LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2018 - 9 SO 145/17
Kein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB XII im Falle der Behandlung einer suchtkranken Person wegen eines akuten Zustandes nach Alkoholmissbrauch
Keine Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe
Kein Erstattungsanspruch des Krankenhausträgers aus Abtretung
1. Eine auf die Behinderung und nicht den "klassischen" ärztlichen Heileingriff ausgerichtete Leistung gehört zum zentralen
Kriterium für die Zugehörigkeit von Leistungen der Krankenhilfe als Teil der Eingliederungshilfe und damit zur sachlichen
Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers (hier im Falle der Behandlung einer suchtkranken Person wegen eines akuten
Zustandes nach Alkoholmissbrauch).
2. Ein Anspruch des Krankenhausträgers gegen den sachlich und örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe kommt - außerhalb
des § 25 SGB XII - weder aus eigenem, noch fremdem Recht, namentlich dem originären Anspruch des Patienten gegen den Sozialhilfeträger auf
Hilfe bei Krankheit in Betracht.
Normenkette: SGB XII § 3 Abs. 2 ,
SGB XII § 17 Abs. 1 S. 2
,
SGB XII § 19 Abs. 3 ,
SGB XII § 19 Abs. 6 ,
SGB XII § 23 Abs. 1 S. 1
,
SGB XII § 25 S. 2
,
SGB XII §§ 47 ff.
,
SGB XII § 48 ,
SGB XII § 52 S. 1
,
SGB XII §§ 53 ff.
,
SGB XII § 53 Abs. 1 S. 1
,
SGB XII § 53 Abs. 2 S. 2
,
SGB XII § 60 ,
SGB XII § 97 Abs. 1 ,
SGB XII § 97 Abs. 2 S. 1
,
SGB XII § 98 Abs. 1 S. 1
,
SGB XII § 98 Abs. 2 S. 1 und S. 3
,
EinglHV § 3 Nr. 3 ,
,
,
,
,
,
Vorinstanzen: SG Aachen 07.02.2017 S 20 SO 25/16
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.02.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Klägerin als Nothelfer für zwei stationäre
Krankenhausbehandlungen vom 31.01.2015 bis 04.02.2015 in Höhe von 2.731,98 EUR und vom 18.07.2015 bis 21.07.2015 in Höhe von
2.788,33 EUR, insgesamt 5.520,31 EUR.
Die Klägerin betreibt als Anstalt des öffentlichen Rechts das Universitätsklinikum.
Der am 00.00.1964 geborene polnische Staatsangehörige X (im Folgenden: Patient) ist obdachlos und ohne festen Wohnsitz. Er
hat ständig wechselnde Aufenthalte in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und der Schweiz. In B hält er sich
häufig im Obdachlosen-"Café Q" auf. Er ist weder privat noch gesetzlich krankenversichert. Ein Krankenversicherungsschutz
in Polen besteht ebenfalls nicht. Der Patient leidet an psychischen und Verhaltensstörungen, Leberzirrhose und chronischer
Bauchspeicheldrüsenentzündung als Folge einer Alkoholsucht sowie anderen Krankheiten. In den vergangenen Jahren wurde er wiederholt
und aus unterschiedlichen Anlässen durch Polizei und Rettungsdienst in die Notaufnahme verschiedener Krankenhäuser gebracht;
allein die Klägerin verzeichnete in der Zeit von Juli 2012 bis September 2016 dreißig Aufenthalte in ihrer Klinik.
Am Samstag, 31.01.2015 um 01:20 Uhr erfolgte eine Notaufnahme des Patienten in stark alkoholisiertem Zustand (2,68 Promille
Alkoholgehalt im Blut) in der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und internistische Intensivmedizin (Medizinische
Klinik III) der Klägerin. Der Patient klagte über gürtelförmige Schmerzen im Bauchbereich. Die Ärzte diagnostizierten u.a.
eine akute Alkoholintoxikation mit sekundärer chronischer Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung). Die Klägerin teilte
der Beklagten vorsorglich per Fax am Sonntag, 01.02.2015, um 09:49 Uhr die Notfallaufnahme mit und beantragte die Übernahme
der Kosten der stationären Behandlung. Nach deutlicher Besserung unter Flüssigkeitszufuhr und Schmerzmedikation wurde der
Patient am 04.02.2015 entlassen. Für die Behandlung machte die Klägerin Kosten in Höhe von 2.731,98 EUR geltend (Rechnung
vom 01.04.2015).
Am Samstag, den 18.07.2015, um 09:47 Uhr erfolgte eine weitere Notfallaufnahme des Patienten in stark alkoholisiertem Zustand
(2,44 Promille) in der Medizinischen Klinik III der Klägerin; er war zuvor bewusstlos am Bahnhof aufgefunden worden. Die Ärzte
diagnostizierten u.a. eine akute Alkoholintoxikation, alkoholbedingte Verhaltensstörungen und hatten den Verdacht auf eine
ethyltoxische akute Episode der Pankreatitis. Die Klägerin teilte der Beklagten vorsorglich per Fax am Sonntag, 19.07.2015,
um 10:27 Uhr die Notfallaufnahme mit und beantragte die Übernahme der Kosten der stationären Behandlung. Nach deutlicher Beschwerdebesserung
unter Schmerzmedikation wurde der Patient am 21.07.2015 entlassen. Die Klägerin macht für diese stationäre Behandlung 2.788,33
EUR geltend (Rechnung vom 14.08.2015).
Am 06.08.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, "nach dem Bundessozialhilfegesetz" sei der Beigeladene als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Übernahme von Kosten einer stationären Behandlung von
Behinderten und Kranken, konkret von Suchtkranken sachlich zuständig, wenn die Behinderung oder das Leiden die Behandlung
erfordere. Daraufhin sandte die Klägerin die Krankenhausberichte über die beiden stationären Behandlungsfälle an den Beigeladenen.
Mit Schreiben vom 23.09.2015 teilte der Beigeladene der Klägerin mit, er habe die Unterlagen zuständigkeitshalber an die Beklagte
abgegeben. Den Krankenhausberichten sei zu entnehmen, dass die wesentliche Behinderung nicht behandelt worden sei; die Aufenthalte
seien der Krankenhilfe zuzuordnen und lägen somit nicht in der Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers.
Mit Bescheid vom 03.12.2015 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten der beiden streitgegenständlichen Krankenhausbehandlungen
ab. Zur Begründung führte sie aus, da sich der Patient in Deutschland aufhalte, ohne Sozialleistungen zu beziehen, sei davon
auszugehen, dass er über irgendwelche Mittel verfüge, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Aufgrund seines unbekannten
Aufenthaltes und der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse lägen die Voraussetzungen
eines Nothilfeanspruchs nach § 25 SGB XII nicht vor.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.12.2015 Widerspruch ein. Der Patient halte sich wechselweise an unterschiedlichen Orten
in verschiedenen Ländern ohne festen Wohnsitz auf. Selbst wenn er über irgendwelche finanziellen Mittel - nach eigenen Angaben
des Patienten erlange er solche durch Betteln - verfüge, reichten diese allenfalls aus, sich seine täglich erforderlichen
Nahrungsmittel zu besorgen, nicht aber, um Krankenhausbehandlungskosten zu bezahlen. Der Patient sei von Mitarbeitern der
Klinik mit Kleidung, Waschutensilien und Rucksack versorgt worden. Vorrangige Krankenversicherungsansprüche bestünden nicht.
Die Beklagte bzw. Städteregion B wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 als unbegründet zurück. Der
Patient sei unter der einzig bekannten polnischen Adresse nicht zu erreichen gewesen; beim Einwohnermeldeamt, Ausländeramt
und dem Jobcenter sei der Patient nicht bekannt (abgesehen von einem im Januar 2015 gestellten SGB II-Leistungsantrag, der mangels Mitwirkung abgelehnt worden sei). Aus Angaben des Patienten, die er am 08.07.2015 anlässlich
einer notfallmäßigen Aufnahme im N-hospital B gemacht habe, ergebe sich, dass er möglicherweise ein Haus in Polen besitze
und gelegentliches Einkommen habe. Beides sei ungeklärt und stehe einem Anspruch nach § 25 SGB XII entgegen.
Dagegen hat die Klägerin am 02.03.2016 Klage bei dem Sozialgericht Aachen erhoben. Zur Begründung hat sie auf mehrere - nicht
streitbefangene - stationäre Behandlungen verwiesen, deren Kosten der Beigeladene übernommen habe. In diesen Fällen sei der
Patient jeweils in der Klinik für Psychiatrie untergebracht gewesen. Aufgrund der Suchterkrankung des Patienten komme eine
Zuständigkeit und Erstattungspflicht des Beigeladenen im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. SGB XII zum Tragen, denn seit 2012 sei eine schwere Alkoholabhängigkeit des Patienten nachgewiesen. Alle Behandlungen des Patienten
beträfen die Suchterkrankung oder seien auf diese zurückzuführen. Angesichts seiner persönlichen Verhältnisse (Obdachlosigkeit,
kein Krankenversicherungsschutz, kein Sozialleistungsbezug, wiederholter Unterschlupf in Obdachlosenunterkunft) sei der Patient
in Bezug auf die Kosten der stationären Krankenhausaufenthalte sozialhilfebedürftig. Bei seinen verschiedenen Aufenthalten
habe er noch nicht einmal über die notwendigste Grundausstattung verfügt, so dass ihm immer wieder Kleidung und Körperpflegeutensilien
zur Verfügung gestellt worden seien. Die Kostenübernahmeanträge seien rechtzeitig bei der Beklagten gestellt worden. Es habe
jeweils ein Notfall vorgelegen. Sie - die Klägerin - wende sich ferner gegen eine Begrenzung des Nothilfeanspruchs ("pro rata
temporis") auf die Behandlungskosten, die bis zur Kenntnis der Beklagten von dem Hilfefall angefallen sind. Das BSG habe im Urteil vom 18.11.2014 (B 8 SO 9/13 R) festgestellt, dass ein Krankenhaus als Nothelfer, das sich seinen Obliegenheiten
entsprechend verhält, auch bei einer Abrechnung "pro rata temporis" einen umfassenden Kostenerstattungsanspruch für die gesamte
Behandlung erlange. Damit habe das BSG entschieden, dass dem Nothelfer ein umfänglicher Erstattungsanspruch zustehe. Jedenfalls aber stehe ihr ein Anspruch aus
§ 25 SGB XII für die ersten beiden Behandlungstage der streitbefangenen Krankenhausaufenthalte zu, da der Patient jeweils am Samstag aufgenommen
worden sei und die Beklagte frühestens am Montag Kenntnis von dem per Fax gemeldeten Hilfefall hätte erlangen können. Im Übrigen
habe der Patient seinen (eventuellen) Sozialhilfeanspruch in Bezug auf die Krankenhauskosten an die Klägerin abgetreten. Zwar
sei eine Übertragung von Sachleistungen aufgrund deren höchstpersönlichen Natur grundsätzlich ausgeschlossen; anders sei es
aber, wenn die Leistung bereits beschafft worden und der Leistungszweck erfüllt sei. Ein in einen Kostenerstattungsanspruch
umgewandelter Sachleistungsanspruch sei nicht höchstpersönlicher Natur und daher übertragbar. Zudem sei die Übertragung im
wohlverstandenen Interesse des Patienten gewesen.
Die Klägerin hat bezüglich der streitbefangenen Krankenhausbehandlungsfälle eine jeweils vom Patienten unterschriebene "Auszahlungsvereinbarung"
vorgelegt, in der dieser sich damit einverstanden erklärt hat, "dass die mir nach Prüfung und Bewilligung durch die Sozialbehörde
zustehenden Sozialleistungen im Rahmen der Krankenhilfe bezüglich der Behandlung vom: ... an das Universitätsklinikum B unmittelbar
ausgezahlt werden."
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 03.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2016 aufzuheben und die Beklagte,
hilfsweise den Beigeladenen zu verurteilen, ihr die Kosten der stationären Krankenhausbehandlungen des Patienten X vom 31.01.
bis 04.02.2015 in Höhe von 2.731,98 EUR und vom 18.07. bis 21.07.2015 in Höhe von 2.788,33 EUR, insgesamt 5.520,31 EUR, zu
erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es blieben weiterhin Zweifel hinsichtlich der Bedürftigkeit des Patienten. Angesichts seines hohen Alkoholkonsums bedürfe
er regelmäßig erheblicher Geldbeträge. Dass er diese nur durch Betteln erlangt habe, sei zu bezweifeln. Auch habe der Patient
am 08.07.2015 gegenüber dem N-hospital erklärt, dass seine Mutter ihm ein Haus in Polen überschrieben habe. Auch insoweit
sei unklar, ob und ggf. in welcher Höhe er Vermögen besitze. Auch sei der Beigeladene für die Übernahme der Kosten der Krankenhausbehandlungen
in den beiden hier streitgegenständlichen Fällen zuständig. Die Voraussetzungen für Eingliederungshilfe lägen vor, weil es
sich um eine länger dauernde Suchbehandlungsmaßnahme handele. In einer solchen fielen alle Phasen der Behandlung (Entgiftung,
Behandlung von Folgekrankheiten und sozialer Entwöhnung) unter die Eingliederungshilfe. Ferner komme ein Nothilfeanspruch
jeweils nur bis zum Zeitpunkt einer möglichen Kenntnis des Sozialhilfeträgers, in den beiden streitigen Fällen also jeweils
nur für die ersten beiden Behandlungstage, in Betracht. Die Abtretung von (eventuellen) Sozialhilfeansprüchen des Patienten
sei durch § 53 SGB I und speziell § 17 SGB XII ausgeschlossen. § 17 SGB XII sehe wegen der höchstpersönlichen Natur sozialhilferechtlicher Ansprüche, unabhängig davon, ob Geld- oder Sachleistungen
betroffen seien, sogar ein generelles Abtretungsverbot vor. Soweit in der Rechtsprechung im Übrigen ein Anspruch auf Kostenerstattung
bzw. Freistellung von einer Forderung für abtretbar gehalten werde, betreffe dies nur einen bereits festgestellten Anspruch.
Auch könne in einem solchen Fall der Abtretungsempfänger die Feststellung des Anspruchs nicht selbst betreiben.
Der Beigeladene hat schriftsätzlich beantragt,
die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.
Er sei für die beiden streitbefangenen Fälle sachlich nicht zuständig. Zwar gehöre der Patient aufgrund der bei ihm vorliegenden
Alkoholabhängigkeit zum Personenkreis der Suchtkranken. Jedoch sei er nicht wegen seiner Alkoholsucht, sondern akuter Krankheitsgeschehen
(Pankreatitis) behandelt worden. Ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Suchterkrankung und Krankenhausbehandlung habe
nicht bestanden. Nicht bei jeder Folgeerkrankung sei der überörtliche Sozialhilfeträger sachlich zuständig. Für Sekundärleiden,
die sich mittelbar aus der Suchterkrankung entwickelten, für sich genommen jedoch keine wesentliche Behinderung darstellten,
sei er nicht zuständig, da der gesetzlich geforderte unmittelbare Kausalzusammenhang zwischen Behinderung und stationärer
Behandlung fehle. Soweit er in drei Behandlungsfällen die Kosten übernommen habe, sei der Patient jeweils stationär auf der
psychiatrischen Intensivstation wegen der Diagnose "psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom"
unmittelbar wegen der Suchterkrankung behandelt worden.
Mit Urteil vom 07.02.2017 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des angegriffenen Bescheides verurteilt, an die
Klägerin 3.224,88 EUR zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Die Klage sei zulässig und gegenüber der Beklagten teilweise begründet. Soweit sie sich hilfsweise gegen den Beigeladenen
richte, sei sie unbegründet.
Eine Kostentragungspflicht des Beigeladenen in Bezug auf die streitbefangenen Krankenhausbehandlungsfälle bestehe nicht. Zwar
gehöre der Patient aufgrund seiner Alkoholsucht grundsätzlich zum Personenkreis der Suchtkranken und sei der Beigeladene als
überörtlicher Träger der Sozialhilfe nach § 97 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII für Leistungen der Eingliederungshilfe für wesentlich behinderte Menschen, zu denen nach § 3 Nr. 3 EinglHV Menschen mit Suchtkrankheiten gehörten, sachlich zuständig. Jedoch falle nicht jede Behandlung, zu der eine
suchtkranke Person wegen eines akuten Zustandes nach Alkoholmissbrauch in ein Krankenhaus eingeliefert werde, in die sachliche
Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers. Dies gelte insbesondere für Krankheitszustände, die sekundäre Folgen der
primären Alkoholsucht seien. Ursachen des Aufenthalts des Patienten seien in den beiden streitigen Behandlungsfällen jeweils
eine akute Alkoholvergiftung, eine akute Pankreatitis und akute Schmerzen, im zweiten Behandlungsfall zusätzlich eine alkoholbedingte
Bewusstlosigkeit gewesen. Allein wegen dieser Krankheitsbilder und Beschwerden, die auch nicht alkoholsüchtige Menschen erleiden
könnten, sei der Patient in der Medizinischen Klinik III der Klägerin behandelt worden. Nur dann, wenn bereits die Voraussetzungen
der Eingliederungshilfe vorlägen, weil es sich um eine länger dauernde Behandlungsmaßnahme handele, fielen alle Phasen der
Behandlung (Entgiftung, Behandlung von Folgekrankheiten und soziale Entwöhnung) unter die Eingliederungshilfe. Eine solche
länger dauernde Suchttherapie habe bisher nicht stattgefunden und finde auch derzeit bei dem Patienten nicht statt.
Die Klägerin werde jedoch durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten beschwert, da sie teilweise rechtswidrig seien.
Die Klägerin habe Anspruch auf anteilige Erstattung der Kosten für die beiden ersten Behandlungstage der zwei streitbefangenen
Krankenhausbehandlungen, im ersten Fall i.H.v. 1.365,99 EUR, im zweiten Fall i.H.v. 1.858,89 EUR, insgesamt 3.224,88 EUR.
Nach der allein einschlägigen Anspruchsgrundlage des § 25 SGB XII seien demjenigen, der in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht habe, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe
nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund
rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen habe. Dies gelte nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist
beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt werde. Im vorliegenden Fall sei die Beklagte örtlich und sachlich zuständig
gewesen, da der Patient, als er im Krankenhaus der Klägerin behandelt worden sei, seinen in den Nothelferfällen maßgeblichen
tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet der Beklagten gehabt habe. Auch habe das bedarfsbezogene Moment, also die Eilbedürftigkeit
des Eingreifens selbst, in beiden Behandlungsfällen vorgelegen. Der Patient sei jeweils an den Samstagen 31.01.2015 und 18.07.2015
in stark alkoholisiertem Zustand mit einer akuten Alkoholintoxikation und Schmerzen notfallmäßig in das Krankenhaus eingeliefert
worden. Am 18.07.2015 sei er zudem zuvor bewusstlos am Bahnhof aufgefunden worden. Es sei jeweils eine sofortige Behandlung
in einem Krankenhaus notwendig gewesen.
Zu dem bedarfsbezogenen Moment des Nothelferanspruchs nach § 25 SGB XII müsse ein sozialhilferechtliches Moment hinzukommen. Grundsätzlich dürfe eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers
objektiv nicht zu erlangen gewesen sein. Es dürfe keine Zeit zur Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers verbleiben,
um zunächst dessen Entschließung über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten. Der Anspruch des Nothelfers bestehe
in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen nur dann, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall habe
und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entstehe. Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers
bilde damit die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche des Nothelfers und des Hilfebedürftigen. Grundsätzlich
entfalle ein Eilfall, sobald der zuständige Sozialhilfeträger (wieder) dienstbereit sei, eine Obliegenheit zur Unterrichtung
bestehe und diese durch das Krankenhaus verletzt worden sei. Die Obliegenheit eines Krankenhauses, den Sozialhilfeträger zu
unterrichten, werde regelmäßig dann ausgelöst, wenn der Patient - wie hier - einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen
Krankenversicherung nicht durch Vorlage einer Versichertenkarte nachweisen könne und sich auch ansonsten keine Umstände ergäben,
aus denen die notwendige Kostensicherheit für das Krankenhaus hervorgehe (Hinweis auf BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R - u. Senat, Urt. v. 18.08.2016 - L 9 SO 328/14).
In beiden Fällen sei die vorsorgliche Mitteilung der Aufnahme des Patienten durch die Klägerin jeweils am Sonntag (01.02.2015
bzw. 19.07.2015) per Fax erfolgt. Zugleich habe die Klägerin jeweils vorsorglich die Kostenübernahme gemäß § 25 SGB XII beantragt. Da die Beklagte erst am jeweils folgenden Montag wieder dienstbereit gewesen sei und von dem Hilfefall Kenntnis
habe erlangen können, habe der den Nothelferanspruch begründende Eilfall an diesem Tag geendet.
Die Kammer gehe aufgrund der ihr bekannten Umstände davon aus, dass der Patient finanziell hilfebedürftig und nicht in der
Lage gewesen sei, die Kosten der beiden Krankenhausbehandlungen zu tragen. Nach den eigenen - glaubhaften - Angaben des Patienten
gegenüber der Klägerin und am 08.07.2012 im N-hospital B sei er seit Jahren ohne festen Wohnsitz, immer wieder in Obdachlosenunterkünften
untergekommen, habe keine Sozialleistungen erhalten, gebettelt und sei wiederholt bei seinen Krankenhauseinlieferungen derart
verarmt gewesen, dass er von Mitarbeitern der Klägerin mit neuer Kleidung, Waschutensilien und Rucksack habe versorgt werden
müssen. Ferner habe der Patient nach den zuletzt gegenüber der Klägerin gemachten Angaben kein Vermögen besessen. Soweit er
am 08.07.2015 erklärt habe, seine Mutter habe ihm "das Haus in Polen" schon überschrieben, seien diese Erklärungen derart
vage (keine Angaben zum Zeitpunkt der angeblichen Überschreibung, zum Wert des Hauses und zu dessen Verwertbarkeit), dass
daraus nicht auf verwertbares einsetzbares Vermögen geschlossen werden könne. Jedenfalls sei, soweit der Besitz entsprechenden
Vermögens unterstellt würde, dessen sofortige Verwertung nicht möglich gewesen, so dass jedenfalls ein Anspruch auf Sozialhilfe
als Darlehen anstelle eines Zuschusses (§ 91 SGB XII) bestünde.
Eine Leistungspflicht der Beklagten scheitere auch nicht am Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Insbesondere habe für den Patienten während der beiden Krankenhausaufenthalte kein Krankenversicherungsschutz bestanden.
Einer Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V stehe hier der Ausschluss nach § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V entgegen. Danach seien Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union von der Versicherungspflicht nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht erfasst, wenn die Voraussetzungen für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes
nach § 4 FreizügG/EU sei. Die in Bezug genommene Regelung des § 4 Satz 1 FreizügG/EU bestimme wiederum u.a., dass nicht erwerbstätige Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) nur dann hätten, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügten. Allein
die entsprechende Verpflichtung nach § 4 FreizügG/EU schließe dabei die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus; auf eine tatsächliche Absicherung für den Krankheitsfall komme es nicht an (Hinweis auf BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R). Der Patient habe diesem Personenkreis unterlegen. Auch sonst gebe es keine Anhaltspunkte
für eine anderweitige Absicherung des Patienten im Krankheitsfall, die gegenüber einem Anspruch auf Krankenhilfe nach § 48 SGB XII vorrangig wäre.
Der nach alledem dem Grunde nach bestehende Nothelferanspruch der Klägerin sei allerdings der Höhe nach auf die Erstattungen
von Aufwendungen "in gebotenem Umfang" begrenzt (§ 25 Satz 1 SGB XII). Soweit bei Hilfebedürftigkeit und in Kenntnis der Notlage von der Beklagten Hilfe bei Krankheit nach § 48 Satz 1 SGB XII hätte gewährt werden müssen, gälten für die Erbringung dieser Leistungen die Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V entsprechend. Um "Aufwendungen in gebotenem Umfang" handele sich es jedenfalls dann, wenn die geltend gemachte Vergütung
der nach dem SGB V und den sonstigen Normen und Verträgen entspreche. Dies sei in Bezug auf Art und Höhe der ausweislich der Rechnungen vom
01.04.2015 und 14.08.2015 aufgelisteten Leistungen anlässlich der beiden Krankenhausbehandlungen des Patienten der Fall und
zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Vergütungsansprüche der Klägerin nach dem SGB V bestimmten sich nach Fallpauschalen, die alle dabei in Anspruch genommenen Behandlungsmaßnahmen zu einer Abrechnungseinheit
zusammengefassten, ohne dass es grundsätzlich auf die Dauer des Krankenhausaufenthaltes ankomme. Als Aufwendungen im gebotenen
Umfange habe die Beklagte hiervon ausgehend eine tagesbezogene anteilige Vergütung ("pro rata temporis") zu erstatten. Soweit
das BSG in seinem Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R - ausgeführt habe, dass ein Krankenhaus als Nothelfer, das sich seinen Obliegenheiten
entsprechend verhält, auch bei einer Abrechnung "pro rata temporis" einen umfassenden Kostenerstattungsanspruch für die gesamte
Behandlung erlange und der Sozialhilfeträger, soweit Hilfebedürftigkeit des Patienten tatsächlich bestehe und das Krankenhaus
rechtzeitig Kenntnis vom Eilfall gegeben habe, auch die Kosten der Behandlung im Anschluss daran trage, folge hieraus nicht,
dass sich dieser umfassende Kostenerstattungsanspruch aus § 25 SGB XII ergebe. Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers bilde die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche des Nothelfers
und des Hilfebedürftigen. Allein die Nothilfe mache die Vergütung nicht zu einer untrennbaren Einheit. Nach erworbener Kenntnis
i.S.d. § 18 SGB XII stünden nur dem Hilfebedürftigen selbst Sozialleistungen zu. Daher scheide ein Nothelferanspruch ab diesem Zeitpunkt aus.
Von der Gesamtzahl an Tagen, für die die Beklagte in Kenntnis der Sozialhilfebedürftigkeit Hilfe zur Krankheit zu erbringen
gehabt hätte, stehe der Klägerin als Nothelfer deshalb eine Kostenerstattung nur für die Anzahl von Tagen, an denen ein Eilfall
vorlag, zu (Hinweis auf Senat, Urt. v. 18.08.2016 - L 9 SO 328/14). Dies betreffe für die hier streitigen Behandlungsfälle
jeweils die beiden ersten Behandlungstage (Samstag und Sonntag). Unter Außerachtlassung des jeweiligen Entlassungstages, der
bei der Berechnung der Krankenhausvergütung nicht mitgezählt werde, was auch den entsprechenden Krankenhausrechnungen vom
01.04.2015 und 14.08.2015 zu entnehmen sei, umfasse der Vergütungsanspruch der Klägerin für die erste Behandlung (31.01. bis
04.02.2015) vier Belegungstage (31.01. bis 03.02.2015), für die zweite Behandlung (18.07. bis 21.07.2015) drei Belegungstage
(18.07. bis 20.07.2015). Der Nothelferanspruch umfasse somit anteilig ("pro rata temporis") zwei von vier Belegungstagen und
betrage auf den Rechnungsbetrag bezogen zwei Viertel von 2.731,98 EUR, also 1.365,99 EUR. Für den zweiten Behandlungsfall
umfasse der Anspruch zwei von drei Belegungstagen und betrage auf den Rechnungsbetrag bezogen zwei Drittel von 2.788,33 EUR,
also 1.858,89 EUR, insgesamt 3.224,88 EUR.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der verfolgte Anspruch nicht aus abgetretenem Recht begründet. Es fehle bereits an
einer Erklärung des Patienten, durch die er seinen (eventuell) gegenüber der Beklagten bestehenden Anspruch auf Sozialhilfe
wirksam an die Klägerin abgetreten habe. Diese werde nicht durch die jeweils unterschriebene "Auszahlungsvereinbarung" ersetzt.
Sie beinhalte keine Abtretung eines Anspruchs, sondern lediglich das Einverständnis des Patienten, dass die Sozialbehörde
eine ihm zustehende Sozialleistung unmittelbar an die Klägerin auszahlen dürfe. Selbst wenn in den beiden Auszahlungsvereinbarungen
jeweils eine konkludente Abtretungserklärung läge, wäre diese nicht wirksam, weil sie gegen ein gesetzliches Abtretungsverbot
verstieße. § 53 Abs. 1 SGB I bestimme allgemein für alle Sozialleistungsbereiche, dass Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen - bei dem Anspruch auf
Krankenhilfe nach § 48 SGB XII handele es sich um einen Sachleistungsanspruch - weder übertragen noch verpfändet werden könnten. Eine Übertragung solcher
Leistungen sei aufgrund ihrer höchstpersönlichen Natur nicht möglich, so dass eine Abtretung entsprechend § 399 BGB ausgeschlossen sei. Auch soweit das BSG eine Abtretung von Sozialleistungsansprüchen dann für möglich halte, wenn der Berechtigte die Leistung selbst vorfinanziert
habe oder gegenüber dem zuständigen Leistungsträger zur Vermeidung eines Rückgriffs einen Anspruch auf Freistellung von den
Kosten der Krankenhaushandlung habe, den er an den Gläubiger abtrete und sich dadurch in der Person des Gläubigers der zu
tilgenden Leistung in einen Zahlungsanspruch umwandele (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R), könne die Klägerin daraus keinen Anspruch auf Übernahme der vollständigen Kosten der
beiden Krankenhausbehandlungen des Patienten herleiten. Zum einen gelte im Bereich des Sozialhilferechts das weitergehende
- absolute - Abtretungsverbot des § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Zum anderen setze eine Abtretung wegen des höchstpersönlichen Charakters der Leistung voraus, dass der Anspruch bereits
festgestellt sei. Auch könne der Zessionar, hier die Klägerin, die Feststellung des Anspruchs nicht selbst betreiben. Würde
nämlich mit der Abtretung zugleich die Befugnis übertragen, die Feststellung des Kostenerstattungsanspruchs zu betreiben,
bestünde die Gefahr, dass sich - etwa unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung von Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB I - der Hilfebedürftige von Datensubjekt zum Zeugen wandeln würde, der grundsätzlich auszusagen hätte, eingeschränkt nur durch
die allgemeinen Grenzen der Zeugnisverweigerung. Dieser Gedanke wohne auch § 17 SGB XII inne, der wegen der höchstpersönlichen Natur sozialhilferechtlicher Ansprüche ein generelles Abtretungsverbot vorsehe (Hinweis
auf BSG, a.a.O.).
Gegen dieses der Klägerin am 02.03.2017 zugestellte Urteil richtet sich die (nur) von ihr am 14.03.2017 eingelegte Berufung,
die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Urteil sei fehlerhaft, soweit es den Anspruch gegen den vorrangig Leistungspflichtigen versage und diesen auf die Tage
bis zur Kenntnisnahme des Sozialhilfeträgers beschränke. Aufgrund der Suchterkrankung des Patienten komme eine Zuständigkeit
des beigeladenen LVR für Maßnahmen der Eingliederungshilfe in Betracht. Denn der Patient unterfalle als Suchtkranker dem entsprechenden
Kreis der Leistungsberechtigten nach §§ 53 ff. SGB XII. Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gehe als spezielle Hilfeart anderen Hilfearten der Sozialhilfe mit allgemeiner,
nicht auf den Personenkreis der behinderten Menschen beschränkter Aufgabenstellung vor. Deshalb könne z.B. auch die Behandlung
einer akuten Krankheit unter die Eingliederungshilfe fallen. Deren Leistungen seien als umfassendere Hilfe insbesondere gegenüber
einer Krankenhilfe nach § 48 SGB XII vorrangig. Aufgrund der bei dem Patienten bereits seit 2012 nachweisbaren schweren Alkoholabhängigkeit mit den hieraus resultierenden
Begleiterkrankungen sei von einer seelischen Behinderung gemäß § 3 Nr. 3 EinglHV auszugehen. Alle durchgeführten Behandlungen
beträfen die Suchterkrankung des Patienten oder seien auf diese zurückzuführen. So habe die Alkoholabhängigkeit bereits schwere
Begleiterkrankungen wie eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung nach sich gezogen. Auch diese stelle eine erhebliche
organische Funktionsstörung i.S.d. § 1 Nr. 3 EinglHV dar. Darüber hinaus lägen bei dem Patienten auch psychische und physische
Verhaltensstörungen vor. Auch mache die Lebenssituation des Patienten deutlich, dass dieser durch die bei ihm vorliegende
Suchterkrankung wesentlich in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sei. Die Krankengeschichte
des Patienten mache deutlich, dass der Schwerpunkt der bereits erfolgten und immer wiederkehrenden Behandlungsmöglichkeiten
auf die Suchterkrankung des Patienten zurückzuführen sei. Dementsprechend sei der Beigeladene, der auch in der Vergangenheit
diverse Kosten für die stationäre Behandlung des Patienten im Krankenhaus der Klägerin übernommen habe, vorrangig leistungspflichtig.
Ferner bestehe ein Anspruch auf vollständige Erstattung der Behandlungskosten. Der Abtretungsausschluss des § 53 SGB I greife nicht, wenn die entsprechende Leistung bereits beschafft worden und der Leistungszweck damit erfüllt sei. Ein Sachleistungsanspruch
könne sich, soweit im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung ein unaufschiebbarer Eil- bzw. Notfall vorgelegen habe,
in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet auf Geld umwandeln. Dieser sei wiederum nicht höchstpersönlicher Natur und könne
daher übertragen oder verpfändet werden. Da es sich insoweit um einen Sekundäranspruch handele, greife der Abtretungsausschluss
nicht. Dieser habe auch einen anderen Inhalt als die Notlagenhilfe. Hier sei der Patient bei jedem Aufenthalt aufgrund einer
unaufschiebbaren Notfallsituation durch die Klägerin behandelt worden. Der Sachleistungsanspruch des Patienten auf Krankenhilfe
sei unmittelbar durch die klägerische Behandlung erfüllt worden. Die Selbstbeschaffung sei die einzige Möglichkeit für den
Patienten gewesen, die streitgegenständliche Sachleistung zu erhalten. Auch sei die Kostenübernahme aufgrund der bis zum heutigen
Tage bestehenden Verweigerungshaltung von Beklagter und Beigeladenem nicht rechtzeitig erteilt worden. Demnach habe sich der
Sachleistungsanspruch durch Erfüllung in einen Erstattungsanspruch umgewandelt, welcher auf die Klägerin aufgrund der Unterzeichnung
der "Auszahlungsvereinbarung" durch den Patienten übertragen worden sei. Überdies lägen die Voraussetzungen für eine Übertragung
des Geldleistungsanspruchs gemäß § 53 Abs. 2 SGB I vor. Die Übertragung habe im wohlverstandenen Interesse des Patienten gelegen, weil dieser für die Abtretung ein volles wirtschaftliches
Äquivalent in Form der erbrachten Krankenhausbehandlung erhalten habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.02.2017 abzuändern und, soweit es die Klage abgewiesen hat, die Beklagte, hilfsweise
den Beigeladenen, zu verurteilen, ihr auch die weiteren Kosten für die Behandlung des Patienten X vom 02.02.2015 bis 04.02.2015
in Höhe von 1.365,99 EUR und vom 20.07.2015 bis 21.07.2015 in Höhe von 929,44 EUR, insgesamt 2.295,43 EUR, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Aufgrund der in beiden Behandlungsfällen festgestellten Diagnose F.10.0 (psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol:
akute Intoxikation [Rausch]) und der Tatsache, dass der Beigeladene schon in der Vergangenheit Behandlungskosten im Rahmen
der Eingliederungshilfe aufgrund der Alkoholsucht des Patienten übernommen habe, könne Ursache für die alkoholinduzierte akute
Pankreatitis nur ein chronischer Alkoholmissbrauch und somit die Suchterkrankung sein. Damit bestehe ein Kausalzusammenhang
zwischen der Suchterkrankung und der stationären Behandlung, so dass die sachliche Zuständigkeit des Beigeladenen gegeben
sei. Hinsichtlich der "Auszahlungsvereinbarung" habe das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch
auf Erstattung der kompletten Behandlungskosten habe.
Der im Verhandlungstermin nicht durch einen Terminsvertreter anwesende Beigeladene verteidigt das angefochtene Urteil, soweit
es die gegen ihn hilfsweise gerichtete Klage abgewiesen hat. Das Sozialgericht habe zu Recht die sachliche Zuständigkeit des
Beigeladenen in den streitbefangenen Zeiträumen verneint. Insbesondere ergebe sich aufgrund des Umstandes, dass der Patient
grundsätzlich als Suchtkranker zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe gehöre, nicht, dass dem überörtlichen
Sozialhilfeträger eine Allzuständigkeit für sämtliche stationären Krankenhausbehandlungen zukomme. Dies gelte insbesondere
nicht für jede stationäre Akuterkrankung, die überwiegend aus anderen als behinderungsbedingten Gründen erforderlich sei.
Dies sei hier der Fall gewesen, selbst wenn die behandlungsbedürftigen Folgen auf einen übermäßigen Alkoholgenuss des Betroffenen
zurückzuführen seien. Diese stellten für sich genommen jedoch keine wesentliche Behinderung dar. Hier sei es im Rahmen der
Krankenhausbehandlungen um akute Vorkommnisse und nicht primär um die Behandlung der Suchterkrankung des Patienten gegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten
und des Beigeladenen Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin von der Beklagten
eine höhere Erstattung ihrer Aufwendungen als insgesamt 3.224,88 EUR begehrt. Ferner hat es den - hilfsweise - gegen den Beigeladenen
geltend gemachten Anspruch bereits mangels sachlicher Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers zu Recht verneint.
1.) Streitgegenstand ist der ursprüngliche - ablehnende - Bescheid der Beklagten vom 03.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 02.02.2016, gegen den sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 i.V.m. § 56 SGG) wendet.
2.) Ein - hilfsweise geltend gemachter - Anspruch der Klägerin gegen den beigeladenen überörtlichen Sozialhilfeträger, kommt
- gleich aus welchem Rechtsgrund - schon mangels sachlicher Zuständigkeit für die Übernahme der streitigen Behandlungskosten
nicht in Betracht (unter a.). Ferner hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen höheren Anspruch auf Aufwendungsersatz als
insgesamt 3.224,88 EUR aus dem Gesichtspunkt der Nothilfe (§ 25 SGB XII); damit ist die Klage hinsichtlich des weiteren Erstattungsbetrages in Höhe von insgesamt 2.295,43 EUR unbegründet (unter
b.). Ebenso wenig kommt ein höherer Zahlungsanspruch aus anderen Rechtsgrundlagen, insbesondere abgetretenem Recht, in Betracht
(unter c.).
a) Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch gegen den Beigeladenen auf Erstattung der stationären Krankenbehandlungskosten
für die Zeit vom 31.01.2015 bis 04.02.2015 und vom 18.07.2015 bis 21.07.2015 scheitert, wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt
hat, bereits an dessen fehlender sachlicher Zuständigkeit. Diese richtet sich nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a der Ausführungsverordnung NRW zum SGB XII - (AV-SGB XII NRW) i.d.F. bis 30.06.2016, s. ab dem 01.07.2016 § 2a Abs. 1 Nr. 1 lit. a des Ausführungsgesetzes NRW zum SGB XII - (AG-SGB XII NRW). Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig für Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des
SGB XII für Personen, die in § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII genannt sind, Menschen mit einer geistigen Behinderung, Menschen mit einer seelischen Behinderung oder Störung, Anfallskranke
und Suchtkranke bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn es wegen der Behinderung oder des Leidens dieser Personen in
Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalles erforderlich ist, die Hilfe in einer teilstationären oder stationären Einrichtung
zu gewähren; dies gilt nicht, wenn die Hilfegewährung in der Einrichtung überwiegend aus anderen Gründen erforderlich ist.
Die landesrechtliche Regelung setzt somit voraus, dass Leistungen in teilstationären oder stationären Einrichtungen u.a. nach
dem Fünften Kapitel des SGB XII (Hilfen zur Gesundheit, §§ 47 ff. SGB XII) gerade deswegen im Rahmen der Eingliederungshilfe zu gewähren sind, weil sie "wegen" der Behinderung der dem Grunde nach
anspruchsberechtigten Person erforderlich sind. Damit knüpft die Regelung zur Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers
erkennbar an die (bundesgesetzlichen) materiell-rechtlichen Vorschriften der Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII, EinglHV) an, indem sie die auch außerhalb des Sechsten Kapitels des SGB XII zu erbringenden Leistungen an die Behinderung der betreffenden Person knüpfen. Dies bedeutet, dass gerade die Behinderung
für die erbrachten Leistungen in einer Einrichtung kausal gewesen sein muss ("wegen"). Die Anknüpfung an die Behinderung ist
somit das konstitutive Merkmal für die Leistungskonzentration beim überörtlichen Sozialhilfeträger. Dem entsprechen auch die
Grundsätze für die materiell-rechtliche Abgrenzung von Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII) einerseits und Hilfe bei Krankheit (§ 48 ff. SGB XII) andererseits. Danach trifft es zwar zu, dass die Eingliederungshilfe bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen der Hilfe bei Krankheit
als die umfassendere Leistung vorgeht. Der Leistungsberechtigte muss zu dem in § 53 Abs. 1 SGB XII genannten Personenkreis gehören, während der Einsatz der medizinischen Mittel im Rahmen der Hilfe bei Krankheit gerade den
Eintritt einer der dort aufgeführten Behinderungen vermeiden soll. Die Hilfe bei Krankheit setzt mithin am Begriff der Krankheit
an, die Eingliederungshilfe am Begriff der Behinderung (BSG, Urt. v. 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R -, juris Rn. 35 a.E.; Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 48 Rn. 16). Für die Hilfe bei Krankheit ist in Abgrenzung von der Eingliederungshilfe charakteristisch, dass durch eine medizinische
Behandlung Aussicht auf Heilung besteht und zumindest der Versuch unternommen wird, einen Zustand in absehbarer Zeit positiv
zu verändern. Demgegenüber erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe in der Regel nur solche Personen, bei denen vorbeugende
Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit erforderlich ist, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten
droht (s. § 53 Abs. 2 Satz 2 SGB XII u. Flint, a.a.O.; s. auch Bieback, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, a.a.O., § 53 Rn. 57). Damit bestätigt insbesondere die Abgrenzungsregelung des § 53 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, dass eine gerade auf die Behinderung und nicht den "klassischen" ärztlichen Heileingriff ausgerichtete Leistung zum zentralen
Kriterium für die Zugehörigkeit von Leistungen der Krankenhilfe als Teil der Eingliederungshilfe gehört.
Hiervon ausgehend hat es sich bei den beiden streitgegenständlichen Behandlungen des Patienten in der Klinik der Klägerin
nicht um solche gehandelt, die "wegen" der Behinderung des Patienten erforderlich gewesen sind bzw. an dessen Behinderung
angesetzt haben. Auch wenn der Patient aufgrund seiner nach Aktenlage bestehenden, langjährigen Alkoholsucht zum Kreis der
seelisch wesentlich behinderten Menschen i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 60 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 3 EinglHV gehört und damit für Leistungen der Eingliederungshilfe dem Grunde nach anspruchsberechtigt ist, handelte es
sich bei den streitigen Maßnahmen jeweils um die Behandlung von (potenziell lebensbedrohlichen) Akuterkrankungen, die ausschließlich
dazu dienten, den Gesundheitszustand des Patienten soweit zu stabilisieren, dass er zügig aus der stationären Behandlung entlassen
werden konnte. So waren ausweislich der Entlassungsberichte der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und
internistische Intensivmedizin vom 03.02.2015 und 21.07.2015 jeweils akute Krankheitszustände wie eine Alkoholvergiftung (Blutalkohol
jeweils 2,68 Promille bzw. 2,44 Promille), sekundäre akute Pankreatitis mit entsprechenden Schmerzsymptomen sowie bei der
zweiten streitgegenständlichen Krankenbehandlung eine durch Alkoholkonsum bedingte Bewusstlosigkeit zu verzeichnen. In beiden
Fällen gelang es jedoch durch Flüssigkeitssubstitution und eine analgetische Therapie, eine rasche Stabilisierung des Gesundheitszustandes
des Patienten zu erreichen. Bemerkenswert ist ausweislich der Entlassungsberichte, dass eine für Alkoholiker typische Entzugssymptomatik
während der stationären Aufenthalte nicht aufgetreten ist; auch fehlten in diesem Zusammenhang Hinweise auf Wahrnehmungsstörungen
im Sinne eines Delirs o.ä. Daraus folgt, dass es sich bei den streitigen Maßnahmen lediglich um klinisch-organische Behandlungen
gehandelt hat, die zwar mit der langjährigen Alkoholsucht im Zusammenhang standen, jedoch lediglich an deren (sekundären)
Folgeerkrankungen angesetzt haben. Dagegen haben gezielt auf die Alkoholsucht des Patienten bezogene Behandlungen, etwa eine
Entwöhnungsbehandlung (die ggf. auch die Behandlung von Folgeerkrankungen mit eingeschlossen hätten), in den streitigen Zeiträumen
von 31.01.2015 bis 04.02.2015 und vom 18.07.2015 bis 21.07.2015 ausweislich der medizinischen Unterlagen, insbesondere der
o.a. Entlassungsberichte, nicht stattgefunden. Nur eine solche ggf. länger andauernde Suchttherapie bzw. Entzugsbehandlung
hätte jedoch an der Behinderung des Patienten angesetzt und damit die "Brücke" zu einer Krankenbehandlung als Leistung der
Eingliederungshilfe geschlagen. Genau dies war hier jedoch nicht der Fall. Es ging ausschließlich darum, den Patienten wieder
klinisch zu stabilisieren, nicht aber Maßnahmen zu einer systematischen Alkoholentwöhnung, etwa durch eine Substitutionsbehandlung
mit begleitender Psychotherapie, einzuleiten. Diese wurde dem Patienten ausweislich der Entlassungsberichte lediglich empfohlen
bzw. ein Termin zur ambulanten psychiatrischen Anbindung an die Tagesklinik der Klägerin vergeben. Dieser hat aber augenscheinlich
nicht stattgefunden und hätte mit den hier streitigen Krankenbehandlungen ohnehin nicht im Zusammenhang gestanden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es auch nicht darauf an, dass die streitigen Krankenbehandlungen unstreitig im
Zusammenhang mit der Suchterkrankung des Patienten standen bzw. eine Folge von dessen Alkoholabusus waren. Würde man der Argumentation
der Klägerin folgen, resultierte eine Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers bereits allein aus dem Umstand, dass
es sich bei dem Patienten um einen Suchtkranken handelt und er damit zum für Leistungen der Eingliederungshilfe dem Grunde
nach anspruchsberechtigten Personenkreis gehört. Dies reicht nach dem Gesagten aber gerade nicht aus, einen die (All-)Zuständigkeit
des Beigeladenen auslösenden Anspruch auf Eingliederungshilfe zu begründen. Maßgeblich ist - gemäß den allgemeinen Regeln
für die Abgrenzung der Eingliederungshilfe von anderen Leistungen der Sozialhilfe - vielmehr die Zweck- bzw. Zielrichtung
der jeweiligen Maßnahme, solange und soweit sie zumindest auch mit der Verfolgung eines konkreten Teilhabeziels verknüpft
ist (vgl. allgemein zur Abgrenzung der Zwecksetzung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zur Zwecksetzung
von Leistungen der GKV BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 21). Eine auf die Folgen der Behinderung (hier: Suchterkrankung) ausgerichtete
Maßnahme hat in den streitigen Zeiträumen der Behandlung des Patienten jedoch gerade nicht stattgefunden, sondern lediglich
Behandlungen der jeweiligen Akuterkrankungen. Die Klägerin verkennt in diesem Zusammenhang eben, dass alleine die Suchterkrankung
des Patienten für die Abgrenzung der jeweiligen Leistung nicht maßgeblich ist, sondern die Zielrichtung der konkreten Maßnahmen.
Die von ihr monierte "Aufspaltung" in verschiedene Diagnosen bzw. Behandlungen ist damit im Gesetz angelegt. Auch ist hier
nochmals zu betonen, dass eine systematische Suchttherapie zugunsten des Patienten, die ggf. auch die Behandlung von Sekundärerkrankungen
mit eingeschlossen hätte, gerade nicht stattfand. Auch illustrieren die zahlreichen Aufenthalte des Patienten in verschiedenen
Kliniken in B sehr deutlich, dass lediglich die Symptome seiner Alkoholsucht behandelt worden sind, die Ursache des "Übels"
jedoch nie angegangen wurde. Dies mag freilich damit zusammenhängen, dass dem Patienten jegliche Krankheitseinsicht gefehlt
und dieser sich beharrlich geweigert hat, sich in eine systematische Entwöhnungstherapie zu begeben. Dies ändert - auch entgegen
der Auffassung der Beklagten - aber nichts daran, dass im vorliegenden Fall lediglich Akutbehandlungen in Rede stehen, die
nicht wegen der Behinderung des Patienten durchgeführt worden sind, sondern an den jeweiligen Krankheiten angesetzt haben.
Mithin hat das Sozialgericht zu Recht eine Zuständigkeit des Beigeladenen für die streitigen Krankenbehandlungen und damit
eine Verpflichtung zur Kostenerstattung, gleich aus welchem materiellen Rechtsgrund, verneint.
b) Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen höheren Anspruch auf Aufwendungsersatz als insgesamt 3.224,88 EUR aus dem Gesichtspunkt
der Nothilfe (§ 25 SGB XII), so dass eine Erstattungspflicht in Höhe von weiteren 2.295,43 EUR insoweit nicht besteht.
Ein Anspruch der Klägerin als Nothelfer - andere Anspruchsgrundlagen scheiden aus (s. unter c.) - kann sich nur aus § 25 SGB XII ergeben. Danach sind demjenigen, der in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen
von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf
Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1) und wenn er die Erstattung innerhalb angemessener
Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt (Satz 2).
aa) Der Anspruch der Klägerin als Nothelfer kann sich nur gegen die Beklagte als den sachlich und örtlich zuständigen Träger
der Sozialhilfe am Ort des tatsächlichen Aufenthalts des Hilfebedürftigen richten (§§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 SGB XII, §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW v. 16.12.2004 u. AV-SGB XII NRW v. 16.12.2004, gültig bis 30.06.2016). Für die örtliche Zuständigkeit ist nämlich wegen der Eilbedürftigkeit der Leistungserbringung
durch den Nothelfer der tatsächliche Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme maßgeblich. § 25 Satz 2 SGB XII begründet keine eigene Zuständigkeit für die Fälle der Nothilfe, sondern knüpft an die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen
wegen der Leistungen an, die der Träger der Sozialhilfe in Kenntnis seiner Leistungspflicht hätte erbringen müssen. Maßgeblich
ist mithin in Eilfällen, die eine Aufnahme in einer stationären Einrichtung notwendig machen, die in § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (tatsächlicher Aufenthalt) geregelte Zuständigkeit (vgl. BSG, Urt. vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R -, juris Rn. 11), selbst wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt des Hilfebedürftigen in einem
anderen Zuständigkeitsbereich besteht, der - den Eilfall hinweggedacht - die örtliche Zuständigkeit des dortigen Trägers begründen
würde (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Die Zuständigkeit richtet sich nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII. Der obdachlose Hilfebedürftige hielt sich nach Lage der Akten bei den jeweiligen Aufnahmen im Universitätsklinikum der Klägerin
am 31.01.2015 und 18.07.2015 tatsächlich in B auf, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.
bb) Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 25 Satz 1 SGB XII sowohl hinsichtlich des bedarfsbezogenen als auch sozialhilferechtlichen Moments des Nothelferanspruchs sowie unter Berücksichtigung
des nur anteilig bis zum Zeitpunkt der Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Hilfefall bestehenden Anspruchs auf Aufwendungsersatz
("pro rata temporis") für die Zeit vom 31.01.2015 bis 01.02.2015 bzw. 18.07.2015 bis 19.07.2015 zutreffend bejaht und auch
in der jeweiligen Höhe auf der Grundlage der entsprechenden Krankenhausrechnungen vom 01.04.2015 und 14.08.2015 richtig berechnet
(1.365,99 EUR bzw. 1.858,89 EUR, insgesamt also 3.224,88 EUR). Hinsichtlich Grund und Höhe des Anspruchs der Klägerin aus
§ 25 SGB XII, insbesondere was die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung, das Vorliegen des Eilfalls bis zur Kenntnis der Beklagten
vom Hilfefall an den jeweiligen Montagen nach stationärer Aufnahme des Patienten, dessen Hilfebedürftigkeit, den fehlenden
Nachrang der Sozialhilfe (keine Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wegen § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V, keine polnische Krankenversicherung) sowie die anteilige Erstattung von Aufwendungen der Klägerin durch eine Abrechnung
"pro rata temporis" anbelangt, schließt sich der Senat den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts
im angefochtenen Urteil an und sieht insoweit von einer Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Die von dem Sozialgericht auf den vorliegenden Fall zutreffend angewendeten Grundsätze im Rahmen des § 25 SGB XII entsprechen sowohl der ständigen Rechtsprechung des BSG als auch der ihr folgenden Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. hierzu nur Senat, Urt. v. 22.06.2017 - L 9 SO 137/15
-, juris Rn. 39 ff., 44 ff., 50 ff. und Senat, Urt. v. 27.06.2018 - L 9 SO 563/16 -, demnächst in juris; s. auch zuletzt BSG, Beschl. 01.03.2018 - B 8 SO 63/17 B -, juris). Im Übrigen wendet sich die Klägerin nicht mehr gegen die Höhe ihres originären
Nothelferanspruchs nach § 25 SGB XII, sondern macht hinsichtlich ihres weiteren Zahlungsbegehrens einen Anspruch aus abgetretenem Recht, nämlich demjenigen des
Patienten gegen die Beklagte nach Kenntnis vom Hilfefall, geltend. Hiermit vermag sie jedoch nicht durchzudringen (s. sogleich).
c) Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von weiteren 2.295,43 EUR, nämlich für die Zeit vom 02.02.2015 bis
04.02.2015 in Höhe von 1.365,99 EUR und vom 20.07.2015 bis 21.07.2015 in Höhe von 929,44 EUR, kommt - außerhalb des § 25 SGB XII - hingegen weder aus eigenem, noch fremdem Recht, namentlich dem originären Anspruch des Patienten gegen die Beklagte auf
Hilfe bei Krankheit (§§ 19 Abs. 3, 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und §§ 48, 52 Satz 1 SGB XII i.V.m. §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 SGB V) in Betracht. Denn der Klägerin fehlt hierzu die Aktivlegitimation, da sie insoweit nicht Anspruchsinhaberin geworden ist.
Dies ist kraft Gesetzes nur in § 19 Abs. 6 SGB XII mit seinem Anspruchsübergang auf die Einrichtung bei Tod des Leistungsberechtigten vorgesehen. Ein Fall der cessio legis
liegt hier jedoch mangels Versterbens des Patienten im Krankenhaus der Klägerin nicht vor.
Insbesondere ergibt sich ein von der Klägerin geltend gemachter Anspruchsübergang auch nicht kraft Rechtsgeschäfts des Patienten
gegenüber der Klägerin im Sinne einer Abtretung eines angeblichen Sekundäranspruchs. Dies scheitert im Anschluss an die zutreffenden
Ausführungen des Sozialgerichts bereits daran, dass aus der von dem Patienten anlässlich der jeweiligen Behandlungsfälle unterschriebenen
"Auszahlungsvereinbarung" in keiner Weise eine Abtretung (§ 398 BGB) seiner gegenüber dem Sozialhilfeträger bestehenden Ansprüche hervorgeht (vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 27.06.2018 - L
9 SO 563/16 -, dem eine ähnliche Konstellation zu Grunde lag). Soweit der Patient hierbei erklärt hat, dass er damit einverstanden
sei, "dass die mir nach Prüfung und Bewilligung durch die Sozialbehörde zustehenden Sozialleistungen im Rahmen der Krankenhilfe
bzgl. der Behandlung vom an das Universitätsklinikum B unmittelbar ausgezahlt werden", handelt es sich aus der maßgeblichen
objektiven Sicht eines verständigen, mit der Materie vertrauten Betrachters (§§ 133, 157 BGB) gerade nicht um eine Verfügung über den Sozialhilfeanspruch im Sinne eines Gläubigerwechsels, sondern lediglich eine Modifikation
der Zahlungsmodalitäten dergestalt, dass der Sozialhilfeträger mit befreiender Wirkung gegenüber dem Patienten als eigentlichem
Anspruchsinhaber Zahlungen an die Einrichtung auf den Sozialhilfeanspruch leisten kann.
Aber selbst für den Fall, dass der Patient mit den jeweiligen "Auszahlungsvereinbarungen" der Klägerin seinen originären Anspruch
oder einen von der Klägerin in den Vordergrund gerückten Sekundäranspruch gegen die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der angeblichen
Vorfinanzierung der Leistung übertragen wollte, scheitert eine solche Abtretung in beiden Fällen an § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Danach kann der Anspruch auf Sozialhilfe nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Die Regelung trägt der höchstpersönlichen
Natur (vgl. § 399 BGB) von Sozialhilfeansprüchen Rechnung und sieht grundsätzlich keine Ausnahmen vor (BSG, Urt. v. 21.09.2017 - B 8 SO 4/16 R -, juris Rn. 14). Unter das Abtretungsverbot fallen insbesondere Sachleistungen wie die
hier fragliche Hilfe bei Krankheit. Soweit das BSG hiervon (im vorliegenden Fall mangels Tod des Patienten und eingetretener Rechtsnachfolge ohnehin nicht einschlägige) Ausnahmen
zugelassen hat, hat es die Wirksamkeit einer Abtretung wegen des höchstpersönlichen Charakters des (primären) Sozialhilfeanspruchs
davon abhängig gemacht, dass der Anspruch bereits festgestellt ist und dies ausdrücklich auf einen ggf. bestehenden Erstattungsanspruch
als Geldleistungsanspruch bezogen (BSG, Urt. v. 21.09.2017 - B 8 SO 4/16 R -, juris Rn. 15). Zu einer solchen Feststellung ist es im vorliegenden Fall indes nie
gekommen, so dass der gesamten, auf den Sekundäranspruch bezogenen Argumentation der Klägerin die Grundlage entzogen ist.
Insbesondere verkennt die Klägerin auch, dass § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I, auf die sie die Zulässigkeit einer Abtretung maßgeblich stützt, wegen des nach § 37 SGB I insoweit spezielleren § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII von vornherein keine Anwendung findet, so dass auch die hierauf bezogene Argumentation ("wohlverstandenes Interesse") vollständig
ins Leere geht.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die von der Beklagten vertretene Konstruktion eines durch Inanspruchnahme der
notfallmäßigen Behandlung ohne Weiteres entstandenen "Sekundäranspruchs" des Patienten nicht nur die ständige Rechtsprechung
des BSG zur Reichweite des § 25 SGB XII ad abursdum führt, sondern auch mit § 25 SGB XII selbst nicht zu vereinbaren ist. Im Sozialhilferecht sind sekundäre Ansprüche immer dann denkbar, wenn der Hilfebedürftige
sich die (Sach-)Leistung durch Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber einem Dritten selbst beschafft hat, weil der Sozialhilfeträger
entweder nicht rechtzeitig geholfen ("unaufschiebbare Leistung", s. § 18 Abs. 6 SGB IX bzw. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a.F.) oder Hilfe rechtswidrig verweigert hat. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass dem Patienten Kosten durch
eine "Vorfinanzierung" entstanden sind, ist die quasi automatische Entstehung eines Sekundäranspruchs bei Durchführung einer
Krankenbehandlung dem Gesetz fremd. Denn die - angebliche - Selbstbeschaffung der (unaufschiebbaren) Leistung in einer Nothilfesituation
(= bedarfsbezogenes Moment des Eilfalls) ist ja gerade Gegenstand des eigenen Erstattungsanspruchs des Nothelfers nach § 25 SGB XII, während ein Sekundäranspruch des Patienten aus dem originären Sachleistungsanspruch auf Krankenhilfe hier schon deswegen
nicht entstehen konnte, weil dieser die entsprechende (Primär-)Leistung des Sozialhilfeträgers trotz Krankenbehandlung über
den Eilfall hinaus gar nicht in Anspruch genommen hat. Genau dies führt nach der Rechtsprechung des BSG ja gerade dazu, dass insoweit kein Raum für eine Erstattung von Aufwendungen des Nothelfers nach § 25 SGB XII bleibt (s. BSG, Urt. v. 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R -, juris Rn. 19; BSG, Beschl. v. 01.03.2018 - B 8 SO 63/17 B -, juris Rn. 8).
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Klägerin gehört in ihrer Eigenschaft als Nothelfer nach § 25 SGB XII zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG (vgl. BSG, Beschl. v. 11.06.2008 - B 8 SO 45/07 B -, juris Rn. 9; BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R -, juris Rn. 23).
4.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) bestehen nicht.
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