Vertragsarzthonorar
Nachträgliche Berichtigung einer Honorarabrechnung
Ausschluss für vergessene Leistungspositionen
Verfassungskonformität
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine nachträgliche Korrektur der Honorarabrechnung.
Der Kläger ist als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in F zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In seiner
Praxis waren vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 der angestellte Arzt H und vom 01.01.2014 bis 31.08.2014 die angestellte Ärztin
K tätig.
Mit Abrechnungsbescheid vom 22.07.2014 für das Quartal I/2014 setzte die Beklagte ein Gesamthonorar von 133.888,47 EUR fest.
Von den Leistungen, die einer Mengensteuerung unterliegen, wurden 192.961 Punkte zum Orientierungspunktwert von 10,13 ct.
(19.546,95 EUR) und 411.399,2 Punkte zum Restpunktwert von 0,86928 ct. (3.576,21 EUR) vergütet.
Dem Abrechnungsbescheid widersprach der Kläger am 28.07.2014. In diesem Quartal habe er 1.610.000 Punkte ordnungsgemäß abgerechnet.
Bei einem Punktwert von 10 Cent müsse sein Honorar mindestens 161.000,00 EUR betragen. Er habe mehr Abrechnungsscheine und
operative Leistungen als im Vorquartal IV/2013 erbracht und trotzdem deutlich weniger Honorar erhalten.
In ihrer Sitzung vom 10.12.2014 protokollierte die Widerspruchsstelle der Beklagten, dass die Überprüfung der Abrechnung ergeben
habe, dass keine Leistungen mit der Arztnummer (LANR) der Angestellten K gekennzeichnet, sondern alle Leistungen mit der LANR
des Klägers versehen gewesen seien. Dadurch hätten weder Fälle noch Leistungen im Quartal I/2014 der neu angestellten Ärztin
zugeordnet werden können, weshalb kein Regelleistungsvolumen / Qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (RLV/QZV) für sie ermittelt
worden sei. In den Quartalen III/2013 und IV/2013 habe auch der Angestellte H keine LANR-Kennzeichnung vorgenommen. Ein finanzieller
Verlust sei hier aber nicht entstanden, da das RLV für diese Zeiträume aufgrund dessen vorheriger Tätigkeit aus dem jeweiligen Vorjahresquartal errechnet worden sei. Auch für
das Quartal II/2014 seien die Leistungen ausschließlich mit der LANR des Klägers versehen gewesen. Hier habe jedoch noch während
der Abrechnungsbearbeitung eine Korrektur erfolgen können, nachdem der Kläger telefonisch auf das Problem aufmerksam gemacht
worden sei und er eine neue Abrechnung eingereicht hätte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Ärztin K habe keine Leistungen mit ihrer
LANR gekennzeichnet, sondern alle Leistungen seien mit der LANR des Klägers versehen gewesen. Dadurch hätten weder Fälle noch
Leistungen im Quartal I/2014 der Angestellten zugeordnet werden können, weshalb kein RLV/QVZ für sie ermittelt worden sei.
Bei Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen sei eine arztbezogene Kennzeichnung unter Angabe der Arztnummer und der Betriebs-
und Nebenbetriebsstättennummer (BSNR/NBSNR) vorzunehmen. Die Erfüllung der Kennzeichnungspflicht sei Voraussetzung dafür,
dass die von der jeweiligen Praxis zur Abrechnung gebrachten Leistungen vergütet würden. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Hiergegen hat der Kläger am 11.02.2015 Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, ihm hätte nach § 1 Abs. 5a Honorarvergütungsmaßstab
(HVM) Gelegenheit gegeben werden müssen, die von der Beklagten als fehlend bzw. mangelhaft bezeichneten Abrechnungsunterlagen
nachzureichen. Die Einreichung von Abrechnungsunterlagen sei erst nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalendervierteljahres
an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden seien, ausgeschlossen. Insofern hätte seitens der Beklagten im Hinblick
auf die ihr obliegende Fürsorgepflicht ein Hinweis darauf gegeben werden müssen, dass eine neue Abrechnung möglich, wenn auch
ggf. als "verspätet" anzusehen sei. Nach Anhang 1 zum HVM mit Wirkung ab 01.07.2013 seien die Ermittlungen außerhalb der Fristen
sowie nachträgliche Berichtigungen bzw. Ergänzungen nach Maßgabe bzw. mit den Folgen von § 1 Abs. 5a HVM möglich. Dem lasse
sich entnehmen, dass innerhalb der Frist Korrekturen der Rechnungen möglich seien, so dass hierauf auch im Widerspruchsbescheid
hätte hingewiesen werden müssen. Vorsorglich werde beantragt, das dem Kläger zugebilligte RLV auf die von ihm tatsächlich abgerechnete Fallzahl zu erhöhen. Dies könne nach Teil B § 5 Abs. 5 HVM (Praxisverlegung) wegen
der Aufgabe der Tätigkeit des Angestellten H erfolgen oder nach der Härtefallregelung in Teil B § 6 HVM. Der Fallzahlanstieg
liege weit über 20% und einer der in Teil B § 6 Abs. 1a) bb HVM genannten Gründe sei gegeben.
Der Kläger hat beantragt,
den Abrechnungsbescheid für das Quartal I/2014 vom 22.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2015 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, über die Abrechnung für das Quartal I/2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Kläger habe versichert, dass seine Abrechnung
ordnungsgemäß und vollständig und unter Beachtung der maßgeblichen Regelungen erfolgt sei. Angesichts dessen hätte ihm weder
Gelegenheit zur Nachreichung fehlender bzw. als mangelhaft bezeichneter Abrechnungsunterlagen gegeben werden müssen noch griffen
die Folgen aus § 1 Abs. 5 HVM. Die Voraussetzungen von § 5 Abs. 5 und § 6 HVM lägen lägen nicht vor.
Das (SG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 23.12.2015 entsprechend dem Antrag des Klägers mit der Begründung entschieden, nach § 1 Abs.
5 Sätze 5, 6 HVM sei die nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung nur "grundsätzlich" ausgeschlossen und es könne ausnahmsweise
unter der Voraussetzung, dass die nachträgliche Korrektur nicht als geringfügig erscheine, eine Nachbearbeitung nur mit der
Folge aus § 1 Abs. 5 b HVM verlangt werden. Für die Beklagte sei offensichtlich gewesen, dass die eingereichte Abrechnung
des Klägers nicht zutreffend gewesen sei. Nach der "Gesamtübersicht vor Prüfung" habe sich die Fallzahl seiner Praxis (alle
Abrechnungsfälle) auf 3.190, die durchschnittliche Fallzahl der Vergleichsgruppe hingegen auf 2.192 belaufen. Der Kläger habe
danach etwa 50 % mehr Fälle abgerechnet als seine Vergleichsgruppe. Eine Überschreitung in dieser Größenordnung deute darauf
hin, dass der Kläger entweder nicht oder nicht vollständig oder von einem Angestellten erbrachte Leistungen abgerechnet habe.
Dass letzteres der Fall gewesen sein dürfte, habe die Widerspruchsstelle der Beklagten selbst festgestellt. Bei dieser Sachlage
sei es geboten gewesen, den Kläger telefonisch oder schriftlich auf den Abrechnungsfehler hinzuweisen und ihm eine neue Abrechnung
zu ermöglichen. Die Beklagte werde dem Kläger daher Gelegenheit zu geben haben, seine Abrechnung für das Quartal I/2014 noch
zu korrigieren.
Gegen das ihr am 05.01.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.01.2016 Berufung eingelegt. Die Klage sei gegen den
Abrechnungsbescheid I/2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.01.2015 erhoben worden. Eine geänderte Abrechnung,
über deren Annahme oder Nichtannahme bzw. Nachbearbeitung die Beklagte auf Basis des § 1 Abs. 5a HVM in einem gesondert anfechtbaren
Verwaltungsakt hätte entscheiden können, liege bis heute nicht vor. Die Streitgegenstände seien zu unterscheiden. Das die
Korrektur betreffende Verfahren sei ggf. vorgreiflich, keinesfalls aber entbehrlich. Da die Nachkorrektur für II/2014 im Oktober
2014 erfolgt sei und sich zudem aus der Klagebegründung vom 23.03.2015 ergebe, dass dem Bevollmächtigten des Klägers die Vorschrift
des § 1 Abs. 5a HVM bekannt sei, hätte der Kläger eine geänderte Abrechnung für das Quartal I/2014 durchaus vor Ablauf der
Ausschlussfrist am 31.03.2015 einreichen können. Im Ergebnis billige das SG dem Kläger einen um Jahre verlängerten Nachreichungszeitraum zu, ohne dass dieser eines solchen Schutzes bedurft hätte. Auffälligkeiten
hinsichtlich der Fallzahl würden sich nicht bei der Abrechnung sondern nur aus einem Quartalsvergleich bzw. im Rahmen konkreter
Abrechnungsprüfungen ergeben. Hinzu komme, dass die Erklärung des Klägers zur Quartalsabrechnung I/2014 keinen (handschriftlichen)
Hinweis auf die Tätigkeit der angestellten Ärztin in dem Quartal enthalte. Der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 5 HVM sei nicht
eröffnet. In § 1 Abs. 3 HVM sei abschließend geregelt, dass die Erfüllung der Kennzeichnungspflicht Voraussetzung dafür sei,
dass die von der jeweiligen Praxis zur Abrechnung gebrachten Leistungen vergütet würden. § 1 Abs. 5 HVM regele die nachträgliche
Berichtigung oder Ergänzung einer "unvollständigen" Abrechnung für eingereichte Abrechnungsscheine, auch in elektronischer
Form. "Unvollständigkeit" stehe im allgemeinen Sprachgebrauch für "nicht vollständig; nicht alle zu einem Ganzen erforderlichen
Teile habend", d.h. es müsse etwas fehlen. Das sei hier nicht der Fall: Die klägerische Praxis habe auch nach eigenem Vortrag
alle Leistungen abgerechnet und alle Leistungen mit einer LANR gekennzeichnet. Der erteilte Abrechnungsbescheid beruhe auf
einer "vollständigen" Abrechnung. Jedenfalls aber setze § 1 Abs. 5 HVM eine "nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung" der
Abrechnung voraus. Auch daran fehle es. Der Kläger habe keine neuen Abrechnungsunterlagen eingereicht. Er habe noch nicht
einmal dargelegt, ob und in welchem Umfang die angestellte Ärztin im streitbefangenen Quartal an den abgerechneten RLV-Fällen beteiligt gewesen sei. Eine abschließende Prüfung und Beurteilung (auch der Geringfügigkeit) der Nachkorrektur komme
erst in Betracht, wenn der Beklagten bzw. dem Gericht die korrigierte Abrechnung vorliege.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.12.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend. Er habe Klage einreichen müssen, um die Bestandskraft des Widerspruchsbescheids
zu verhindern. Dieser hätte sonst einem Berichtigungsanspruch entgegengestanden. Er könne daher nicht auf einen gesonderten
Verwaltungsakt der Beklagten verwiesen werden. Im Übrigen habe er versucht, der Beklagten die geänderte Abrechnung zu übergeben.
Sie habe die Annahme mit Hinweis auf das anhängige Verfahren verweigert. Er schätze den eingetretenen Honorarverlust auf rund
28.000,00 EUR. Die Beklagte hätte ihn über die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur spätestens im Anschluss an die Sitzung
der Widerspruchsstelle am 10.12.2014 informieren müssen. Zu diesem Zeitpunkt sei er noch nicht anwaltlich vertreten gewesen.
Die Sanktionierung von Fristüberschreitungen im Rahmen der Abrechnung durch Honorarabzüge verfolge nach der Rechtsprechung
den Zweck, die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen möglichst aus dem für dieses Quartal zur Verfügung stehenden
Gesamtvergütungsvolumen zu erbringen und keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu produzieren. Dieser Zweck trete aber zurück,
wenn die eingereichte Abrechnung - wie hier - von vorneherein erkennbar objektiv unzutreffend gewesen sei. Die Beklagte habe
bei der Sitzung der Widerspruchsstelle selbst festgestellt, dass die unter der LANR des Klägers gekennzeichneten Leistungen
zu einem erheblichen Teil von der angestellten Ärztin erbracht worden seien. Wenn die Beklagte moniere, dass dem Kläger ein
um Jahre verlängerter Nachreichungszeitraum zugebilligt werde, so resultiere dies im Wesentlichen aus der aufschiebenden Wirkung
der Klage, die er aufgrund des Verhaltens der Beklagten habe erheben müssen. Er sei so zu stellen wie er stünde, wenn er zeitgerecht
und ordnungsgemäß über die Korrekturmöglichkeit informiert worden wäre. Nicht die Beklagte habe ihn, sondern er habe die Beklagte
auf das Problem aufmerksam gemacht, nachdem er Anfang Juli 2014 im KVNO-Portal die Abrechnung für das Quartal I/2014 online
eingesehen habe. Dies sei die Veranlassung gewesen, umgehend Widerspruch einzulegen. Daher habe er auch im Oktober 2014 bei
der Beklagten telefonisch nachgefragt, ob die übermittelten Daten für das Quartal II/2014 richtig erfasst seien. Dies sei
tatsächlich der Fall gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Der Honorarbescheid vom 22.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2015 verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten (§
54 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Auf Grundlage der eingereichten Abrechnungsunterlagen hat der Kläger keinen Anspruch auf ein höheres Honorar. Der Honorarbescheid
entspricht der vom Kläger eingereichten Abrechnung. Diese nachträglich berichtigen zu dürfen hat der Kläger erst im Klageverfahren
geltend gemacht. Die Beklagte hat dazu kein Verwaltungsverfahren durchgeführt. Insbesondere hat sie in den angefochtenen Bescheiden
nicht darüber entschieden, ob dem Kläger die Möglichkeit zu einer nachträglichen Korrektur der Abrechnungsunterlagen einzuräumen
ist oder nicht. Die Möglichkeit der nachträglichen Berichtigung ist nicht Streitgegenstand der gegen den Abrechnungsbescheid
vom 22.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2015 gerichteten Klage.
Zwar hatte auch die Beklagte im Widerspruchsverfahren erkannt, dass die eingereichte Abrechnung fehlerhaft war. Denn nach
§ 1 Abs. 3 HVM bzw. § 1 Abs. 1 HVM i.V.m. § 44 BMV-Ä sind bei der Abrechnung vertragsärztliche Leistungen mit der lebenslangen Arztnummer zu kennzeichnen. Vorliegend ist teilweise
die falsche Arztnummer, nämlich diejenige des Klägers statt derjenigen von der angestellten Ärztin angegeben worden. Dennoch
musste die Beklagte dem Widerspruchsbescheid keine berichtigte Abrechnung zu Grunde legen. Denn das Verfahren über die Höhe
vertragsärztlichen Honorars soll nicht mit Fragen der Zulässigkeit einer nachträglichen Berichtigung der eingereichten Abrechnungsunterlagen
befrachtet werden (BSG, Beschluss vom 08.12.2010 - B 6 KA 37/10 B -). Die der ursprünglichen Abrechnung entsprechenden Abrechnungsbescheide sind rechtmäßig (BSG, Beschluss vom 02.04.2014 - B 6 KA 59/13 B -). Ein die Berichtigung der Abrechnungsunterlagen gestattender oder versagender Bescheid würde einen Honorarbescheid weder
abändern noch ersetzen und auch nicht nach §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens über die Rechtmäßigkeit des Honorarbescheids werden. Eine Änderung liegt vor,
wenn der (ursprüngliche) Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch die Neuregelung ersetzt wird; eine Ersetzung liegt
vor, wenn ein neuer Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt. Dabei ist erforderlich, dass in einen Verfügungssatz
des früheren Bescheides durch einen späteren Bescheid eingegriffen wird, d. h., dass die Bescheide - zumindest teilweise -
denselben Streitgegenstand betreffen (BSG, Urteil vom 23.02.2005 - B 6 KA 45/03 R -; Beschluss vom 08.12.2010 - B 6 KA 37/10 B -). Der eine Berichtigung der Abrechnungsunterlagen versagende Bescheid wirkt sich jedoch nicht auf den angefochtenen Honorarbescheid
aus. Dies gilt schon deswegen, weil er eine Berichtigung der Abrechnungsunterlagen gerade versagt. Aber selbst dann, wenn
die Beklagte durch Bescheid die Berichtigung der Abrechnungsunterlagen gestattet hätte, würde nicht dieser Bescheid, sondern
erst der unter Berücksichtigung der berichtigten Abrechnungsunterlagen erlassene (neue) Honorarbescheid den angefochtenen
Honorarbescheid abändern bzw. ersetzen (BSG, Beschluss vom 08.12.2010 - B 6 KA 37/10 B -). Der Kläger hatte aber weder eine Berichtigung beantragt noch berichtigte Unterlagen eingereicht, die die Beklagte in
der Widerspruchsentscheidung hätte berücksichtigen können.
2. Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Kläger in der Sache eine Berichtigungsmöglichkeit
zusteht.
Die nachträgliche Berichtigung ist nach § 1 Abs. 5 a) Satz 4 HVM ausgeschlossen. Diese Regelung ist anwendbar. Denn die Vorschrift
regelt nicht nur die Ergänzung von unvollständigen Abrechnungen, sondern auch die Berichtigung von Abrechnungen. Die Berichtigung
setzt nach ihrem Wortsinn voraus, dass die Abrechnung einen Fehler enthält, nicht dass sie unvollständig ist.
Die Ausschlussregelung des § 1 Abs. 5 a) Satz 4 HVM - "Eine nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung einer unvollständigen
Abrechnung für eingereichte Abrechnungsscheine kann der Arzt nach Abgabe der Abrechnungsunterlagen grundsätzlich nicht mehr
geltend machen" - verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Der HVM als öffentlich-rechtliches Verteilungssystem regelt insoweit
die Berufsausübung und ist am Maßstab des Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) zu messen. Hiergegen verstößt der Ausschluss für vergessene Leistungspositionen nicht. Als wirksame Berufsausübungsregelung
ist jede durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes ergehende normative Regelung anzusehen, der vernünftige Gründe des Gemeinwohls
zugrundeliegen, die zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich ist und die berufliche Betätigungsfreiheit
nicht unzumutbar behindert (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 -; Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 111/77 - und 14.05.1985 - 1 BvR 449/82 -). Dem wird die umstrittene Regelung des HVM gerecht. Mit der Ausschlussvorschrift wird bezweckt, den zur Beurteilung anstehenden
Sachverhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt als feststehend zu behandeln; anderenfalls wäre die ohnehin bereits zeitversetzte
und damit verzögerte Abrechnung der Behandlungsfälle erst recht nicht gewährleistet. § 1 Abs. 5 a) Satz 4 HVM ist geeignet,
dieses Ziel zu erreichen. Durch den Ausschluss einer nachträglichen Berichtigung abgegebener Abrechnungsunterlagen wird der
abrechnende Arzt an die eingereichte Abrechnung gebunden. Er wird gezwungen, auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Abrechnung
schon vor Einreichung zu achten. Dies trägt seiner Verpflichtung Rechnung, ohnehin peinlichst genau abzurechnen (std. Rspr.;
vgl. BSG vom 30.03.1977- 6 RKa 4/76 -; Senat, Urteile vom 09.09.2009 - L 11 KA 18/09 - und 22.02.1989 - L 11 Ka 93/88 -). Gleichzeitig verhindert die umstrittene HVM-Regelung, dass ständige und fortlaufende
nachträgliche Korrekturen das Massengeschäft der Quartalsabrechnungen nicht mehr oder kaum noch durchführbar machen. Zudem
stellt der Ausschluss der Nachvergütung sicher, dass der Punktwert berechenbar bleibt (Senat, Urteil vom 09.09.2009 a.a.O.;
s. auch BSG, Urteile vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R - und 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R -; Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.1996 - L 5 Ka 2710/95 -).
Die Anwendung der Ausschlussregelung darf allerdings keinen Eingriff bewirken, der so schwer wiegt, dass er außer Verhältnis
zu dem der Regelung innewohnenden Zweck steht (BSG, Urteil vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R -). Eine solche Fallkonstellation hat das BSG für den Fall bejaht, dass die Honorarabrechnung im Vergleich zu den Vorquartalen ein unter 30% liegendes Honorar ergab und
die Abrechnung offensichtliche Ungereimtheiten beinhaltete und damit einer Nicht-Abrechnung nahe kam. Das LSG Bayern hat einen
zum Regelungszweck außer Verhältnis stehenden Eingriff bei einer Honorarkürzung von über 50% angenommen (LSG Bayern, Urteil
vom 04.12.2013 - L 12 KA 139/12 -). Sofern der Fehler zu einer Honorarminderung von max. 10% führt, billigt das BSG den Ausschluss einer nachträglichen Rechnungskorrektur gebilligt (BSG, Beschlüsse vom 02.04.2014 - B 6 KA 59/13 B - und 08.12.2010 - B 6 KA 37/10 B -). Ob ein solch schwerwiegender Eingriff hier vorliegt, könnte erst nach Vorlage der korrigierten Abrechnung festgestellt
werden. Anhaltspunkte dafür fehlen jedoch. Denn selbst wenn für die angestellte Ärztin im ersten Quartal ihrer Tätigkeit das
gleiche RLV zugrunde zu legen wäre wie für den Kläger, ergäbe sich eine zusätzliche Vergütung von 17.869,58 EUR im Quartal I/2014 bei
einem Quartalshonorar von 133.888,47 EUR. Dies würde einen Honorarverlust von (133.888,47 + 17.869,58 = 151.758,01EUR; 17.869,58
* 100 / 151.758,01 =) 11,78% bedeuten. Bei Einbezug des Abzugs nach § 1 Abs. 5b HVM ergäbe sich eine Nachzahlung von 16.082,63
EUR, also von 10,6% des Honorars. Der mit der Ausschlusswirkung des § 1 Abs. 5 a) Satz 4 HVM verbundene Eingriff stünde damit
selbst bei diesem für die neu angestellte Ärztin hohen RLV keineswegs außer Verhältnis zu dem der Regelung innewohnenden Zweck. Eine nachträgliche Korrektur erscheint in ihren Auswirkungen
geringfügig und keinen Anspruch auf Nachbearbeitung zu rechtfertigen.
Auf die Frage, ob die Abrechnung von vorneherein erkennbar objektiv unzutreffend war, kommt es nicht an (BSG, Urteil vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R -). Denn der Kläger hat nach Erkennen des Abrechnungsfehlers nicht unverzüglich eine neue, gleichsam erstmalige Abrechnung
eingereicht. In seinem Widerspruch hat der Kläger den Abrechnungsfehler nicht einmal benannt - obwohl er ihm nach seinem Vorbringen
im Berufungsverfahren bekannt war, er die Beklagte selbst darauf aufmerksam gemacht hatte und er ihn jedenfalls für das Quartal
II/2014 berichtigt hatte. Auch fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Fehler nicht vermeidbar war.
3. Ein Anspruch auf eine Honorarerhöhung ergibt sich auch nicht aus § 5 Abs. 5 HVM oder § 6 Abs. 1a bb HVM. Die Praxis ist
nicht i.S.v § 5 Abs. 5 HVM verlegt worden. Zwar hat der angestellte Arzt H seine Tätigkeit aufgegeben. Dafür ist aber die
Ärztin K angestellt worden. Wäre deren LANR in der Abrechnung angegeben worden, wäre das RLV für sie entsprechend § 5 Abs. 4 HVM berechnet worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine bisherigen Patienten wegen der Aufgabe der Tätigkeit durch
den Arzt H nicht mehr versorgt hätte, sind nicht ersichtlich. Den für einen Anspruch nach der Härtefallregelung des § 6 Abs.
1 HVM erforderlichen Antrag hat der Kläger nicht gestellt.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).