Sozialversicherungspflicht eines als Geschäftsführer tätigen GmbH-Gesellschafters; Einfluss auf die Willensbildung bei einer
Stimmrechtsbindungsvereinbarung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.
Der Kläger war bis 31.12.2009 bei der Beigeladenen zu 1) als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Vertrag vom 30.12.2009 wurde der Kläger als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt. Der Vertrag enthält in §
3 Abs. 1 die Bestimmung, wonach der Kläger ein festes Monatsgehalt von 11.000,00 EUR bezieht. Mit Gesellschaftervertrag vom
19.05.2010 erwarb der Kläger vom Stammkapital der Gesellschaft (52.000,00 EUR) einen Anteil in Höhe von 13.100,00 EUR (25,2
% des Stammkapitals) und zahlte hierfür einen Kaufpreis von 430.000,00 EUR.
Im Mai 2010 beantragte der Kläger die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status und teilte im Anhörungsverfahren
mit, auch wenn er mit 25,2 % nur eine Minderheitsbeteiligung innehabe, könne er jedoch Beschlüsse, die eine 3/4-Mehrheit erforderten,
in jedem Fall verhindern. Aus dem Umstand, dass er nicht über die absolute Stimmenmehrheit verfüge, könne nicht geschlossen
werden, dass er keinen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen könne. Auch wenn die Gesellschaft über drei Geschäftsführer
verfüge, bestehe keine Einschränkung hinsichtlich der Vertretungsbefugnis; es gebe keine zustimmungspflichtigen Geschäfte,
die seine Geschäftsführungsbefugnis einschränken würden. Zudem habe er mit dem Erwerb des Unternehmensanteils in Höhe von
430.000,00 EUR ein erhebliches unternehmerisches Risiko übernommen.
Mit Bescheid vom 10.02.2011 entschied die Beklagte, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2010
der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege, da sie im Rahmen eines
abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt würde. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer
spreche, dass er wegen seines Anteils von 25,2 % am Stammkapital keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft
nehmen könne. Es bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag, der die Mitarbeit in der Gesellschaft regele. Dieser enthalte typische
arbeitsvertragliche Regelungen zum Urlaubsanspruch und über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsunfähigkeit. Dem
Kläger werde eine monatliche Vergütung in Höhe von 11.000,00 EUR und damit ein übliches Arbeitsentgelt gezahlt. Der Kläger
sei nicht der alleinige Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Für eine selbstständige Tätigkeit spreche hingegen, dass der
Kläger alleinvertretungsberechtigt sei, von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit sei und keinen Weisungen bezüglich Arbeitszeit, -ort und Ausführung der Tätigkeit unterliege. Der Kläger könne aufgrund
von mangelnden Vetorechten bzw. Sperrminoritäten keine Entscheidungen verhindern. Dass er Stammkapitalanteile für einen Betrag
von 430.000,00 EUR erworben habe, sei kein Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Angesichts der Zahlung
fester Bezüge trage der Kläger kein, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Er sei aufgrund der
vom Geschäftserfolg abhängigen Dividenden indirekt am Gewinn der Gesellschaft beteiligt, müsse eine Kürzung bzw. den Wegfall
der Bezüge bei schlechter Geschäftslage aber nicht befürchten. In der Gesamtwürdigung würden die Merkmale für ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Alleine aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne nicht auf eine selbstständige
Tätigkeit geschlossen werden.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2011 zurück.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Trier hat der Kläger ausgeführt, keiner der Gesellschafter verfüge über eine Mehrheit,
alleine Beschlüsse fassen zu können. Die beteiligten Gesellschafter seien sich von Anfang an einig gewesen und hätten vereinbart,
die erforderlichen Entscheidungen nur gemeinsam, gleichberechtigt und einstimmig zu fassen. Der Kläger hat eine entsprechende
Stimmrechtsvereinbarung mit Vertrag vom 10.01.2012 zu den Akten gereicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2013 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der
Kläger nicht der Versicherungspflicht und Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung unterliege. Zur Begründung hat es
im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger unterliege aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.10.2010
nicht der Versicherungs- und Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung. Er sei darin nicht abhängig, sondern selbstständig
tätig. Nach dem Vertragsverhältnis, wie es sich aus Gesellschaftsvertrag, Stimmbindungsvereinbarung und Geschäftsführervertrag
ergebe, beständen keine Zweifel daran, dass der Kläger weisungsfrei über seine Arbeitsleistung verfügen und bestimmen könne
und dies auch getan habe. Er habe zudem maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Diese Rechtsmacht folge
nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag, da der Kläger kraft seines Anteils und Stammkapitals nur einen Anteil von
25,2 % habe. Da die Beschlüsse der Beigeladenen zu 1) grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst werden könnten, genüge
alleine diese Minderheitsbeteiligung nicht, um die für die Gesellschaft richtungsgebenden Entscheidungen zu beeinflussen.
Dem Kläger habe aufgrund des Gesellschaftsvertrags auch kein Vetorecht bzw. eine Sperrminorität zugestanden. Nur Gesellschafterbeschlüsse,
durch die der Gesellschaftsvertrag geändert oder die Gesellschaft aufgelöst würden, hätten der Einstimmigkeit bedurft. Alle
anderen Beschlüsse könnten nur mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Allerdings sei die Gesellschafterversammlung nur beschlussfähig,
wenn 51 % aller Stimmen anwesend oder vertreten seien, so dass der Kläger zusammen mit einem der beiden anderen Gesellschafter,
die je 31,15 % am Stammkapital innehätten, bei Abwesenheit der anderen Gesellschafter ein relevantes Mitentscheidungsrecht
besitze.
Seine Rechtsmacht folge aber ungeachtet dessen aus der zwischen allen Gesellschaftern geschlossenen Stimmbindungsvereinbarung.
Diese habe von Anfang an bestanden und sei zusätzlich am 10.01.2012 schriftlich dokumentiert worden. Eine solche Stimmbindungsvereinbarung
sei zulässig und wirksam. Dadurch hätten sich die Gesellschafter gegenüber ihren Mitgesellschaftern verpflichtet, ihr Stimmrecht
in einer vertraglich festgelegten Art und Weise, nämlich einvernehmlich, auszuüben. Zwar sei grundsätzlich, worauf die Beklagte
hinweise, trotz der Stimmbindungsvereinbarung eine Stimmabgabe entgegen dieser schuldrechtlichen Verpflichtung möglich und
dann sowohl die ablehnende Stimme als auch ein daraufhin gefasster Beschluss gültig. Eine Ausnahme davon bestehe allerdings,
wenn sich sämtliche Gesellschafter im Rahmen einer satzungsergänzenden Nebenvereinbarung einer Stimmbindung unterworfen hätten,
da im Falle einer einvernehmlichen Regelung unter allen Gesellschaftern die Regelung zumindest so lange zugleich als eine
solche der Gesellschaft zu behandeln sei, als Gesellschafter nur die aus der Abrede Verpflichteten seien. Dies treffe im vorliegenden
Fall zu und habe zur Folge, dass die Mitwirkung des Klägers bei allen Beschlüssen der Gesellschaft unabdingbar sei und seine
Rechtsstellung daher sogar über diejenige hinausgehe, die einem Mitgesellschafter aufgrund einer Sperrminorität eingeräumt
sei. Unter Berücksichtigung der Befreiung nach §
181 BGB und dem erheblichen Unternehmensrisiko des Klägers bestehe kein Zweifel daran, dass der Kläger selbstständig sei, so dass
eine Versicherungs- und Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung nicht bestehe.
Am 20.12.2013 hat die Beklagte gegen den ihr am 03.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor,
nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), seien Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die keinen maßgebenden Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft
hätten, als Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung zu qualifizieren. Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages
habe der Kläger weder über eine erforderliche Mehrheit der Stimmen noch über eine umfassende Sperrminorität und somit nicht
über die Rechtsmacht verfügt, maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft zu nehmen. Die Vereinbarung vom
10.01.2012 über die Stimmbindung sei schriftlich mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende kündbar und lasse das Recht
zu einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt. Wie das BSG ausdrücklich bestätigt habe, sei die bloße Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, so lange es nicht wirksam abbedungen
sei. Die tatsächlichen Verhältnisse würden im Zweifel den Ausschlag geben, allerdings nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen.
Eine bloße "Schönwetter-Selbstständigkeit" scheide aus. Es könnten auch anderweitige Gesellschafterbeschlüsse rechtlich wirksam
gefasst werden. Eine Vereinbarung zur Stimmrechtsvereinbarung, sofern sie im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehe, sei
nicht anders zu bewerten als eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende praktische Handhabung. In beiden Fällen bleibe die
im Gesellschaftsvertrag verankerte Rechtsmacht unangetastet. Der außerhalb des Gesellschaftsvertrags geschlossene Stimmbindungsvertrag
habe generell nur schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien und bewirke bei einer abredewidrig abgegebenen Stimme keinen
Mangel des Gesellschafterbeschlusses.
Im Übrigen erhalte der Kläger nach dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag einen vom Gewinn und Verlust der Gesellschaft unabhängiges
monatliches Festgehalt sowie einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Auch dies spreche für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 27.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor,
auch nach der Rechtsprechung des BSG sei das Vertragsverhältnis Grundlage der Beurteilung, wie es im Rahmen des tatsächlich Zulässigen vollzogen werde. Grundlage
bildeten die getroffenen Vereinbarungen und die sich daraus ergebende Rechtsmacht. Dazu zähle auch die Stimmrechtsbindung,
die wirksam und verbindlich geschlossen sei. Die Entscheidung des BSG vom 29.08.2012 belege, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich sei, so lange es nicht wirksam abbedungen worden
sei. Die getroffene Vereinbarung aller Gesellschafter, ihre Stimmrechte nur abgestimmt, somit einstimmig auszuüben, bewirke,
dass eine Beschlussfassung ohne die Zustimmung des Klägers ausgeschlossen sei. Nach allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Auffassung
seien die Rechte aus einer solchen Vereinbarung klage- und vollstreckungsweise durchsetzbar. Selbst die Möglichkeit der Verhinderung
einer anredewidrigen Stimmabgaben im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzes sei anerkannt. Deshalb sei damit eine Rechtsmacht
verbunden, welche die Beklagte ignoriere. Die Stimmbindung aller Gesellschafter entfalte auch körperschaftsrechtliche Wirkung,
wobei sowohl der Bundesgerichtshof (BGH) als auch die von der Beklagten hierzu zitierte Kommentarliteratur anderer Auffassung
als die Beklagte seien.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der
Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet, da das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht
die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat.
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft, damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Denn das Sozialgericht hat im Gerichtsbescheid vom 27.11.2013 zu Recht die Bescheide der Beklagten aufgehoben. Der Kläger
unterliegt aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2010 nicht der Versicherungspflicht nach dem
Recht der Arbeitsförderung.
Nach §
7a Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger
hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet
aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§
7a Abs.
2 SGB IV). Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger mit Schreiben vom 12.07.2010 gestellt. Ein vorheriges
Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-,
Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§
5 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V), §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI), §
1 Satz. 1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI), §
25 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III)), wobei im vorliegenden Fall keine Versicherungspflicht in der Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung besteht, und von
der Beklagten auch nicht festgestellt ist.
Entscheidend ist demnach das Bestehen einer "Beschäftigung". Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung
ist §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der
Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSG, Urteil vom 28. September 2011, B 12 KR 17/09 R mwN).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis
zu dieser steht, wenn er als Geschäftsführer tätig wird. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung
möglich. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung
ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit
verhindern könnte (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 - [...]). Eine derartige Stellung liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer
einen Anteil von mindestens 50 % des Stammkapitals inne hat, was hier beim Kläger nicht der Fall ist.
Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligung des Geschäftsführers an einer GmbH für deren Beherrschung nicht ausreicht, insbesondere
dann, wenn die jeweiligen Kapitalanteile der Gesellschafter-Geschäftsführer unter 50 % liegen, kann sich aus den Bestimmungen
des Gesellschaftsvertrages ergeben, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinem Anteil alle ihm nicht genehmen Entscheidungen
verhindern kann, etwa, wenn sein Anteil mehr als ein Drittel beträgt und für Entscheidungen der Gesellschafterversammlung
eine Zweidrittelmehrheit vorgeschrieben ist. Im vorliegenden Fall beträgt der Gesellschaftsanteil des Klägers zwar weniger
als 1/3, nämlich nur 25,2 %. Dennoch ist eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Geschäftsführers zu verneinen, wenn
er nach der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zur GmbH bzw. der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich
Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist. Die gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit kann
durch den tatsächlich eingeräumten Einfluss aufgehoben werden (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.1990, Az.: 11 RAr 77/89 - [...]).
Im vorliegenden Fall könnten zwar einzelne Elemente des Geschäftsführervertrages für eine abhängige Beschäftigung sprechen,
etwa das Festgehalt, dessen Fortzahlung im Krankheitsfall und der vereinbarte Urlaubsanspruch. Dennoch überwiegen die Elemente,
die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid eingehend dargelegt.
Der Senat nimmt hierauf Bezug (§
153 Abs.
2 SGG).
Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren bietet zu einer anderen Betrachtungsweise keine Veranlassung. Denn die
vom Kläger mit seinen Mitgesellschaftern getroffene Stimmrechtsbindungsvereinbarung vom 10.01.2012, die für die davor liegende
Zeit formlos vereinbart war, führt faktisch zu einem Einstimmigkeitsprinzip in der Gesellschafterversammlung, so dass dem
Kläger auch dort gegen seinen Willen keine Weisungen erteilt werden können. Aufgrund der Stimmrechtsbindungsvereinbarung bestand
unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben im Rahmen des Zumutbaren für die übrigen Gesellschafter der Beigeladenen zu 1)
das Verbot, dem Kläger die durch Vertrag gewährten Vorteile (Sperrminorität) wieder zu entziehen oder wesentlich zu schmälern,
und die Pflicht, alles zu unterlassen, was den Vertragszweck gefährden oder vereiteln könnte (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom
16. September 1999 - 1 U 137/98 -, [...]). Deshalb sind solche Verträge nicht nur wirksam, sondern im Rahmen des §
894 ZPO auch vollstreckbar (BGH, NJW 1967, 1963 ff; Reuter in Münchener Kommentar zum
BGB, 6. Auflage 2012, Rdn. 37 m.w.N.) und entgegen der Ansicht der Beklagten u.U. auch gesellschaftsrechtlich bindend, wenn sie
-wie hier- von allen Gesellschaftern gemeinsam geschlossen sind, so dass ein der Abrede entgegenstehende Gesellschafterbeschluss
u.U. anfechtbar sein kann (vgl. BGH, NJW 1983, 1910; Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013, Rdn. 118 mwN). Solche Vereinbarungen können daher sogar bei Fremdgeschäftsführern, je nach Fallgestaltung,
maßgeblich für die Einstufung als Selbständige sein (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2012, Az.: L 1 KR 355/12 B ER -, [...]; a.A. für eine nur mündliche Stimmrechtsbindungsvereinbarung LSG Hamburg, Urteil vom 07.08.2013, Az.: L 2 R 31/10 -, [...]), erst Recht bei Gesellschafter-Geschäftsführern.
Wie das BSG in der von der Beklagten vorlegten Entscheidung vom 29.08.2012 (SozR 4-2700 § 7 Nr. 17) entschieden hat, ist maßgeblich für
die wertende Zuordnung einer Tätigkeit zum Typus der Beschäftigung das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen
des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird. Tatsächlich vollzogen wird vom Kläger und seinen Mitgesellschaftern in
der Beteiligten zu 1) der Gesellschaftsvertrag in seiner Ausgestaltung aufgrund der Stimmrechtsbindungsvereinbarung nach dem
Einstimmigkeitsprinzip, so dass dies für eine selbständige Tätigkeit spricht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden
hat. Durch das vom Kläger eingebrachte Eigenkapital in beträchtlicher Höhe trägt der Kläger auch am Erfolg der Gesellschaft
ein relevantes Unternehmerrisiko, was seinen Urlaubsanspruch und sein erfolgsunabhängiges Monatseinkommen in seiner Bedeutung
relativiert.
Dies mag anders sein, falls seitens eines oder mehrerer Gesellschafter die Stimmrechtsbindungsvereinbarung gekündigt wird.
Da dies bislang aber nicht geschehen ist, ist von den tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum auszugehen. Danach
unterlag und unterliegt der Kläger hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung keinem Weisungsrecht eines Arbeitgebers,
ist also nicht abhängig beschäftigt.
Nach alledem war ist Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und Nr.
2 SGG sind nicht erkennbar.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.