Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung eines GdB von 100 für die Zeit ab 01.01.2005 in Anspruch.
Der 1956 geborene Kläger leidet im Wesentlichen unter einem Zustand nach Hypophysenteilresektion (aufgrund eines Hypophysentumors)
mit daraus resultierender Hypophyseninsuffizienz sowie unter einem Zustand nach Exstirpation der Nebenschilddrüsen. Darüber
hinaus wurden u.a. eine Polyneuropathie, eine Muskelschwäche, ein Wirbelsäulensyndrom, eine Hüftdysplasie sowie ein Bluthochdruckleiden
diagnostiziert.
Am 05.04.2012 beantragte der Kläger die Feststellung eines GdB für die Zeit ab 01.01.2005. Die Beklagte holte daraufhin einen
Befundbericht von dem Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. T ein, der mitteilte, dass der Kläger unter rascher
Ermüdbarkeit und anhaltenden Gewichtsproblemen leide, allerdings übersubstituiert sei. Eine von der Beklagten veranlasste
gutachterliche Stellungnahme vom 03.06.2012 gelangte zu der Einschätzung, dass der Gesamt-GdB des Klägers mit 30 anzusetzen
sei. Gestützt auf diese Stellungnahme stellte die Beklagte bei dem Kläger für die Zeit ab 05.04.2012 einen GdB von 30 fest
(Bescheid vom 12.06.2012).
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger unter Vorlage von Befund- und Behandlungsberichten geltend, dass der bei ihm vorhandene
gutartige Tumor mit einem GdB von 50 zu bewerten sei. Unter Berücksichtigung weiterer Leiden sei ein Gesamt-GdB von mindestens
80 festzustellen. Die Beklagte holte ein Gutachten von dem Arzt Dr. T1 ein, der unter dem 22.08.2012 nach ambulanter Untersuchung
des Klägers ausführte, dass bei dem Kläger ein nicht operabler Resttumor der Hirnanhangdrüse, ein Zustand nach Nebenschilddrüsen-Operation
einschließlich hormoneller Störungen (Einzel-GdB 50) sowie eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Fehlstellung und
sekundärer Osteoporose (Einzel-GdB 40) zu diagnostizieren seien. Der Gesamt-GdB belaufe sich auf 70. Diesem Vorschlag folgend
stellte die Beklagte bei dem Kläger für die Zeit ab 01.01.2005 einen GdB von 70 fest (Teilabhilfebescheid vom 24.08.2012).
Sodann wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012).
Mit seiner hiergegen am 19.11.2012 bei dem SG Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger an seinem Begehren festgehalten und
seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren ergänzt und vertieft. Die Beklagte habe die Beeinträchtigungen durch den nicht
operablen Resttumor der Hirnanhangsdrüse, die Nebenschilddrüsenoperation sowie die bestehenden hormonellen Störungen unzulässigerweise
zu einer einzigen Beeinträchtigung zusammengefasst und mit einem Einzel-GdB von 50 bewertet. Vielmehr handele es sich um voneinander
unabhängige und jeweils mit entsprechenden Einzel-GdB zu bewertende Teilhabebeeinträchtigungen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.06.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 24.08.2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 zu verurteilen, bei ihm einen Gesamt-GdB von 100 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat von Amts wegen von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S, dem Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin
Dr. P und dem Facharzt für Orthopädie Dr. E Gutachten eingeholt.
Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten vom 15.01.2013/10.03.2014 eine Polyneuropathie (Einzel-GdB 20), eine Muskelschwäche
(Einzel-GdB 20) sowie eine Läsion des Nervus cutanus (Einzel-GdB 10) diagnostiziert. Insgesamt ist er auf seinem Fachgebiet
zu einem Einzel-GdB von 20 gelangt und hat diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass sich die Muskelschwäche nicht erhöhend
auswirke. Zentrale neurologische Ausfallerscheinungen hätten sich nicht gezeigt.
In seinem Gutachten vom 28.01.2013 hat Dr. P eine Unterfunktion des Vorderlappens der Hypophyse (nunmehr inaktiv) diagnostiziert
und diese Unterfunktion mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigt. Für eine weiterhin vorhandene Lungenfunktionseinschränkung
sei ein Einzel-GdB von 20 festzustellen. Im Hinblick auf die festgestellten Funktionsstörungen komme es zu Überschneidungen.
Der Kläger sei durch die infolge der Hypophysenvorderlappeninsuffizienz entstandene allgemeine körperliche Minderleistung
nur noch begrenzt in der Lage, die (volle) Lungenfunktionsleistung abzurufen, so dass auch deren Begrenzung nur sehr zeitweise
funktionell ins Gewicht falle.
Dr. E hat in seinem Gutachten vom 19.03.2013/21.03.2014 für die Funktionssysteme Wirbelsäule und Innere Sekretion jeweils
Einzel-GdB von 30 sowie für die Funktionssysteme Atmungsorgane, Muskulatur und Untere Extremitäten jeweils Einzel-GdB von
20 in Ansatz gebracht. Ausgehend von dem Einzel-GdB von 30 aus dem Funktionssystem Innere Sekretion sei eine Erhöhung um 10
aufgrund der Beeinträchtigungen im Funktionssystem Wirbelsäule gerechtfertigt. Es bestünden unabhängige Krankheitszustände,
die sich im Alltagsleben nebeneinander beeinträchtigend auswirkten. Darüber hinaus sei jeweils ein Wert von 10 für die Beeinträchtigungen
im Funktionssystem Untere Extremitäten und Atmungsorgane hinzuzufügen. Diese Beeinträchtigungen wirkten sich allesamt unabhängig
voneinander aus, wobei die Berücksichtigung des 10er-Wertes für den Bereich Atmungsorgane als großzügig anzusehen sei. Demgegenüber
wirke sich der Wert für den Bereich Muskelschwäche entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S nicht weiter erhöhend
aus. Alles in allem sei ein Gesamt-GdB von 60 angemessen.
Auf Antrag des Klägers hat sodann der Facharzt für Chirurgie Dr. C nach §
109 Abs.
1 SGG ein weiteres Gutachten erstattet. Dieser hat in seinem Gutachten vom 08.11.2013 bei dem Kläger aufgrund des vorhandenen Tumorrests
im Bereich der Hypophyse einen Einzel-GdB von 50, aufgrund eines Wirbelsäulensyndroms mit Störungen in drei Abschnitten sowie
aufgrund von Störungen im Bereich Innere Sekretion/Stoffwechsel Einzel-GdB von jeweils 40, im Hinblick auf die Polyneuropathie
mit Läsion des Nervus cutanus einen Einzel-GdB von 40 sowie aufgrund einer angeborenen Hüftdysplasie, Funktionseinschränkungen
im Bereich der Atmung und Teilhabeeinschränkungen im Bereich von Haut/Gefäßen jeweils Einzel-GdB von 20 festgestellt. Ausgehend
von dem Tumorrest im Bereich der Hypophyse mit einem Einzel-GdB von 50 wirkten sich die weiteren festgestellten Einzel-GdB
insoweit erhöhend aus, als für die Zeit ab 2005 ein Gesamt-GdB von 100 festzustellen sei.
Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. N (Facharzt für Chirurgie/Sozialmedizin) sowie die Sachverständigen Dr. S und Dr. E haben
sich der von Dr. C abgegebenen Beurteilung nicht angeschlossen. Aus den von Dr. C selbst erhobenen Befunden ergäben sich keine
derart gravierenden Teilhabeeinschränkungen. Abgesehen davon habe Dr. C eine unzulässige Doppelbewertung vorgenommen.
Durch Urteil vom 30.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und sich den Ausführungen der Sachverständigen Dr. E Dr. P und Dr. S angeschlossen. Der Gesamt-GdB des
Klägers belaufe sich demnach auf 60. Das von Dr. C nach §
109 SGG erstattete Gutachten sei nicht geeignet, die von Amts wegen eingeholten Gutachten in Zweifel zu ziehen. Zu Recht habe Dr.
N darauf hingewiesen, dass Dr. C den gutartigen Gehirntumor in seinem Gutachten letztlich doppelt bewertet habe. Dr. C habe
nicht berücksichtigt, dass der Tumor nur nach seinen Auswirkungen, die vergleichsweise gering seien, bewertet werden dürfe.
Auch die Bewertung des Sachverständigen Dr. C hinsichtlich der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers sei nicht nachvollziehbar.
Zwar behaupte der Sachverständige, der Kläger leide an Wirbelsäulenfunktionsstörungen in drei Wirbelsäulenabschnitten "in
erheblichem Ausmaß". Allerdings habe Dr. C das jeweilige Ausmaß der Einschränkungen nicht konkret beschrieben.
Gegen das ihm am 08.07.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.08.2014 Berufung erhoben.
Der Kläger hält an seiner erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest und trägt u.a. vor: Der bei ihm vorhandene inaktive
Hypophysentumor könne zu ausgeprägten Krankheitserscheinungen führen. Dies geschehe vor allem dadurch, dass der Tumor durch
sein Wachstum Druck auf angrenzendes Gehirngewebe ausübe und dadurch wichtige Strukturen schädige. So könne der auf das über
der Hypophyse liegende sog. Gemütszentrum drückende Tumor eine über einen längeren Zeitraum unmerklich voranschreitende Persönlichkeitsveränderung
verursachen, die möglicherweise zwar nicht von dem Betroffenen selbst, wohl aber von seiner Umwelt wahrgenommen werde. Die
bei ihm - dem Kläger - häufig anzutreffenden Kopfschmerzen könnten ihre Ursache auch darin haben, dass der Tumor(rest) in
die Fossa trigeminalis eingewachsen sei. Auch ein negativer Einfluss des Tumors auf das Sehvermögen könne nicht ausgeschlossen
werden. Zu beanstanden sei ferner, dass die Feststellungen des von Amts wegen gehörten orthopädischen Sachverständigen Dr.
E im Gegensatz zu dem nach §
109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. C widersprüchlich seien. Diesen Widersprüchen wie auch den von ihm erhobenen Einwänden sei
das SG nicht nachgegangen. Weder der internistische Sachverständige noch das SG hätten berücksichtigt, dass die Beeinträchtigungen bei der von ihm durchgeführten Hormonersatztherapie deutlich stärker seien
als die bei einer Insulintherapie und sich daher der vorgenommene Vergleich mit einem Diabetes mellitus verbiete. Abgesehen
davon sei nicht nachvollziehbar, dass die von Amts wegen gehörten Sachverständigen die übereinstimmend festgestellte Muskelschwäche
nicht als GdB-erhöhend berücksichtigt hätten.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.06.2014 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 12.06.2012
und 24.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 zu verurteilen, bei ihm ab dem 01.01.2005 einen GdB
von 100 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
In einer vom Senat veranlassten Stellungnahme vom 25.08.2015 hat der Sachverständige Dr. S u.a. ausgeführt, dass die Operation
und anschließende Bestrahlung des Hypophysentumors keine neurologischen Folgen nach sich gezogen habe. Dementsprechend habe
hierfür kein Einzel-GdB in Ansatz gebracht werden können. Unter Zugrundelegung der Vorgaben der VMG könne der GdB nach Entfernung
gutartiger Tumore allein nach dem verbliebenen Schaden bemessen werden. Ein solcher Schaden sei nur aus internistisch-endokrinologischer
Sicht gegeben. Denn bei dem Kläger sei eine Muskelschwäche zu beobachten gewesen, die jedoch nicht neurogener Natur gewesen
sei.
Der vom Kläger zweitinstanzlich nach §
109 Abs.
1 SGG benannte Sachverständige Prof. Dr. M (Facharzt für Neurochirurgie) hat im Rahmen seiner Anhörung anlässlich eines Termins
zur Erörterung des Sachverhalts am 25.07.2017 ausgeführt, dass, sofern es auf die Funktionseinschränkungen bzw. die Lebensqualität
im täglichen Leben ankomme, er nicht allein der richtige Gutachter sei. Es müsse eine Zusatzbegutachtung durchgeführt werden,
wofür er die Fachärztin für Neurologie Prof. Dr. L vorschlage. Erforderlich sei eine aktuelle Kernspintomografie. Ggf. wäre
auch ein Kernspintomogramm der Wirbelsäule und des gesamten Bewegungsapparates, genauer: der gesamten Wirbelsäule, erforderlich.
Der Beratungsarzt Dr. N hat unter dem 09.10.2017 ausgeführt, dass ein gutartiger Hirntumor ohne relevante Auswirkungen keinesfalls
die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft begründen könne. Die VMG zielten in erster Linie auf Art und Dignität sowie
Ausdehnung und Lokalisation mit den entsprechenden Auswirkungen eines Tumors ab. Selbstverständlich müssten auch bei gutartigen
Hirntumoren sämtliche hiermit verbundenen Defizite und Teilhabestörungen berücksichtigt werden.
Der Senat hat sodann von Amts wegen die Fachärztin für Neurologie Prof. Dr. L zur Sachverständigen bestellt. Unter dem 17.10.2017
hat die Sachverständige ausgeführt, dass der GdB bei einem Patienten mit einem operierten, hormoninaktiven Hypophysenmakroadenom
sich an den Folgen seiner Erkrankung, wie z.B. der Hypophyseninsuffizienz, einer symptomatischen Trigeminusneuralgie und/oder
einer verbliebenen Seh- oder Gesichtsfeldeinschränkung bemesse. Die Einholung eines neuropsychologischen Zusatzgutachtens
und eine endokrinologische Mitbeurteilung sei zu empfehlen. Darüber hinaus werde ein elektrophysiologisches Gutachten angeregt,
um die als endokrin verursachte Muskelschwäche und eine Polyneuropathie entsprechend diagnostisch zu untermauern. In einer
weiteren Stellungnahme vom 20.01.2018 hat die Sachverständige Prof. Dr. L den Ausführungen des Dr. N zugestimmt und dargelegt,
dass aus ihrer Sicht nach einer oder zwei stattgehabten Therapien eines gutartigen Hirntumors allein noch kein Recht auf Nachteilsausgleich
bestehe, auch wenn nach den Therapien noch symptomlose Reste dieses Tumors vorhanden, durch diese aber kontrolliert seien.
Durch Beweisanordnung vom 20.02.2020 hat der Senat den Facharzt für Neurochirurgie/Rehabilitative Medizin, Schmerz- und Sozialmedizin
Dr. I zum Sachverständigen bestellt. Nachdem der Kläger sich geweigert hat, sich einer ambulanten Untersuchung durch den Sachverständigen
zu unterziehen, hat Dr. I das Gutachten unter dem 02.02.2021 auf Weisung des Senats nach Aktenlage erstattet.
Der Sachverständige Dr. I hat in seinem Gutachten vom 02.02.2021 folgende Diagnosen erhoben
1. Adenome der Nebenschilddrüse
2. Pankreaszyste
3. Osteoporose
4. Hypophysenvorderlappeninsuffizienz mit einer dauerhaften hormonellen Substitutionstherapie
5. Minderung der Muskelkraft und Ausdauer mit vermehrtem Schlafbedürfnis
6. Arterielle Hypertonie
7. Daumensattelgelenksarthrose links ohne Hinweise auf eine Einschränkung der Feinmotorik,
8. Chronisch-venöse Insuffizienz mit Stauungsdermatose und Ödembildung
9. Sensible Polyneuropathie
10. Meralgia paraesthetica durch Affektion eines dieses Gebiet versorgenden Hautnervs
11. Sigmadivertikulose
Auch wenn es sich bei dem behandelten Hypophysenadenom mit Nachweis eines Resttumors um einen intrakraniellen Prozess handele,
sei das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche funktionell nicht betroffen. Das Funktionssystem Atmung weise nach dem
internistischen Gutachten eine geringe, belastungsakzentuierte, Beeinträchtigung auf. Herz- und Kreislauf seien durch die
arterielle Hypertonie ohne bislang aktenkundige Organschäden dem Grunde nach ebenfalls betroffen. Es bestehe zwar eine kernspintomografisch
nachgewiesene Sigmadivertikulose, Hinweise auf eine funktionell bedeutsame Beeinträchtigung des Funktionssystems Verdauung
lägen allerdings nicht vor. Die Haut im Bereich der unteren Extremitäten weise eine Stauungsdermatose auf. Innere Sekretion
und Stoffwechsel seien durch die Notwendigkeit der Hormonsubstitution bei Nachweis einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
beeinträchtigt. Arme, Beine und Rumpf seien durch eine Minderung der Muskelkraft, die Daumengrundgelenksarthrose links, die
nachgewiesene sensible Polyneuropathie, die nachgewiesene Schädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis und die Ödeme im
Bereich der Unterschenkel ebenfalls funktionell eingeschränkt.
Die Beeinträchtigung des Funktionssystems Arme und Beine sei insbesondere durch die belastungsakzentuierte Kraftminderung
im Sinne einer Muskelschwäche verursacht. Der nachgewiesene leichte Beckenschiefstand und die unterschiedliche Schulterhöhe
seien zwar aufzuführen, führten aber nicht zu einer nachweisbaren funktionellen Beeinträchtigung. Der Nachweis einer sensiblen
Polyneuropathie im Bereich der unteren Extremitäten, die Ödeme und Hautveränderungen im Rahmen einer chronisch-venösen Insuffizienz
trügen ebenfalls dazu bei. Führend sei die Muskelschwäche. Der Einzel-GdB für diese Funktionsstörungen sei mit einer "Muskelschwäche
mit geringen Auswirkungen (vorzeitige Ermüdung, gebrauchsabhängige Unsicherheiten)" zu vergleichen und entspreche einem Einzel-GdB
30. Die Wirbelsäulenfunktion sei durch die Einbeziehung mehrerer Wirbelsäulenabschnitte mit Betonung der Brustwirbelsäule
ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Die funktionelle Störung der endokrinen Achse sei analog des an Diabetes
erkrankten Menschen zu beziffern, dessen Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen könne. Der Einzel-GdB belaufe sich
auf 10. Gleiches gelte für die arterielle Hypertonie ohne Organschäden.
Als führende Beeinträchtigung sei die rasche Ermüdbarkeit in Kombination mit der Muskelschwäche zu sehen. Die darüber hinaus
bestehenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule bedingten einerseits eine Beeinträchtigung der Atmung und andererseits Schmerzen.
Beide Systeme überlappten sich nicht und seien daher aus gutachterlicher Sicht additiv zu berücksichtigen. Die weiteren Teilhabeeinschränkungen
führten nicht zu einer Erhöhung des Gesamtwertes, so dass sich der Gesamt-GdB auf 60 belaufe.
Der Senat hat Ablehnungsanträge des Klägers gegen Richter am Landessozialgericht S1 vom 30.12.2016 und 27.06.2018 durch Beschlüsse
vom 08.03.2017 und 05.09.2018 sowie Ablehnungsgesuche gegen die Richter am Landessozialgericht S1, B und E1 sowie gegen Vorsitzender
Richter am Landessozialgericht O mit Beschluss vom 19.03.2019 für unbegründet erklärt. Ein gegen die Sachverständige Prof.
Dr. L gerichtetes Ablehnungsgesuch hat der Senat durch Beschluss vom 12.10.2018 zurückgewiesen. Im Hinblick auf Ablehnungsgesuche
des Klägers vom 01.11.2019, gerichtet gegen die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht G, die Richterinnen am Landessozialgericht
C1 und M1 sowie die Richter am Landessozialgericht S1, B und E1 sowie Vorsitzender Richter am Landessozialgericht O, hat der
Vorsitzende dem Kläger unter dem 08.01.2020 mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, diesen Gesuchen nachzugehen.
Weiterer Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
1. Der Senat konnte trotz Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, weil diese in ordnungsgemäßer Ladung auf diese Möglichkeit
hingewiesen worden sind (§
153 Abs.
1 i.V.m. §
110 Abs.
1 SGG). Das persönliche Erscheinen war angesichts der aktuellen Pandemie ohnehin nicht angeordnet. Im Übrigen hat der Kläger mit
Schriftsatz vom 01.09.2020 u.a. mitgeteilt, dass er solange nicht an Verhandlungsterminen teilnehmen oder Ladungen Folge leisten
werde, wie nicht über seine Ablehnungsgesuche vom 01.11.2019 entschieden sei.
2. Der Senat war nicht gehalten, den mit Schriftsatz vom 01.11.2019 gestellten Ablehnungsgesuchen gegen Richter am Landessozialgericht
S1, Vorsitzender Richter am Landessozialgericht O, Richter am Landessozialgericht B, Richter am Landessozialgericht E1 sowie
Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht G, Richterin am Landessozialgericht C1 und Richterin am Landessozialgericht M1
nachzugehen.
Nach §
60 Abs.
1 SGG i.V.m. §
45 Abs.
1 ZPO entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Die Rechtsprechung
der obersten Gerichtshöfe des Bundes und des BVerfG erkennt indes zur Verfahrensbeschleunigung und Missbrauchsabwehr eine
ungeschriebene Ausnahme von dieser Regel an. Danach kann das Gericht über rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche
Ablehnungsgesuche ausnahmsweise in geschäftsplanmäßiger Besetzung unter Beteiligung der abgelehnten Richter entscheiden. Dies
setzt voraus, dass das Gericht einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts für sachfremde Zwecke verhindern will
oder lediglich eine bloße Formalentscheidung über ein offensichtlich unzulässiges Gesuch trifft, die keinerlei Beurteilung
des eigenen Verhaltens durch die entscheidenden Richter und kein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erfordert. Diese Voraussetzungen
sind im Lichte des grundgesetzlich verbürgten Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art
101 Abs.
1 Satz 2
GG) streng und vorsichtig zu handhaben (zum Ganzen vgl. BSG, Beschluss v. 17.12.2020 - B 10 ÜG 4/20 B, Rn. 20; Flint, in: jurisPK-
SGB V, Stand: 15.02.2021, §
60 Rn. 145, jeweils m.w.N. aus der Rspr.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil sich sämtliche Ablehnungsgesuche als offensichtlich unzulässig und rechtsmissbräuchlich
darstellen. Der Senat hat den Kläger bereits mit Schreiben vom 08.01.2020 darauf hingewiesen, dass nicht beabsichtigt sei,
diesen Anträgen nachzugehen.
a) Das gegen Richter am Landessozialgericht S1 gerichtete Ablehnungsgesuch ist schon deshalb unzulässig, weil der Senat bereits
durch Beschlüsse vom 08.03.2017, 05.09.2018 und 19.03.2019 darauf abgestellt hat, dass etwaige Fehler in der Rechtsanwendung
grundsätzlich nicht Ausdruck einer unsachlichen Einstellung gegenüber dem Kläger sind und von einem besonnenen Prozessbeteiligten
nicht in diesem Sinne interpretiert werden können. Mit seinem Ablehnungsgesuch vom 01.11.2019 hat der Kläger abermals den
Vorwurf einer unsachgemäßen Verfahrensführung - wenn auch möglicherweise in einem anderen Gewand - im Kern aufrechterhalten
und wiederholt. Ein erneutes Eingehen auf diesen Gesichtspunkt verbietet sich unter jedem Gesichtspunkt. Die wiederholte Anbringung
von Ablehnungsgesuchen veranlasst den Senat vielmehr zu der Schlussfolgerung, dass diese letztlich allein der Verfahrensverzögerung
dienen sollen (vgl. zu diesem Aspekt: Flint, in: jurisPK-
SGG, Stand: 15.02.2021, §
60 Rn. 149 m.w.N.).
b) Gleichermaßen verhält es sich mit den gegen den Vorsitzenden dieses Spruchkörpers - Vorsitzender Richter am Landessozialgericht
O - sowie den gegen die Richter am Landessozialgericht B und E1 gerichteten Ablehnungsgesuchen. Letztlich hat der Kläger mit
diesen Gesuchen an dem bereits mit Beschluss vom 19.03.2019 abgehandelten Vorwurf - wissentliche Unterdrückung von Akteninhalten
unter Verstoß gegen §
108 SGG - festgehalten. Der Senat hat sich mit diesem Aspekt in der Vergangenheit erschöpfend befasst, so dass sich auch diesbezüglich
jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers verbietet.
c) Schließlich war auch den gegen Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht G sowie die Richterinnen am Landessozialgericht
C1 und M1 gerichteten Ablehnungsgesuchen nicht weiter nachzugehen.
aa) Der Kläger hat hier im Kern abermals - wohl unter dem Eindruck des Beschlusses vom 19.03.2019 - erneut einen Verstoß gegen
§
108 SGG (bzw. die "Verdeckung" eines Verstoßes gegen §
108 SGG durch die nunmehr abgelehnten Richterinnen) beanstandet. Auch dieses Ablehnungsgesuch veranlasst den Senat zu der Schlussfolgerung,
dass es - ebenso wie die unter a) und b) skizzierten Gesuche - ausschließlich sachfremd als prozesstaktisches Mittel der Verfahrensverzögerung
dient.
bb) Ohne dass es letztlich darauf ankommt, sei abschließend erwähnt, dass Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht G,
die Richterinnen am Landessozialgericht C1 und M1 sowie Richter am Landessozialgericht E1 seit dem 01.01.2020 nicht mehr als
Vertreter für verhinderte Richter des 13. Senats tätig sind bzw. als solche tätig werden können (vgl. hierzu u.a. den Geschäftsverteilungsplan
für das Jahr 2020 vom 09.12.2019).
3. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von
100 für die Zeit ab 01.01.20005 und wird demzufolge durch die angefochtenen Bescheide nicht i.S.d. §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert.
a) Nach §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige
oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten
Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Die Auswirkungen auf die
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, §
152 Abs.
1 Satz 5
SGB IX in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung (zuvor: §
69 Abs.
1 Satz 5
SGB IX). Nach § 241 Abs. 5
SGB IX in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung (zuvor §
159 Abs.
7 SGB IX) gelten - in Ermangelung einer Verordnung nach §
153 Abs.
2 SGB IX - die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnungen - insbesondere Anlage 2 zur Versorgungsmedizinverordnung (Versorgungsmedizinische Grundsätze
- VMG) - entsprechend, und zwar im Gesetzesrang (vgl. BSG, Urteil v. 24.10.2019 - B 9 SB 1/18 R, Rn. 12 a.E.).
Die Bemessung des (Gesamt-)GdB ist in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl. BSG, Beschluss v. 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B, Rn. 5 m.w.N.). In einem ersten Schritt sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden
Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß §
2 Abs.
1 SGB IX und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in den
VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann, in der
Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB, in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen
Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der maßgebliche (Gesamt-)GdB zu bilden (vgl. nur BSG, Urteil v. 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, Rn. 18 m.w.N.). Außerdem sind nach Teil A Nr. 3b VMG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen,
für die in der Tabelle der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. BSG, Urteil v. 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R, Rn. 25; vgl. zum Ganzen auch Senat, Urteil v. 29.06.2012 - L 13 SB 127/11, Rn. 42 ff. und daran anschließend BSG, Beschluss v. 17.04.2013 - B 9 SB 69/12 B, Rn. 8 ff.).
b) Bei dem Kläger ist allenfalls ein Gesamt-GdB von 60 festzustellen. Das ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen
Dr. I, der jedenfalls im Ergebnis das erstinstanzlich gefundene Beweisergebnis bestätigt hat.
aa) Wie bereits im Tatbestand dargestellt, leidet der Kläger unter Adenomen der Nebenschilddrüse, einer Pankreaszyste, einer
Osteoporose, einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz mit dem Erfordernis einer dauerhaften hormonellen Substitutionstherapie,
einer Minderung der Muskelkraft und Ausdauer, einer arteriellen Hypertonie, einer Daumensattelgelenksarthrose links, einer
chronisch-venösen Insuffizienz mit Stauungsdermatose und Ödembildung, einer sensiblen Polyneuropathie, einer Meralgia paraesthetica
sowie unter einer Sigmadivertikulose.
Dr. I hat nachvollziehbar und von den Beteiligten unwidersprochen ausgeführt, dass die diagnostizierte Muskelschwäche mit
einer "Muskelschwäche mit geringen Auswirkungen (vorzeitige Ermüdung, gebrauchsabhängige Unsicherheiten)" zu vergleichen und
im Ergebnis mit einem Einzel-GdB 30 zu berücksichtigen ist. Im Hinblick auf die eingeschränkte Wirbelsäulenfunktion ist aufgrund
der Einbeziehung mehrerer Wirbelsäulenabschnitte mit Betonung der Brustwirbelsäule ebenfalls ein Einzel-GdB von 30 in Ansatz
zu bringen. Die funktionelle Störung der endokrinen Achse ist analog eines an Diabetes erkrankten Menschen zu beziffern, dessen
Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann, so dass sich der Einzel-GdB diesbezüglich auf 10 beläuft. Gleiches gilt
für die arterielle Hypertonie ohne Organschäden und die Polyneuropathie. Der nachgewiesene leichte Beckenschiefstand und die
unterschiedliche Schulterhöhe sind nach Dr. I zwar aufzuführen, führen allerdings nicht zu einer nachweisbaren funktionellen
Beeinträchtigung und damit auch nicht zur Zuordnung eines Einzel-GdB.
Auch aus der Existenz des Resttumors, dessen biologische Aktivität bei fehlendem Nachweis von weiterem Wachstum nicht objektiviert
ist, resultiert für sich genommen nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. I keine besondere
Funktions- und Teilhabebeschränkung. Demnach bestehen keine Schäden, die neben den bereits festgestellten endokrinologischen
Besonderheiten auf Schäden der funktionellen intrakraniellen Integrität hinweisen. Es lassen sich weder Sehstörungen, Doppelbilder,
Gesichtsschmerzen, Gesichtslähmungen rezidivierende Entzündungen noch ähnliche Krankheitsentitäten nachweisen. Die durchgeführte
Hormonersatztherapie zeigt - sofern die Werte nicht regelhaft kontrolliert werden - einen ungünstigen Einfluss auf die schon
bekannte (und bewertete) Osteoporose und den (ebenfalls bewerteten) arteriellen Hypertonus. Hinweise auf die vom Kläger geltend
gemachte Addison-Erkrankung lassen sich, wie Dr. I zutreffend ausführt, auf Basis der aktenkundigen endokrinologischen Befunde
nicht erheben. Insofern ergeben sich daraus keine spezifischen und mit einem entsprechenden Einzel-GdB zu berücksichtigenden
Teilhabestörungen.
Wie Dr. I nachvollziehbar ausführt, ist als führende Beeinträchtigung die rasche Ermüdbarkeit in Kombination mit der Muskelschwäche
(Einzel-GdB: 30) zu sehen. Die darüber hinaus bestehenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule (Einzel-GdB: 30) bedingen einerseits
eine Beeinträchtigung der Atmung und andererseits Schmerzen. Beide Systeme überschneiden sich nicht und können bei den hier
vorhandenen Gegebenheiten additiv berücksichtigt werden. Die weiteren Teilhabeeinschränkungen führen demgegenüber nicht zu
einer Erhöhung, so dass sich der Gesamt-GdB auf 60 beläuft.
bb) Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, der auf das sog. Gemütszentrum drückende Tumor könne eine über einen
längeren Zeitraum unmerklich voranschreitende Persönlichkeitsveränderung verursachen, die bei ihm häufig anzutreffenden Kopfschmerzen
könnten möglicherweise auch ihre Ursache darin haben, dass der Tumor(rest) in die Fossa trigeminalis eingewachsen sei und
dass ein negativer Einfluss des Tumors auf das Sehvermögen nicht ausgeschlossen werden könne, führt dies zu keiner anderen
Beurteilung. Der Kläger hat hier lediglich Möglichkeiten aufgezeigt, die jedoch von den erst- und zweitinstanzlich gehörten
Sachverständigen nicht objektiviert werden konnten. Die Existenz einer Persönlichkeitsstörung hat der Sachverständige Dr.
S ausdrücklich ausgeschlossen. Dr. I hat auf Basis der sehr ausführlichen Aktenlage festgestellt, dass sich Sehstörungen nicht
haben verifizieren lassen. Die vom Kläger geltend gemachten Kopfschmerzen hat der Sachverständige Dr. S als Spannungskopfschmerz
eingeordnet, diesbezüglich jedoch keinen Einzel-GdB angesetzt und letztlich auch keinen Zusammenhang mit dem vorhandenen Tumorrest
hergestellt.
cc) Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren zur Überzeugung des Senats nicht erforderlich. Zwar haben sowohl die Sachverständige
Prof. Dr. L als auch die Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. I ausgeführt, dass sie eine Tomografie des Gehirns und der Wirbelsäule
sowie neuropsychologische, elektrophysiologische und endokrinologische Zusatzuntersuchungen für sinnvoll und erforderlich
halten. Allerdings hat Dr. I für den konkreten Streitfall abschließend einen Gesamt-GdB gebildet und dem Gericht nicht, wie
in der Beweisanordnung vorgegeben, mitgeteilt, dass weitere Zusatzgutachten erforderlich sind. Prof. Dr. L hat wiederum Dr.
N ausdrücklich insoweit zugestimmt, dass auch aus ihrer Sicht allein aus der Therapie eines gutartigen Hirntumors noch "kein
Recht auf Nachteilsausgleich" besteht, auch wenn nach den Therapien noch symptomlose Reste dieses Tumors vorhanden sind. Der
Senat hat die Ausführungen der Sachverständigen vor diesem Hintergrund dahingehend verstanden, dass die Empfehlungen eher
unter diagnostisch-therapeutischen Gesichtspunkten ergangen sind.
dd) Der Senat sah sich nicht gehindert, dass vom Sachverständigen Dr. I erstattete Gutachten zu verwerten. Soweit der Kläger
in seinen unmittelbar an den Sachverständigen gerichteten Schreiben vom 13.08.2020 und 01.09.2020 mitgeteilt hat, dass er
Zweifel an dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit hege, hat der Senat diese Schreiben, von deren Inhalt er lediglich
durch den Sachverständigen Kenntnis erlangt hat, nicht als Ablehnungsgesuche im Sinne des §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
406 ZPO angesehen. Das ergibt sich bereits daraus, dass Ablehnungsgesuche gegen Sachverständige bei dem Gericht, von dem der Sachverständige
ernannt ist, zu stellen sind (§
118 Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
406 Abs.
2 Satz 1
ZPO). Diese Voraussetzung ist hier ersichtlich nicht erfüllt, weil der Kläger sich lediglich an den Sachverständigen, nicht jedoch
unmittelbar an das Gericht gewandt hat. Der Senat sah sich auch nicht veranlasst, die Ausführungen des Klägers in den vorbezeichneten
Schriftsätzen als Ablehnungsgesuch auszulegen. Denn dem Kläger ist bekannt, wo und in welcher Art und Weise Ablehnungsgesuche
gegen Sachverständige zu stellen sind, wie sich dem mit Beschluss vom 12.10.2018 beschiedenen Ablehnungsgesuch gegen die Sachverständige
Prof. Dr. L vom 27.06.2018 entnehmen lässt. Dieses hat der Kläger unmittelbar bei dem erkennenden Senat angebracht.
ee) Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 01.11.2019 Beweisanträge gestellt hat, sind diese mit dem nachfolgenden und
an die Beweisfragen anknüpfenden Gutachten des Sachverständigen Dr. I, zu dem sich der Kläger im Übrigen nicht mehr geäußert
hat, erledigt. Abgesehen davon hat der Kläger diese nach Vorlage des Gutachtens nicht aufrechterhalten.
ff) Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 01.11.2019 mit Blick auf das Verfahren C-272/19 beantragte Vorlage an den EuGH hat der Senat nicht für tunlich erachtet. Auch darauf hat der Vorsitzende den Kläger mit Schreiben
vom 08.01.2020 hingewiesen. Abgesehen davon wurde das Verfahren vor dem EuGH zwischenzeitlich erledigt (vgl. EuGH 3. Kammer,
Urteil v. 09.07.2020 - C-272/19, NVwZ 2020, 1497).
4. Die weitere Anhörung des vom Kläger nach §
109 Abs.
1 SGG benannten Sachverständigen Prof. Dr. M war nicht erforderlich. Der Kläger selbst hat in seinem umfangreichen Schriftsatz
vom 01.11.2019 nicht zum Ausdruck gebracht, dass er an der weiteren Anhörung von Prof. Dr. M festhält, sondern vielmehr ausgeführt,
warum aus seiner Sicht dem erstinstanzlich nach §
109 Abs.
1 SGG erstatteten Gutachten des Chirurgen Dr. C zu folgen sei. Aus welchen Gründen den Ausführungen des Dr. C nicht zu folgen ist,
haben jedoch bereits die Sachverständigen Dr. E, Dr. P und Dr. S, der von der Beklagten eingeschaltete Beratungsarzt Dr. N
und im Berufungsverfahren der Sachverständige Dr. I erschöpfend und zutreffend dargelegt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
6. Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG).