Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) nach Nr 2112 der Anlage 1 zur
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) - Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während
des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht -
(BK 2112) und die Gewährung von Verletztenrente.
Der 1960 geborene Kläger durchlief in Kasachstan vom 01.08.1978 bis 30.06.1983 eine Hochschulausbildung und arbeitete vom
01.08.1983 bis 26.10.1984 als Elektroingenieur. Vom 31.10.1984 bis 10.06.1986 leistete er den Militärdienst ab und war dann
vom 10.09.1986 bis 04.07.1994 weiter als Elektroingenieur in einem Werk der Eisenbahner tätig. Nach seiner Übersiedlung nach
Deutschland im Jahr 1994 und Absolvierung eines Sprachkurses arbeitete er ab dem 01.09.1996 als Elektroinstallateur bei der
Firma T Elektrotechnik. Ab dem 09.11.2011 war er wegen einer Chondromalacia patellae sowie einer Gonarthrose medial links
arbeitsunfähig.
Mit Schreiben vom 03.04.2012 beantragte der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer Berufserkrankung. Er leide
seit März 2011 unter Beschwerden im linken Knie. Ursache hierfür sei die seit dem 01.09.1996 in einem Elektrobetrieb ausgeübte
Tätigkeit. Diese sei von erheblichen Kniebelastungen geprägt. Arbeiten seien oft in gebückter und kniender Haltung auszuführen.
Auch seien Arbeiten auf Leitern auszuführen, womit ebenfalls eine erhöhte Belastung des Knies verbunden sei.
Hierzu gab der Kläger am 15.05.2012 an, 4 Stunden Tätigkeiten im Knien ohne abgestützten Körper, 2 Stunden Tätigkeiten im
Hocken sowie eine weitere Stunde im Kriechen pro Arbeitsschicht ausgeübt zu haben. Die Firma T gab im Fragebogen zu kniebelastenden
Tätigkeiten am 03.07.2012 an, der Kläger habe bei Alt- und Neubauinstallation Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Montage von
Sat- und Photovoltaikanlagen auf dem Dach, Arbeiten in angespannter Körperhaltung, zB in gebückter, kniender oder hockender
Stellung ausgeführt. Er habe ihrer Einschätzung nach pro Arbeitsschicht durchschnittlich etwa 4 Stunden in kniender oder hockender
Körperhaltung gearbeitet.
Hierzu holte die Beklagte eine Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung vom 03.12.2012 zur Arbeitsplatzexposition zur BK 2102
(Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden
Tätigkeiten) ein, welche zu der Einschätzung kam, beim Kläger habe eine Kniegefährdung durch Arbeiten im Hocken oder Knien
unter gleichzeitiger Kraftaufwendung mit einem Zeitumfang von etwa 3-4 Stunden täglich vorgelegen.
Die Beklagte zog daraufhin ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers für die Zeit vom 10.08.1998 bis 15.12.2012
bei und holte Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie ein fachchirurgisch/orthopädisches Gutachten von Dr. C vom 11.06.2013
zur BK 2102 ein. Dieser stellte fest, dass der Kläger an einer deutlich sichtbaren medialen Gonarthrose (Kellgren Grad III)
im linken Kniegelenk mit Zustand nach Innenmeniskusteilresektion leide. Eine entsprechende Erkrankung werde aufgrund seiner
Untersuchungsergebnisse auch auf der rechten Seite vermutet. Die Beschwerden seien jedoch keine Folge der körperlichen Belastung
durch die Berufstätigkeit.
In einer weiteren Stellungnahme vom 09.08.2013 zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2112 ging die Präventionsabteilung
der Beklagten für die Zeit von September 1996 bis 2012 von insgesamt 3762 Arbeitstagen und bei durchschnittlich 3,5 Stunden
kniebelastender Tätigkeit pro Arbeitsschicht von einer Belastungsdosis von insgesamt 13.167 Stunden aus. Hiervon seien gegebenenfalls
Ausfallzeiten durch Arbeitsunfähigkeit abzuziehen. In einer weiteren Stellungsname vom 22.11.2013 gelangte sie unter Abzug
von 470 Krankheitstagen zu 3292 Arbeitstagen und 11.522 Stunden mit kniebelastender Tätigkeit.
Mit Bescheid vom 17.12.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung der BKen 2102 und 2112 sowie die Gewährung von Verletztenrente
ab. Ausweislich des Gutachtens von Dr. C sei die Meniskuserkrankung des Klägers durch eine deutliche Gonarthrose mit Knorpeldefekt
und Fehlstellung im Bereich des Knies verursacht worden und damit nicht Folge der beruflichen Belastung iSd BK 2102. Die Anerkennung
der BK 2112 scheitere an der Unterschreitung des erforderlichen Wertes kniebelastender Tätigkeiten von 13.000 Stunden bei
einer festgestellten Gesamtbelastung von 11.522 Stunden.
Den hiergegen ohne weitere Begründung eingelegten Widerspruch vom 06.01.2014 wies die Beklagte mit Bescheid vom 26.02.2014
zurück.
Am 12.03.2014 hat der Kläger hiergegen die beim Sozialgericht Dortmund (SG) unter dem Aktenzeichen S 21 U 215/14 geführte Klage erhoben. Durch Beschluss vom 18.07.2014 hat das SG das Verfahren hinsichtlich der Anerkennung einer BK 2112 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 21 U 567/14 fortgeführt.
Der Kläger hat unter Vorlage seiner Verdienstabrechnungen aus der Zeit von 1996 bis 2011 vorgetragen, seine Tätigkeit sei
überwiegend im Knien, Hocken und z T auch im Kriechen ausgeübt worden. Zumindest die Hälfte der täglichen Arbeitsstunden sei
im Knien geleistet worden, etwa ein Viertel der täglichen Arbeitsstunden zusätzlich im Hocken. Auch habe er Arbeiten auf Leitern
ausführen müssen, die ein ständiges Beugen und Strecken der Knie erfordert hätten und deshalb ebenfalls mit einer erhöhten
Belastung des Knies verbunden gewesen und zu berücksichtigen seien. Derartige Arbeiten gehörten in großem Umfang zu den beruflichen
Tätigkeiten des Elektrikers und würden beim Verlegen von Stromleitungen und Stromanschlüssen innerhalb und außerhalb von Gebäuden
für die Installation von Beleuchtungen, Lampen, Laternen usw ständig anfallen und damit einen großen Teil der Arbeit eines
Elektrikers darstellen Er habe regelmäßig unter Tragen von mittleren und schweren Lasten auf Leitern und Gerüste steigen müssen.
Die Berechnung der Beklagten könnten nicht nachvollzogen werden. Es sei nicht klar, warum die Zeit der belastenden Einwirkungen
lediglich mit täglich 3,5 Stunden angesetzt werde. Die Gesamtheit der kniebelastenden Tätigkeiten mache zumindest die Hälfte
der gesamten Arbeitszeit aus. Rechne man nur die Hälfte der Arbeitszeit mit belastenden Einwirkungen an, sei die erforderliche
Stundenzahl bereits überschritten. Für den Zeitraum vom 01.09.1996 bis 09.11.2011 errechne sich anhand der vorgelegten Verdienstabrechnungen
eine Gesamtzahl von 27.098,5 Arbeitsstunden. Die Hälfte hiervon ergebe 13.549,25 Stunden und damit die Überschreitung der
Mindesteinwirkungsdauer von 13.000 Stunden. Der durch die Beklagte vorgelegte Bericht "GonKatast" erfasse das Berufsbild des
Elektroinstallateurs nicht. Zwar enthalte der Report auch das Berufsbild "Installateur". Damit seien aber nur die Bereiche
Heizungsanlagenbauer, Sanitärmontage und Dacharbeiten gemeint. Immerhin kämen bestimmte Tätigkeitsbereiche dem Berufsbild
des Elektrikers recht nahe. Diese würden aber die Auffassung des Klägers bestätigen, denn aus dem Report ergebe sich beispielsweise,
dass die Installation von Fußbodenheizungen Kniebelastungen von durchschnittlich mehr als 5 Stunden täglich aufweise. Die
Heizkörpermontage sei mit einer durchschnittlichen Kniebelastungsdauer von 4 Stunden pro Tag beschrieben. Gleiches gelte für
Sanitärarbeiten. Zur Tätigkeit des Elektroinstallateurs gehöre keineswegs nur die Photovoltaikmontage. Ein überwiegender Anteil
der Kabelverlegung und der Installation von Steckdosen und Anschlüssen finde im unteren Bereich eines Raumes statt. Diese
Tätigkeiten könnten nur in kniender oder hockender Haltung ausgeführt werden. Arbeiten im oberen Bereich eines Raumes erforderten
die ständige Nutzung von Leitern und Gerüsten, was ebenfalls mit kniebelastenden Tätigkeiten verbunden sei. Die Einschätzung
des Umfangs solcher Tätigkeiten durch die Arbeitnehmer erscheine realistischer als die Zugrundelegung angeblicher Messergebnisse,
deren Zustandekommen nicht nachvollziehbar sei.
Die Beklagte hat unter Vorlage weitere Stellungnahmen ihrer Präventionsabteilung vom 18.06.2015, 08.06.2018, 07.01.2019, 03.06.2019,
17.09.2019 und 10.10.2019 sowie unter Bezugnahme auf den IFA Report 01/2010 "GonKatast - Ein Messwertkataster zu beruflichen
Kniebelastungen", den IFA Report 2/2012 "Erfassung arbeitsbedingter Kniebelastungen an ausgewählten Arbeitsplätzen" sowie
den IFA Report 2/2019"Lärmexposition bei Elektroinstallationen auf Baustellen" ausgeführt, aufgrund der aus den vorgelegten
Verdienstabrechnungen ersichtlichen Überstunden ergebe sich bei Teilung der Gesamtstundenzahl von 27.098,5 Stunden bei täglich
3,5 Stunden kniebelastender Tätigkeit eine geringe Erhöhung der kniebelastenden Tätigkeiten auf 11.855 Stunden. Ein Anteil
von 50 % kniebelastende Tätigkeiten könne nicht bestätigt werden. Zu dem Berufsbild und den auszuführenden Tätigkeiten würden
zB auch Wegezeiten, Material- und Arbeitsmitteltransporte zählen. Es sei schlüssig angegeben worden, dass der Kläger alle
typischen Arbeitsgänge ausgeführt habe, die erfahrungsgemäß nicht sämtlich im Hocken und Knien anfallen würden. Auch seien
andere Arbeiten, die typischerweise nicht nur im Knien stattfänden, wie Antennenbau und Photovoltaik, verrichtet worden. Nach
Erfahrung der Beklagten zum Berufsbild des Elektronikers, insbesondere aus vergleichbaren BK-Fällen könne nur von arbeitstäglichen
Belastungen von ca 90-210 Minuten ausgegangen werden. Im BK-Report 2/2012 sei für das Berufsbild des Installateurs, welches
allerdings auch das Fach Heizung und Sanitär enthalte, nach Messungen ein Anteil kniender/hockender Tätigkeiten von ca 24
% der Arbeitszeit ausgewiesen. Die zugrunde gelegte Bewertungsgröße von 3,5 Stunden täglich sei im Sinne einer worst-case-Betrachtung
realistisch. In den IFA Reporten 01/2010 und 2/2019 seien die Tätigkeiten auf Elektroinstallationsbaustellen in Zeitanteilen
messtechnisch erfasst. Für die Gruppe der Arbeiten unter den Begriffen "Stemmen, Schlitzen, Bohren und Verlegen" könnten Zeitanteile
bis zu 50 % der Arbeitszeit zusammenkommen. Differenziert nach Betriebsgröße/Mitarbeiterzahl und Neu-/Altbauarbeiten ergäben
sich Zeitenumfänge zwischen 250-420 Minuten. Diese Tätigkeiten fänden aber nicht ausschließlich in Höhen von 30 cm über dem
Boden statt, sondern in allen drei Installationszonen (30 cm über dem Boden, ca 1 m über dem Boden, 30 cm unter der Raumdecke).
Somit würden Arbeiten in kniender und hockender Körperhaltung etwa ein Drittel der genannten Zeitumfänge ausmachen. Da sich
in den Ausführungen des Klägers auch andere Arbeiten wie Antennenmontage und Photovoltaikmontage fänden, sei die bisherige
Einschätzung von max 3,5 Stunden kniender Tätigkeiten als deutlich zugunsten des Klägers zu bezeichnen. Aus den im IFA Report
2/2012 aufgeführten Tätigkeitsfeldern habe der Kläger die Photovoltaikmontage, Flachdach und die Photovoltaikmontage, Steildach
angeführt. Hierbei seien laut Report 25-125 Minuten kniender Tätigkeit pro Arbeitsschicht gemessen worden. Der Kläger habe
außerdem angegeben, Antennen- und Satellitenanlagen montiert zu haben. Diese Tätigkeit gleiche stark der Montage von Photovoltaikanlagen,
sodass auch hierbei nicht mehr als 2,1 Stunden kniender Tätigkeit pro Arbeitsschicht vorgelegen haben könnten. Lediglich Tätigkeiten
eines Elektroinstallateurs beim Verlegen von Erdkabeln würden zu belastenden Tätigkeiten von 4 Stunden pro Schicht führen.
Diese seien in die Berechnung des Mittelwertes integriert worden. Selbst Tätigkeiten die zum größten Teil am Boden verrichtet
würden (Fliesenleger, Pflasterer, Bodenleger und Parkettleger) lägen nicht über 44 % (3,5 Stunden) der Arbeitsschicht in kniender
Position. Dieser Wert sei zugunsten des Klägers zugrunde gelegt worden und ausgehend von den durchschnittlichen Tätigkeiten
eines Elektroinstallateurs zu hoch angesetzt. Darüber hinaus werde im Rahmen des IFA Reports 02/2012 auch darauf hingewiesen,
dass die Mehrheit der Probanden den Umfang der knienden Tätigkeiten im Vergleich zu den tatsächlich gemessenen Zeiten weit
überschätzen würde.
Das SG hat den Kläger in der Nichtöffentlichen Sitzung am 16.04.2018 zu seiner Tätigkeit befragt und den Zeugen H T zum Umfang der
kniebelastenden Tätigkeit des Klägers vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift
des SG vom gleichen Tage verwiesen.
Nach entsprechender Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Urteil vom 25.05.2020 abgewiesen. Die streitige BK 2112 erfasse die "Gonarthrose durch eine Tätigkeit im
Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000
Stunden bei einer Mindestdauer von insgesamt 1 Stunde pro Schicht." Die Feststellung einer Berufskrankheit setze grundsätzlich
voraus, dass in der Person des Versicherten die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben seien. Dies bedeute,
dass der Betroffene im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit ausgesetzt
gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Dabei
müssten die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer
Art und ihres Ausmaßes im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein. Unter
einer Tätigkeit im Knien im Sinne der BK 2112 werde nach dem amtlichen Merkblatt (Bek des BMAS v 30.12.2009, GMBl 2010, S
98 ff, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die
Berufskrankheitenverordnung (
BKV), Kommentar, M 2 2112) eine Arbeit verstanden, bei der der Körper durch das Knie und den Fuß abgestürzt wird und der Winkel
zwischen Ober- und Unterschenkel etwa 90° beträgt. Dabei könne es sich um einseitiges oder beidseitiges Knien sowie um Knien
mit oder ohne Abstützung des Oberkörpers durch die Hände handeln. Tätigkeiten mit einer dem Knien vergleichbaren Kniebelastung
seien einseitige oder beidseitige Arbeiten im Hocken, im Fersensitz sowie Kriechen (Vierfüßlergang). Beim Hocken stütze der
Beschäftigte bei maximaler Beugung der Kniegelenke das Körpergewicht auf den Vorfußballen oder den Füßen ab. Demgegenüber
lägen beim Fersensitz die Kniegelenke und die bauchseitigen Anteile des Unterschenkels auf der Arbeitsfläche und der Beschäftigte
sitze bei maximaler Kniegelenksbeugung auf den Fersen. Beim Kriechen (Vierfüßlergang) handele es sich um eine Fortbewegung
im Knien, in dem ein Knie vor das andere Knie gesetzt werde. Nicht von der BK 2112 umfasst würden demgegenüber Gehen, Stehen
oder das Besteigen einer Leiter. Entstehe das Vollbild der Erkrankung vor dem Erreichen der genannten kumulativen Dosis von
13.000 Stunden, könne die Erkrankung mangels Erfüllung des BK-Tatbestandes nicht als BK anerkannt werden. Das Erreichen von
13.000 Stunden mit kniebelastender Tätigkeit vor der erstmals am 09.11.2011 laut Unterlagen der Krankenversicherung aktenkundigen
Diagnose der Gonarthrose könne zur Überzeugung der Kammer nicht festgestellt werden. Aufzeichnungen des Klägers oder seines
Arbeitgebers zu Art und Umfang der maßgeblichen belastenden Tätigkeit bestünden nicht. Zwar könnten grundsätzlich auch die
Angaben des Klägers, der die kniebelastender Tätigkeit mit insgesamt 7 Stunden arbeitstäglich eingeschätzt habe, als Grundlage
für die Überzeugung der Kammer herangezogen werden. Insofern sei im Hinblick auf die Selbsteinschätzung aber problematisch,
dass selbst dann, wenn die konkreten Kniebelastungen gemessen worden seien, die Probanden unmittelbar danach erheblich überzogene
eigene Einschätzungen vorgetragen haben, die teils dem mehrfachen der tatsächlich gemessenen Belastung entsprächen. Auch zweifle
die Kammer, dass der Kläger in der Summe die von ihm im Fragebogen eingeschätzten 7 Stunden kniebelastender Tätigkeit pro
Arbeitstag geleistet hat, da bei ihm auch nach Angaben des Arbeitgebers in der Regel von einem achtstündigen Arbeitstag auszugehen
war, die er zumeist allein auf Baustellen arbeitend verbracht hat. Damit bleibe nur eine weitere Stunde pro Arbeitstag, um
Material, Werkzeug etc auf die Baustelle oder auf der Baustelle von einem nicht in Reichweite befindlichen Ort heranzuschaffen
oder die Arbeiten auf Leitern und über Kopf (Lampeninstallation, Arbeiten unterhalb der Decke) durchzuführen. Die Angaben
des Klägers würden im Durchschnitt als zu hoch gegriffen erscheinen. In seiner persönlichen Anhörung am 16.04.2018 habe der
Kläger auch korrigierend mitgeteilt, dass es auch Tage gegeben habe, an den er nur 4 Stunden in der belastenden Körperhaltung
habe arbeiten müssen. Auch dies sei für die Kammer nicht überzeugend, da er zugleich eingeräumt hat, an 3-4 Tagen pro Monat
Satellitenschüsseln (selten auch Photovoltaikanlagen) installiert zu haben. Die Belastung hierfür könne nach dem IFA-Report
2/2012 für die Photovoltaikmontage und wegen der Vergleichbarkeit auch für die Installation von Satellitenschüsseln auf dem
Flachdach mit einer gesamten Kniebelastung von 25 Minuten und auf dem Steildach von 125 Minuten pro Arbeitsschicht angesetzt
werden, sodass die hierfür anzusetzende verminderte Belastung von deutlich weniger als 4 Stunden pro Arbeitstag vom Kläger
bei seiner Einschätzung, es habe auch Tage gegeben, an den er nur 4 Stunden kniebelastender gearbeitet habe, offensichtlich
gar nicht einbezogen worden sei. Die Einschätzung des Klägers selbst habe daher insgesamt nicht zur Überzeugung geführt, dass
er bis zum 09.11.2011 insgesamt 13.000 Stunden kniebelastender tätig war. Die Tätigkeit auf Leitern sei ebenfalls nicht als
kniebelastend im Sinne der BK 2112 hinzuzuzählen, da es sich dabei weder um eine Tätigkeit im Knien noch um eine vergleichbare
Tätigkeit handele und dem Besteigen von Leitern die durchgehende Beugung der Knie von 90-120° fehle. Die Zeugenaussage des
Arbeitgebers überzeuge nicht, da er den Arbeitstag des Klägers nicht in voller Länge habe selbst wahrnehmen können. Eine Schätzung
aufgrund der errechneten Arbeitsstunden sei nicht möglich. Auch wenn man von einer ermittelten Stundenzahl von 27.098,5 Arbeitsstunden
ausgehe, bleibe offen, wie lange der Kläger hiervon konkret kniebelastender tätig gewesen ist. Berücksichtige man das weitere
Vorbringen des Klägers, ergebe sich allenfalls eine Summe von 12.510 Stunden kniebelastender Tätigkeit, da bei 3 Arbeitstagen
für Satelliten/Photovoltaikanlagen pro Monat insgesamt 546 Arbeitstage jeweils nur mit einem Anteil kniebelastender Tätigkeiten
von 2,1 Arbeitsstunden berücksichtigt werden könnten. Zusammenfassend fehle es an der Feststellung, dass der Kläger 13.000
Stunden kniebelastend tätig war und damit an den Voraussetzungen für die BK 2112.
Gegen das am 15.06.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.07.2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein
bisheriges Vorbringen und weist nochmals darauf hin, dass die Tätigkeit auf Leitern und Gerüsten seiner Auffassung nach als
kniebelastender Tätigkeit zu berücksichtigen sei. Die Arbeit eines Elektrikers werde in erheblichem zeitlichem Umfang unter
Einsatz von Leitern oder Gerüsten ausgeübt. Unter Berücksichtigung dieses Arbeitszeitanteils werde die erforderliche Mindestzahl
von 13.000 Stunden in jedem Fall erreicht bzw überschritten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 25.05.2020 ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2013
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr 2112 der Anlage
zur
BKV anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vH zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt auf die Ermittlung ihrer Präventionsabteilung Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der
Beklagten sowie der beigezogenen Akte des Sozialgerichts Dortmund (Az: S 21 U 215/14) Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung, über die der Berichterstatter mit Zustimmung der Beteiligten gemäß §§
155 Abs
3 und
4 i.V.m. 124 Abs 2Sozialgerichtsgesetz (
SGG) anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 17.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.02.2014 nicht beschwert, denn dieser Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Versicherungsfalls
der BK 2112 sowie Zahlung von Verletztenrente.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und BKen; §
7 Abs
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BK bezeichnet
hat und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Aufgrund der Ermächtigung in §
9 Abs
1 SGB VII hat die Bundesregierung die
BKV vom 31.10.1997 (BGBl I Seite 2623) erlassen, in der die derzeit als BKen anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Bei einer Listen-BK lassen sich im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf bei einzelnen Listen-BK einer
Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zur Einwirkung
von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen
eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall
auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Wie bei einem
Arbeitsunfall müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkung" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises
- also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingungen
zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit
(vgl BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - in juris).
BKen sind gemäß §
1 BKV die in der dortigen Anlage 1 bezeichneten Krankheiten die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz des
SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Hierzu zählt auch die durch den Kläger geltend gemachte BK 2112. Die Voraussetzungen für
die Feststellung des Vorliegens dieser BK liegen nach og Maßstab jedoch nicht vor. Zwar war der Kläger als abhängig Beschäftigter
gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII während seiner Tätigkeit als Elektroinstallateur versichert. Die Voraussetzungen der BK 2112 lassen sich hingegen nicht feststellen.
Die BK 2112 setzt eine Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastungen mit einer kumulativen
Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkung von insgesamt 1 Stunde
pro Schicht voraus.
Bei dem Kläger kann bereits eine Einwirkungsdauer kniebelastender Tätigkeiten von mindestens 13.000 Stunden nicht mit der
erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Zur Begründung nimmt der Senat nach §
153 Abs
SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht im Wesentlichen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe
ab.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des Vorbringens des Klägers mit der Berufungsbegründung. Bei der Arbeit auf
Leitern und Gerüsten handelt es sich nicht um die von der streitigen BK geforderte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare kniebelastende
Tätigkeiten.
Unter einer Tätigkeit im Knien im Sinne der BK 2112 wird eine Arbeit verstanden, bei der der Körper durch das Knie und die
Vorderseite des Unterschenkels abgestützt wird und der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel etwa 90° beträgt. Dabei kann
es sich um einseitiges oder beidseitiges Knien sowie um Knien mit oder ohne Abstützung des Oberkörpers durch die Hände handeln
(vgl Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14.09.2016 - L 3 U 33/13 - in juris Rn 43 mwN).
Unter Tätigkeiten mit einer dem Knien vergleichbaren Kniebelastung werden einseitige oder beidseitige Arbeiten im Hocken oder
im Fersensitz sowie Kriechen (Vierfüßlergang) verstanden. Unter einer Tätigkeit im Hocken im Sinne dieser BK wird eine Arbeit
verstanden, bei der der Beschäftigte bei maximaler Beugung der Kniegelenke das Körpergewicht auf den Vorfußballen oder den
Füßen abstützt. Beim Fersensitz liegen die Kniegelenke und die ventralen Anteile des Unterschenkels auf der Arbeitsfläche
auf und der Beschäftigte sitzt bei maximaler Kniegelenksbelastung auf der Verse. Beim Kriechen (Vierfüßlergang) handelt es
sich um eine Fortbewegung im Knien, in dem ein Knie vor das andere Knie gesetzt wird. In der Abbildung 1 im Merkblatt zur
BK 2112 (aaO) werden in fünf Piktogrammen das Hocken, dass Knien (mit und ohne abgestütztem Oberkörper), der Fersensitz sowie
das Kriechen (Vierfüßlergang) dargestellt. Nur bei Einnahme dieser piktogrammmäßig dargestellten Arbeitshaltungen handelt
es sich um die von der streitigen BK geforderte Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung. Das Besteigen einer
Leiter sowie das Arbeiten auf einer Leiter, zB zur Montage (wobei die Knie zwar angewinkelt sein können, nicht aber in einem
Ausmaß von 90°) und auch Tätigkeiten im Stehen stellen keine kniebelastender Tätigkeiten im Sinne der BK 2112 dar (vgl LSG
Mecklenburg-Vorpommern, aaO, Rn 44; vgl auch zum Stehen: LSG Baden - Württemberg, Urteil vom 02.04.2012 - L 1 U 517/12 - in juris Rn 27; Römer in Hauck/Noftz, SGB, Stand: 08/18,
SGB VII K 009
BKV Anl 4 Rn 5). Entgegen der Auffassung des Klägers können daher im Rahmen der Ermittlung kniebelastender Tätigkeiten im Sinne
der BK 2112 Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten nicht berücksichtigt werden, da diese keinen "Kniebelastungen" im Sinne
der dargestellten 5 Piktogramme der Abbildung 1 im Merkblatt zur BK 2112 entsprechen (vgl LSG Mecklenburg-Vorpommern aaO).
Da der Kläger mit der Berufung selbst eingeräumt hat, dass seine berufliche Tätigkeit in einem erheblichen zeitlichen Umfang
auch unter Einsatz von Leitern und Gerüsten ausgeübt wird, wobei es sich nach og nicht um kniebelastende Tätigkeiten iSd BK
2112 handelt, sieht der Senat keinen Anlass, von den Feststellungen des SG abzuweichen.
Da der Kläger schon die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2112 nicht erfüllt, da eine kumulative
Einwirkungsdauer kniebelastender Tätigkeit während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden nicht nachgewiesen ist,
sah sich der Senat nicht veranlasst, in eine medizinische Beweiserhebung durch Einholung eines Gutachtens einzutreten.
Die Gewährung einer Verletztenrente scheidet demnach ebenfalls aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nicht ersichtlich sind (§
160 Abs
2 SGG).