheit von Geschäftsführern erwogen, die faktisch die Geschäfte der Gesellschaft wie ein Alleininhaber
nach eigenem Gutdünken führen konnten, weil sie "Kopf und Seele" des Geschäfts waren oder ihnen aufgrund familiärer Verbundenheit
Weisungen nicht erteilt wurden. Spätestens mit der zeitlich danach ergangenen Entscheidung des BSG v. 18.12.2001 (B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20) war aber klar, dass es kein schützenswertes Vertrauen gab, diese Rechtsprechung werde auch im Mitgliedschafts-
und Beitragsrecht der Sozialversicherung gelten. Ausdrücklich hat der für dieses Rechtsgebiet zuständige Senat diese Frage
nämlich offengelassen (a.a.O. Rdnr. 20).
Unabhängig davon lässt sich nicht feststellen, dass der Beigeladene zu 1) die Geschäfte im vorliegenden Fall tatsächlich vollständig
nach eigenem Gutdünken im Sinne der zitierten älteren Rechtsprechung des BSG zum Leistungsrecht führen konnte. Immerhin hat sich der Mehrheitsgesellschaft erkennbar in die Führung des Unternehmens eingebracht.
So ist ihm zeitnah vor dem streitbefangenen Zeitraum Einzelprokura erteilt werden, und zwar - wie der Beigeladene zu 1) auf
Befragen im Termin zur mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - um ihn in die Lage zu versetzen, während der Abwesenheit des
Beigeladenen zu 1) Verträge schließen zu können.
Des Weiteren hat der Beigeladene zu 1) - von der Klägerin bestätigt - im Statusfeststellungsantrag selbst ausdrücklich bekundet,
nicht durch vertragliche Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen bzw. verhindern zu können (Ziffer 2.9 des Formularfragebogens
v. 19.3.2012). Schließlich konnte er ausweislich seiner eigenen Angaben auch nicht von einer bei ihm monopolisierten und daher
faktischer Weisungsfreiheit begründenden Branchenkenntnis ausgehen. Denn er hat selbst ausdrücklich bekundet, dass neben ihm
der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter über die für die Führung des Unternehmens verfüge (Ziffer 2.13 des Formularfragebogens).
Gründe, gemäß §
160 Abs.
2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben. Der vorliegende Sachverhalt weist weder Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf
(§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG), noch sind die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG erfüllt.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz.