Elterngeld
Verfahren PKH
Statthafte Klageart gegen Versagungsbescheide
Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) für seine Töchter L und G.
Der am 00.00.1967 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er lebt seit Februar 2012 zusammen mit seiner Ehefrau
in F und bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Am 00.00.2011 wurde die gemeinsame Tochter L in F geboren. Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Elterngeld für L ab,
da die Leistungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien. Widerspruch, Klage (S 18 EG 10/11) und Berufung (L 13 EG 27/13) blieben erfolglos. Der Kläger hat mittlerweile beim Bundessozialgericht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Am 00.00.2013 wurde die gemeinsame Tochter G in F geboren. Am 21.03.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten für die Betreuung
von G Elterngeld. Die Beklagte versagte mit Bescheid vom 17.06.2013 Elterngeldleistungen für das Kind G nach §
66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (
SGB I), weil trotz entsprechender Aufforderung verschiedene Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Der Kläger und seine Ehefrau
legten am 02.07.2013 Widerspruch ein, den die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2013 zurückwies.
Am 11.11.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben. Beklagte sei die Bundesrepublik Deutschland (BRD).
Er begehre Elterngeld für beide Töchter. Außerdem sollten die bisher befassten Mitarbeiter der Beklagten die Bearbeitung seiner
Anträge wegen Befangenheit unterlassen. Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger vorgetragen, Kläger sei die von ihm vertretene
Familie. Er hat des Weiteren vorgetragen, es seien verschiedene Feststellungen hinsichtlich des Verhaltens der Beklagten zu
treffen. Der Beklagten sei zudem aufzugeben, bestimmte Handlungen zu unterlassen. Wegen der Einzelheiten dieses Vortrags wird
auf den Schriftsatz des Klägers vom 01.08.2015 Bezug genommen.
Die Beklagte hat auf Hinweis des Sozialgerichts, dass vor Versagung der Leistungen gemäß §
66 Abs.
3 SGB I eine Frist hätte gesetzt werden müssen, die angefochtenen Bescheide mit Bescheid vom 05.11.2014 aufgehoben. Sie hat den Kläger
sodann unter Fristsetzung aufgefordert, die Originalgeburtsbescheinigung für das Kind G zu den Akten zu reichen. Nachdem die
Ehefrau des Klägers im Rahmen einer persönlichen Vorsprache diese Originalgeburtsbescheinigung vorgezeigt hat, aber nicht
zu den Akten hat geben wollen, hat die Beklagte Elterngeldleistungen für das Kind G mit Bescheid vom 04.02.2015 erneut nach
§
66 SGB I versagt. Der Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens.
Die Beklagte hat unter Bezug auf Weisungen des früheren Landesversorgungsamtes Nordrhein-Westfalen zum früheren Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vom 09.04.1991 vorgetragen, das Einreichen der Originalgeburtsbescheinigung sei zur Vermeidung eines Doppelbezuges erforderlich.
Der Kläger hat hierauf erwidert, das Einreichen der Originalgeburtsbescheinigung sei nicht erforderlich.
Der Kläger hat wiederholt die zuständige Kammervorsitzende und mehrere mit seinen Ablehnungsgesuchen befasste Richter wegen
Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Ablehnungsanträge wurden von jeweils anderen Kammern des Sozialgerichts mit Beschlüssen
vom 04.04.2014, 08.09.2015 und 09.10.2015 zum Teil als unzulässig verworfen, zum Teil als unbegründet zurückgewiesen.
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23.11.2015 nach §
118 Abs.
2 Satz 4
Zivilprozessordnung (
ZPO) abgelehnt. Es hat nach vorheriger Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 23.11.2015 den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2015
aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens sei nur noch der Bescheid vom 04.02.2015. Die Klage
sei teilweise begründet. Der Bescheid vom 04.02.2015 sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Die von der Beklagten zur Begründung
der Pflicht zur Einreichung der Originalgeburtsbescheinigung angeführte Missbrauchsgefahr bestehe hier nicht, da beide Elternteile
zusammen im Gebiet der Beklagten lebten. Im Übrigen sei die Klage aber unzulässig. Leistungen für das erstgeborene Kind L
könnten nicht begehrt werden, da diesbezüglich ein anderes Klage- bzw. Berufungsverfahren anhängig sei. Für das Begehren des
Klägers auf Befassung anderer Mitarbeiter der Beklagten mit seiner Angelegenheit sei das Sozialgericht nicht zuständig. Auch
für das zweitgeborene Kind G könnten keine Leistungen begehrt werden, da Streitgegenstand ein Versagungsbescheid sei, gegen
den nur eine Anfechtungsklage statthaft sei.
Der Kläger hat gegen den ihm am 30.11.2015 zugestellten Gerichtsbescheid am 14.12.2015 namens der Familie Berufung eingelegt
und vorgetragen, er wiederhole sämtliche bislang gestellten Anträge.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, am 14.04.2016, hat der Kläger sämtliche Richter des Senates
sowie weitere Personen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Im
Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.04.2016 ist für den Kläger seine Ehefrau aufgetreten, die die bislang
gestellten Anträge wiederholt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die Berufung in der geschäftsplanmäßigen Besetzung, da der am 14.04.2016 gestellte Ablehnungsantrag
- ebenso wie der am 15.04.2016 wiederholend gestellte inhaltsgleiche Ablehnungsantrag - rechtsmissbräuchlich ist (vgl. hierzu
Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
60 Rn 10d). Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergibt sich daraus, dass der Kläger im vorliegenden wie im vorangegangenen Klage- und
Berufungsverfahren grundsätzlich alle mit seinen Angelegenheiten befassten Personen ablehnt und ohne erkennbaren Grund verdächtigt,
ihn wegen seiner Religion bzw. Herkunft zu benachteiligen. Das Ablehnungsgesuch ist weder ausreichend individualisiert noch
ist der Ablehnungsgrund wenigstens ansatzweise substantiiert worden. Über den Vorwurf ist überdies sowohl im vorliegenden
wie im vorangegangenen Klage- und Berufungsverfahren mehrfach entschieden worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Berufung ist dahingehend auszulegen, dass sie wie die Klage im Namen nur des Klägers erhoben und gegen die Stadt F gerichtet
ist. Dem Kläger geht es ersichtlich um Elterngeld für sich. Dies zeigt sein Antrag vom 21.03.2013 ebenso wie die Klage vom
11.11.2013. Die Familie als solche ist nicht beteiligtenfähig i.S.v. §
70 SGG. Anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 18.12.2015 entschiedenen Verfahren L 13 EG 27/13 hat die Ehefrau des Klägers dessen Schriftsätze nicht mit unterschrieben. Auch durch ihr Verhalten im Termin zur mündlichen
Verhandlung vor dem Senat am 15.04.2016, in dem sie letztlich als Vertreterin des Klägers aufgetreten ist, ist deutlich zum
Ausdruck gekommen, dass in der Sache allein der Kläger den Prozess führt. Passivlegitimiert ist nur die Stadt F (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BEEG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und nach dem
Bundeskindergeldgesetz NW).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist aufgrund der nur vom Kläger eingelegten Berufung maßgeblich sein Begehren, Elterngeldleistungen
für beide Töchter zu erhalten. Die Aufhebung des Bescheides vom 04.02.2015, die allein die Beklagte beschwert, ist nicht Gegenstand
des Berufungsverfahrens.
Im Hinblick auf den genannten Gegenstand des Berufungsverfahrens hat das Sozialgericht die Klage zutreffend als unzulässig
abgewiesen.
Gegen die angefochtenen Versagungsbescheide ist statthafte Klageart allein die Anfechtungsklage. Ein Leistungsbegehren könnte
hiermit nur ausnahmsweise und zwar insbesondere dann verbunden werden, wenn sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über
die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen und der Leistungsträger
die Leistung in der Sache voraussichtlich mit der gleichen Begründung ablehnen würde (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R, Rn 16; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25.02.2013 - B 14 AS 133/12 B, [...] Rn 5; Keller, a.a.O., §
54 Rn 38b; Kampe, in: jurisPK-
SGB I, Stand: 12.11.2015, §
66 Rn 36). Diese für den Bereich existenzsichernder Leistungen entwickelte Fallgruppe liegt hier nicht vor. Mit der angefochtenen
Entscheidung des Sozialgerichts ist zwischen den Beteiligten erstmals die Frage des Umfangs der Mitwirkungspflichten geklärt
worden und es nicht ersichtlich, warum sich die Beklagte in dem dann neu durchzuführenden Verwaltungsverfahren nicht an die
Entscheidung des Sozialgerichts halten sollte. Eine Leistungsklage kommt auch nicht unter dem prozessökonomischen Gesichtspunkt
in Betracht, dass bereits alle übrigen Leistungsvoraussetzungen geklärt wären (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R, Rn 14; Keller, a.a.O.; Seewald, in: KassKomm, Stand: Dezember 2015, § 66 Rn 40a). Auch ein solcher Fall ist nicht gegeben
- eine Klärung sämtlicher Leistungsvoraussetzungen zu Grund, Umfang und Höhe des Anspruchs wird weder behauptet noch ist dies
zwischen den Beteiligten unstreitig.
Leistungen wegen der Betreuung des Kindes L können darüber hinaus deshalb nicht zulässigerweise geltend gemacht werden, weil
diese Leistungen nicht Gegenstand der hier angefochtenen Bescheide sind. Sie waren vielmehr Gegenstand des mit Urteil vom
18.12.2015 abgeschlossenen Berufungsverfahrens L 13 EG 27/13. Da der Kläger gegen dieses Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht eingelegt hat, ist eine Geltendmachung
dieser Leistungsansprüche auch wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.
Eine Einflussnahme auf die Person des Sachbearbeiters auf Seiten der Beklagten ist mit gerichtlichen Mitteln nicht möglich
(vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R, Rn 27; Roller, in: von Wulffen, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 16 Rn 18 und § 17 Rn 8).
Soweit die weiteren Begehren des ersichtlich rechtsunkundigen Klägers überhaupt als Klageanträge und nicht lediglich als Teil
seiner Klagebegründung aufzufassen sind, sind seine Feststellungsbegehren mangels Feststellungsinteresse i.S.v. §
55 Abs.
1 a.E.
SGG bzw. wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. Keller, a.a.O., § 55 Rn 19 ff.) unzulässig. Soweit er begehrt,
die Beklagte möge verpflichtet werden, bestimmte Handlungen zu unterlassen, handelt es sich nicht um Verpflichtungsklagen,
da nicht der Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt wird (vgl. Keller, a.a.O., § 54 Rn 8), sondern um (vorbeugende) Unterlassungsklagen.
Insofern fehlt es an einem qualifizierten Rechtsschutzinteresse (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.04.2015 - B 4 AS 39/14 R, Rn 10 f.).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war wegen fehlender Erfolgsaussicht nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO abzulehnen. Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe konnte ausnahmsweise (vgl. hierzu Leitherer, in: in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn 11 a.E.; BSG, Beschluss vom 04.12.2007 - B 2 U 165/06 B, [...]) mit der Sachentscheidung verbunden werden, weil der Antrag ohne erkennbaren Grund erst einen Tag vor dem Termin zur
mündlichen Verhandlung gestellt worden und offensichtlich unbegründet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Anlass, die Revision nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, besteht nicht.