Leistungspflicht der Krankenkasse für ein Hilfsmittel
PKH-Verfahren
Anforderungen an die Erfolgsaussicht
Nur entfernte Erfolgsaussichten
1. Die Erfolgsaussicht i.S.d. §
114 ZPO ist regelmäßig ohne vollständig abschließende tatbestandliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes zu beurteilen, da
die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen soll, die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung selbst in das Nebenverfahren
der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Hauptsache treten zu lassen.
2. Daraus folgt, dass an die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen.
3. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern
überhaupt erst zugänglich machen.
4. Prozesskostenhilfe darf allerdings verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Er hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Prozesskostenhilfe ist nach Maßgabe des §
73a Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
114 Satz 1 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) zu bewilligen, wenn u.a. die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig
erscheint. Die Erfolgsaussicht i.S.d. §
114 ZPO ist regelmäßig ohne vollständig abschließende tatsachliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes zu beurteilen, da die
Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen soll, die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung selbst in das Nebenverfahren der
Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Hauptsache treten zu lassen. Daraus folgt,
dass an die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Prozesskostenhilfeverfahren
will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern überhaupt erst zugänglich machen.
Prozesskostenhilfe darf allerdings verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 03.09.2013 - 1 BvR 1419/13 - und vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -).
Zwar führt das Sozialgericht (SG) zutreffend aus, dass eine Leistungspflicht der Krankenkasse für ein Hilfsmittel i.S.d. §
33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) ausgeschlossen sein kann, wenn der Versicherte - wie hier - in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen i.S.d.
§§ 43a, 71 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) wohnt. Allerdings hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg das vom SG in Bezug genommene Urteil vom 15.08.2014 - L 4 B 4137/13 - u.a. damit begründet, dass nach der dort zugrunde liegenden Vereinbarung das Zurverfügungstellen eines Gitterbetts zum
vom Heimträger geschuldeten Leistungsumfang gehörte. Das Bundessozialgericht (BSG) hat im Urteil vom 10.02.2000 - B 3 KR 17/99 R - ausgeführt, dass die über die Bereitstellungspflicht des Einrichtungsträgers hinausgehende Leistungspflicht einer Krankenkasse
nach §
33 SGB V bei Bewohnern von vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe i.S. des §
43a SGB XI auch die Hilfsmittel umfasse, die der Sphäre der vollstationären Pflegeheime zuzurechnen sind, wenn Schwerpflegebedürftige
(z.B. Rollstuhlfahrer) in eine Einrichtung der Behindertenhilfe nur ausnahmsweise aufgenommen werden. Je mehr Schwerpflegebedürftige
in einer Einrichtung der Behindertenhilfe aufgenommen werden, desto höher seien die Anforderungen an die im Rahmen der Bereitstellungspflicht
des Einrichtungsträgers vorzuhaltenden Hilfsmittel. Eine allgemeine Beschreibung des in Behinderteneinrichtungen erforderlichen
Inventars sei nicht möglich. Soweit dies den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspreche, also insbesondere
in Einrichtungen mit einer erheblichen Zahl von Schwer- und Schwerstpflegebedürftigen, hätten sich die Vereinbarungen mit
dem Träger der Einrichtung hinsichtlich der sächlichen Ausstattung an den Grundsätzen für Pflegeeinrichtungen i.S. der §§
71 Abs.
2,
72 Abs.
1 SGB XI zu orientieren. Soweit die Einrichtungen allerdings Schwerpflegebedürftige grundsätzlich nicht aufnähmen, könne weder vom
Sozialhilfeträger noch vom Einrichtungsträger die Finanzierung des Vorhaltens bestimmter Hilfsmittel nach den im Urteil entwickelten
Kriterien erwartet werden.
Es bedarf einer vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob das begehrte Pflegebett hier vom Einrichtungsträger bereit
zu stellen ist, entweder nach der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für diese Einrichtung bzw. nach dem Heimvertrag oder
deshalb, weil nach den vom BSG in o.g. Urteil entwickelten Grundsätzen eine Bereitstellungspflicht des Einrichtungsträgers für die Mehrzahl der Bewohner
besteht. Es handelt sich somit um die Beantwortung einer schwierigeren Rechtsfrage, in deren Zusammenhang auch weitere Sachverhaltsermittlungen
notwendig werden können. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die Erfolgsaussichten der Klage nicht bereits abschließend
in einem Prozesskostenhilfeverfahren, sondern vielmehr im Hauptsacheverfahren zu klären sind.
Die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt. Die Bewilligung
erfolgt ab dem Zeitpunkt, in dem der formgerechte Antrag samt den erforderlichen Unterlagen vorlag.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).