Erteilung eines Bildungsgutscheines für eine Weiterbildungsmaßnahme
Erledigung eines Rechtsstreits
Zulassung von Träger und Maßnahme
Kein quasi abstrakter Förderanspruch
Gründe:
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2016, mit dem ihr Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Antragsgegner zur Erteilung eines Bildungsgutscheines für eine Weiterbildungsmaßnahme
zu verpflichten, abgelehnt worden ist.
Die 1981 geborene Antragstellerin hat den Beruf der Ergotherapeutin erlernt, ihn jedoch nicht ausgeübt. Sie nahm ein Studium
der Geographie an der Technischen Universität D auf, das sie mit dem Abschluss Diplomgeographin (Dipl.-Geogr.) im April 2015
erfolgreich beendete. Nach den Angaben der Antragstellerin im Erörterungstermin am 26. Januar 2016 hatte sie im Grundstudium
GEO-Informatik I und im Hauptstudium eine Vorlesung zu Datenbanken und Geo-Informationssystemen (GIS). Sie verfüge über theoretische,
nicht aber praktische Kenntnisse in den Geo-Informationssystemen.
Die Antragstellerin war seit dem 14. April 2015 arbeitslos gemeldet und bezog vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Beide schlossen am 23. April 2015, 21. Mai 2015 und 30. Juni 2015 Eingliederungsvereinbarungen ab. In der Vereinbarung
vom 21. Mai 2015 war als Ziel unter anderem die Informationsbeschaffung über Qualifizierungsangebote GIS/AutoCAD festgeschrieben.
Den Antrag der Antragstellerin vom 7. August 2015 auf Erteilung eines Bildungsgutscheines für eine berufliche Weiterbildung
"GIS" bei der S Bildungsinstitut GmbH mit Beginn am 24. August 2015 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 13. August 2015
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2015 ab. Die hiergegen geführte Klage ist beim Sozialgericht unter
dem Az. S 45 AS 6269/15 anhängig.
Am 28. August 2015 beantragte die Antragstellerin die Förderung eines Qualifikationskurses als Spezialist für Geo-Informationssysteme.
Die Maßnahme (Maßnahmenummer 074/265/12) sollte vom 14. September 2015 bis zum 3. März 2016 dauern. Maßnahmeträger war die
S Bildungsinstitut GmbH (Trägernummer 074/20). Die Maßnahme umfasste 960 Unterrichtsstunden und kostete 7.248,00 EUR.
Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat am 20. Januar 2016 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt,
mit dem der Antragsgegner verpflichtet werden soll, ihr die berufliche Weiterbildung in Form einer GIS-Qualifikation zur beruflichen
Weiterbildung zu fördern. In der Antragsschrift hat sie unter anderem vorgetragen, dass sie bereits am 25. Januar 2016 an
einem bis zum 1. Juni 2016 dauernden Lehrgang "Spezialist für Geoinformationssysteme" teilnehmen könne. Ihr liege ein entsprechendes
Angebot der S Bildungsinstitut GmbH vor. Die Kosten des Lehrgangs betrügen 5.436,00 EUR. Ein Lehrgang zu einem späteren Zeitpunkt
werde voraussichtlich erst im 2. Halbjahr 2016 beginnen. Im Schriftsatz vom 22. Januar 2016 hat die Antragstellerbevollmächtigte
klargestellt, dass die Antragstellerin noch in den Lehrgang, der am 26. Oktober 2015 begonnen habe (Maßnahmenummer 074/.../2012);
einsteigen könne. Nach dem beigefügten Schreiben der S Bildungsinstitut GmbH vom 21. Januar 2016 endet die Gesamtmaßnahmedauer
am 5. Juni 2016 und kann nicht mehr verlängert werden. Derzeit sei noch keine neue Maßnahme aus diesem Themenbereich für das
Unternehmen zertifiziert.
Das Sozialgericht hat Auskünfte bei der S Bildungsinstitut GmbH und der WBS T AG eingeholt. Nach Mitteilung der S Bildungsinstitut
GmbH hätte die Antragstellerin bis ca. 8. Februar 2016 in den derzeit laufenden Lehrgang einsteigen können. Die Kosten würden
dann noch 4.832,00 EUR betragen. Ein neuer Kurs sei noch nicht zertifiziert, aber fest im 2. Halbjahr 2016 geplant. Ein anderer
Anbieter in D sei die WBS T AG, deren Kurse verstärkt e-learning einsetzen würden. Diese hat mitgeteilt, dass der nächste
Kurs am 29. Februar 2016 beginne. Die Kurse starteten danach alle vier Wochen neu. Die Frage, ob GIS-Kenntnisse für den Einstieg
in den Arbeitsmarkt notwendig seien, wurde von den beiden Firmenmitarbeitern unterschiedlich bewertet.
Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 10. Februar 2016 abgelehnt. Die Prognose des Antragsgegners, dass eine
Integration in den ersten Arbeitsmarkt auch ohne entsprechende GIS-Weiterbildung gelingen könne, sei nicht zu beanstanden.
Ferner sei auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn grundsätzlich sei der Einstieg in einen GIS-Lehrgang nicht an
eine bestimmte Frist gebunden.
Die Antragstellerin hat am 19. Februar 2016 Beschwerde eingelegt. Auf Anfrage hat sie mit Schriftsatz vom 30. März 2016 mitgeteilt,
dass es ihr wegen der fehlenden finanziellen Mittel nicht möglich gewesen sei, das Angebot der S Bildungsinstitut GmbH in
Bezug auf den späteren Einstieg in den Lehrgang anzunehmen. Mit Schriftsatz vom 29. April 2016 hat sie mitgeteilt, dass für
sie die Möglichkeit bestehe, an dem Kurs der S Bildungsinstitut GmbH "Spezialist für Geoinformationssysteme (GIS)", der am
23. Mai 2016 beginne und am 18. November 2016 ende, teilnehmen zu können.
Der Antragsgegner hat hierzu im Schriftsatz vom 6. Mai 2016 erwidert, dass es sich bei diesem Kurs um einen anderen ("Nachfolge")Kurs
als den streitigen handle, und dass ein neues Antragsverfahren durchgeführt werden müsse. Zudem bestehe ein Anspruch im Eilverfahren
nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null, was hier nicht der Fall sei. Hierzu hat die Antragstellerbevollmächtigte mit
Schriftsatz vom 17. Mai 2016 unter anderem erwidert, dass kein neuer Antrag erforderlich sei. Das Beschwerdeverfahren und
das Hauptsacheverfahren seien nicht abgeschlossen. Die Antragstellerin beantrage eine gerichtliche Entscheidung in Bezug auf
die Förderung einer Weiterbildungsmaßnahme in Form eines GIS-Kurses.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde ist zum Teil nicht zulässig und zum Teil unbegründet.
a) Anspruchsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin ist § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II i. V. m. §§
81 ff. des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III).
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Alt. 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Kapitel Vierter Abschnitt des
SGB III (§§
81 bis
88 SGB III) erbringen. Nach §
81 Abs.
1 Satz 1
SGB III können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert
werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende
Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt
ist, 2. die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für
die Förderung zugelassen sind. Im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende tritt nach § 44b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II an die Stelle der Agentur für Arbeit das Jobcenter. Die Trägerzulassung ist in §
178 SGB III, die Maßnahmezulassung in §
179 SGB III geregelt. Nach §
81 Abs.
1 Satz 2
SGB III gilt als Weiterbildung die Zeit vom ersten Tag bis zum letzten Tag der Maßnahme mit Unterrichtsveranstaltungen, es sei denn,
die Maßnahme ist vorzeitig beendet worden. Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung wird in Form eines Bildungsgutscheines
bescheinigt (vgl. §
81 Abs.
4 Satz 1
SGB III).
b) In Bezug auf den Lehrgang, der am 26. Oktober 2015 begann und am 5. Juni 2016 enden wird, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache
erledigt.
Ein Rechtsstreit ist erledigt, wenn ein nach Klageerhebung eingetretenes außergerichtliches Ereignis dem Rechtsschutzbegehren
die Grundlage entzogen hat und das Rechtsschutzbegehren deshalb für den Rechtsschutzsuchenden gegenstandlos geworden ist (vgl.
Sächs. LSG, Urteil vom 13. Februar 2014 - L 3 AS 874/11- juris Rdnr. 20, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 24. September 2015 - L 3 AS 1738/13 - ZFSH/SGB 2016, 99 ff. = juris Rdnr. 35, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.04.2001 - 2 C 16/00 - BVerwGE 114, 149 [151&8201;f.] = NVwZ 2001, 1286 = juris Rdnr. 14, m. w. N.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 20 A 628/05 - ZfB 2010, 5 ff. = juris Rdnr. 65, m. w. N.; Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier,
Verwaltungsgerichtsordnung [28. Erg.-Lfg., März 2015], §
161 Rdnr. 9, m. w. N.).
Dies ist hier der Fall. Zwar ist der Lehrgang noch nicht beendet. Jedoch ist die Antragstellerin nicht in den Lehrgang eingestiegen.
Ein Einstieg ist inzwischen auch nicht mehr möglich, weil dies nach der Mitteilung der S Bildungsinstitut GmbH nur bis ca.
8. Februar 2016 hätte geschehen können. Damit bringt die Erteilung eines Bildungsgutscheines für diesen Lehrgang der Antragstellerin
keinerlei Vorteil.
c) Soweit die Antragstellerbevollmächtigte mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, dass die Antragstellerin auch eine Förderentscheidung,
die sich nicht auf eine bestimmte Maßnahme bezieht, wünsche, besteht hierauf kein Anspruch, sodass der nach §
86b Abs.
2 Satz 4 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) i. V. m. §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) erforderliche Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist. Denn ein Anspruch auf eine - im Ermessen der Agentur für Arbeit
stehende - Förderung der beruflichen Weiterbildung setzt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut von §
81 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB III voraus, dass die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. Dies bedeutet, dass sich die Förderentscheidung
immer auf eine von einem konkreten Träger durchzuführende konkrete Maßnahme bezieht (vgl. zur Beratungspflicht der Agentur
für Arbeit in Bezug auf die konkrete, zu fördernde Maßnahme: BSG, Urteil vom 3. Juli 2003 - B 7 AL 66/02 R - SozR 4-4300 § 77 Nr. 1 = juris Rdnr. 34). Einen hiervon losgelösten, nur die Anspruchsvoraussetzungen aus §
81 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und
2 SGB III berücksichtigenden, quasi abstrakten Förderanspruch gibt es nicht. Dies wird auch aus §
81 Abs.
4 Satz 1
SGB III deutlich, wonach der Bildungsgutschein das Vorliegen "der Voraussetzungen" bescheinigt. Der Begriff "der Voraussetzungen"
bezieht sich auf alle Anspruchsvoraussetzungen und nicht auf ausgewählte.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat auch in Form einer vorläufigen Feststellung (vgl. zur ausnahmsweisen
Zulässigkeit einer vorläufigen Feststellung im Eilverfahren: Sächs. LSG, Beschluss vom 28. Januar 2015 - L 3 AS 6/15 B ER - juris Rdnr. 6, m. w. N.) keinen Erfolg. Im Falle der Antragsteller käme im Hauptsacheverfahren allenfalls eine Feststellungsklage
in Form einer Elementenfeststellungsklage in Betracht (vgl. hierzu: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], §
55 Rdnr. 9 f., m. w. N.; Ulmer, in: Hennig:
Sozialgerichtsgesetz [33. Erg.-Lfg., Februar 2016], §
55 Rdnr. 54, m. w. N.). Zur Zulässigkeit einer sogenannten Elementenfeststellungsklage hat der 7. Senat des Bundessozialgerichtes
im Urteil vom 29. Juli 1970 entschieden, dass zum Gegenstand einer Feststellungsklage nach §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses nur dann gemacht werden könne, wenn durch die begehrte Feststellung der Streit
der Beteiligten im Ganzen bereinigt werde (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1970 - 7 RAr 44/68 - BSGE 31, 235 [240] = juris Rdnr. 45). Die Frage nach der Zulässigkeit einer sogenannten Elementenfeststellungsklage wird allerdings von
den Senaten des Bundessozialgerichtes unterschiedlich beantwortet. So haben in letzter Zeit unter Bezugnahme auf das zitierte
Urteil vom 29. Juli 1970 beispielsweise der 1., 2. und 10. Senat die Zulässigkeit bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 27/14 R - SozR 4-2500 § 76 Nr. 3 = juris, jeweils Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 21/08 R - SozR 4-2700 § 63 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 26. März 201 - B 10 EG 2/13 R - juris Rdnr. 9), wohingegen der 4., 9. und 14. Senat die Elementenfeststellungsklage als unzulässig qualifiziert haben (vgl.
BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 167/11 R - FEVS 64, 389 ff. = juris Rdnr. 12; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 1/13 R - SozR 4-3800 § 1 Nr. 21 = juris, jeweils Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 16. April 2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr. 2 = juris, jeweils Rdnr. 10).
Diese Frage kann vorliegend offen gelassen werden, weil der Streit zwischen den Beteiligten im Hauptsacheverfahren nicht in
Folge eines Feststellungsurteiles vollständig ausgeräumt werden könnte. Selbst wenn unterstellt würde, dass die Anspruchsvoraussetzungen
aus §
81 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und
2 SGB III vorliegen und auch künftig vorliegen werden, dass insbesondere die nach §
81 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III zu treffende Prognose über die Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung im Gegensatz zur Auffassung des Antragsgegners
und des Sozialgerichtes zu Gunsten der Antragstellerin ausfallen müsste, wären auf Tatbestandsseite doch stets die Zulassungen
von Maßnahme und Maßnahmeträger zu prüfen. Erst Recht steht vorliegend einer etwaigen Elementenfeststellung entgegen, dass
dem Antragsgegner nach §
81 Abs.
1 Satz 1
SGB III ein Ermessen bei der Entscheidung über die Weiterbildungsförderung eingeräumt ist. Eine grundsätzliche Ermessensreduzierung
auf Null bei Entscheidungen über die Förderung von beruflicher Weiterbildung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gibt
es nicht (zur fehlenden Ermessensreduzierung auf Null im Falle einer Einstellungszusage: Sächs. LSG, Beschluss vom 26. Oktober
2012 - L 3 AS 678/12 B ER - NZS 2013, 240 = juris Rdnr. 26).
Da nach alledem vorliegend bereits keine Elementenfeststellung möglich ist, kann dahingestellt bleiben, ob es für eine solche
Feststellung ein bei allen Feststellungsklagen erforderliches berechtigtes Interesse der Antragstellerin gäbe und ob ein Anordnungsgrund
für eine solche Feststellung bestünde.
d) Soweit die Antragstellerbevollmächtigte nunmehr den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den am 23. Mai 2016
beginnenden Lehrgang begehrt, ist dieses Rechtsschutzbegehren nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Wie bereits ausgeführt wurde, hat ein Bildungsgutschein immer die Förderung einer konkreten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung
bei einem konkreten Maßnahmeträger zum Gegenstand. Dies bedeutet verfahrensrechtlich, dass grundsätzlich in Bezug auf jede
Maßnahme, für die ein Bildungsgutschein begehrt wird, ein gesondertes Verwaltungs- und Gerichtsverfahren - vorbehaltlich einer
objektiven Klagehäufung im Sinne von §
56 SGG - durchzuführen ist.
Wenn ein Kläger im laufenden Klageverfahren die Erteilung eines Bildungsgutscheines für eine andere Maßnahme als die zunächst
angestrebte wünscht, handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von §
99 Abs.
1 SGG. Die Ausnahmeregelung in §
99 Abs.
3 Nr.
3 SGG, wonach als eine Änderung der Klage nicht anzusehen ist, wenn ohne Änderung des Klagegrunds statt der ursprünglich geforderten
Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird, ist vorliegend nicht einschlägig.
Denn eine Änderung des Klagegrunds liegt vor, wenn sich der dem Klageantrag zugrundeliegende Lebenssachverhalt ändert (vgl.
BSG, Urteil vom 22. April 1986 - 1 RA 65/85 - juris Rdnr. 14; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], §
99 Rdnr. 2b, m. w. N.). Die beabsichtigte Teilnahme an einer anderen Maßnahme als der ursprünglich vorgesehenen ist in diesem
Sinne ein anderer Lebenssachverhalt.
Eine Klageänderung ist gemäß §
99 Abs.
1 SGG nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung
der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz
oder in einer mündlichen Verhandlung auf die Änderung Klage eingelassen haben.
Gemäß §
158 Abs.
1 SGG i. V. m. §
99 SGG ist eine Klageänderung grundsätzlich auch noch im Berufungsverfahren möglich. Die Regelungen über die Klageänderung gelten
entsprechend für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren.
Im Falle der Antragstellerin sind die Voraussetzungen für eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nicht gegeben. Der Antragsgegner
hat in eine Antragsänderung weder ausdrücklich noch konkludent eingewilligt. Er hat vielmehr im Schriftsatz vom 6. Mai 2016
zum Ausdruck gebracht, dass er mit einer Antragsänderung nicht einverstanden ist, weil für den am 23. Mai 2016 beginnenden
Lehrgang ein neues Antragsverfahren durchgeführt werden müsse. Die Antragsänderung ist auch nicht sachdienlich. Das Beschwerdeverfahren,
das im Übrigen entscheidungsreif ist, müsste auf eine neue Grundlage gestellt werden (vgl. hierzu: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], §
99 Rdnr. 10a, m. w. N.). So müssten unter anderem Ermittlungen in Bezug auf die Maßnahme- und Trägerzulassung angestellt werden.
Auch die Prognose über die Notwendigkeit einer Weiterbildungsförderung müsste auf neue Grundlagen gestellt werden. So ist
unter anderem die zunehmende Dauer der bisherigen Arbeitslosigkeit der Antragstellerin (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 1987 - 11b RAr 5/86 - SozR 4100 § 44 Nr. 46 = juris Rdnr. 12) auf Grund ihrer erfolglosen Bewerbungen und der nicht erfolgten oder jedenfalls erfolglos gebliebenen
Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners zu berücksichtigen. Auch können unter Umständen aus den von der Antragstellerin
vorgetragenen Fällen, in denen der Antragsgegner anderen Geographen Bildungsgutscheine für Weiterbildungen in Form von GIS-Qualifikationen
erteilt haben sollen, Rückschlüsse auf die Notwendigkeit einer Weiterbildung der Antragstellerin in diesem Bereich gezogen
werden, wenn die maßgebenden Verhältnisse in ihrem Fall und in den von ihr geschilderten Fällen vergleichbar sind. Schließlich
kann eventuell beim Ermessen zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls welche Kriterien von den Mitarbeitern des Antragsgegners
bei der Erteilung von Bildungsgutscheinen an Geographen für GIS-Lehrgänge zugrunde gelegt werden und ob diese Verwaltungspraxis
bei der Antragstellerin Anwendung findet.
2. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG.
3. Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.