Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte
des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1972
bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1947 geborenen Kläger wurde, nach einem Fachschulstudium in der Fachrichtung Technologie des Maschinenbaus an der Ingenieurschule
für Maschinenbau und Elektrotechnik A ... in der Zeit von September 1967 bis Juli 1970, mit Urkunde vom 4. Juli 1970 das Recht
verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen; nach einem Hochschulabendstudium in der Fachrichtung Informationselektronik
an der Ingenieurhochschule A ... wurde ihm mit Urkunde vom 28. Februar 1976 der akademische Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen.
Er war vom 1. September 1970 bis 15. Mai 1976 als Fertigungsingenieur und Prüffeldingenieur im volkseigenen Betrieb (VEB)
Kombinat Robotron Betrieb A ...-Y ..., vom 17. Mai 1976 bis 14. März 1982 als Ingenieur für Oberflächentechnik im VEB Kombinat
Schaltelektronik A ..., vom 15. März 1982 bis 31. August 1987 als Abteilungsleiter Oberflächentechnik und Mitarbeiter Projektinvest
im Kombinat VEB Pentacon A ... und vom 1. September 1987 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Koordinierungsingenieur
und Bauleiter im VEB Robotron Elektronik A ... -Stammbetrieb- beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten
der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 7. Oktober 1999 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Nach Einholung von Entgeltbescheinigungen
vom 15. Mai 2001, 4. September 2001 und 13. September 2001 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 2001 die Beschäftigungszeiten
des Klägers vom 1. September 1970 bis 15. Mai 1976 sowie vom 17. Mai 1976 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der
zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 8. Januar 2003 begehrte der Kläger eine andere Zuordnung sowie höhere Arbeitsentgelte. Den Antrag
lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 11. März 2003 ab. Auf den Widerspruch des Klägers vom 8. April 2003 und nach
Vorlage einer weiteren Entgeltbescheinigung vom 22. Mai 2003 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2004 die Anwendbarkeit
von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1970 bis 15. Mai 1976 sowie vom 17. Mai 1976 bis 30. Juni 1990 als
"nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten
Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung höherer Entgelte entsprechend der Entgeltbescheinigung vom 22. Mai 2003 für die Jahre
1979 bis 1982, fest. Den weitergehenden Widerspruch wies sie, soweit ihm nicht mit dem Bescheid vom 13. Februar 2004 abgeholfen
wurde, mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2004 als unbegründet zurück.
Mit Überprüfungsantrag vom 11. September 2007 begehrte der Kläger erstmals die Berücksichtigung von Jahresendprämien bei den
festgestellten Arbeitsentgelten. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 2008 ab und stellte fest, dass der
Bescheid vom 24. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 13. Februar 2004 rechtswidrig sei, jedoch nicht zurückgenommen
werden könne. Die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft läge nicht vor, da der VEB Robotron
Elektronik A ... -Stammbetrieb- am 30. Juni 1990 nur noch eine "leere Hülle" gewesen sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch
des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Dagegen erhob der Kläger
am 14. November 2008 Klage zum Sozialgericht Dresden (Verfahren S 4 R 1604/08). Nach Ruhen und Wiederaufnahme des Verfahrens (Verfahren S 4 RS 1985/10) wurde dieses durch angenommenes Anerkenntnis einvernehmlich beendet. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 30. Mai 2011 den
Bescheid vom 21. Juli 2008 auf, erklärte die mit Bescheid vom 13. Februar 2004 festgestellten Zeiten und Entgelte für rechtmäßig,
stellte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG fest und lehnte die Berücksichtigung höherer Entgelte wegen der begehrten Jahresendprämien ab.
Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 20. Juni 2014 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von
70 Prozent des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und reichte schriftliche
Erklärungen der Zeugen C ... vom 24. März 2014, D ... vom 25. März 2014, Dr. E ... vom 12. Mai 2014 sowie seiner Ehefrau X
vom 26. August 2014 ein. Diese gaben jeweils an, der Kläger habe in den jeweiligen Beschäftigungsbetrieb, wie jeder andere
Mitarbeiter auch, regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt erhalten.
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2014 ab. Den hiergegen am 3. September 2014 erhobenen
Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus:
Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht
worden. Die Zeugenerklärungen enthielten keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien. Die Höhe der Jahresendprämien des
Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen
werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Die hiergegen am 6. November 2014 erhobene Klage, mit der der Kläger konkretisierend nur noch die Berücksichtigung von Jahresendprämien
für die Jahre 1972 bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 (Zuflussjahre) geltend machte, hat das Sozialgericht
Dresden mit Urteil vom 18. August 2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger nicht in den Anwendungsbereich
des AAÜG einbezogen sei, da er keine Versorgungsurkunde oder tatsächliche nachträgliche Einbeziehung erhalten habe. Der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) hinsichtlich der Möglichkeit des Bestehens einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft sei nicht zu folgen. Höhere Arbeitsentgelte
oder weitere Prämien seien daher von vornherein nicht zu berücksichtigen.
Gegen das am 27. Oktober 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. November 2016 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren
nach Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Jahre 1972 bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 (Zuflussjahre)
weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe die Rechtsprechung des BSG missachtet. Die Jahresendprämienzahlungen seien dem Grunde nach durch die Zeugenaussagen glaubhaft gemacht worden. Die Höhe
der Prämien könne geschätzt werden.
Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. August 2016 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom
26. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid
vom 24. Oktober 2001 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 13. Februar 2004 in der Fassung des Bescheides vom 30.
Mai 2011 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1972 bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990
als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend.
Das Gericht hat schriftliche Auskünfte der Zeugen Dr. E ... vom 22. Oktober 2017, D ... vom 31. Oktober 2017 und C ... vom
9. November 2017 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen zum Kläger beigezogen. Der Kläger hat weitere schriftliche
Erklärungen der Zeugin W ... vom 22. November 2017 sowie seiner Ehefrau X ... vom 22. November 2017 vorgelegt.
Mit Schriftsätzen vom 2. Januar 2018 (Kläger) und vom 11. Januar 2018 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis
zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt
haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
I. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen
hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1972 bis 1976
sowie 1978 bis 1982 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen
der bereits mit Bescheid vom 24. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 13. Februar 2004 in der Fassung des Bescheides
vom 30. Mai 2011 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und
ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche
für die Zuflussjahre 1984 bis 1987 sowie 1989 bis 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen
war. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 26. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014
ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist
(§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. August 2016
(teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 26. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 24. Oktober 2001 in der Fassung
des Feststellungsbescheides vom 13. Februar 2004 in der Fassung des Bescheides vom 30. Mai 2011 dahingehend abzuändern, dass
für die Jahre 1972 bis 1976 sowie 1978 bis 1982 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen
im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 24. Oktober 2001 in der Fassung des Feststellungsbescheides
vom 13. Februar 2004 in der Fassung des Bescheides vom 30. Mai 2011 ist teilweise rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren
(§
149 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat
die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 13. März 2001 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des
Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt,
dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen
unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall
mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen
der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag
der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung
mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit
Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben
galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I
1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als
Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie.
Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv,
dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen
Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger
des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger
die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog.
Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit,
betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).
Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung
zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem
einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen,
also tatsächlich gezahlt, worden ist.
Gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem
Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens
weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der
glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen,
jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämie, die zur Auszahlung an ihn gelangten,
hat er zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1972 bis 1976 sowie 1978 bis 1982 in einer
Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter
a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):
a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems
GmbH abgesehen hat.
b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein
einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar
durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges,
absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es
genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten
ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht
zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer
Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).
Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen
(§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie
erhalten hat:
aa) Der Kläger war - in den Jahren 1971 bis 1975 im VEB Kombinat Robotron Betrieb A ...-Y ..., - in den Jahren 1977 bis 1981
im VEB Kombinat Schaltelektronik A ..., - in den Jahren 1983 bis 1986 im Kombinat VEB Pentacon A ... und - in den Jahren 1988
bis 1989 im VEB Robotron Elektronik A ... -Stammbetrieb- jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger der jeweiligen
konkreten Beschäftigungsbetriebe (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten arbeitsvertraglichen
Unterlagen (Bl. 116-130 der Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in seinem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (Bl.
164-177 der Gerichtsakte) ergibt.
bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv,
dem der Kläger jeweils angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB).
Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung
war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend
vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht
[der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in
Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag
zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag
in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar
1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S.
810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur-
und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30,
S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung
über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom
9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die
in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag
festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass
ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen,
unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen
des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz
3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).
Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte
vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem
Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: B., "Die 'leere Hülle' ist tot - wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung]
2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden
können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge
seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten
Einzelfall nicht eingesehen werden können.
cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften der Zeugen C ..., D ..., Dr. E ..., W ... und seiner Ehefrau X ... sowie den
sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er jeweils angehörte,
die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).
Der Zeuge C ..., der den Kläger seit September 1972 kannte und mit ihm als Arbeitskollege im VEB Kombinat Robotron Betrieb
A ...-Y ... bis zum Jahr 1976 arbeitete, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 24. März 2014 (Bl. 153 der Gerichtsakte)
an, dass der Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an die Beschäftigten auszahlte. In seiner weiteren schriftlichen
Zeugenerklärung vom 9. November 2017 (Bl. 112-113 der Gerichtsakte), die auf die gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom
18. Oktober 2017 (Bl. 102 der Gerichtsakte) erfolgte, gab er konkretisierend an, dass die Jahresendprämien im Betrieb durch
den Gruppenleiter bekannt gemacht wurden und jeder Beschäftigte wegen Erfüllung der Plankennziffern des Betriebes und des
Kollektives von den Jahresendprämien partizipierte. Für den Beschäftigungszeitraum des Klägers im VEB Kombinat Robotron Betrieb
A ...-Y ... bis zum Jahr 1976 wurden diese Angaben im Übrigen von einem weiteren Zeugen bestätigt. Aus der vom Kläger (erst
im Rahmen des Berufungsverfahrens) vorgelegten schriftlichen Erklärung des Zeugen V ... vom 25. März 2014 (Bl. 154 der Gerichtsakte)
ergibt sich gleichfalls, dass der Betrieb mindestens ab dem Jahr 1971 regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie für alle Mitarbeiter
zahlte.
Der Zeuge Dr. E ..., der den Kläger seit Juli 1976 kannte und mit ihm als Arbeitskollege im VEB Kombinat Schaltelektronik
A ... bis zum Jahr 1982 arbeitete, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 12. Mai 2014 (Bl. 150 der Gerichtsakte)
an, dass der Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an alle Beschäftigten auszahlte. In seiner weiteren schriftlichen
Zeugenerklärung vom 22. Oktober 2017 (Bl. 105-106 der Gerichtsakte), die auf die gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom
18. Oktober 2017 (Bl. 104 der Gerichtsakte) erfolgte, gab er konkretisierend an, dass die Jahresendprämien im Betrieb individuell
für die einzelnen Mitarbeiter vom Abteilungsleiter und vom Vertreter der Betriebsgewerkschaftsleitung festgelegt wurden. Die
Auszahlung erfolgte anhand von Sammellisten persönlich an jeden Mitarbeiter in bar. Der erhaltene Betrag wurde in den Listen
quittiert. Die Auszahlung erfolgte jeweils am Anfang des Jahres für das vorangegangene Planjahr. Grundlage war die Erfüllung
der Planvorgaben, an der der Kläger beteiligt war und weshalb auch er jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt erhielt. Für
den Beschäftigungszeitraum des Klägers im VEB Kombinat Schaltelektronik A ... bis zum Jahr 1982 wurden diese Angaben im Übrigen
von weiteren Zeugen bestätigt. Aus den vom Kläger (erst im Rahmen des Berufungsverfahrens) vorgelegten schriftlichen Erklärungen
der Zeugen Dr. T ... vom 25. März 2014 (Bl. 147 der Gerichtsakte) und U ... vom 25. März 2014 (Bl. 149 der Gerichtsakte) ergibt
sich gleichfalls, dass der Betrieb mindestens ab dem Jahr 1976 regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie an alle Mitarbeiter
zahlte.
Der Zeuge D ..., der den Kläger seit März 1982 kannte und mit ihm als Arbeitskollege im Kombinat VEB Pentacon A ... bis zum
Jahr 1987 arbeitete, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 25. März 2014 (Bl. 151 der Gerichtsakte) an, dass der
Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an alle Beschäftigten auszahlte. In seiner weiteren schriftlichen Zeugenerklärung
vom 31. Oktober 2017 (Bl. 109-111 der Gerichtsakte), die auf die gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom 18. Oktober 2017
(Bl. 103 der Gerichtsakte) erfolgte, gab er konkretisierend an, dass Grundlage für die Auszahlung der Jahresendprämien das
Erreichen der Planziele und damit die Planerfüllung entsprechend der vorgegebenen Plankennziffern war. Diese Planziele wurden
im Betrieb und in den Abteilungen stets erfüllt. Die Auszahlung der jährlichen Jahresendprämien an die einzelnen Beschäftigten
wurde in den jeweiligen Strukturen und Abteilungen, in den jeweils zugehörigen Sekretariaten durch Unterschrift in den Jahresendprämienlisten
durchgeführt. Bei Nichtanwesenheit erfolgte die Auszahlung später über die Kasse des Lohnbüros in der Buchhaltung. Der erhaltene
Betrag wurde in den Listen quittiert. Die Auszahlung erfolgte jeweils am Anfang des Jahres für das vorangegangene Planjahr.
Grundlage war die Erfüllung der Planvorgaben, an der der Kläger beteiligt war und weshalb auch er jährlich eine Jahresendprämie
ausgezahlt erhielt. Für den Beschäftigungszeitraum des Klägers im Kombinat VEB Pentacon A ... bis zum Jahr 1987 wurden diese
Angaben im Übrigen von einem weiteren Zeugen bestätigt. Aus der vom Kläger (erst im Rahmen des Berufungsverfahrens) vorgelegten
schriftlichen Erklärung des Zeugen S ... vom 25. März 2014 (Bl. 152 der Gerichtsakte) ergibt sich gleichfalls, dass der Betrieb
mindestens ab dem Jahr 1982 regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie an alle Mitarbeiter zahlte.
Die Ehefrau des Klägers, X ..., die von 1972 bis 1990 im Beschäftigungsbetrieb des Klägers ab 1987 (VEB Robotron Elektronik
A ... -Stammbetrieb-) arbeitete, gab in ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 26. August 2014 (Bl. 25/26 der Verwaltungsakte)
an, dass der Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an alle Beschäftigten auszahlte, auch ihr Mann regelmäßig eine solche
erhielt, die Höhe etwa einem Monatsgehalt entsprach und der Erhalt des Geldes in einer Auszahlungsliste quittiert wurde. Diese
Angaben bestätigte, wiederholte und konkretisierte sie in ihren schriftlichen Erklärungen vom 26. März 2014 (Bl. 155 der Gerichtsakte)
sowie vom 22. November 2017 (Bl. 144 der Gerichtsakte). Sie gab dazu in ihrer schriftlichen Erklärung vom 22. November 2017
weitergehend an, dass die Höhe der Jahresendprämie im Leitungskreis, dem sie als Sachgebietsverantwortliche für Ökonomie und
Abrechnung angehörte, für jeden einzelnen Mitarbeiter nach entsprechenden Kriterien (zum Beispiel Leistungsbereitschaft, Krankheitstage
im Jahr, usw.) festgelegt wurde. Anschließend wurde eine Liste pro Abteilung erstellt, die die Namen der Beschäftigten, den
Betrag der Jahresendprämie und eine Spalte für die Unterschrift des Empfängers enthielt. Die Jahresendprämien wurden bar ausgezahlt.
Die Beträge wurden in normale Briefumschläge eingetütet und nur mit dem Namen des Empfängers versehen. Der Empfang des Geldes
wurde von jedem Mitarbeiter auf der vorbereiteten Liste mit seiner Unterschrift quittiert. Die Liste verblieb im Leitungskreis
der Abteilung und war den anderen Beschäftigten nicht zugänglich. Ein gesondertes Schriftstück an jeden Beschäftigten wurde
nicht ausgegeben. Aus den vom Kläger (erst im Rahmen des Berufungsverfahrens) vorgelegten schriftlichen Erklärungen der Zeugen
V ... vom 25. März 2014 (Bl. 154 der Gerichtsakte) und W ... vom 23. November 2017 (Bl. 139 der Gerichtsakte) ergibt sich
gleichfalls, dass der Betrieb auch in den Jahren 1987 bis 1990 regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie an alle Mitarbeiter
zahlte. Die Zeugin W ..., die im VEB Robotron Elektronik A ... -Stammbetrieb- ebenfalls in der Abteilung Arbeitsökonomie arbeitete,
gab dabei gleichfalls an, dass der Erhalt der Jahresendprämien durch die einzelnen Mitarbeiter jeweils auf einer Liste in
der jeweiligen Abteilung durch eine Unterschrift bestätigt wurde.
Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben
können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen C ...,
D ..., Dr. E ..., W ... und seiner Ehefrau X ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen
des Betriebes über den Kläger plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern
konkret erfüllte. So wird unter anderem in der Beurteilung des VEB Pentacon A ... (Bl. 121 der Gerichtsakte) ausgeführt, dass
der Kläger - gutes Fachwissen besaß, - sich schnell in seine Aufgabengebiete einarbeitete, - bei der Durchsetzung seiner fachlichen
Aufgaben Einsatzbereitschaft und Engagement zeigte, - in der Lage war selbständig zu arbeiten und - immer die Interessen des
Betriebs vertrat und nach Lösungswegen suchte. Im Auszeichnungsvorschlag des Kombinats VEB Pentacon A ... vom 15. August 1983
(Bl. 119-120 der Gerichtsakte) wird insbesondere hervorgehoben, dass der Kläger - sich bei der Erledigung seiner Arbeit durch
Zuverlässigkeit, Bereitwilligkeit und Ideenreichtum auszeichnete, - wegen guter fachlicher Kenntnisse in der Lage war alle
gestellten Forderungen in vollem Umfang zu erfüllen, - sehr positiv daran mitwirkte, dass durch seine zusätzlichen Leistungen
der Betrieb die gestellten Aufgaben erreichen konnte, - maßgeblichen Anteil an der Generalreparatur Chromerei Objekt 18 hatte,
- sein ganzes fachliches Können einsetzte, um die Maßnahmen qualitativ gut und pünktlich an die Fertigung zu übergeben, und
- sich durch persönlichen Einsatz und aufopferungsvolles Handeln auszeichnete.
Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers weiterhin durch
die ihm vom Kombinat VEB Pentacon A ... -Stammbetrieb- mit Urkunde vom 5. September 1983 (Bl. 136 der Gerichtsakte) verliehene
Auszeichnung als "Aktivist der sozialistischen Arbeit". Mit dieser Auszeichnung wurden unter anderem hervorragende und beispielgebende
Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels 'Aktivist der sozialistischen
Arbeit'", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen"
vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] waren).
2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die geltend gemachten Planjahre (1971 bis 1975, 1977 bis 1981, 1983 bis
1986 und 1988 bis 1989) in den Zuflussjahren 1972 bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 zur Auszahlung
an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1972 bis
1976 und 1978 bis 1982 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe
einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden
Senats des Sächsischen Landessozialgerichts - allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).
a) Die dem Kläger für die geltend gemachten Planjahre (1971 bis 1975, 1977 bis 1981, 1983 bis 1986 und 1988 bis 1989) in den
Jahren 1972 bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach
nicht nachgewiesen:
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen nicht
vorlegen.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH
abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort - wie aus entsprechenden
Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde - lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten
durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei
Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe
erlauben.
b) Die konkrete Höhe der an den Kläger für die geltend gemachten Planjahre (1971 bis 1975, 1977 bis 1981, 1983 bis 1986 und
1988 bis 1989) in den Jahren 1972 bis 1976, 1978 bis 1982, 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge
ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die Planjahre 1971 bis 1975
und 1977 bis 1981 in den Zuflussjahren 1972 bis 1976 und 1978 bis 1982 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum
Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):
aa) Den Angaben des Klägers sowie der Zeugen kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt
des jeweiligen Werktätigen orientierte. Der Kläger selbst tätigte keinerlei Angaben zu den ungefähren oder gar konkreten Höhen
der Jahresendprämienbeträge. Er konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien
das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts
berechnet wurden. Auch die Zeugen konnten lediglich angeben, dass bei Planerfüllung die Jahresendprämien gezahlt wurden, individuelle
Beträge festgelegt wurden und sich der Betrag am jeweiligen individuellen Monatsgehalt orientierte. Angaben dazu in welcher
Höhe der Kläger Jahresendprämien erhielt, konnten sie nicht machen. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist mit der
Angabe, das sich die Jahresendprämie ungefähr am Monatsgehalt orientierte, nicht verbunden, denn es handelt sich um eine reine
Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine - vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann.
Auch soweit der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten im Verfahren vortragen ließ, die Jahresendprämien seien mindestens
in Höhe von 70 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes des vorangegangenen Kalenderjahres gezahlt wurden, genügt
dies nicht zur Glaubhaftmachung einer bestimmten oder bestimmbaren Höhe, da jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen
fehlen, die ausgerechnet diese "versicherte" Höhe bzw. Mindesthöhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Denn auch bei
dieser angegebenen Mindesthöhe des Klägers handelt es sich im Ergebnis um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine -
vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft und damit nicht zu Grunde gelegt werden
kann. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder von den Zeugen noch vom Kläger getätigt werden.
In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers und der Zeugen zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge
insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs
immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten
Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns
abzugeben geeignet ist.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten
Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der vom Kläger
und dem Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts
gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:
Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die
Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie - Erläuterungen
zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke
"Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die
Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann
individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.
Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung
der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest,
wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO
1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben,
die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten
und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO
1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO
1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt
haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten
waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24.
Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen
Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich
1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne
Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz
2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982),
wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete
Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I
1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986,
Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader
in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§
6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§
6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen
Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch
die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag
getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der
den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1982).
Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe
maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder die Zeugen nachvollziehbare Angaben tätigen.
Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße
Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien
berücksichtigt worden sind - etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten -, genügen nicht, um den Zufluss
von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre
- wie ausgeführt - erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende
Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung
der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.
bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl.
II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl.
II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und
Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und
- der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO
1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember
1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde
nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.
Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr.
1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung
der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines
(durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie
durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten
werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5
Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung,
dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes"
nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe
des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier
vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen
(vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen - im Zeitraum ihrer Geltung - zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages
jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem
in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen
Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung
beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften
sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO
1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des,
also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend
ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung
in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen
Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte
weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie"
dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte.
Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren
diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil
der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren
erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde
nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des
durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag
in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt
für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien
gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss
(sog. petitio principii).
Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein
derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt
werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen
Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen
(bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb
festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde
in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe
noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten
Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren,
die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr
1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.
Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die geltend gemachten Planjahre 1971 bis 1975
und 1977 bis 1981 und damit für die Zuflussjahre 1972 bis 1976 und 1978 bis 1982 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren
den Zufluss von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat.
Die Mindesthöhe ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von den
im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2001 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 13. Februar 2004
enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften der ehemaligen Beschäftigungsbetriebe bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden
Stellen (Entgeltbescheinigungen der DISOS GmbH vom 4. September 2001 und vom 13. September 2001) basierenden Entgelten, hinreichend
individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen
Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972
nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO)
vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der
"Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO)
vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die
gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung
sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben
könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes
galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen
zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1.
Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge,
zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen
bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie
Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 24. Oktober 2001 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 13. Februar 2004 enthaltenen und auf den
Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigungen
der DISOS GmbH vom 4. September 2001 und vom 13. September 2001) basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden
Blickwinkel.
Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1971 bis 1975 und 1977 bis
1981 erwirtschafteten und in den Zuflussjahren 1972 bis 1976 und 1978 bis 1982 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu
berücksichtigen:
JEP-An-spruchsjahr
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Jahresarbeits-verdienst
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Monatsdurch-schnitts-verdienst
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JEP-Mindest-betrag (= 1/3)
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davon 5/6 (exakt)
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JEP-Zuflussjahr
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1971
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9.720,00 M
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810,00 M
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270,00 M
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225,00 M
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1972
|
1972
|
11.730,61 M
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977,55 M
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325,85 M
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271,54 M
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1973
|
1973
|
12.079,10 M
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1.006,59 M
|
335,53 M
|
279,58 M
|
1974
|
1974
|
12.969,03 M
|
1.080,75 M
|
360,25 M
|
300,21 M
|
1975
|
1975
|
14.281,74 M
|
1.190,15 M
|
396,72 M
|
330,60 M
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1976
|
1977
|
13.496,10 M
|
1.124,68 M
|
374,89 M
|
312,41 M
|
1978
|
1978
|
13.320,00 M
|
1.110,00 M
|
370,00 M
|
308,33 M
|
1979
|
1979
|
11.866,38 M
|
988,87 M
|
329,62 M
|
274,68 M
|
1980
|
1980
|
14.940,85 M
|
1.245,07 M
|
415,02 M
|
345,85 M
|
1981
|
1981
|
14.090,27 M
|
1.174,19 M
|
391,40 M
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326,17 M
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1982
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c) Weil der Kläger den Bezug (irgend-) einer Jahresendprämie für die Planjahre 1983 bis 1986 und 1988 bis 1989 in den Zuflussjahren
1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft
machen konnte, kommt eine Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer
Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen
sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung
des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die
Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit §
256b Abs.
1 und §
256c Abs.
1 und
3 Satz 1
SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist
hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung
im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale
Schätzbefugnis gemäß §
287 ZPO, die nach §
202 Satz 1
SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht
ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen,
ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des §
287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die
mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene
Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter
ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen
derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung
in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen
Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).
3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1972 bis 1976 und 1978 bis 1982 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien
als Arbeitsentgelt im Sinne der §§
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr.
13). Es handelt sich vielmehr um gemäß §
19 Abs.
1 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge
und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.