Zuständigkeit der Sozialgerichte für eine Klage gegen die Bezeichnung einer Behörde als "Jobcenter"; Anfallen von Gerichtskosten
nach § 197a SGG; Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung
Gründe
Die Beschwerde ist nach §
17a Abs.
4 Satz 3
GVG i.V.m. §
172 SGG (vgl. hierzu BSG, Beschl. vom 12.5.1998 - B 11 SF 1/97 R, SozR 3-1500 § 51 Nr. 24; Beschl. vom 28.9.2010 - B 1 SF 1/10 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 9 Rn. 11) zulässig und auch in der Sache begründet.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist nach §
51 Abs.
1 Nr.
4a SGG eröffnet. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Eine Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitsuchende liegt vor, wenn die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage
im SGB II finden kann (BSG, Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL, BSGE 105, 100 mwN; Beschluss vom 1.4.2009 - B 1 SF 1/08 R, SozR 4-1500 §
51 Nr. 6 mwN; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
51 RdNr. 29a). Lässt sich dies nicht klar ermitteln, ist danach zu fragen, ob das Begehren in engem sachlichem Zusammenhang
zur Verwaltungstätigkeit der Behörden nach dem SGB II steht (BSG, aaO).
Der Kläger richtet seine Klage gegen den Beklagten (von dem er irrig annimmt, es handele sich um eine Anstalt des öffentlichen
Rechts) und wendet sich gegen dessen Benennung als "jobcenter Vorderpfalz-Ludwigshafen". Bei dem Beklagten handelt es sich
um eine Behörde nach dem SGB II, deren Bezeichnung in § 6d SGB II geregelt ist. Die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge (Benennung des Beklagten) ergibt sich folglich aus dem SGB II, so dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach §
51 Abs.
1 Nr.
4a SGG eröffnet ist.
Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger sich an das Gericht nicht in seiner Eigenschaft als Grundsicherungsempfänger wendet.
Denn die Rechtswegzuweisung nach §
51 Abs.
1 Nr.
4a SGG setzt - wie oben dargelegt - lediglich voraus, dass sich die hergeleitete Rechtsfolge aus dem SGB II ergeben kann. Ebenfalls steht nicht entgegen, dass der Kläger selbst § 19 Satz 1 SGB X als Rechtsgrundlage für sein Begehren nennt, da sich aus dieser Vorschrift unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die vom Kläger
begehrte Rechtsfolge ergeben kann. Denn § 19 Satz 1 SGB X befasst sich nicht mit der Benennung von Behörden, sondern mit der von diesen bei ihrer Amtsführung zu verwendenden (Amts-)
Sprache. Die Vorschrift erfasst daher lediglich die im Rechtsverkehr, d. h. bei den vorzunehmenden Verfahrenshandlungen von
der Behörde zu verwendende Sprache (vgl. Roller, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 19 RdNr. 2 ff.; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 23 RdNr. 22 ff.). Die Benennung der Behörde selbst, fällt folglich nicht in den Regelungsbereich der Vorschrift. Die vom Kläger
begehrte Rechtsfolge kann sich daher nicht aus § 19 Satz 1 SGB X herleiten.
Da sich die Streitigkeit nach Normen des SGB II und damit des öffentlichen Rechts richtet, handelt es sich vorliegend auch um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im
Sinne des §
51 Abs.
1 SGG. Entgegen der Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 28.1.2014 - 7 D 10029/14.OVG) handelt es sich auch nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Der Kläger wendet sich an keiner Stelle gegen
ein Parlamentsgesetz. Dass sich die Benennung des Beklagten (um die es dem Kläger nach seinem Vortrag geht) nach gesetzlichen
Regelungen richtet, macht sein Begehren noch nicht zu einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit. Er beruft sich auch an keiner
Stelle auf Grundrechte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG. Danach werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen gehört; die §§
154 bis
162 VwGO sind hierbei entsprechend anzuwenden. Der Kläger tritt im vorliegenden Verfahren nicht in seiner Eigenschaft als Leistungsempfänger
auf (sondern meint vielmehr, sich im vermeintlichen Allgemeininteresse um die Benennung der deutschen Behörden sorgen zu müssen),
so dass er nicht zu dem nach §
183 Abs.
1 Satz 1
SGG von der Gerichtskostenpflicht befreiten Personenkreis gehört.
Obwohl die (ausschließlich vom Kläger erhobene) Beschwerde zur Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 31.7.2014
führt, waren dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Kostentragung
bei erfolgreichen Beschwerdeverfahren gegen Verweisungsbeschlüsse nach §
17a Abs.
2 GVG besteht nicht. Die Literatur plädiert in Fällen, in denen nur ein Beteiligter Beschwerde erhebt, für eine Kostentragung durch
den Prozessgegner (vgl. etwa Ehlers, in: Schoch/Schneider/ Bier,
VwGO, 26. EL 2014, §
17a GVG RdNr. 35 mwN). Im vorliegenden Fall erscheint es indes grob unbillig, dem Beklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen
(vgl. zur Unbilligkeit bei der Kostenverteilung in Beschwerdeverfahren nach §
17a Abs.
4 GVG etwa BSG, Beschl. vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R -, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 RdNr. 20 aE). Denn der Beklagte hat in keiner Weise Veranlassung zur Durchführung des vorliegenden
Verfahrens gegeben. Im Gegenteil erweist sich die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung als missbräuchlich, so dass die
entstandenen Gerichtskosten - auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren - durch sein Verschulden entstanden sind und ihm
daher nach §
155 Abs.
4 VwGO i.V.m. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG auferlegt werden können. Missbräuchlich ist eine Rechtsverfolgung etwa dann, wenn sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos
angesehen werden muss (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
192 RdNr. 9; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 16.6.2004 - L 12 AL 59/03, Breith. 2005, 81). Dies ist vorliegend gegeben: Eine durch die Benennung des Beklagten als "Jobcenter" bewirkte Rechtsverletzung des Klägers
ist unter keinem Gesichtspunkt denkbar. Der Kläger versucht vielmehr offensichtlich, die Justiz als Bühne zur Verbreitung
seiner gesellschaftspolitischen Vorstellungen zu nutzen. Ob die Benennung deutscher Behörden mit Anglizismen wünschenswert
ist, ist eine gesellschaftspolitische Frage; subjektive Rechte des Klägers auf eine bestimmte Behördenbenennung sind auch
nicht ansatzweise erkennbar. Da das Anliegen des Klägers folglich nicht der Rechtsprechung iSd Art.
92 GG zuzuordnen ist, sind die deutschen Gerichte daher weder berechtigt (vgl. z. B. §
39 DRiG) noch verpflichtet, hieran mitzuwirken (vgl. aber VG Gießen, Urteil vom 24.2.2014 - 4 K 2911/13.GI). Die Durchsetzung gesellschaftspolitischer Vorstellungen im Wege der Rechtsverfolgung vor Gericht muss vielmehr jedem
Einsichtigen als offensichtlich völlig aussichtslos erscheinen.
Auch ein Nichterheben von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Denn von einer unrichtigen Sachbehandlung kann nur dann ausgegangen werden,
wenn ein Richter Maßnahmen oder Entscheidungen trifft, die den richterlichen Handlungs-, Bewertungs- und Entscheidungsspielraum
eindeutig überschreiten (Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 21 GKG RdNr. 5 mwN). Es ist nicht Zweck des Verfahrens nach § 21, unterschiedliche Rechtsansichten in materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Hinsicht einer weiteren Klärung oder
obergerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Der Senat vertritt im vorliegenden Fall zwar in Bezug auf die Eröffnung des Rechtswegs
eine von der des Sozialgerichts abweichende Rechtsansicht. Von einer unrichtigen Sachbehandlung im oben dargestellten Sinn
kann aber keine Rede sein.
Für die Festsetzung des Streitwerts in Verfahren, für die § 197a gilt, ist von 1/3 bis 1/5 des Werts des Hauptsacheverfahrens
auszugehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
51 RdNr. 74a mwN). Im vorliegenden Fall hält der Senat daher - ausgehend von dem für die Hauptsache anzusetzenden Regelstreitwert
von € 5.000 nach § 52 Abs. 2 GKG - einen Streitwert von € 2.000 für das Beschwerdeverfahren für angemessen.
Die weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht nach §
17a Abs.
4 Satz 4 und
5 GVG war nicht zuzulassen, da die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch das Bundessozialgericht bereits geklärt sind (vgl. insbesondere
das Urteil des BSG vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL, BSGE 105, 100 mwN sowie die Beschlüsse des BSG vom 21.7.2014 - B 14 SF 1/13 R und vom 1.4.2009 - B 1 SF 1/08 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6), die Sache daher keine grundsätzliche Bedeutung hat und die vorliegende Entscheidung nicht von einer
Entscheidung des BSG oder eines anderen obersten Bundesgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht.
Dieser Beschluss kann - auch in Bezug auf die Nichtzulassung der weiteren Beschwerde - nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht
angefochten werden (§
17a Abs.
4 Satz 6
GVG; vgl. hierzu BSG, Beschl. vom 4.12.1997 - 3 BS 1/97, SozR 3-1720 § 17a Nr. 7; Beschl. vom 16.8.2000 - B 6 SF 1/00 R, SozR 3-1500 § 51 Nr. 26).