Krankenversicherung
Schadensersatz wegen fehlerhafter zahnprothetischer Versorgung
Schuldhafte Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten
Genehmigung eines Heil- und Kostenplans
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die zu 2) beigeladenen, in Q zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzte
verpflichtet sind, Schadenersatz wegen fehlerhafter zahnprothetischer Versorgung i.H.v. 921,08 EUR zu leisten.
Unter dem 16.06.2011 erstellten die Beigeladenen zu 2) für ihre langjährig bei ihnen in Behandlung stehende Patientin E (D.)
einen Heil- und Kostenplan über eine Zahnersatzversorgung für deren Unterkiefer im Wesentlichen mittels einer herausnehmbaren
Modellgussprothese. Die Klägerin genehmigte den Heil- und Kostenplan und bewilligte einen Festzuschuss i.H.v. 921,08 EUR.
Die Prothese wurde am 30.09.2011 mit zwei Halteelementen an den Zähnen 45 und 46 und einer Teleskopkrone auf dem Zahn 34 von
den Beigeladenen zu 2) eingegliedert. Kontrolluntersuchungen fanden im Oktober und November 2011 statt. Am 21.12.2011 gab
D. den Beigeladenen zu 2) pulpitische Beschwerden an. Die Beigeladenen zu 2) begannen mit einer Wurzelkanalbehandlung, die
sie am 19.01.2012 mit einer Wurzelfüllung abschlossen. Am 05.06.2012 stellten die Beigeladenen zu 2) am Zahn 34 einen Lockerungsgrad
3 fest. Der Zahn, der D. Beschwerden verursachte, wurde extrahiert. Als provisorische Maßnahme wurde die Prothese um den Zahn
34 erweitert und mit einer gebogenen Y-Klammer am Zahn 33 versehen.
Am 03.07.2012 erstellte der Zahnarzt Dr. F einen Heil- und Kostenplan für die prothetische Versorgung des Ober- und Unterkieferbereichs
der D ... Die Klägerin veranlasste eine Begutachtung durch Dr. I, der unter dem 23.07.2012 u.a. ausführte: "Im Oberkiefer
trägt Frau E eine insuffiziente totale Kunststoffprothese. Im Unterkiefer sind die fehlenden Zähne 34, 35, 36, 37 und 38 durch
eine insuffiziente Modellgussprothese ersetzt; die Zähne 33 und 43 weisen massive Abrasionen auf; die fehlenden Zähne 31,
41 sind durch eine insuffiziente Brücke von 32 auf 42 ersetzt. Die Zähne 45 und 46 sind mit übergroßen Füllungen versorgt;
Zahn 47 weist eine kleine intakte Füllung auf."
Die Klägerin beantragte daraufhin im Juli 2012 bei der Prüfungsstelle bei der Beigeladenen zu 1) (Prüfungsstelle), den durch
die bei D. durch die Beigeladenen zu 2) vorgenommene Eingliederung des Zahnersatzes entstandenen Schaden festzustellen. Aus
dem Gutachten des Dr. I ergebe sich die Insuffizienz der Modellgussprothese im Unterkiefer.
Die Beigeladenen zu 2) wiesen demgegenüber darauf hin, dass der Halt der Prothese nach dem Verlust des Zahnes 34 gelitten
habe. Der Verlust dieses Zahnes sei auf Vorschäden (umfangreiche konservierende Versorgung bis in Pulpanähe), funktionelle
Belastung durch die Freiendsituation im dritten Quadranten und mögliche Überbelastung nach einer zweiwöchigen Prothesenkarenz
vor dem 21.12.2011 zurückzuführen.
Die Prüfungsstelle stellte mit Beschluss vom 24.07.2013 fest, dass die Beigeladenen zu 2) die Kosten der Festzuschüsse i.H.v.
921,08 EUR zu erstatten haben. Der Zahn 34 sei zur alleinigen Abstützung der einseitigen Prothese nicht geeignet gewesen;
eine Nachbesserung sei auch nicht möglich.
Mit ihrem Widerspruch gaben die Beigeladenen zu 2) an, wegen der psychischen Verfassung der D. seien sie bei deren Behandlung
bewusst defensiv vorgegangen. Im Oberkiefer hätten sie von einer Neuversorgung Abstand genommen, weil die Patientin keine
Probleme mit der Prothese gehabt habe. Das Scheitern der Versorgung sei darauf zurückzuführen, dass D. die Prothese im Unterkiefer
zwei Wochen nicht getragen habe. Dadurch habe der Zahn 34 seine Position mit der Folge verändert, dass die Prothese nicht
mehr spannungsfrei einzugliedern gewesen sei.
Der Beklagte hob den Beschluss der Prüfungsstelle auf (Beschluss vom 11.12.2013). Die Insuffizienz der Unterkieferprothese
ergebe sich aus dem Verlust des überbelasteten Pfeilerzahnes 34. Die Versorgung sei von vornherein zum Scheitern verurteilt
gewesen. Zum einen sei keine Gesamtplanung erfolgt, zum anderen seien die pathologischen Befunde nicht ausreichend berücksichtigt
worden. Die Modelle zeigten starke Abrasionen und einen abgesunkenen Biss; es bestehe keine Eckzahnführung und keine Spee
sche Kurve. Im Unterkiefer sei eine Bisserhöhung angezeigt gewesen. Die Erneuerung der insuffizienten Totalprothese im Oberkiefer
sei im Zusammenhang mit der Versorgung des Unterkiefers erforderlich gewesen. Ausführungsbedingte Mängel bei der Unterkieferversorgung
seien nicht zu bestätigen, weil die Versorgung nach Art und Umfang entsprechend dem genehmigten Heil- und Kostenplan durchgeführt
worden sei. Die durch Dr. F vorgenommene Gesamtplanung hätte allerdings bereits durch die Beigeladenen zu 2) vorgenommen werden
müssen. Insoweit liege ein Planungsfehler vor. Auf diesen Planungsfehler könne sich die Klägerin jedoch nicht berufen, da
sie den von den Beigeladenen zu 2) erstellten Heil- und Kostenplan genehmigt habe. Mit dieser Genehmigung habe sie den Heil-
und Kostenplan als vertragsgerecht anerkannt und sich damit des Rechts begeben, Ersatz für solche Schäden zu verlangen, die
auf einer nicht sachgerechten Planung des Zahnersatzes beruhten.
Mit ihren gegen den am 21.03.2014 zugestellten Beschluss am 09.04.2014 erhobenen Klage hat die Klägerin u.a. vorgetragen,
die von dem Beklagten vertretene Rechtsauffassung sei unzutreffend und stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG). Danach führe die Genehmigung eines Heil- und Kostenplans nur im bestimmten Umfang zum Ausschluss der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Dieser Ausschluss gelte für Maßnahmen der Planung nur insoweit, als die eingereichten Unterlagen die Überprüfung der Planung
ermöglicht hätten, und für Ausführungsmaßnahmen, soweit diese der Planung entsprochen hätten und nach dem Stand der medizinischen
Erkenntnisse durchgeführt worden seien. Durch die Prüfgremien seien jedoch die Planungsfehler überprüfbar, die nicht bereits
anhand des vorgelegten Plans erkennbar gewesen seien. Vorliegend seien Planungsfehler anhand des vorgelegten Heil- und Kostenplans
nicht erkennbar gewesen; insbesondere hätten keine Röntgenaufnahmen vorgelegen. Erst nachträglich habe sich aufgrund fachkundlicher
Auswertung ergeben, dass der Zahn 34 zur alleinigen Abstützung der einseitigen Prothese nicht geeignet gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 11.12.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Widerspruch der Beigeladenen gegen
den Beschluss der Prüfungsstelle vom 24.07.2013 zurückzuweisen, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
neu zu bescheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen zu 2), die keinen Antrag gestellt haben, haben vorgetragen, eine Befestigung der Prothese am Zahn 34 sei
möglich gewesen. Eine Lockerung des Zahnes 34 hätten sie nicht bemerkt. Wäre der Zahn locker gewesen, wäre er nicht als Anker
für die Prothese benutzt worden. Einen übermäßigen Knochenabbau am Zahn 34 hätten sie vor der Eingliederung des Zahnersatzes
nicht feststellen können. Im Dezember 2011 habe die Patientin angegeben, die Prothese zwei Wochen lang nicht getragen zu haben.
Dies habe dazu geführt, dass der Zahn 34 seine Position verändert habe und eine spannungsfreie Eingliederung der Prothese
nicht mehr möglich gewesen sei.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Patientin D. als Zeugin vernommen. Diese hat ausgesagt, sie habe die Prothese regelmäßig getragen, sie habe
sie allerdings manchmal zu den Mahlzeiten herausgenommen. Ferner hat das SG Röntgenaufnahmen durch die ehrenamtliche Richterin I auswerten lassen. Diese hat darauf hingewiesen, dass bei der am 11.04.2011
angefertigten Röntgenaufnahme am Zahn 34 ein Knochenabbau nicht erkennbar sei.
Mit Urteil vom 21.09.2015 hat das SG den Beschluss vom 11.12.2013 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Beschluss
der Prüfungsstelle vom 24.07.2013 zurückzuweisen. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass den Beigeladenen zu 2)
ein Planungsfehler unterlaufen sei. Dieser bestehe darin, dass die Beigeladenen zu 2) keine Gesamtplanung für den Ober- und
Unterkiefer vorgenommen haben. Diese sei jedoch angesichts der Verhältnisse im Oberkiefer, der mit einer insuffizienten Prothese
versorgt gewesen sei, zwingend erforderlich gewesen. Der Beklagte sei aber rechtsirrig davon ausgegangen, dass die Klägerin
sich wegen der Genehmigung des Heil- und Kostenplans nicht mehr auf einen Planungsfehler berufen könne. Die Berücksichtigung
eines Planungsfehlers sei nur dann ausgeschlossen, wenn bei der Genehmigung des Heil- und Kostenplans der Planungsfehler anders
als im vorliegenden Fall anhand des vorgelegten Plans bereits erkennbar gewesen sei. Dem entsprechend sei der Beklagte verpflichtet,
den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Beschluss der Prüfungsstelle zurückzuweisen.
Mit seiner gegen das ihm am 29.09.2015 zugestellte Urteil eingelegten Berufung vom 05.10.2015 hat der Beklagte u.v.a. vorgetragen,
nach der kassenseitigen Bewilligungsentscheidung sei die Prüfung auf Planungsmängel bei Zahnersatz eingeschränkt. Die Prüfung
eines Heil- und Kostenplans sei eine vorweggenommene Wirtschaftlichkeitsprüfung, die nicht nachträglich nochmals vorgenommen
werden dürfe. Die Genehmigung eines Heil- und Kostenplans schließe zwar nicht vollständig aus, die Mangelhaftigkeit der Ausführung
des Plans geltend zu machen. Sinn und Zweck der vorausgehenden Prüfung des Plans ließen aber nicht zu, solche Planungsfehler
geltend zu machen, die an Hand des vorgelegten Plans im Vorhinein erkennbar gewesen seien. Ein Planungsfehler sei nicht schon
dann nicht erkennbar, wenn die Krankenkasse ihn bei ihrer Bewilligungsentscheidung nicht wahrgenommen habe. Es komme nicht
darauf an, ob der Planungsfehler subjektiv tatsächlich erkannt oder mangels Sachverhaltsaufklärung gar nicht hinterfragt worden
sei. Vielmehr führten nur solche Planungsfehler zum Ausschluss der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung, die im Antragsverfahren
der Krankenkasse bei der unter Berücksichtigung der Versicherteninteressen und unter Beachtung des Vertrauensschutzes des
Vertragszahnarztes gebotenen und von Amts wegen zu betreibenden Sachverhaltsaufklärung objektiv erkennbar gewesen seien. Vorliegend
habe die Klägerin aber keine Sachverhaltsaufklärung vorgenommen. Dazu sei sie aber verpflichtet gewesen. Sie sei schon deshalb
gehalten, die Rechtsnachteile aus dieser Unterlassung zu tragen. Sie könne sich durch die rechtswidrig unterlassene Sachverhaltsaufklärung
keine bessere Rechtsposition verschaffen, als wenn sie ordnungsgemäß gehandelt und damit den Planungsfehler erkannt hätte.
Die von den Beigeladenen zu 2) geplante und durchgeführte Versorgung sei schon von vornherein im Bewilligungsverfahren bei
fachkundiger Prüfung objektiv erkennbar zahnmedizinisch fehlerhaft konzipiert gewesen. Der Planungsfehler bestehe im Fehlen
einer auf Ober- und Unterkiefer abgestellten Gesamtplanung unter Einbeziehung eines insuffizienten Pfeilerzahnes.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.09.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückweisen.
Sie ist der Auffassung, zahnärztliche Planungsfehler würden, soweit diese nicht für einen der Zahnheilkunde Unkundigen evident
seien, nicht von der Genehmigungswirkung des Heil- und Kostenplans erfasst, sodass diese auch im Nachhinein der Wirtschaftlichkeitsprüfung
unterlägen. Die Fiktion der Genehmigung durch den Heil- und Kostenplan könne sich nur soweit erstrecken, wie auch der Genehmigungserteilende
im Rahmen seines Beurteilungshorizonts habe erkennen können. Da die genehmigungserteilenden Mitarbeiter der Krankenkassen
nicht über ein tiefenfundiertes zahnheilkundliches Wissen verfügten, sei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nur in den Fällen
ausgeschlossen, in denen der Planungsfehler aufgrund eines Gutachtens für den Mitarbeiter der betreffenden Krankenkasse erkennbar
sei. Die Beklagte könne aber nicht verlangen, dass die Krankenkassen in Ermangelung tiefergehender zahnkundlicher Kenntnisse
stets ein Gutachten für jede Genehmigung einholen müssten. Nach § 4 Abs. 1 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei
der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen könne eine Krankenkasse in begründeten Einzelfällen prothetische Leistungen bei
vermuteten Planungs- oder Ausführungsmängeln überprüfen. Bereits aus dem Wortlaut dieser Regelung ergebe sich, dass ein Gutachter
nur in begründeten Einzelfällen einzuschalten sei. Im Rahmen des hier in Streit stehenden Genehmigungsverfahrens habe sie
- die Klägerin - keinen Planungsfehler erkennen können. Demzufolge sei durch die Genehmigung des Heil- und Kostenplans auch
beim behandelnden Zahnarzt kein Vertrauenstatbestand entstanden, der einen Ausschluss der Durchführung eines nachträglichen
Wirtschaftlichkeitsprüfverfahrens rechtfertigen könnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet in der Besetzung, die der Besetzung der Verwaltungsstelle entspricht, die über die streitige Angelegenheit
befunden hat, also entsprechend der Besetzung des Beklagten. Dieser hat mit vier Vertragszahnärzten und vier Kassenmitgliedern
entschieden, mithin in paritätischer Besetzung. Die Zuweisung der Festsetzung eines sonstigen Schadens infolge schuldhafter
Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten an den Beschwerdeausschuss in vorgenannter Besetzung findet seine Grundlage in
§§ 4 Abs. 1,
11 Abs.
2 Buchst. c), 12 der auf §
106 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) beruhenden Vereinbarung über das Verfahren zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen
Versorgung in Nordrhein.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur im tenorierten Umfang Erfolg. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Beklagte sich nicht darauf berufen kann, aufgrund der Genehmigung des Heil- und Kostenplans
vom 16.06.2011 sei eine Festsetzung eines sonstigen Schadens infolge schuldhafter Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten
ausgeschlossen. Die Frage, ob ein Planungsfehler vorliegt und ob die Beigeladenen zu 2) zum Schadensersatz zu verpflichten
sind, hat der Beklagte, der dazu aufgrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig keine Ermittlungen durchgeführt hat, indes
noch weiter aufzuklären.
Dem Beklagten ist die Festsetzung eines sonstigen Schadens infolge schuldhafter Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten
zugewiesen (s.o.). Er darf den Schadensregress auch gegenüber der Gemeinschaftspraxis festsetzen, denn diese haftet für schuldhaftes
Fehlverhalten ihrer Mitglieder (BSG, Urteile vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 R - und vom 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R -).
Inhaltliche Voraussetzung der Regresspflicht ist eine schuldhafte Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die z.B. darin
liegen kann, dass eine prothetische Versorgung dem zahnärztlichen Standard nicht genügt. Zudem darf, was hier unstreitig ist,
eine Nachbesserung nicht möglich und/oder eine Nachbesserung bzw. Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt
nicht zumutbar sein (BSG, Urteil vom 29.11.2006 a.a.O.).
Die Genehmigung des von den Beigeladenen zu 2) erstellten Heil- und Kostenplans vom 16.06.2011 durch die Klägerin steht der
Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw. der Prüfung eines sonstigen Schadens nicht entgegen.
Die Entscheidung über die Genehmigung des von einem Vertragszahnarzt aufgestellten Heil- und Kostenplans erfolgt durch Verwaltungsakt
gegenüber dem Versicherten, der durch die Genehmigung einen Anspruch auf den Kassenanteil erhält. Zwar erzeugt sie indirekt
auch eine Bindung der Krankenkasse im Verhältnis zu dem Vertragszahnarzt. Diese ergibt sich aber nicht aus einer Erstreckung
der Bindungswirkung nach §
77 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), sondern wird von der Rechtsprechung als Selbstbindung des Versicherungsträgers gesehen, die es wegen des aus §
242 Bürgerliches Gesetzbuch folgenden Verbots des "venire contra factum proprium" ausschließt, dass sich die Krankenkasse auf Planungsfehler beruft,
die bereits aus dem Heil- und Kostenplan zu ersehen sind. Es geht dabei also letztlich um Vertrauensschutz; der Vertragszahnarzt
darf darauf bauen, dass die Krankenkasse die genehmigte Planung als vertragsgerecht ansieht (BSG, Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 29/02 R - m.w.N.).
Dieser Vertrauensschutz des Vertragszahnarztes ist indes nicht grenzenlos. Die nachträgliche Geltendmachung von Planungsfehlen
ist nur dann ausgeschlossen, wenn diese im Vorhinein aus dem von dem Vertragszahnarzt vorgelegten Heil- und Kostenplan nebst
ggf. beigefügten Unterlagen erkennbar waren.
Dies folgt bereits daraus, dass der den Vertragszahnarzt begünstigende Haftungsausschluss auf Vertrauensgesichtspunkten beruht.
Der Vertragszahnarzt kann darauf vertrauen, dass die von ihm vorgelegten Unterlagen von der Krankenkasse geprüft werden, und
dass er dann, wenn von der Krankenkasse anhand dieser Unterlagen kein Planungsfehler erkannt und der Plan genehmigt wird,
wegen Planungsfehlern nicht mehr in Regress genommen wird. Dieses Vertrauen kann sich aber nur auf die Planungsfehler beziehen,
die aus den von ihm vorgelegten Unterlagen ersichtlich sind. Der Vertragszahnarzt kann nämlich nicht darauf vertrauen, dass
die Krankenkasse weitere Ermittlungen unternimmt, z.B. weitere Unterlagen beizieht, Untersuchungen der Patientin veranlasst
oder einen Gutachter zur Prüfung der Behandlungsindikation o.ä. einschaltet, um so letztendlich jeden erdenklichen Planungsfehler
auszuschließen. Dazu ist die Krankenkasse nicht verpflichtet; dies ergibt sich bereits aus dem Gesetz. §
87 Abs.
1a Satz 4 und 5
SGB V bestimmen nämlich, dass (lediglich) der Heil- und Kostenplan von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu
prüfen ist und dass die Krankenkasse darüber hinaus den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten
lassen kann, aber eben nicht muss (s. dazu u.a. auch BSG, Urteil vom 02.12.1992 - 14a/6 RKa 43/91 - "Durch die Möglichkeit, im Rahmen der Überprüfung des Planes sachkundige Gutachter einzuschalten.").
Dementsprechend stellt auch die Rechtsprechung durchgängig darauf ab, dass nur Planungsfehler von der nachträglichen Geltendmachung
ausgeschlossen sind, die anhand des vorgelegten Heil- und Kostenplans im Vorhinein erkennbar sind (so schon BSG, Urteil vom 02.12.1992 a.a.O.; BSG; Beschluss vom 19.07.2006 - B 6 KA 5/06 B -). Im vorgenannten Beschluss ist sogar die vorliegende Fallkonstellation bereits weitgehend entschieden (Fettdruck durch
den Senat):
"So hat das BSG zu dem Grundsatz, dass die im Heil- und Kostenplan genehmigten Planungsmaßnahmen späteren Wirtschaftlichkeitsprüfungen und
Schadensfeststellungen nicht mehr zugänglich sind (BSG SozR 5545 § 24 Nr 2 S 3 f), einschränkend klargestellt, dass dieser Ausschluss nur so weit reicht, wie Planungsfehler anhand des vorgelegten
Plans bereits erkennbar waren (BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 4 f; ebenso BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 18 S 101; vgl auch BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 17 und BSG USK 2000-165 S 1085). Daraus folgt zB, dass die Auswahl eines Zahns als Pfeilerzahn für eine Brücke nur insoweit nach der
Genehmigung des Heil- und Kostenplans nicht mehr überprüft werden kann, als etwaige Fehler anhand dieses Plans und der dazu
eingereichten weiteren Unterlagen bereits erkennbar waren. Waren allerdings - wie es in der Regel der Fall ist - dem Genehmigungsantrag
keine Röntgenaufnahmen beigefügt, so ist noch die spätere Überprüfung zulässig, ob der Zahnarzt als Pfeiler für die Brücke
einen Zahn auswählte, der sich von seiner Standfestigkeit und Tragkraft her dafür nicht eignete."
Dem Vorbringen des Beklagten, die von den Beigeladenen zu 2) geplante und durchgeführte Versorgung sei von vornherein schon
im Bewilligungsverfahren auf Grund des Inhalts des Heil- und Kostenplans bei fachkundiger Prüfung objektiv erkennbar zahnmedizinisch
fehlerhaft konzipiert gewesen, ist nicht beizutreten. Weder in seiner Entscheidung noch in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat vermochte der Beklagte die Behauptung, aus dem Heil- und Kostenplan vom 16.06.2011 ergebe sich ein Planungsfehler,
begründen bzw. gar zu belegen. Auch der Senat kann dies nicht nachvollziehen. Aus dem Plan vom 16.06.2011 ergibt sich nämlich
weder, dass der Zahn 34 insuffizient, d.h. ungenügend, unzureichend, geschwächt (Duden, Das Fremdwörterbuch), war, noch, dass
der Oberkiefer in eine Gesamtplanung hätte einbezogen werden müssen. Die Zähne des Oberkiefers werden in dem Plan durchgehend
als "e" (ersetzt), aber keineswegs als "ew" (ersetzt, aber erneuerungsbedürftig) gekennzeichnet. Dementsprechend hat auch
der ehrenamtliche Richter, der Vertragszahnarzt Dr. T in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 08.03.2017 erklärt: "Dem
mir vorliegenden Heil- und Kostenplan vom 16.06.2011 entnehme ich eine völlig übliche Regelversorgung. Nach meiner Einschätzung
konnte die Krankenkasse diesem Plan nicht entnehmen, dass ein Planungsfehler vorlag."
Da der Beklagte sich somit nicht darauf berufen kann, dass die nachträgliche Geltendmachung eines Planungsfehlers ausgeschlossen
ist, obliegen ihm nun die Ermittlungen und die Prüfung, ob ein Planungsfehler vorlag, sowie die Entscheidung, ob die Beigeladenen
zu 2) dafür ggf. in Regress zu nehmen sind. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass es auf die Verhältnisse bei Erstellung
des Heil- und Kostenplans am 16.06.2011, vor allem aber bei Eingliederung der Modellgussprothese am 30.09.2011 ankommt. Dies
gilt nicht nur für die Verhältnisse im Oberkiefer, für die unter dem zeitlichen Gesichtspunkt überhaupt keine Feststellungen
ersichtlich sind. Auch die Ausführungen des Dr. I vom 23.07.2012, im Unterkiefer der D. bestehe eine insuffiziente Modellgussprothese,
sind vor diesem zeitlichen Hintergrund ebenso zu werten wie der Umstand, dass zuvor, d.h. vor den Feststellungen des Dr. I,
der Zahn 34 extrahiert, als provisorische Maßnahme die Prothese um den Zahn 34 erweitert und mit einer gebogenen Y-Klammer
am Zahn 33 versehen worden sind. Zu ermitteln ist auch ob der Zahn 34 entgegen den Angaben der Beigeladenen zu 2) zum Zeitpunkt
der Eingliederung der Modellgussprothese insuffizient war. Dabei wird ggf. von Bedeutung sein, dass nachfolgend im Dezember
2011/Januar 2012 eine Wurzelkanalbehandlung erfolgt ist, die erst den Zahn 34, der nach erstinstanzlicher Auswertung von Röntgenaufnahmen
zumindest am 11.04.2011 keinen Knochenabbau aufwies, in Mitleidenschaft gezogen haben kann. Sofern es auf die Angaben der
Beigeladenen zu 2) ankommt, der Zahn 34 habe seine Position verändert, weil D. die Prothese im Dezember 2011 zwei Wochen lang
nicht getragen habe, ist zu berücksichtigen, dass die Zeugenaussage der D., sie habe die Prothese regelmäßig getragen, wegen
ihrer Pauschalität nicht weiterführt. Wenn, dann kommt es auf die von den Beigeladenen zu 2) benannte Zeit an, die naheliegend
konkret hätte erfragt werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG i.V.m. §§
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt
hat. Eine Kostenbeteiligung der übrigen Beteiligten ist ebenso wenig geboten wie eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).