Stimmrechtsbindung; Sozialversicherungspflicht; Minderheitsgesellschafter; Sozialversicherungspflicht eines Minderheitsgesellschafters
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung.
Der im Jahr 1979 geborene Kläger ist Tischlermeister und hat im Jahr 2009 10 % am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) von
230.700 € in Höhe von 23.070 € erworben. Weitere Gesellschafter sind Herr B. mit einem Anteil von 171.730 €, E. Sch r mit
einem Anteil von 10.250 €, R. M mit einem Anteil von 10.250 € und V. E mit einem Anteil von 15.400 €.
Die Beigeladene zu 1) betreibt nach ihrem Gesellschaftsvertrag vom 02.07.1990 den Betrieb einer Tischlerei für die Herstellung
von Möbeln und Einbauteilen für den Innenausbau.
Nach § 10 des Gesellschaftsvertrags entscheidet die Gesellschafterversammlung über die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten
der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen und Entscheidungen, unter anderem über die Feststellung der Jahresbilanz, der
Verwendung des Reingewinns oder - verlustes, Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen, Einziehung bzw. Teilung
von Geschäftsanteilen, Bestellung, Abberufung und Entlassung der Geschäftsführer, Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der
Geschäftsführung. Die Gesellschafterversammlung wird durch den oder die Geschäftsführer einberufen. Die Gesellschafterversammlung
entscheidet danach mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz eine größere Mehrheit vorschreibt.
Mit notariellem Vertrag vom 19.12.2012 änderten die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag und führten u.a. einen § 3 ein:
"Die Beteiligten zu 1) bis 5) schließen folgende Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung: Wir üben die uns jeweils zustehenden
Stimmrechte als Gesellschafter der vorgenannten GmbH nur abgestimmt, das heißt, nur einstimmig aus. Diese Vereinbarung dient
dem Erreichen und Erhalten einer gleichberechtigten Entscheidung im gemeinsamen Unternehmen und ist Ausdruck der gegenseitigen
Treuepflichten. Zur Bekräftigung der Ernsthaftigkeit der Stimmbindung und zum Zwecke des Nachweises erfolgt die Stimmbindungsvereinbarung
in dieser Form.
Diese Vereinbarung ist durch jeden der Beteiligten mit einer Frist von vier Wochen kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform
und hat schriftlich gegenüber den jeweils anderen Beteiligten bzw. deren gesetzlichen Vertreter zu erfolgen.
Da die Herren B W und Herr M K die Geschäftsführer der GmbH sind, ist diese Vereinbarung der Gesellschaft hiermit offengelegt
und zu beachten."
Mit Vertrag vom 19.12.2012 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Der Gesellschaftsvertrag enthält
folgende Regelungen:
§ 3 Bezüge
Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit eine jährliche Bruttovergütung von derzeit 60.000 €, das in 12 gleichen Raten
unter Einbehalt etwaiger gesetzlicher Abzüge zum Ende des Kalendermonats gezahlt wird. Ein Anspruch auf eine gesonderte Vergütung
von Mehr-, Sonn- oder Feiertagstätigkeit sowie Gratifikationen besteht nicht. Die Vergütung wird gemäß der wirtschaftlichen
Entwicklung bestimmt und mindestens einmal jährlich neu zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft festgelegt.
Der Geschäftsführer erhält für die Dauer dieses Vertrages einen angemessenen Dienstwagen zur Verfügung, der auch zu Privatfahrten
genutzt werden kann. Betriebs- und Unterhaltskosten trägt die Gesellschaft. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die
private Nutzung trägt der Geschäftsführer.
Der Geschäftsführer erhält sämtliche Aufwendungen, die ihm in Ausübung seiner Tätigkeit entstehen, einschließlich Reise- und
Bewirtungskosten in nachgewiesener Höhe, ansonsten entsprechend den jeweils geltenden steuerlichen Höchstsätzen ersetzt.
Der Geschäftsführer erhält eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung.
Ferner erhält der Geschäftsführer eine Tantieme in Höhe von 15 % des Jahresüberschusses der Steuerbilanz nach Verrechnung
mit dem Verlustvortrag, jedoch vor Abzug der Körperschafts- und Gewerbeertragssteuer sowie dieser und aller anderen Tantiemen
(max. ein Drittel der Vergütung gem. Abs. 1). Nachträgliche Änderungen der Bilanz sind zu berücksichtigen, überzahlte Beträge
durch den Geschäftsführer zu erstatten. War der Geschäftsführer in einem Geschäftsjahr nur teilweise für die Gesellschaft
tätig, erhält der die Tantieme pro rata temporis. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt ist die Gesamthöhe der Tantieme aller
Geschäftsführer auf 30 % des Jahresüberschusses s.o. begrenzt.
§ 4 Zahlungen bei Krankheit
Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers, die durch eine Krankheit oder aus einem anderen von ihm
nicht zu vertretenden Grund eintritt, werden die Bezüge gem. § 3 für 6 Wochen zu 100 % weiterbezahlt.
§ 5 Urlaub
Der Geschäftsführer hat einen Anspruch auf 6 Wochen Urlaub pro Geschäftsjahr. Der Geschäftsführer bestimmt Dauer und Lage
seines Urlaubes nach den Interessen und geschäftlichen Erfordernissen der Gesellschaft, wie sie sich ihm darstellen, selbst.
Der Geschäftsführer wird seine Urlaubsabsicht rechtzeitig bekanntgeben und die erforderlichen Maßnahmen treffen, um einen
ordnungsgemäßen Geschäftsgang sicher zu stellen.
Im Februar 2013 beantragte der Kläger die Feststellung seines sozialversicherungspflichtigen Status, insbesondere, dass er
seit dem 01.01.2013 nicht der Sozialversicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der
Arbeitsförderung unterliege.
Nach Anhörung des Klägers entschied die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.2013, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer
der Beigeladenen zu 1) ab 01.01.2013 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterliege. In der Krankenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit, weil das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt des Beschäftigten
die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltsgrenze voraussichtlich übersteige.
Für eine selbständige Tätigkeit spreche, dass der Kläger einzelvertretungsberechtigt sei, hinsichtlich Zeit, Ort und Art der
Tätigkeit keine Weisungen unterliege, eine Tantieme sowie eine Gewinnbeteiligung entsprechend der Gesellschaftsanteile erhalte.
Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Beschlüsse der Beigeladenen zu 1) grundsätzlich mit einfacher
Mehrheit gefasst würden, dass derjenige Gesellschafter somit maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe,
der mindestens die Hälfte der Geschäftsanteile besitze. Der Kläger sei aber nur mit 10 % an der GmbH beteiligt und damit Minderheitsgesellschafter.
Der Kläger könne daher kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft
ausüben. Die Stimmrechtsbindungsvereinbarung habe lediglich schuldrechtliche Wirkung. Der Kläger unterliege dem Weisungsrecht
der Gesellschafterversammlung. Es bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag, der die Mitarbeit in der Gesellschaft regele. Zudem
sei noch ein weiterer Geschäftsführer bestellt.
Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, bei dem Geschäftsführervertrag handele es sich nicht um einen reinen Arbeitsvertrag.
Der Kläger könne als Gesellschafter Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft nehmen. Durch den Stimmbindungsvertrag
hätten sich zudem die Gesellschafter verpflichtet, die Stimmrechte nur in der vereinbarten Art und Weise auszuüben. Solche
Verträge seien gesellschaftsrechtlich wirksam und bindend. Der Kläger habe daher einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf
Einhaltung der Stimmbindung. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im hiergegen durchgeführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Koblenz hat das Sozialgericht den Kläger angehört sowie die
Mitgeschäftsführer V , R M , E S und B W vernommen.
Mit Urteil vom 10.06.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die
Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer abhängigen
Beschäftigung ausübe und er dementsprechend der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung unterliege. In der Gesamtwürdigung aller Umstände sei das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der
Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer eine abhängige Beschäftigung ausübe, auch wenn durchaus zahlreiche Kriterien für
eine selbständige Tätigkeit sprechen würden. Dafür spreche insbesondere, dass der Kläger Gesellschafter-Geschäftsführer sei
und damit über eine Beteiligung an der Gesellschaft und Gewinnchancen aber auch Verlustrisiken habe. Als Minderheitsgesellschafter
verfüge er aber nicht über die Rechtsmacht, alleine über die Stimmrechtsbindung erhebliche Rechtsmacht auszuüben. Wie insbesondere
der Kläger und der weitere Gesellschafter-Geschäftsführer W in der mündlichen Verhandlung dargelegt hätten, sei der Kläger
zu ca. 80 % für die Geschäftsführung der Tischlerei zuständig, der Kläger und Herr W führten die Geschäfte der Beigeladenen
zu 1) insoweit unabhängig voneinander, als der Kläger insbesondere den Geschäftsbereich der Tischlerei führe und der Geschäftsführer
W die beiden anderen Geschäftsbereiche führe und betreue. Letztlich sei der Kläger in der Geschäftsführung der Tischlerei
damit vergleichbar einem Allein-Geschäftsführer. Er bestimme die Geschäfte der Tischlerei, ohne dass die anderen Gesellschafter
sich einmischen würden. Der Kläger führe auch seine Tätigkeit frei hinsichtlich Zeit, Ort, und Durchführung der Geschäftsführertätigkeit,
was allerdings eine Geschäftsführertätigkeit an sich letztlich immernent sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Stimmrechtsbindungsvertrag
durchaus dazu führe, dass schuldrechtlich ein Anspruch des Klägers bestehe, die Stimmrechtsbindung zu berücksichtigen.
Allerdings würden die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung überwiegen. Der Kläger habe mit der Beigeladenen zu 1) einen
Geschäftsführervertrag geschlossen, der im Wesentlichen einem Anstellungsvertrag entspreche. Danach beziehe der Kläger monatlich
ein Gehalt von 6.000,00 €, habe einen Urlaubsanspruch für die Dauer von sechs Wochen pro Geschäftsjahr und bei vorübergehender
Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge für die Dauer von sechs Wochen. Er sei auch nicht von der Beschränkung
des §
181 BGB befreit. Der Kläger solle als Nachfolger des Mehrheitsgesellschafters W aufgebaut werden und habe in diese Tätigkeit erst
hineinwachsen müssen. Da er finanziell nicht in der Lage gewesen sei, seinen Gesellschaftsanteil auf 50 % des Stammkapitals
aufzustocken, sei der Weg über den Geschäftsführervertrag und die Stimmrechtsbindung gewählt worden. Nach wie vor leite allerdings
der Mehrheitsgesellschafter W maßgeblich die Geschicke der gesamten Beigeladenen zu 1). Der Mehrheitsgesellschafter verfüge
auch über die Betriebsstätten, während das Betriebsgelände Eigentum einer anderen GmbH sei, deren Mehrheits- bzw. Alleingesellschafter
der Zeuge W sei.
Ohne den Stimmrechtsbindungsvertrag vom 19.12.2012 stehe außer Frage, dass der Kläger seine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Dieser Vertrag führe aber nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Der Stimmrechtsbindungsvertrag
sei nicht eindeutig und bedürfe der Auslegung. So bestehe nach dem Gesellschaftsvertrag weiterhin die Möglichkeit, die Ausübung
der den Gesellschaftern zustehenden Stimmrechte untereinander und aneinander zu bilden um Mehrheitspools zu bilden. Auch könne
die Stimmrechtsbindung durch jeden Gesellschafter jeder Zeit mit einer Frist von vier Wochen schriftlich gekündigt werden.
Mehr als eine Absichtserklärung könne die Kammer daher in der Regelung der Stimmrechtsbindung nicht sehen. Mit einer solchen
guten Absicht sei jedoch keine Rechtsmacht verbunden. In Zeiten, in denen die Gesellschafter nicht zu einem einheitlichen
Beschluss gelangten, werde sich die Mehrheit durchsetzen. Da der Kläger nicht über eine Sperrminorität verfüge, werde er somit
trotz des Vertrags vom 19.12.2012 Weisungen, die ihm nicht genehm seien, nicht verhindern können.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass der
Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer-Gesellschafter für die Beigeladene zu 1) nicht versicherungspflichtig in der
sozialen Pflegeversicherung sei.
Am 28.07.2015 hat der Kläger gegen das ihm am 08.07.2015 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
eine abhängige Beschäftigung sei auszuschließen. Das Sozialgericht gehe irrtümlich davon aus, dass die Stimmrechtsbindungsvereinbarung
uneindeutig und auslegungsbedürftig sei. Die potenziell denkbare Rechtsmacht der Gesellschafterversammlung bzw. des Hauptgesellschafters,
die Tätigkeit des Klägers beeinflussen zu können, sei vertraglich gerade ausgeschlossen. Einer solchen Einflussnahme stehe
die gegebene Stimmbindungsabrede entgegen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Vereinbarung kündbar sei, jedenfalls, solange
diese Stimmrechtsbindungsvereinbarung nicht wirksam gekündigt sei, wie das LSG Rheinland-Pfalz entschieden habe (Urteil vom
12.11.2014, Az.: L 4 R 556/13). Auch das Bundessozialgericht (BSG) stelle auf die Beachtlichkeit bestehender Verträge ab.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.06.2015 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013 sowie des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 10.06.2015 abzuändern und festzustellen,
dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu1 ) seit dem 01.01.2013 nicht der Versicherungspflicht zur
Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor,
das BSG habe mit seinen aktuellen Entscheidungen vom 29.07.2015 und 19.08.2015 nochmals die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen
Rechtsmacht betont.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakten
der Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, da er ab dem 01.01.2013 der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger
hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet
aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§
7a Abs.
2 SGB IV). Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger mit Schreiben vom 12.07.2010 gestellt. Ein vorheriges
Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Entscheidend ist demnach das Bestehen einer "Beschäftigung". Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung
ist §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der
Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSG, Urteil vom 28. September 2011, B 12 KR 17/09 R m.w.N.). Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände,
die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt,
ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen
worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen
Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. Urteil des Senats vom 12.11.2014, Az.:
L 4 R 556/13 m.w.N.).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis
zu dieser steht, wenn er als Geschäftsführer tätig wird. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung
möglich. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschafter aufgrund der Gesellschafterstellung
ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit
verhindern könnte (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 - [...]). Eine derartige Stellung liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer
einen Anteil von mindestens 50 % des Stammkapitals innehat, was hier beim Kläger nicht der Fall ist. Aber auch wenn die Kapitalbeteiligung
des Geschäftsführers an einer GmbH für deren Beherrschung nicht ausreicht, also insbesondere dann, wenn die jeweiligen Kapitalanteile
der Gesellschafter-Geschäftsführer unter 50 % liegen, kann sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ergeben, dass
der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinem Anteil alle ihm nicht genehmen Entscheidungen verhindern kann.
Zur Überzeugung des Senats, der sich der Rechtsprechung des BSG anschließt, beurteilt sich die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt)
für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter
und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, allein im vorliegend thematisch einschlägigen
- sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des §
7 Abs.
1 SGB IV.
Im vorliegenden Fall spricht für eine Selbständigkeit, dass der Kläger seinen Geschäftsbereich selbständig und alleine führt,
über seinen Gesellschaftsanteil ein Unternehmerrisiko trägt, und keinen Weisungen unterliegt. Durch die im Gesellschaftsvertrag
vereinbare Stimmrechtsbindung verfügt der Kläger zudem über eine gewisse Sperrminorität, mit der er ihm unliebsame Beschlüsse
verhindern kann.
Allerdings kann nach § 3 Satz 2 des Vertrages diese Vereinbarung mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist aufgekündigt werden.
Die Stimmrechtsbindung als Schutz des Klägers vor einem Überstimmtwerden, stand damit von vorne herein unter dem Vorbehalt
der jederzeitigen Kündigung. Dass eine solche Kündigung des Veto-Rechts in der hier streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt
wurde, ist ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre nämlich jedenfalls allein die den jeweils
anderen Gesellschaftern aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, so dass auch nach den gelebten
tatsächlichen Verhältnissen wieder eine Weisungsunterworfenheit des Klägers unter die Beigeladene zu 1. bestand. Eine solche
Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände
aber nicht hinnehmbar (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, SozR 4, Rn. 31). Schon die (bloße) Möglichkeit einer Zerrüttung unter den Gesellschaftern bzw. eines Zerwürfnisses mit
den sich daraus potenziell ergebenden gesellschaftsrechtlichen Folgen (= Entfallen der Stimmbindung der übrigen Gesellschafter
infolge Kündigung des Stimmbindungsvertrages) ist bei einer Statusentscheidung, wie sie hier zu überprüfen ist, wegen des
Erfordernisses der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände stets zu berücksichtige (BSG, a.a.O.)
Dass die Stimmbindung im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Anders als bei schuldrechtlich
und einfachrechtlichen Vereinbarungen können im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte für die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet
wird, da diese Regelungen notariell beglaubigt werden müssen, im Handelsregister einzutragen sind und jedenfalls gegen eine
Sperrminorität von 25,1 % nicht einfach wieder geändert werden können von Fall zu Fall (BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az.: B 12 KR 10/14 R -,[...]). Dies unterscheidet sich von denjenigen Fällen, in denen dem Minderheitsgesellschafter außerhalb des Gesellschaftsvertrags
eine stärkere Stellung durch eine Stimmrechtsbindung eingeräumt wird. Denn bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern
wäre dann allein die dem jeweils Mehrheitsgesellschafter aufgrund seines Widerrufsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen
gekommen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit durch eine solche Stimmrechtsbindung
nicht ausgeschlossen ist. Soweit dem Urteil des Senats vom 12.11.2014 etwas anderes zu entnehmen ist, hält der Senat hieran
nicht fest und schließt sich der neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 11.11.2015, Az: B 12 KR 13/14 R -[...]) an.
Da die Kündigungsmöglichkeit hier aber ebenfalls in den Vertrag aufgenommen wurde, wäre für die Ausübung des Kündigungsrechts
keine Änderung des Gesellschaftsvertrags mit den dafür erforderlichen qualifizierten Mehrheiten (§ 53 Abs. 2 GmbHG) von 3/4 der Stimmen erforderlich. Denn eine Satzungsänderung ist jede Änderung des Wortlauts der Satzung (vgl. Priester
in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 53 GmbHG, Rn. 18), nicht aber die Ausübung eines gesellschaftsvertraglichen Rechts. Im vorliegenden Fall kann es daher keinen Unterschied
machen, ob die Stimmrechtsbindung innerhalb oder getrennt vom Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.
Die Berufung ist daher zurück zu weisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und Nr.
2 SGG sind nicht erkennbar.